Geburtshilfe Frauenheilkd 1999; 59(7): 355-360
DOI: 10.1055/s-1999-15373
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der vorzeitige Blasensprung als Risikofaktor in der Genese zerebraler Läsionen bei Frühgeborenen

Preterm Premature Rupture of the Membranes and the Risk of Cerebral LesionsE. Robel-Tillig, Chr. Vogtmann
  • Kinderklinik der Universität Leipzig
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Publication Date:
31 December 1999 (online)

Zusammenfassung

Fragestellung: Der frühe vorzeitige Blasensprung ist ein geburtshilflicher Risikofaktor einer fetalen Bedrohung, besonders unter dem Aspekt der Infektionsgefahr. Assoziationen zwischen Chorioamnionitis und kindlicher Zerebralparese sind bekannt. Mit der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, inwieweit nach vorzeitigem Blasensprung die anhaltende Kopfkompression beim unreifen Frühgeborenen Störungen der zerebralen Perfusion und morphologische Läsionen hervorrufen kann.

Patienten und Methodik: Wir untersuchten 40 Frühgeborene (30,6 SSW), die nach länger als 24 h zurückliegendem Blasensprung aus Schädellage geboren wurden und 40 Frühgeborene (31,5 SSW) ohne vorzeitigen Blasensprung. Sonographisch wurden pathologische Veränderungen, wie intrazerebrale Hämorrhagien oder periventrikuläre Echogenitätserhöhungen, durch dopplersonographische Messungen die Blutflußparameter in der A. cerebri ant. innerhalb der ersten 5 Lebenstage beurteilt. Die Blutflußgeschwindigkeiten und Pulsatilitätsindizes wurden mit Normalwerten verglichen. Die Kopfumfangsentwicklung der Frühgeborenen mit und ohne vorzeitigen Blasensprung bis zur 6. Lebenswoche wurde entsprechenden Perzentilkurven zugeordnet.

Ergebnisse: Es waren keine Unterschiede der postnatalen Adaptation, sowie des Auftretens einer neonatalen Infektion zwischen Frühgeborenen mit und ohne vorzeitigem Blasensprung nachzuweisen. Bei den Frühgeborenen beider Gruppen war mit 21% vs. 26% ein vergleichbarer Anteil intraventrikulärer Blutungen nachzuweisen. Signifikant häufiger wurden mit 19% periventrikuläre Echogenitätserhöhungen bei Frühgeborenen nach vorzeitigem Blasensprung gegenüber 9% bei Frühgeborenen ohne Blasensprung dargestellt. Die dopplersonographischen Messungen zeigten bei den Patienten mit vorzeitigem Blasensprung signifikant häufiger pathologisch erniedrigte systolische Maximalgeschwindigkeiten und pathologisch erniedrigte Pulsatilitätsindizes am ersten Lebenstag. Die Kopfumfänge bei Kindern nach vorzeitigem Blasensprung waren zur Geburt durchschnittlich 12, nach 2 Wochen 17 und nach 6 Wochen 20 Perzentilpunkte gegenüber den Perzentilwerten der Kinder ohne vorzeitigen Blasensprung erniedrigt.

Schlußfolgerung: Der Nachweis von pathologischen zerebralen Blutflußparametern im Zusammenhang mit periventrikulären Echogenitätserhöhungen und neonatal verzögerter Kopfumfangsentwicklung kann Ausdruck eines erhöhten Risikos einer periventrikulären Leukomalazie sein. Aus dieser Sicht sollte der Aspekt einer möglichen zerebralen Schädigung beim frühen vorzeitigen Blasensprung auch ohne Nachweis einer Amnioninfektion in Betracht gezogen werden.

Abstract

Purpose: Preterm premature rupture of the membranes (PROM) is associated with a high rate of chorioamnionitis and neonatal morbidity. Chorioamnionitis is associated with an increased risk of intraventricular hemorrhage (IVH) and periventricular leukomalacia. We investigated the effect of head compression due to PROM on cerebral perfusion and the development of cerebral lesions in premature neonates with and without PROM.

Methods: 40 premature neonates born after PROM and 40 premature neonates born after preterm labor with intact membranes were studied prospectively. The mean gestational age of the infants was 30 weeks in both groups. All infants underwent cranial ultrasonography on the first, second, third an fifth day of life. IVH and abnormal periventricular echodensities were noted. Dopplerflow velocity wave forms were obtained from the anterior cerebral artery on the first day of life. Postnatal head circumferences were measured.

Results: There were no differences in postnatal adaptation or in rates of neonatal infection between the two groups. The incidence of IVH was 21% in neonates after PROM and 26% in those without PROM. Periventricular echodensities were seen in 19% and 9% of neonates, respectively. Doppler studies showed a higher incidence of abnormal peak systolic blood flow velocities (30% vs. 14%) and pulsatility indices (35% vs. 19%) in neonates with PROM. The peak systolic blood flow velocity was low in 22% of neonates after PROM and 9% of those without PROM. The pulsatility index of the anterior cerebral artery was significantly decreased in 25% and 11% of neonates, respectively. The head circumference of infants after PROM was significantly lower at birth (12%) and at 2 (17%) and 6 weeks (20%) than that of infants without PROM.

Condusion: Periventricular leukomalacia is common in preterm infants. Reduced cerebral blood flow velocities, a higher incidence of periventricular echodensities, and smaller head circumferences may be due to hypoxic ischemic effects on the brain from head compression in neonates with preterm PROM

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