Gesundheitswesen 2005; 67(12): 862-868
DOI: 10.1055/s-2005-858902
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Genderspezifische Gesundheitsberichterstattung im Bodenseekreis: Zukunftsthema „Gesundheit von Jungen und Männern”

Gender-Specific Health Reporting in the “Bodenseekreis” about the Future Topic of Health in Boys and MenB. Szagun1 , S. Preuß1
  • 1Fakultät für Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, Hochschule Ravensburg-Weingarten
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Publication Date:
27 December 2005 (online)

Zusammenfassung

Bevölkerungsprognosen sagen eine weit überproportionale Steigerung insbesondere der Zahl männlicher Senioren voraus, wodurch sich einerseits erhebliche Implikationen für die Planung gesundheitlicher Versorgung und Pflege ergeben, andererseits diverse Möglichkeiten, durch Risikovermeidung oder Stärkung gesundheitlicher Kompetenz präventiv einzugreifen. Dem Thema Männergesundheit und einer männerspezifischen Gesundheitsberichterstattung (GBE) wird somit zukünftig großes Gewicht zukommen. Eine geschlechtsspezifische Sterbetafelanalyse der Jahre 1998 - 2002 zeigt für den Bodenseekreis und Baden-Württemberg, durch welche Todesursachen die Lebenserwartung von Männern gegenüber Frauen abnimmt. Baden-Württemberg und der Bodenseekreis sind Regionen mit im Deutschlandvergleich weit überdurchschnittlicher Lebenserwartung bei Geburt. Die mittlere Lebenserwartung 2000 betrug in Baden-Württemberg für Frauen 82 (Bodenseekreis 82,2), für Männer 76,4 Jahre (Bodenseekreis 77,3). Zu den Hauptursachen der Geschlechterdifferenz von 5,6 Jahren zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Verkehrsunfälle und Selbsttötungen. Diese Todesursachengruppen erklären den weit überwiegenden Teil des Unterschieds an mittlerer Lebenserwartung. Eine alters- und geschlechtsspezifische Analyse der Sterberisiken zeigt durch Identifikation kritischer Lebensphasen Ansätze für eine männerbezogene Gesundheitsförderung und Prävention auf. Besonderes Augenmerk sollte dabei dem frühen Kindesalter zukommen, da schon im Rahmen der Einschulungsuntersuchung erhebliche Prävalenzdifferenzen für verschiedene Störungen identifiziert werden können. Aber auch das frühe Erwachsenen- und das höhere Seniorenalter zeigen sich als wichtige Altersabschnitte für männerspezifische Maßnahmen. Die vorgestellten Ergebnisse zeigen erste mögliche Ansatzpunkte, sollen aber vor allem einen Beitrag dazu leisten, das Thema Männergesundheit als Fokus genderspezifischer GBE, Gesundheitsförderung und Prävention zu etablieren. Die beschriebene Zielgruppe für Gesundheitsförderung und Prävention ist einerseits genügend groß, andererseits genügend gesundheitlich benachteiligt, um ihr zukünftig verstärkt Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Abstract

Population prognoses predict a far over-proportional increase in the number of male seniors, entailing substantial implications for the planning of health supply and care, as well as various possibilities to intervene preventively by specific risk avoidance or boosting health responsibility. In the future men’s health and male-specific health reporting will become eminently important. A gender-specific life table analysis for the years 1998 - 2002 shows which causes of death are more responsible for loss of life expectancy of men compared to women in both the Bodenseekreis and Baden-Württemberg. Baden-Württemberg and the Bodenseekreis are regions with a well above-average life expectancy compared to other regions in Germany. The average life expectancy in Baden-Württemberg in the year 2000 amounted to 82 years (Bodenseekreis: 82.2) in women, and 76.4 years (Bodenseekreis: 77.3) in men. Among the main causes for the 5.6 year difference in life expectancy are cardiovascular diseases, cancer illnesses, traffic accidents and suicide. These groups of causes of death explain the major part of the difference in average life expectancy. An analysis of death risks specific to age and gender shows some promising approaches for health promotion and prevention based on identification of critical phases of life. In this case, special attention should be paid to infancy, as examinations made within the scope of enrolment at schools identify considerable differences in the prevalence of various disturbances. However, early adulthood and old age also prove to be important periods concerning men-specific interventions. The presented results show first possible starting points which, however, should above all make a contribution to the establishment of the topic of men’s health as a focus on gender-specific health reporting, health promotion and prevention. The described target group for health promotion and prevention is, on the one hand, sufficiently large, on the other hand, sufficiently disadvantaged in terms of health to demand more attention in the future.

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Prof. Dr. med. Bertram Szagun, MPH

Hochschule Ravensburg-Weingarten, Fakultät für Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege

Postfach 1261

88241 Weingarten

Email: bertram@szagun.de

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