Intensivmedizin up2date 2011; 7(4): 245
DOI: 10.1055/s-0030-1257032
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

10 Jahre Kompetenznetzwerk zur Sepsis – SepNet

Konrad  Reinhart
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Publication Date:
03 November 2011 (online)

Konrad Reinhart

Im internationalen Vergleich nimmt die klinische Forschung in Deutschland keinen der Größe und wirtschaftlichen Stärke unseres Landes entsprechenden Rang ein. Mit der Förderung sogenannter Kompetenznetzwerke in der Medizin hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung ein Programm aufgelegt, um diese Situation zu verbessern. Gefördert wurde die Verknüpfung von klinischer und translationaler Forschung zu bestimmten Krankheitsbildern mit großer medizinischer bzw. gesundheitsökonomischer Bedeutung. Obwohl zu wenig bekannt, gehört die Sepsis zu diesen Krankheitsbildern. Deshalb hat sich im Jahr 2000 ein Konsortium aus Anästhesisten, Internisten, Chirurgen, Mikrobiologen und Immunologen um eine Förderung beworben.

Mit der geförderten Struktur, die aus einem SepNet-Koordinationsbüro und einer Biobank in Jena, einem Zentrum für Biometrie und Telematik in Leipzig und zunächst 17 regionalen Studienzentren bestand, gelang es eine Reihe wichtiger Studien zur Epidemiologie und Therapie der Sepsis durchzuführen, für die es galt, externe Drittmittel einzuwerben. Die sogenannten SepNet-Prävalenzstudie zeigte auf, dass in Deutschland jährlich mit circa 79 000 neuen Fällen von Sepsis und 75 000 Fällen von schwerer Sepsis zu rechnen ist. Dies bedeutet, circa 60 000 Todesfälle in Folge von Sepsis und somit ein Vielfaches mehr als das in den Statistiken des statistischen Bundesamtes ausgewiesen ist. Mittels dieser Daten konnten wir auch zeigen, dass alleine die Behandlung der Sepis auf der Intensivstation mit 1,7 Milliarden ein Drittel des Budgets aufbraucht, das in Deutschland für Intensivmedizin verausgabt wird. Die Ergebnisse dieser Studie wurden freundlicherweise in der Laienpresse – „Der Spiegel“, „Die Zeit“, ZDF, etc. aufgenommen und haben so das Problem Sepsis erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Ein weiteres Ergebnis aus dieser Studie war die Erkenntnis, dass zwischen den Empfehlungen aus Leitlinien und deren tatsächlicher Umsetzung in die klinische Praxis eine große Kluft besteht, die es gilt mit modernen Methoden der Implementierung von Behandlungsempfehlungen zu überwinden.

Mit der 2008 im New England Journal of Medicine veröffentlichten VISEP-Studie fanden wir Hinweise darauf, dass damals etablierte Therapieprinzipien, wie die strikte Blutzuckerkontrolle bei Sepsis oder der Einsatz von hyperonkotischer HES-Lösung, mit unerwünschten Nebenwirkungen assoziiert ist. Eine weitere Multi-Center-Studie, die zum ersten Mal die Frage untersucht, ob bei schwerer Sepsis eine Kombinationstherapie zweier Antibiotika einer Monotherapie überlegen ist, wurde abgeschlossen und wird in Kürze zur Publikation eingereicht. In einer weiteren aus dem BMBF/ DFG Förderprogramm für klinische Studien mit 2 Mio. Euro unterstützten Studie wird der Frage nachgegangen, ob bei Patienten mit schwerer Sepsis das Fortschreiten in den septischen Schock mit Hilfe von Hydrokortison verhindert werden kann (HYPESS-Studie). Die SIS-PCT-Studie untersucht die Effektivität hochdosierten Seleniums und die Nützlichkeit der Bestimmung von Procalcitonin zur Reduzierung der Sterblichkeit bzw. Verkürzung der Antibiotikatherapie. Die SepNet-Studiengruppe ist inzwischen auf nahezu 50 aktive Studienzentren angewachsen und umfasst operative, internistische und interdisziplinäre Intensivstationen. SepNet, dessen Förderung durch das BMBF nach nunmehr 10 Jahren ausläuft, hat sich als unabhängige Studiengruppe neu konstituiert und wird in Zukunft unter dem Dach der neu gegründeten Deutschen Sepsisstiftung weiter geführt. Die Mitgliedschaft steht allen Kolleginnen und Kollegen, die die Sepsis und intensivmedizinische Forschung unterstützen möchten, offen. SepNet ist Teil des Internationalen Forums unabhängiger intensivmedizinischer Studiengruppen InFact, zu dem unter anderem die Canadian Clinical Critical Care Trials Group (CCCTG), die australisch/ neuseeländische Studiengruppe ANZICS sowie das US-amerikanische ARDSNET gehören. Unterstützen Sie die Projekte von SepNet, werden Sie Mitglied der SepNet-Studiengruppe.

Prof. Dr. Konrad Reinhart, Sprecher SepNet

Prof. Dr. Konrad Reinhart

Clinic for Anaesthesiology and Intensive Care

Erlanger Allee 101
07747 Jena

Email: konrad.reinhart@med.uni-jena.de

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