PPH 2016; 22(04): 228
DOI: 10.1055/s-0042-107402
Rund um die Psychiatrie
Aktuelle Studien
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Yarritu I, Matute H, Luque D. The dark side of cognitive illusions: When an illusory belief interferes with the acquisition of evidencebased knowledge

Contributor(s):
Jörg Kußmaul
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Publication Date:
22 July 2016 (online)

Hintergrund: Die menschliche Wahrnehmung der realen Wirklichkeit ist oftmals subjektiv geprägt und kann durch verschiedene Faktoren, zum Beispiel bestehende Überzeugungen, beeinflusst werden. Diese werden insbesondere dann gebildet, wenn Ursache und Effekt in einem gemeinsamen Zusammenhang auftreten.

Diese vermeintliche kausale Verbindung kann aber zu kognitiven Täuschungen führen. Die Umweltwahrnehmungen, persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse werden dann in die eigene geschaffene Gedankenwelt als passendes Puzzlestück eingefügt, anstatt diese kritisch zu reflektieren.

Die vorliegende experimentale Studie untersuchte das Auftreten von potenziellen kognitiven Störungen, wenn neu erlerntes Wissen auf bestehende Überzeugungen trifft.

Methode: Insgesamt wurden 147 Studenten in die Studie eingeschlossen. Sie wurden zufällig in jeweils eine „High-illusion-“ und eine „Low-illusion“-Gruppe eingeteilt.

In der ersten Phase des Experiments wurden die Wahrnehmungen der Probanden in zwei verschiedenen Gruppen gezielt manipuliert: einmal über den hohen Heilungseffekt und einmal über einen geringen Heilungseffekt eines Placebo-Medikaments (A). Diese kognitiv erzeugte Täuschung wurde jeweils durch 100 computerbasierte Ursache-Wirkung-Tests stimuliert.

Anschließend wurden in der zweiten Phase beide Gruppen beobachtet wie diese den Wirkungserfolg der vorherigen Medikamentenbehandlung (A) kombiniert mit einem tatsächlich wirksamen Präparat einschätzen.

Ergebnis: Durch die unterschiedliche manipulierte Wahrnehmung der Wirksamkeit des Medikaments (A) der Probanden in der ersten Phase kam es in der zweiten Phase zu unterschiedlichen Einschätzungen der beiden Probandengruppen hinsichtlich der tatsächlichen Wirksamkeit eines weiteren Medikaments (B) in der Medikamentenkombination (A und B).

Das Ergebnis der Studie belegt, dass beruhend auf der falschen Erfahrung die „High-illusion“-Gruppe die tatsächliche Wirksamkeit der Medikamentenkombination (A und B) falsch beurteilte, währenddessen die „Low-illusion“-Gruppe diese richtig einschätzte.

Fazit: Es konnte gezeigt werden, dass die kognitive Aufnahme von neuem evidenzbasierten Wissen sowie Erfahrungen durch bestehende Überzeugungen gestört werden kann.

Jörg Kußmaul