Zeitschrift für Palliativmedizin 2011; 12(04): 129-130
DOI: 10.1055/s-0031-1284751
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Palliative Care in Österreich

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Publication Date:
21 July 2011 (online)

 

Liebe Leserinnen und Leser,

manche von Ihnen werden wohl überrascht sein, an dieser Stelle einen Leitartikel über Palliative Care in Österreich zu finden. Hintergrund dafür ist u.a., dass die Zeitschrift für Palliativmedizin seit Anfang dieses Jahres auch das offizielle Organ der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG) geworden ist. Sie werden deshalb ab nun in jeder Ausgabe einen Beitrag mit Mitteilungen aus der OPG finden. Schon bisher hatte die OPG die Zeitschrift für Palliativmedizin für alle ihre Mitglieder abonniert. Umso mehr freut es uns, dass sich jetzt unsere enge Verbindung mit der DGP auch im Inhalt der Zeitschrift für Palliativmedizin widerspiegelt.

Die OPG wurde vor 12 Jahren gegründet und war dabei vom Gedanken getragen, alle Menschen, die in ihrer Berufsausübung mit Palliative Care befasst waren, in dieser Gesellschaft zu vereinen. Sie war von Beginn an multiprofessionell mit einem einheitlichen Status aller Mitglieder. In den Jahren ist die Zahl der Mitglieder auf rund 400 gewachsen. Ebenso hatte sich die Zahl der Vorstandsmitglieder, der seit seiner Gründung von Dr. Franz Zdrahal mit großem Einsatz und viel Einfühlungsvermögen geleitet wurde, stark vergrößert, sodass im Mai 2010 eine Restrukturierung der Statuten, eine Verkleinerung des Vorstandes und eine Neuwahl erfolgte. Der Vorstand umfasst nun einen Nukleus von 5 Personen, der von den LeiterInnen der AGs der OPG ergänzt wird. Der Nukleus wird von der Generalversammlung gewählt, die LeiterInnen der Arbeitsgruppen von deren Mitgliedern. Alle Informationen dazu sind der Homepage der OPG zu entnehmen (http://www.palliativ.at).

Die Palliative Care hat in Österreich im Vergleich mit anderen Ländern im europäischen Raum zwar etwas später begonnen, seither aber umso raschere Fortschritte erzielt. Die Pioniere aus der Gründerzeit, von denen als pars pro toto Dr. Franz Zdrahal, Mag. Hildegard Teuschl und Prof. Andreas Heller zu erwähnen sind, haben früh erkannt, dass eine koordinierte Entwicklung notwendig und in einem so kleinen Land wie Österreich auch gut umsetzbar ist. Auf sie alle geht der Strukturplan der „Abgestuften Hospiz- und Palliativersorgung in Österreich“ zurück, der seither als Grundlage für die strukturelle Entwicklung aller palliativmedizinischen Einrichtungen in Österreich fungiert, von Palliativstationen und Hospizen bis hin zu den mobilen Versorgungseinrichtungen. Dieser Plan wurde 2010 in den Österreichischen Gesundheitsplan integriert, womit er nun als gesetzlicher Arbeitsauftrag an die ihn umsetzenden Behörden wirksam ist. Bedenklich ist, dass die Umsetzung bisher insgesamt nur zu etwa 50 % erfolgt ist, wobei Einzelelemente, wie das der Palliativstationen zu etwa 80 %, andere Elemente, wie das der Mobilen Dienste, aber im wesentlich geringerem Umfang erfüllt sind. So ist es bisher nur im Bundesland Steiermark gelungen, den letzteren Bereich in die Regelversorgung aufzunehmen.

Als nächster Schritt in der Entwicklung wurden nun Kriterien für die Prozessqualität von Palliativeinrichtungen erarbeitet. Dabei wurden Standardprozesse für alle Elemente des Strukturplans beschrieben, von der Aufnahme auf Palliativstationen bis hin zur Trauerbegleitung von Angehörigen durch mobile Teams. Diese Prozesse sind in einem Handbuch der Palliativversorgung in Österreich zusammengefasst, das in Kürze erscheinen wird. Zusammen mit den Strukturqualitätskriterien ergibt dies eine ideale Grundlage, um auf solider Basis Ergebnisqualität dokumentieren zu können. Gerade in der Palliative Care, in der zu Recht vieles aus Empathie-geleiteter Intuition geschieht, ist es notwenig, auch objektive Qualitätskriterien der geleisteten Arbeit vorlegen zu können. Vor allem diese werden notwendig sein, damit Palliative Care im Wettbewerb um die knappen öffentlichen Ressourcen bestehen kann.

Essentiell für die Entwicklung der Palliative Care in allen Ländern ist das Vorliegen eines Angebotes der beruflichen Fortbildung. Diese Bildungsangebote basieren in Österreich auf der Interprofessionalität und der Integration der höheren Fortbildungsstufen in ein universitäres Umfeld. So werden in einem Stufensystem interprofessionelle Basiselemente der Fortbildung in einheitlichem Umfang von unterschiedlichen Organisationen angeboten, mit denen der Grundstein für eine Fortbildung bis hin zu einem universitären Abschluss – an der Medizinischen Universität Salzburg und an der Universität Klagenfurt – erreicht werden kann. Im Bereich der studentischen Lehre wurde Palliative Care in den Unterrichtsplan aller Medizinischer Universitäten aufgenommen.

Gemäß den Empfehlungen der EAPC strebt die OPG die Etablierung eines Zusatzfacharztes für Palliativmedizin in Österreich an. In einer neuen Initiative wurden in den letzten Monaten Gespräche mit dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer sowie mit dafür maßgebenden Präsidenten der Landesärztekammern geführt. Dabei wurde die Notwendigkeit dieses Zusatzfacharztes v. a. vor dem Hintergrund der im Strukturplan festgelegten Einrichtungen, die einer Leitung mit ausgewiesener ärztlicher Expertise bedürfen, uneingeschränkt anerkannt. Somit besteht erstmals ein Konsens der Ärztekammer mit der OPG in dieser wichtigen Angelegenheit.

Schließlich wird sich die OPG, wie auch alle anderen wichtigen Organisationen der Palliative Care in Österreich, für eine Beibehaltung der derzeitigen Gesetzeslage engagieren, die ein klar formuliertes Verbot der Euthanasie in jeder Form, auch in der des assistierten Suizids, enthält. Gerade dieses unmissverständliche Bekenntnis des österreichischen Gesetzgebers zum Euthanasieverbot war es auch, das vor 10 Jahren zu einer Entschließung aller damaligen österreichischen Parlamentsparteien geführt hat, die Palliativversorgung in Österreich rasch und flächendeckend auszubauen.

Letzteres voranzutreiben, um jedem einzelnen Patienten optimal zu dienen, aber auch um damit in der Gesellschaft ein sichtbares Zeichen für eine menschenwürdige Betreuung schwertskranker und sterbender Patienten zu setzen, ist die Kernaufgabe der OPG.

Professor Herbert Watzke

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Professor Herbert Watzke