NOTARZT 2001; 17(3): 101-104
DOI: 10.1055/s-2001-14124
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Reanimation von Frauen in fortgeschrittener Schwangerschaft - Medizinische und rechtliche Aspekte

Cardiopulmonary Resuscitation of Female Patients in Late Pregnancy - Medical and Legal AspectsE. Miltner, K. Püschel, H.-R. Paschen1
  • Institut für Rechtsmedizin, Hamburg
  • 1Feuerwehr Hamburg
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Publication History

Publication Date:
31 December 2001 (online)

Zusammenfassung

Bei einer von 30 000 Schwangerschaften ist mit einem reanimationspflichtigen Notfall zu rechnen. Bei Frauen mit einer Schwangerschaft bis zur 25. Woche ist die Reanimation identisch mit der Wiederbelebung Nichtschwangerer. Bei Schwangeren jenseits der 25. Schwangerschaftswoche haben Wiederbelebungsmaßnahmen auch den Aspekt der Rettung des Kindes. Die erfolgversprechendste Maßnahme zur Rettung von Mutter und Kind ist die frühzeitige Notsektio. In der Rettungsleitstelle muss schon bei Eingang des Notrufs nach einer Schwangerschaft gefragt werden, Ablaufpläne für Schwangerschaftsnotfälle müssen vorhanden sein.

Cardiopulmonary Resuscitation of Female Patients in Late Pregnancy - Medical and Legal Aspects

An emergency with cardiac arrest is estimated to occur once in every 30 000 deliveries. Before the 25th week of gestation, the resuscitation of the pregnant patient is the same as in the non-pregnant woman. Beyond the 25th week of gestation, the resuscitation efforts have to consider additionally the life of the fetus. The promising measure to safe the life of the mother and of the child is the early caesarean section. Therefore, the dispatcher has to ask, whether the female emergency patient is pregnant. Algorithms for the emergency management of pregnant patients have to be provided.

Literatur

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Kommentar

Es ist den Autoren dafür Respekt zu zollen, dass sie ein sehr seltenes und zugleich sehr problematisches Notfallereignis in den Horizont des Notarztes rufen. Es muss zur Praktikabilität des vorgeschlagenen Prozederes jedoch aus notärztlicher Sicht etwas angemerkt werden:

Das Unterlassen einer Notsektio durch einen Nicht-Gynäkologen unter den improvisierten Bedingungen eines Rettungswagens kann niemals Grund für einen juristischen oder ethischen Vorwurf sein. Im Gegenteil: Man müsste einen Notarzt, der im Rettungswagen die Notsektio unter mütterlicher CPR vollzieht, schon fragen, ob er die eigene Kompetenz und die seiner Mannschaft nicht erheblich überschätzt hat.

Zumindest der nicht operativ vorgebildete Notarzt wäre mit einer Notsektio im RTW genauso überfordert wie mit einer Splenektomie oder einem Eingriff am offenen Herzen. Auch dies überlassen wir den Kliniken. Es gibt auch keine allgemeingültige Empfehlung, bei ausbleibendem Erfolg der geschlossenen Herzmassage den Thorax zu eröffnen.

Ich würde dem Notarzt im geschilderten Fall oder ähnlicher Situation nur einen Rat geben: Schnellstmöglich unter CPR ein Notfallkrankenhaus mit gynäkologischer Abteilung anfahren. Die Kollegen der Gynäkologie müssen dann dort auf dem Boden der Befunde, der möglichen Ursachen und - vor allem - auf dem Boden der Zeitabläufe entscheiden, ob sie die Reanimation abbrechen oder ob sie noch Chancen sehen, das Kind durch Notsektio zu retten.

Dr. A. Bartsch, Bonn - Vorsitzender der AG Notärzte in Nordrhein-Westfalen

Prof. Dr. med. Erich Miltner

Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm

Prittwitzstraße 6

89070 Ulm

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