NOTARZT 2013; 29 - A5
DOI: 10.1055/s-0033-1350095

Absturzunfälle in Onshore Windenergieanlagen – Implikationen für die Rettungskette Offshore Wind

D Dethleff 1, M Stuhr 1, N Weinrich 1, M Nielsen 1, K Seide 1, C Jürgens 1
  • 1BG Unfallkrankenhaus Hamburg, Hamburg

Die Studie fokussiert vergleichend auf Unfall- und Verletzungsmuster aus Teilen der deutschen Windenergiewirtschaft und beleuchtet die daraus abzuleitenden Implikationen für eine innovative Offshore-Rettungskette. Im nationalen/internationalen Baugewerbe sowie in der (Offshore) Öl & Gas Industrie stellen Unfall-Vorkommnisse wie „von bewegtem Teil getroffen“, „Stolpern/Rutschen/Stürzen (SRS)“ und „Absturz“ mit erhöhten Prozentzahlen die vornehmlichen Unfallarten dar (1, 2, 3, 4). Bei den körperlichen Unfallfolgen stehen stumpfe Verletzungen (Brüche, Verstauchungen, Zerrungen/Dehnungen, Prellungen/Quetschungen etc.) überwiegend an Extremitäten im Vordergrund (2, 3, 5). Generell zeigen sich ähnliche Unfall- und Verletzungsmuster auch im Arbeitsumfeld deutscher Off- (6) und Onshore-Windenergieanlagen (WEA). Zu Unfällen auf Onshore-WEA wurden im Rahmen der Arbeiten des durch die Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (BGHW) geförderten Projekts „Rettungskette Offshore Wind“ (ROW) am BG Unfallkrankenhaus Hamburg ca. 1100 von verschiedenen Berufsgenossenschaften (7) zur Verfügung gestellte Vorkommnisse ausgewertet. Demzufolge treten das Maschinenhaus, die Außenbereiche und der Turm von landgebundenen Anlagen als vornehmliche Unfallorte in Erscheinung. Die Unfallursachen liegen primär im persönlichen Verhalten der Verunfallten begründet. Die Unfallarten haben überwiegend einen mechanischen Hintergrund bzw. sind im Bereich SRS angesiedelt und bilden sich an nahezu allen Unfallorten in ähnlich hohen Prozentzahlen ab. Die übergeordneten Unfallzusammenhänge – d.h. die vornehmlichen Unfallorte, Unfallarten und Unfallursachen – stellen sich Betriebs-übergreifend in vergleichbaren prozentualen Größenordnungen dar, so dass von näherungsweise wiederkehrenden Unfallmustern in deutschen Onshore-WEA ausgegangen werden kann. Als spezifische Unfallkonstellationen konnten Tätigkeitsmerkmale und Arbeitssituationen wie „Drehmomentschlüssel“ und „Leiter“ bzw. Arbeitsorte wie „Luke“ (Durchstieg) und „Spinner“ (Nabe/Nabenkappe) identifiziert werden. Als vornehmliche Verletzungsmuster treten „umgeknickt“, „Stoßverletzung“, „Quetschung“, „Schnittwunde“ und „Prellung'“ in den Vordergrund. Die hauptsächlich verletzten Körperteile sind mit abnehmender Häufigkeit Extremitäten, Kopf und Thorax. Absturzunfälle sind in der deutschen Onshore-Windindustrie gegenüber dem nationalen/internationalen Baugewerbe und der internationalen offshore Öl- und Gas-Industrie prozentual deutlich geringumfänglicher vertreten. Dies lässt auf eine ausgeprägte Sicherheits- und Sicherungsmentalität im Onshore-Windbereich schließen. Anhand der Darstellung eines realen Absturzunfalls in einer deutschen Onshore-WEA werden das Absturz- und Aufprallszenario des Verunfallten forensisch analysiert sowie Implikationen für die Verletztenrettung aus vergleichbaren Unfallsituationen in Offshore-WEA abgeleitet.