Gesundheitswesen 2012; 74(01): 45-48
DOI: 10.1055/s-0031-1287797
Bericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Priorisierung in der medizinischen Versorgung: Norwegen und seine Parlamentskommissionen

Nach einem Gespräch mit Prof. Dr. theol. Inge Lønning im November 2010
H. Raspe
1   Institut für Sozialmedizin, Akademische Zentrum für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung, Universität Lübeck
,
T. Meyer
2   Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
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Publication Date:
19 October 2011 (online)

Vorbemerkung

Im Februar 2010 äußerte sich, wenige Monate nach seiner Amtsübernahme, der Bundesgesundheitsminister Dr. Rösler in einem Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt zum Thema Priorisierung:

„Ich halte von der Diskussion über Priorisierung nichts …. Deshalb bin ich auch nicht bereit, diese Diskussion zu führen.“

25 Jahre früher war Norwegen das erste Land weltweit, in dem sich eine von einer Regierung eingesetzte Kommission („Lønning I“) mit dem Problemfeld der Prioritätensetzung in der medizinischen Versorgung beschäftigte. Ihre 1987 veröffentlichten Arbeitsergebnisse[1] regten u. a. das schwedische Parlament zu einer ähnlichen Aktivität an (Meyer und Raspe 2009; Raspe und Meyer 2009). Die schwedische Parlamentskommission legte ihren Abschlussbericht 1995 vor. Ein Jahr später begann die Arbeit einer zweiten norwegischen Kommission („Lønning II“).

Die norwegischen Parlamentskommissionen umfassten 13 bzw. 15 Mitglieder, arbeiteten 3 bzw. 2 Jahre und legten dem jeweiligen Gesundheitsminister Berichte (in norwegischer mit Zusammenfassungen auch in englischer Sprache) vor; sie wurden beide von ein und derselben Person geführt: Prof. Dr. theol. Inge Lønning, einem Mitglied der theologischen Fakultät der Universität Oslo.

Mit ihm führten wir am Vormittag des 15.11.2010 im Parlamentsgebäude in Oslo ein knapp 3-stündiges Gespräch in deutscher Sprache. Dessen aus unserer Sicht wichtigsten Inhalte gibt – thematisch geordnet – der folgende Text wieder[2].

Inge Lønning – biografische Notiz:

Inge Lønning wurde am 20. Februar 1938 in Fana, Hordaland, Norwegen geboren. Er studierte Theologie in Oslo und Tübingen. 1971 erfolgte in Oslo die Promotion zum Dr. theol. 1971 wurde er als Professor für Systematische Theologie an die Universität Oslo berufen; er war von 1985 bis 1992 ihr Rektor. Als Mitglied der konservativen Partei Høyre gehörte er von 1997 bis 2005 dem norwegischen Reichstag (Stortinget) an und war ab 2001 sein Vizepräsident. Er war Mitglied des Nordischen Rats und sein Präsident (2003). Er ist Präsident der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft. Er lebt mit seiner Familie in Oslo.


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