Gesundheitswesen 2003; 65(1): 55-63
DOI: 10.1055/s-2003-36911
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Spielverhalten an Geldspielautomaten in den neuen Bundesländern 1990-2000[*]*

Slot Machine Gambling Behaviour in East Germany 1990-2000G. Bühringer1 , R. Augustin1 , K. Welsch1
  • 1IFT Institut für Therapieforschung, München
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Publication Date:
24 January 2003 (online)

Zusammenfassung

Ziel: Es wird die Hypothese geprüft, dass in den neuen Bundesländern eine besonders starke Zunahme von Parametern des Spielverhaltens an Geldspielautomaten sowie der Behandlungsfälle in den letzten Jahren aufgetreten ist.
Methodik: Daten der Bevölkerungsumfrage (Bundesstudie) von 2000 sowie der EBIS-Behandlungsstatistiken von 1998-2000 werden mit früheren Untersuchungen von 1990-1997 verglichen.
Ergebnisse: Der Anteil der Spielerfahrenen in der Bevölkerung nimmt zu, der Anteil der derzeit aktiven Spieler ab. Bei der Spieldauer bleibt der Anteil der Vielspieler (als Indikator für höher riskantes Spielverhalten) unverändert. Die Anzahl neuer Behandlungsfälle pro Jahr nimmt, bei geringer Ausgangszahl von 1,5 Personen pro ambulanter Einrichtung, um etwa 20 % zu. Alle Werte liegen unter den Werten für die alten Bundesländer. Schlussfolgerung: Zumindest bis 2000 ist die erwartete überproportionale Steigerung des Spielverhaltens und der Behandlungsfälle nicht eingetreten.

Abstract

Target: To test the hypothesis that parameters of slot machine gambling behaviour and related treatment cases have been increasing heavily in the new Länder of Germany (after reunification).
Method: Data from the National Population Survey 2000 and from the EBIS Treatment Monitoring System (1998-2000) were compared with figures from previous analyses for 1990-1997. Results: The percentage of people with gambling experience increased, but the proportion of currently active gamblers decreased. The proportion of frequent gamblers (as an indicator of high-risk behaviour) did not change. The annual average number of new outpatient treatment cases per treatment facility increased, from a low baseline of 1.5 cases, by about 20 %. All figures are still below those for former Western Germany.
Conclusion: At least until 2000 A.D., the expected extreme increase in gambling behaviour and related treatment demand did not occur.

1 Die für die Publikation ausgewerteten Untersuchungen wurden vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanziell gefördert; das auf diesen und anderen Daten aufbauende „Monitoring-System Pathologisches Spielverhalten” durch den Verband der Automatenindustrie (VDAI).

Literatur

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1 Die für die Publikation ausgewerteten Untersuchungen wurden vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanziell gefördert; das auf diesen und anderen Daten aufbauende „Monitoring-System Pathologisches Spielverhalten” durch den Verband der Automatenindustrie (VDAI).

2 Aufgestellt vor allem in Spielhallen und Gaststätten; nicht zu verwechseln mit Geldspielautomaten in Spielcasinos, die sehr viel höhere Einsatz-, Gewinn- und Verlustmöglichkeiten bieten.

2

3 Stand 31.12.97, Quelle: Statistisches Jahrbuch [8]. Die in der Publikation von Bühringer & Türk [4] berechneten Werte beziehen sich auf 9,74 Mio. Einwohner zum Stichtag 31.12.1996 aus früheren Publikationen des Statistischen Jahrbuchs [9, 10]. Der Unterschied liegt darin, dass das Statistische Bundesamt die Bevölkerung von Ostberlin früher nicht den neuen Bundesländern zugerechnet hat. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden alle im Folgenden zitierten Hochrechnungen aus [4] auf der Grundlage der neuen Bevölkerungszahl korrigiert (Steigerung der Werte jeweils etwa 10%).

4 „Gewerbliches Spiel” ist ein nicht sehr präziser Begriff aus der Gewerbeordnung (GewO) und der Spielverordnung (SpielV); er definiert Spiele, bei denen der Unterhaltungscharakter im Vordergrund steht und keine „... Gefahr besteht, dass der Spieler unangemessen hohe Verluste in kurzer Zeit erleidet” (§ 33e GewO).

5 Ab 2002 wurde die Spieldauer von 15 auf 12 Sekunden verkürzt.

Dr. Gerhard Bühringer

IFT Institut für Therapieforschung

Parzivalstraße 25

80804 München

Email: buehringer@ift.de

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