NOTARZT 2023; 39(03): 125-127
DOI: 10.1055/a-1941-9603
Aktuelles

Die Fortsetzung der Resuscitation Academy Deutschland

10 Schritte und systemische Optimierungen über 24 Monate für eine exzellente Reanimationsversorgung in weiteren Rettungsdienstbereichen
Andreas Wagenplast
1   Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
,
Jan-Thorsten Gräsner
1   Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
2   Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
,
Leonie Hannappel
1   Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
,
Stephan Seewald
1   Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
2   Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
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Langfristiges Ziel der Resuscitation Academy Deutschland (RAD) ist es, die Ergebnisse nach einem außerklinischen Herz-Kreislauf-Stillstand (OHCA) gemäß dem 2008 in Seattle/King County, USA, entwickelten 10-Schritte-Programm nach Eisenberg [1] in allen Rettungsdienstbereichen (RDB) in Deutschland systematisch und nachhaltig zu verbessern.

Durch die Teilnahme an der RAD werden den Ärztlichen Leitungen und verantwortlichen Führungskräften aus Rettungsdiensten und Kliniken, aber auch aus der Kommunalpolitik, hierzu verschiedene Management- und Umsetzungspotenziale für ihren RDB aufgezeigt. Dies erfolgt u. a. durch eine Analyse und nachfolgende Optimierung von Prozessketten und Strukturelementen der jeweiligen bisherigen Patientenversorgung bei prähospitalem Herz-Kreislauf-Stillstand. Getreu dem Motto: ‚Lernen von und mit den Besten‘ ist die gemeinsame Erarbeitung und parallele Bearbeitung der 10 Schritte zu besserem Überleben nach plötzlichem Herz-Kreislauf-Stillstand ([Tab. 1]) und darauf aufbauenden lokalen Umsetzungsprojekten im eigenen Rettungsdienstbereich die Grundlage für die kontinuierliche Verbesserung. Die RAD verknüpft hierzu neueste wissenschaftliche Erkenntnisse mit Instrumenten des Deutschen Reanimationsregisters der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) und einem hierfür entwickelten System-Assessment-Online-Tool sowie Projektmanagement-Tools.

Tab. 1 Zehn Schritte zu besserem Überleben nach plötzlichem Herz-Kreislauf-Stillstand [2].

Schritt

Beschreibung

1

Teilnahme am Deutschen Reanimationsregister

2

Einführung der Telefon-Reanimation (T-CPR) mit strukturiertem Trainingsprogramm und kontinuierlichem Qualitätsmanagement

3

Einführung eines High-Performance-Reanimations-(HP-CPR-)Programms mit strukturiertem Trainingsprogramm und kontinuierlichem Qualitätsmanagement

4

Durchführung von Sofort-Disposition und -Alarmierung [Rapid Dispatch] mit strukturiertem Trainingsprogramm und kontinuierlichem Qualitätsmanagement

5

Auswertung aller verfügbaren digitalen Daten (u. a. Defibrillatoren)

6

Einsatz von Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED) durch Ersthelfende, einschließlich Polizei, Sicherheitsdiensten und Ordnungsbehörden

7

Nutzung smarter Technologien zur früheren und schnellen Aktivierung von Ressourcen zur Reanimation und Anbindung von AED-Programmen

8

Verpflichtender Reanimations- und AED-Unterricht an Schulen und in der Kommune

9

Jahresberichte für die Rettungsdienstorganisation(en), Rettungsdienstträger und Kommune/Öffentlichkeit

10

Erreichen einer „Culture of Excellence“

Die Teilnahme und Umsetzung der 10 Schritte im Rahmen der Resuscitation Academy wird von den aktuellen Leitlinien des European Resuscitation Council empfohlen [3], da erst durch die optimale Verknüpfung aller Bemühungen ein „System zur Rettung von Leben“ entsteht, das höhere Überlebensraten ermöglicht [4] [5].

