Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11(01): 30-31
DOI: 10.1055/s-0036-1580102
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Referat – Was können Probiotika?

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Publication Date:
02 March 2016 (online)

Hintergrund: Die Einnahme von Probiotika kann zu einer Veränderung der Darmflora führen, was im Tiermodell auch eine Verbesserung der Insulinresistenz und eine präventive Wirkung auf die Diabetes-Entwicklung hat. Ob das auch beim Menschen so ist, wollten Marie-Christine Simon et al. wissen.

Methoden: Sie überprüften prospektiv, randomisiert und doppelblind bei 21 glukosetoleranten Probanden die Hypothese, dass eine tägliche Einnahme von Lactobacillus reuteri die Insulinsensitivität verbessert, indem die Zytokinfreisetzung und die Insulinsekretion durch eine Modulation der Freisetzung der Glukagon-like-Peptide(GLP)-1 und -2 verändert wird.

11 der Probanden waren schlank (mittleres Alter 49 Jahre, mittlerer Body-Mass-Index [BMI] 23,6 kg / m2), 10 waren adipös (mittleres Alter 51 Jahre, mittlerer BMI 35,5 kg / m2). Nach einer Run-in-Phase von 4 Wochen, in der alle Probanden Plazebo erhielten, nahmen die Studienteilnehmer über 4 Wochen randomisiert 2 × täglich 10 Einheiten L. reuteri SD5865 oder Placebo ein. Um den Inkretineffekt und die Sekretion von GLP-1 und GLP-2 zu bestimmen, führten die Untersucher außerdem orale Glukosetoleranztests und isoglykämische Glukoseinfusionstests durch. Außerdem erfolgten euglykämisch-hyperglykämische Clamp-Untersuchungen mit [6,6-2H2]-Glucose, um die periphere Insulinsensitivität und die endogene Glukoseproduktion zu messen. Lipidgehalte von Muskeln und Leber ermittelten die Untersucher mit der 1 H-Magnetresonanzspektroskopie. Außerdem erhoben sie den Immunstatus und ermittelten Zytokine und Endotoxine mit spezifischen Tests.

Ergebnisse: Die tägliche Zufuhr von L. reuteri SD5865 führte bei den glukosetoleranten Freiwilligen zu einer erhöhten Glukose-stimulierten Freisetzung von GLP-1 (+ 75 %; p < 0,01) und GLP-2 (+ 43 %; p < 0,01) im Vergleich zu Plazebo. Zudem ließ sich eine um 49 % erhöhte Insulinsekretion (p < 0,05) und eine um 55 % höhere Sekretion des C-Peptids (p < 0,05) zeigen. Das führte aber nicht zu einer Veränderung der peripheren oder hepatischen Insulinsensitivität, des BMI, des ektopen Fettgehalts oder der zirkulierenden Zytokine.

Folgerung: Eine Anreicherung der Darmflora mit L. reuteri kann bei Gesunden die Insulinsekretion erhöhen, möglicherweise durch eine Zunahme der Inkretinfreisetzung. Die Präbiotikagabe beeinflusste aber nicht direkt die Insulinsensitivität oder die Körperfettverteilung. Damit könnte die orale Gabe des Präbiotikums mit nur einem Bakterienstamm ein neuer therapeutischer Ansatz zur Verbesserung der glukoseabhängigen Insulinfreisetzung sein.

Friederike Klein, München