Suchttherapie 2011; 12(1): 6
DOI: 10.1055/s-0031-1274121
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Für Sie gefragt – Substitution und Recht – Neues aus der Rechtsprechung

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Publication Date:
21 February 2011 (online)

 

Bild: © Pixelio/Thorben Wengert

? Wir substituieren und behandeln hier u. a. 6 Patienten, die zu den komorbiden Schwerstabhängigen zählen und in einer Langzeitsuchteinrichtung ca. 30 km von der Praxis entfernt leben. In der Praxis ist es so, dass die Patienten 14-tägig zum ärztlichen Gespräch erscheinen. Davon unabhängig werden wöchentlich die notwendigen Rezepte für Substitutionsmittel und andere Medikamente an die Apotheke gesandt, die uns beliefert.
Dort gibt es eine medizinische Abteilung, besetzt mit medizinischem Assistenzpersonal, das den Patienten die Substitutionsmittel sowie alle anderen Medikamente verabreicht und auch Kontrollen durchführt. Die Damen sind von uns geschult und halten regelmäßig bei Problemen Rücksprache mit unserer Ambulanz. Ein Arzt ist allerdings nur 1-mal pro Woche anwesend. Im engeren Sinne pflegebedürftig sind die Patienten nicht.
Hausbesuche könnten wir auch gar nicht durchführen. Um Take Home handelt es sich ja auch nicht, weil die Patienten von "Fachkräften in einer Suchteinrichtung" versorgt werden. Wo liegen hier die rechtlichen Fallstricke, oder machen wir etwa alles richtig?

Die Verfahrensweise ist grundsätzlich in Ordnung. Die Tatsache, dass ein Arzt nur 1-mal in der Woche anwesend ist, ist grundsätzlich auch in Ordnung. Er dürfte jedoch unter Beachtung von § 5 Abs. 3 BtMVV nicht in die Substitutionsbehandlung unmittelbar mit eingebunden werden im Sinne der Verschreibung von Substitutionsmitteln, weil er nicht die Qualifikation besitzt. Übernimmt dieser Arzt allerdings allgemeine Aufgaben innerhalb der Behandlung, die nicht die Substitutionsbehandlung betreffen, ist dieses unproblematisch.

Wichtig ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass die Dokumentation auch hinreichend die Kommunikation mit dem nicht ärztlichen Personal beinhaltet. Das heißt, es muss darauf geachtet werden, dass Änderungen oder weitergehende Maßnahmen auch vollumfänglich in der Karteikarte vermerkt werden. Gegebenenfalls sollte auch bei nachdrücklichen Therapieänderungen ein Hausbesuch gemacht werden, dies letztlich unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Leistungserbringung; die Rechtsprechung ist sehr kritisch mit der telefonischen Betreuung von Patienten.

Bezüglich der Kontrollen ist darauf hinzuweisen, dass diese zweifelsohne vom medizinischen Assistenzpersonal durchgeführt werden dürfen. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die Entscheidung, bei welchem Patienten wann welche Kontrolle durchgeführt wird, unmittelbar vom behandelnden Arzt zu treffen ist. Es dürfte kaum zulässig sein, die Frage der Entscheidung, ob und wer kontrolliert wird, auf das nicht ärztliche Personal zu verlagern.

Rein abrechnungstechnisch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung kann natürlich die Gebührenziffer 01950 EBM bzw. 01952 EBM nur dann abgerechnet werden, sofern diese Leistungen von einem zugelassenen Vertragsarzt erbracht werden, der auch eine entsprechende Genehmigung zur Substitutionsbehandlung durch die Kassenärztliche Vereinigung hat. Sollten Laborleistungen veranlasst werden, so sind diese dem Grunde nach gleichfalls abrechnungsfähig, sofern die persönliche Anordnung, wie oben beschrieben, beachtet wurde.

? Wie substituiert man einen nicht krankenversicherten Opiatabhängigen, z. B. mit Privatrezept und entsprechender Liquidation?

Erstens gibt es eigentlich fast keine "nicht krankenversicherten" Patienten mehr. Wir empfehlen also, den Krankenversicherungsschutz überprüfen zu lassen (AOK, Arbeitsagentur, Sozialamt). Sollte eine gesetzliche Krankenversicherung im Ausnahmefall nicht möglich oder vorhanden sein, gelten das BtMG und die BtmVV und die BÄK-Richtlinie ohne Ausnahme. Lediglich die Richtlinie "Methoden vertragsärztlicher Versorgung" (ehem. BUB/NUB) findet keine Anwendung. Das bedeutet praktisch: Sie machen alles so, wie Sie es gewohnt sind und lassen einfach die Meldungen an die KV weg, vergessen natürlich nicht die Meldung gegenüber dem BfArM. Zur Liquidation gibt es keine GOÄ-Ziffer, die die Substitution selbst betrifft. Sie können nur die Gebührenziffern abrechnen, die auf den individuellen Fall passen (GOÄ 1 oder 2, Untersuchung, Labor etc.).

Dr. Bernd Weber, Kassel
Jörn Schroeder-Printzen, Potsdam

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