Die RAD 2020–2022 umfasste die 6 RDB Berlin, Dortmund, Kiel, Plön, Rostock und Vorpommern-Greifswald ([Abb. 1]) und hat erstmalig in Deutschland über 24 Monate in einem strukturierten Prozess mit kontinuierlicher Evaluation und aufeinander aufbauenden Veranstaltungen stattgefunden. Das Institut für Rettungs- und Notfallmedizin (IRuN) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) hat mit Fördermitteln vom Versorgungsicherungsfonds des Landes Schleswig-Holstein und der Damp Stiftung dieses Pilotprojekt im Sommer 2022 erfolgreich abgeschlossen. Alle 6 Teilnehmer strebten und streben im Rahmen ihrer lokalen Umsetzungsprojekte eine bessere Datenqualität oder eine verbesserte Nutzung des Deutschen Reanimationsregisters an. Außerdem haben alle ein High-Performance-Reanimations-Programm (HP-CPR-Programm) mit strukturiertem Trainingsprogramm und kontinuierlichem Qualitätsmanagement implementiert. Einige Leitstellen haben ihre Telefon-CPR (Telefon-Reanimation) und/oder Rapid-Dispatch-Programme überprüft und verbessert. Mehrere Systeme haben die Integration von Laienhelfern über Apps eingeführt. Weitere lokale Projekte zielten u. a. auf die gemeinsame multiprofessionelle Schulung von Rettungsfachpersonal und Notärzten ab, und ein Pilotprogramm erprobte Notfallsanitäter-Supervisoren zur Qualitätssteigerung. Besonders hervorzuheben ist auch die grenzübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen benachbarten RDB sowie mit den nationalen und internationalen Experten der Global Resuscitation Alliance (GRA), der Resuscitation Academy Foundation (Seattle) sowie den Partner Resuscitation Academies in Singapur und Dänemark [6].

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Abb. 1 Karte der teilnehmenden Rettungsdienstbereiche RAD 2023–24 und RAD-Alumni. Eigene Darstellung (Quelle: © Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Institut für Rettungs- und Notfallmedizin [IRuN]).

Die Fortsetzung der RAD ab 2023 wird durch die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und das Deutsche Reanimationsregister sichergestellt, das IRuN übernimmt erneut die Projektleitung. Die Ärztlichen Leitungen und Führungskräfte vorangegangener RAD-Jahrgänge werden hierzu Teil eines „RAD-Alumni-Netzwerks“. Somit stehen sie neben dem weltweiten Netzwerk der GRA, dem Organisationskomitee des Deutschen Reanimationsregisters und den TeilnehmerInnen ebenfalls als ExpertInnen und Multiplikatoren für eine Verbesserung des Überlebens von Patienten mit einem prähospitalen Herz-Kreislauf-Stillstand zur Verfügung. Die RDB Flensburg, Göppingen, Heinsberg, Hochsauerlandkreis, Limburg-Weilburg, Mönchengladbach, Neumünster, Nordfriesland, Schwerin, Vorpommern-Rügen sowie Innsbruck aus Österreich ([Abb. 1]) treten nun zum 01.01.2023 diesem Netzwerk bei, um ihre Versorgungsqualität nach dem Konzept der RAD bei 4 konsekutiven RAD-Leadership-Workshops in Kiel und weiteren RAD-Praxis-Workshops und Lectures über 24 Monate ([Abb. 2]) systematisch und nachhaltig zu verbessern.

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Abb. 2 Grafische Darstellung des Konzeptes der Resuscitation Academy Deutschland mit konsekutiven Workshops über 24 Monate. Eigene Darstellung (Quelle: © Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Institut für Rettungs- und Notfallmedizin [IRuN]).

Die aufgeführten Publikationen der GRA und erste Daten der RAD 2020–2022 zeigen, dass durch die Anwendung der 10 Schritte eine Optimierung der Systeme und eine exzellente Reanimationsversorgung mit verbessertem Outcome für die Patienten nach OHCA möglich sind. Gerade in Anbetracht der aktuellen und künftigen Herausforderungen, vor denen unsere Systeme stehen, kann der OHCA auch stellvertretend als Surrogatmarker für die kontinuierliche Verbesserung des gesamten Notfallversorgungssystems angesehen werden, wonach wahrscheinlich auch alle weiteren Einsätze und Krankheitsbilder systematisch besser behandelt werden. Die Teilnahme an der RAD bietet neben den lokalen Implementierungs- und langfristigen Qualitätsmanagement-Projekten nach den Erfahrungen der RAD-Alumni insbesondere auch Impulse für die Organisationsentwicklung und strategische Planungen. Ein Beispiel dieser Vision auf der Leitungs- und Systemebene ist der #6 Grundsatz der RAD: „Jeder Patient mit Kammerflimmern überlebt“. Auf diese Vision und Kultur müssen dann das gesamte Rettungsfachpersonal und die NotärztInnen trainiert, motiviert und verpflichtet werden. Die Mission für alle Einsatzverantwortlichen, ob NotfallsanitäterIn, Notarzt oder Notärztin, lautet daher: ‚No One is dying on my Shift/Rig‘ [Heute stirbt niemand in meiner Schicht/meinem RTW].

Ab Januar 2024 und Januar 2025 können weitere RDB die 10 Schritte im Rahmen einer RAD-Teilnahme über 24 Monate umsetzen.

Die 10 Schritte und weitere Informationen und Bewerbung unter: www.Resuscitation.Academy



Publication History

Article published online:
31 May 2023

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