Klin Padiatr 2014; 226(04): 243-247
DOI: 10.1055/s-0034-1374603
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frühe Hilfe für Familien und Frühgeborene – Zugangswege und Unterstützungen aus dem Gesundheitsbereich

Early Childhood Intervention – Access to Risk Families and Support through Actors from the Health-care Sector
D. Clauß
1   Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Halle, Halle (Saale)
,
J. Deutsch
2   Franckesche Stiftungen zu Halle, Halle (Saale)
,
I. Krol
3   Universitätsklinik und Poliklinik für Geburtshilfe, Universitätsklinikum Halle, Halle (Saale)
,
R. Haase
1   Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Halle, Halle (Saale)
,
P. Willard
2   Franckesche Stiftungen zu Halle, Halle (Saale)
,
T. Müller-Bahlke
2   Franckesche Stiftungen zu Halle, Halle (Saale)
,
C. Mauz-Körholz
1   Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Halle, Halle (Saale)
,
D. Körholz
1   Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Halle, Halle (Saale)
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
10 July 2014 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund:

Frühe Hilfen, als abgestuftes Unterstützungsangebot für Familien, bedürfen einer multiprofessionellen Kooperation und Vernetzung. Dabei stellt die Einbeziehung des Gesundheitsbereichs einen bedeutenden Aspekt dar.

Methode:

Im Rahmen eines standardisierten Vorgehens erfolgte durch das Perinatalteam eine Belastungseinschätzung von Familien zur Geburt. Im Ergebnis dessen, wurden zum Zeitpunkt der Vorsorgeuntersuchung U2 durch den Kinderarzt den Familien abgestufte Unterstützungsangebote unterbreitet. Eine ehrenamtliche Unterstützung durch Familienpaten wurde etabliert.

Ergebnisse:

In 281 von 1 238 erhobenen medizinischen Erhebungsbögen wurde mindestens ein Belastungsfaktor ermittelt. Bei 97/281 Familien lag eine erhebliche Belastung vor. Familien mit einer Betreuung durch eine Familienhebamme oder das Jugendamt wiesen eine signifikant höhere Belastung auf als Familien ohne Betreuung. Der Einsatz von Familienpaten wurde durch die Familien positiv bewertet.

Schlussfolgerung:

Der Zeitpunkt zur Geburt stellt eine gute Möglichkeit dar, die Belastungen von Familien in Kliniken zu erheben und Unterstützungsangebote anzubieten. Im Verlauf bedarf es jedoch einer Wiederholung dieser Maßnahmen, z. B. im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen.

Abstract

Background:

Interdisciplinary cooperation and networking determine the success of activities for supporting families at risk for early childhood abuse. The integration of the healthcare sector might be important.

Methods:

The medical standard of perinatal care at the University hospital includes information exchange about family risk factors which may contribute to an increased risk of child abuse within the first year of life. As a result, the ­pediatrician offered supporting services for the families at the time of the second examination during the official childhood health screening program (U2). A team of family-sponsorship was established and evaluated.

Results:

In 281 of 1 238 risk-factor questionnaires at least one stress factor was detected and 97 families had high-impact family stress. Families under the supervision of a family midwife or youth services had a significantly higher number of risk factors. The family-sponsorship program was institutionalized and positively evaluated by the families.

Conclusions:

The time of a hospital delivery is an excellent opportunity for the evaluation of familial risk factors and for the provision of supporting services. To increase the acceptance of such services by the families at risk repeated assessment of risk factors and support offers are required.

 
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