Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(15): 1066
DOI: 10.1055/s-0042-112161
Dossier
Sepsis
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gefährdete Patienten zügig identifizieren

Rapid identification of patients at risk
Gerhard Hintze
1   Praxisgemeinschaft auf dem Meere, Lüneburg
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Publication Date:
27 July 2016 (online)

Sepsis ist kein Phänomen der Neuzeit. Bereits vor Jahrtausenden benutzten die Griechen das Wort Σήψις (Sepsis) für eine lebensbedrohliche Erkrankung, basierend auf einer Infektion mit hohem Mortalitätsrisiko. Nicht nur historisch betrachtet, ist das progrediente Organversagen ein wesentliches Kriterium für eine Sepsis. Lange Zeit beschränkte sich die Definition auf bestimmte klinische Kriterien wie Temperatur, Puls- und Atemfrequenz oder eine Leukozytose / Leukopenie. In den letzten Jahren gelang es, die Definition des Krankheitsbilds zu schärfen, zumal eine Sepsis auch bei Fehlen der genannten Kriterien vorliegen kann. Anlass hierzu waren einerseits die deutlich verbesserten Möglichkeiten der intensivmedizinischen Betreuung. Andererseits erweiterte sich unser Wissen über die pathophysiologischen Abläufe, wodurch fortentwickelte therapeutische Ansätze möglich wurden. Neben der mit der Sepsis assoziierten Mortalität – sie zählt immer noch zu der Gruppe der Erkrankungen mit der höchsten Todesrate – bleibt das Krankheitsbild für viele Patienten mit einer lang anhaltenden Phase der Rehabilitation assoziiert.

In dieser Ausgabe widmen wir uns daher diesem Thema. Dabei wird deutlich, dass das klinische Bild der Sepsis auf einer Aktivierung der körpereigenen Immunabwehr basiert. Gleichzeitig treten weitere pathophysiologische Abläufe, wie die gesteigerte Koagulopathie, eine Störung der Endothelfunktion oder das Multiorganversagen hinzu.

Von essenzieller Bedeutung ist das gezielte und zügige Identifizieren des gefährdeten Patienten, um umgehend eine gezielte Diagnostik und Therapie einzuleiten. Hierzu wurden rasch verfügbare klinische Kriterien erarbeitet. Diese gilt es, bereits im ambulanten, prähospitalen Bereich anzuwenden. Von ebenso hohem Stellenwert ist die Versorgung des Patienten in der Notaufnahme und – nach mikrobiologischer Probensicherung – die umgehende Einleitung einer antiinfektiven Behandlung, unterstützt von einer Volumentherapie. Dies setzt eine adäquate personelle und technische Ausstattung der Notaufnahme und deren auf die Erkennung des gefährdeten Patienten gerichtete Strukturierung voraus.

Auf Intensivstationen sind standardisierte Abläufe von maßgeblicher Bedeutung. Dies betrifft zunächst die respiratorische und hämodynamische Stabilisierung des Patienten, gefolgt von der mikrobiologischen Diagnostik und adäquaten antibiotischen Therapie. Schließlich erfolgt die Fokussuche. Unabdingbar ist die permanente Kontrolle der Vitalparameter und Organfunktionen. Manche Therapieformen haben sich jedoch als nicht effektiv erwiesen.

Die Sepsis ist somit ein herausforderndes Krankheitsbild. Mit diesen nur kurz angerissenen Punkten hoffe ich, Ihr Interesse geweckt zu haben und wünsche eine spannende Lektüre der drei praxisrelevanten und hochinformativen Beiträge.