Psychiatr Prax 2010; 37(7): 355
DOI: 10.1055/s-0030-1267416
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Aktivität und Teilhabe: das Mini-ICF-APP

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Publication Date:
04 October 2010 (online)

 

Michael Linden, Stefanie Baron und Beate Muschalla als Wissenschaftler auf dem Gebiet der psychosomatischen Rehabilitation haben es möglich gemacht, dass Therapeuten mithilfe des Mini-ICF-Rating für Aktivitäts- und Partizipationsstörungen bei psychischen Erkrankungen (Mini-ICF-APP) Fähigkeitsstörungen exakt einschätzen können.

Mit der Anlehnung an die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (2005) treffen die Autoren den Nabel der Zeit: Orientierung am biopsychosozialen Modell und eine ressourcenorientierte Sichtweise [1] sind die Wegweiser der Zukunft, wenn es um die Auswirkungen auf die funktionale Gesundheit geht und um Maßnahmen zu Prävention und Gesundheitsförderung. Auf dieser Basis haben die Autoren ein aussagekräftiges Instrument zur Erfassung und Dokumentation der im ICF beschriebenen Beeinträchtigungen aus dem Bereich "Aktivität und Partizipation" entwickelt.

Psychisch erkrankte Patienten leiden oftmals sehr unter ihren Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben - sei es auf der Arbeit, bei Hobbys oder beim Kontakt mit Familie und anderen Personen. Hier schließt das Mini-ICF-APP eine Lücke, indem es unabhängig von Krankheitssymptomen eine fundierte Auswahl von Fähigkeitsstörungen aus dem ICF abbildet, die bei psychischen Erkrankungen vorkommen können: Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und Routinen, zur Planung und Strukturierung von Aufgaben, Durchhalte- und Selbstbehauptungsfähigkeit oder Fähigkeit zu familiären bzw. intimen Beziehungen, um nur einige der 13 Dimensionen zu nennen, welche die Therapeuten einschätzen. Ob Psychiater, Psychologe, Sozialarbeiter oder ein anderer therapeutischer Kollege - die Testbox ist für jedermann geeignet: Das Manual, die Ratingbögen und ein Zusatzheft mit ausführlichen Definitionen und Fallbeispielen machen den Mini-ICF-APP anwendbar für jeden, der die regelmäßige Dokumentation von Fähigkeitsstörungen in seine therapeutische Arbeit integrieren will.

In nur zehn Minuten kann der Therapeut die Defizite des Patienten im alltäglichen Leben und ihre Veränderungen im Verlauf erfassen und den therapeutischen Bedarf einschätzen. Die besondere Bedeutsamkeit für die medizinische und berufliche Rehabilitation ist deutlich erkennbar. Für eine exakte Beurteilung kommt allerdings hinzu, dass der Therapeut ausreichend Informationen über die soziale Umwelt und die Rollenerwartungen an den Patienten haben muss.

Die bisherigen Studien von den Autoren und uns [2], [3], [4] bestätigen, dass der Mini-ICF-APP misst, was er messen soll, wobei bislang mehr über die Anwendung in der Psychosomatik als in der Psychiatrie bekannt ist.

Der Mini-ICF-APP zeigt uns, wie wichtig und nützlich es ist, die alltäglichen sozialen Probleme des Patienten kurz und knapp auf einen Blick zu erfassen, auf Augenhöhe mit dem Patienten.

Daniela Schaub, Georg Juckel, Bochum

Email: daniela.schaub@wkp-lwl.org

Linden M, Baron S, Muschalla B. Mini-ICF-APP. Mini-ICF-Rating für Aktivitäts- und Partizipationsstörungen bei psychischen Erkrankungen. Bern: Hans Huber, 2009, 79,– €, Bestell-Nr. 0315501.

Literatur

  • 01 Seidel M . Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Ein neues Mitglied der Familie WHO-Klassifikationen.  Nervenarzt. 2005;  76 79-92
  • 02 Linden M , Baron S . Das Mini-ICF-Rating für psychische Störungen (Mini-ICF-P). Ein Kurzinstrument zur Beurteilung von Fähigkeitsstörungen bei psychischen Erkrankungen.  Rehabilitation. 2005;  44 144-151
  • 03 Baron S , Linden M . Wirksamkeitsanalyse einer stationären psychosomatischen Rehabilitation anhand des Mini-ICF-APP.  Rehabilitation. 2009;  48 145-153
  • 04 Juckel G , Schaub D , Fuchs N , et al . Validation of the Personal and Social Performance (PSP) Scale in a German sample of acutely ill patients with schizophrenia.   Schiz Res. 2008;  104 287-293
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