Familien mit einem psychisch kranken Elternteil

 

Wenn Mütter oder Väter psychisch krank sind, ist die ganze Familie mitbetroffen. Insbesondere die Kinder sind in vielfacher Hinsicht belastet und benötigen ihrerseits Hilfe. In den letzten Jahren ist eine Reihe lesenswerter Publikationen erschienen, die sich mit dieser Thematik befassen. In dem vorliegenden, von Johannes Jung.bauer herausgegebenen Band werden Aspekte beleuchtet, die in der Fachliteratur zum Thema "Kinder psychisch kranker Eltern" bislang relativ wenig thematisiert worden sind, wie z.B. die Lebenssituation von betroffenen Jugendlichen, die Perspektive der erkrankten Eltern und die schwierige Thematik des Sorgerechtsentzugs. Der Herausgeber ist Professor für Psychologie am Institut für Gesundheitsforschung und Soziale Psychiatrie der Katholischen Hochschule NRW in Aachen. Der vorliegende Band bietet eine Synopsis neuerer eigener Forschungsarbeiten, Dissertationen und Diplomarbeiten zu den Belastungen und dem Hilfebedarf von Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil. Empirische Grundlage sind differenzierte Fallanalysen und Interviews mit psychisch kranken Müttern und Vätern, ihren Kindern und Ehepartnern sowie mit professionellen Helfern. Die einzelnen Kapitel können auch unabhängig voneinander gelesen werden. Dabei war es der Anspruch der Autorinnen und .Autoren, wissenschaftliche Inhalte allgemeinverständlich darzustellen, um das Buch auch für Betroffene, Familienangehörige und interessierte Laien lesbar zu machen.

Im einleitenden Kapitel wird zunächst der aktuelle Forschungsstand zu Belastungen, Entwicklungsrisiken und zum Hilfebedarf von Familien mit psychisch kranken Eltern erörtert. Ferner werden u.a. Ergebnisse einer durch die DFG geförderten Studie referiert, in der die besonderen Probleme von Familien mit einem schizophren erkrankten Elternteil analysiert wurden. In weiteren Buchkapiteln wird die Rolle der Hilfesysteme "Psychiatrie" und "Jugendhilfe" beleuchtet: Eine Expertenbefragung zum Thema "Kindswohlgefährdung und Sorgerechtsentzug" verdeutlicht, wie wichtig präventive Angebote sind, um den Schutz des Kindswohls sicherzustellen. Mit der Aachener Beratungsstelle "AkisiA" wird abschließend ein erfolgreich arbeitendes Modellprojekt für Kinder psychisch kranker Eltern und ihre Familien dargestellt.

Fazit: Der vorliegende Band zeigt eindrücklich, dass eine psychische Erkrankung immer das gesamte Familiensystem verändert und beeinträchtigt; ferner, wie geeignete familienorientierte Unterstützungsangebote aussehen sollten und welche Voraussetzungen dafür notwendig sind. Insgesamt handelt es sich um ein angenehm und spannend zu lesendes Buch, das sich durchaus als Einführung in die Thematik "psychisch kranke Eltern" eignet, z.B. für Studierende. Doch auch für in dieser Hinsicht "fortgeschrittene" Leser bietet der Band neue Erkenntnisse und Anregungen. Das Buch dürfte besonders für Praktiker interessant sein, die in der Gemeindepsychiatrie bzw. der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind. Insbesondere Kolleginnen und Kollegen, die ein Angebot für Kinder psychisch kranker Eltern aufbauen oder ausbauen bzw. professionalisieren wollen, können das Buch mit Gewinn lesen – also z.B. Mitarbeiter gemeindepsychiatrischer Einrichtungen, Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen, Psychiater, Psychologen und psychiatrische Krankenpflegekräfte.

Miriam Vock, Berlin
Email: miriam.vock@iqb.hu-berlin.de

Jungbauer J (Hrsg.). Familien mit einem psychischkranken Elternteil. Forschungsbefunde und Perspektiven für die Soziale Arbeit. Opladen / Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich; 2010: 256 S., € 26,90, ISBN 978-3-938094-69-3.

• 01 Jungbauer J (Hrsg.). Familien mit einem psychischkranken Elternteil. Forschungsbefunde und Perspektiven für die Soziale Arbeit. Opladen / Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich; 2010. 256 S., € 26,90. ISBN: 978-3-938094-69-3
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