NOTARZT 2014; 30(04): 175-184
DOI: 10.1055/s-0034-1370185
CME-Fortbildung
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Grundlagen des Vorgehens am Notfallort, Untersuchung und Überwachung des Notfallpatienten[1]

Teil 2 – Apparative Diagnostik und MonitoringBasics of Action on the Scene of Emergency, Check-Up and Monitoring of the Emergency PatientPart 2 – Instrumental Diagnostics and Monitoring
M. Helm
Anästhesiologie und Intensivmedizin, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
,
J. Hauke
Anästhesiologie und Intensivmedizin, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
,
L. Lampl
Anästhesiologie und Intensivmedizin, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
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Publication Date:
08 August 2014 (online)

Zusammenfassung

Grundlage jedes erfolgreichen notärztlichen Handelns ist ein professionelles Verhalten am (potenziell gefahrengeneigten) Unfallort mit angemessenem Eigenschutz ebenso wie ein strukturiertes Vorgehen am Patienten. Lageabhängig von Wichtigkeit ist die eigene Einordnung in die Einsatztaktik technischer Rettungskräfte oder der Polizei. Trotz zunehmender technischer Möglichkeiten, auch in der Präklinik, haben die Grundfertigkeiten der ärztlichen Kunst nichts von ihrer Wichtigkeit eingebüßt. Nach wie vor tragen die Beachtung des Notfall-(Unfall-)Geschehens, die gezielte Anamnese sowie die orientierende körperliche Untersuchung den entscheidenden Teil zur richtungsweisenden Diagnosefindung bei (Teil 1). Apparative Überwachung und Diagnostik (Teil 2) dienen der Ergänzung dessen, insbesondere der Verifizierung von Verdachtsdiagnosen bzw. deren Ausschluss (z. B. Hypoglykämie), der Präzisierung (z. B. Lokalisation eines Myokardinfarkts), der Erkennung zusätzlicher Risiken (z. B. Hypothermie) und der Patientensicherheit (z. B. Überwachung der Beatmung). Wichtigster „Monitor“ bleiben nach wie vor Notarzt bzw. Notärztin!

Abstract

Professional performance is the very basis of any successful medical action on the scene of emergency which may be, additionally, endangered. Same is true for an appropriate self-protection, including the cooperation with the fire brigade or police forces, als well as for an organized approach to the emergency patient himself or herself. In spite of an increasing number of technical devices available even in the prehospital setting, nevertheless, the basic skills of the so-called “art of medicine” remain to be of utmost importance. Thing is, the main contributing factors to a guiding emergency diagnosis are the consideration of what exactly has happened, the goal-directed patient’s history, and the physical examination in order to get a first survey (Part one). Technical equipment and diagnostic tools, in general, are serving as a completion (Part two). This may be the confirmation as well as the exclusion of a diagnosis suspected (e. g. hypoglycemia), the specification (type of a myocardial infarction), the identification of additional risks (e. g. hypothermia), and the patient’s safety (e. g. respiratory monitoring). By far, the emergency doctor remains to be the most important monitor.

Kernaussagen

Apparative Diagnostik und Monitoring

Die apparativen Untersuchungs- und Überwachungsmöglichkeiten bereichern das diagnostische Instrumentarium des Notarztes, ohne eine fundierte klinische Untersuchung und Anamneseerhebung zu ersetzen.

Elektrokardiogramm und Blutdruckmessung

Die Beurteilung der Herzströme und die nicht invasive Blutdruckmessung stellen zusammen mit der Pulsoxymetrie das absolut unverzichtbare Basismonitoring in der Notfallmedizin dar.

Die moderne präklinische Infarkttherapie setzt darüber hinaus die Fähigkeit zur Analyse des 12-Kanal-EKG voraus.

Pulsoxymetrie und Kapnometrie/Kapnografie

Die Pulsoxymetrie stellt ein nahezu ideales Monitoringverfahren für die Notfallmedizin dar, weil sie schnell, kontinuierlich und nicht invasiv relativ zuverlässige und einfach zu interpretierende Daten zur respiratorischen und zirkulatorischen Situation liefert.

Bei beatmeten Patienten muss sie zwingend um die Kapnometrie/Kapnografie ergänzt werden, um eine hinreichend sichere Beatmung, beginnend bei der endotrachealen Intubation, zu gewährleisten. Die Pulsoxymetrie überwacht die Oxygenierung des Patienten, die Kapnometrie die Ventilation.

Über die Funktion als Sicherheitsmonitoring hinaus bietet die Kapnometrie/Kapnografie diagnostische Optionen und trägt zur Verbesserung der Beatmungstherapie bei. Die Interpretation der gewonnenen Daten ist jedoch schwieriger als bei der Pulsoxymetrie.

Körpertemperaturmessung

Mit der Infrarotmessung der Tympanontemperatur steht ein sehr praktikables und relativ genaues Verfahren zu Bestimmung der Körperkerntemperatur zur Verfügung.

Sonografie

Welche Fragestellungen sich dadurch mit vertretbarem Zeitaufwand und hinreichender Sicherheit durch Notärzte beantworten lassen und welche Patientengruppen davon profitieren, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.

Laboruntersuchungen

Die präklinische Bestimmung der Blutglukose stellt eine unverzichtbare diagnostische Maßnahme dar. Sie ist allerdings die einzige Laboruntersuchung, die einen Stellenwert in der präklinischen Notfallmedizin besitzt.

1 Dieser Beitrag basiert auf folgendem Buchkapitel: Helm M, Hauke J, Lampl L. Untersuchung und Überwachung des Notfallpatienten. In: Scholz J, Sefrin P, Böttiger B.W, Dörges V, Wenzel V, Hrsg. Notfallmedizin. Stuttgart: Thieme Verlag; 2012: 57 – 63.


 
  • Literatur

  • 1 Fitzal S. Untersuchung und Überwachung des Notfallpatienten. In: Hempelmann G, Adams HA, Sefrin P, Hrsg. Notfallmedizin. Stuttgart: Thieme; 1999: 21-40
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  • 5 Helm M, Lampl L, Hauke J et al. Akzidentelle Hypothermie bei Traumapatienten: Von Relevanz bei der präklinischen Notfallversorgung?. Anaesthesist 1995; 44: 101-107
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  • 7 Walcher F, Weinlich M, Conrad G et al. Prehospital ultrasound imaging improves management of abdominal trauma. Br J Surg 2006; 93: 238-242