Pneumologie 2004; 58(12): 863-864
DOI: 10.1055/s-2004-830146
Preisarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Molekulare Parameter zur Prognosevorhersage beim Bronchialkarzinom

Molecular Parameters as Prognostic Indicators in Bronchial CarcinomaC.  Müller-Tidow1
  • 1Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, Hämatologie und Onkologie, UKM Münster, Münster
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Publication Date:
14 December 2004 (online)

Ji P, Diederichs S, Wang W, Böing S, Metzger R, Schneider PM, Tidow N, Brandt B, Buerger H, Bulk E, Thomas M, Berdel WE, Serve H, Müller-Tidow C. MALAT-1, a novel non-coding RNA, and Thymosin beta4 predict metastasis and survival in early-stage non-small cell lung cancer. Oncogene 2003; 22: 8031 - 8041.

Abb. 0 Priv.-Doz. Dr. med. Carsten Müller-Tidow

Herr Priv.-Doz. Dr. med. Carsten Müller-Tidow arbeitet als Heisenberg-Stipendiat und Oberarzt an der Medizinischen Klinik A, Hämatologie und Onkologie, des UKM Münster (Direktor: Prof. Dr. med. W. E. Berdel). Herr Dr. Müller-Tidow leitet gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Serve das Labor für molekulare Hämatologie und Onkologie. Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Metastasierung beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom und mit der Pathogenese der Akuten Myeloischen Leukämie (Abb. [0]).

Die ausgezeichnete Arbeit beschäftigt sich mit den Mechanismen der Metastasierung bei NSCLC. Die besten Aussichten auf eine Heilung dieser Erkrankung haben Patienten in einem frühen Stadium der Erkrankung (Stadium I und II), wenn der Tumor durch eine Operation vollständig entfernt werden kann und keine mediastinalen Lymphknoten zum Zeitpunkt der Operation bestehen. In einem solchen frühen Stadium wird ungefähr die Hälfte der Patienten durch eine Operation geheilt. Daher werden derzeit Früherkennungs-Studien durchgeführt, um Patienten bereits in frühen Stadien der Erkrankung zu diagnostizieren und zu behandeln. Ein großes Problem dieser Studien ist die Unklarheit, ob die Prognose der Patienten durch ein „Screening” verbessert werden kann. Zum einen können auch sehr kleine Tumoren zu Fernmetastasen führen, zum anderen ist es bisher nicht klar, welche Patienten von einer adjuvanten Chemotherapie profitieren. Die Identifikation der Patienten, die eine weitere Therapie nach der Operation benötigen (also Patienten, die eine hohes Risiko der Metastasierung aufweisen) ist von großer Bedeutung, da viele Studien bisher keinen oder nur einen geringen Überlebensvorteil zeigen konnten, wenn unselektiv alle Patienten in Stadium I und II adjuvant behandelt wurden Dies zeigt, wie wichtig es ist, für diese häufige Tumorerkrankung geeignete Parameter zur Prognosevorhersage zu finden und neue, gezielte Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.

Mittels einer genomweiten Methode (der subtraktiven Hybridisierung) wurden in dieser Untersuchung spezifische Unterschiede der Genexpression zwischen metastasierenden und nicht-metastasierenden NSCLC-Primärtumore analysiert. Hierzu wurden RNA-Proben von vier Adenokarzinomen, die später metastasiert hatten, gepoolt und mit fünf gepoolten Adenokarzinomen, die später nicht metastasiert hatten, verglichen. Hierbei wurden alle RNA-Sequenzen, die in beiden Pools gleichstark exprimiert wurden, herausgefiltert. RNA-Sequenzen, die in den metastasierenden Adenokarzinomen höher exprimiert waren, wurden amplifiziert und schließlich in ein Plasmid kloniert, das sequenziert wurde (Abb. [1]).

Abb. 1 Identifikation Metastasierungs-assoziierter Gene mittels Subtraktiver Hybridisierung.

Dabei war es nicht das primäre Ziel, funktionelle Zusammenhänge zu finden, sondern Gene zu identifizieren, deren Quantifizierung eine Prognoseabschätzung des individuellen Patienten ermöglicht. Die Ergebnisse der subtraktiven Hybridisierung von Adenokarzinomen im Stadium I mit und ohne nachfolgende Metastasierung zeigten, dass tatsächlich Metastasierungs-spezifische Gene identifiziert werden können. In weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass ein Teil dieser Gene auch prognostische Bedeutung für Patienten mit NSCLC in frühen Stadien aufweist. Am häufigsten wurde ein bisher unbekanntes Gen gefunden, das MALAT1 (Metastasis Associated in Lung Adenocarcinoma Transcript 1) genannt wurde. Dieses MALAT-1 Transkript ist eine mehr als 8 kb große RNA, die von der chromosomalen Region 11q13 exprimiert wird und in zwei Splice-Varianten vorkommt (Genbank Accession Nummern: BK001418 und BK001411). MALAT-1 kodiert nicht für ein Protein, allerdings wird MALAT-1 in vielen Geweben exprimiert. Interessanterweise ist die Prognose von Patienten, die hohe Konzentrationen an MALAT-1 aufweisen, deutlich schlechter als die Prognose von Patienten mit niedrigen MALAT-1 Konzentrationen. Die Identifikation von MALAT-1 ist ein gutes Beispiel für die Vorteile von Screening-Untersuchungen, die nicht wie Microarray-Untersuchungen auf bereits bekannten Genen basieren.

Diese Untersuchungen tragen zum besseren Verständnis der Metastasierung beim NSCLC bei - und ermöglichen die Etablierung neuer prognostischer Parameter. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um bei Tumoren in frühen Stadien mit gleicher Histologie, Grading, etc. Aussagen über das Risiko des Patienten für eine Metastasierung gewinnen zu können.

Carsten Müller-Tidow

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, Hämatologie und Onkologie, UKM Münster

Albert-Schweitzer-Str. 33

48129 Münster

Email: muellerc@uni-muenster.de

URL: http://www.klinikum.uni-muenster.de/institute/meda/research/index.htm

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