Ausbildung geplant gestalten

Mit der Veröffentlichung der Rahmenpläne der Fachkommission nach dem Pflegeberufegesetz im Sommer 2019 stehen erstmals bundeseinheitliche Rahmenpläne für die Pflegeausbildungen zur Verfügung. Die Träger der betrieblichen Pflegeausbildung sollen auf deren Basis ab 2020 nun einen Ausbildungsplan gestalten. Doch: Wie ist dies umsetzbar? Der Träger der praktischen Ausbildung trägt die Verantwortung für die Organisation und Durchführung der praktischen Ausbildung. Er erstellt einen Ausbildungsplan, auf dessen Grundlage die praktische Ausbildung erfolgt. Dieser Plan ist Bestandteil des Ausbildungsvertrages. Wesentlicher Bestandteil der praktischen Ausbildung ist die Praxisanleitung, die im Umfang von mindestens 10% der praktischen Ausbildungszeit erfolgt. Die Praxisanleitung und die praktische Ausbildung erfolgen geplant und strukturiert auf Basis des betrieblichen Ausbildungsplanes. Sie sind in einem Ausbildungsnachweis zu belegen. Aufgabe der Praxisanleiter ist es, Auszubildende schrittweise an die Aufgaben der Pflegefachkraft heranzuführen. Dabei sollen sie Lernprozesse initiieren, die eine vollständige Handlung im Sinne des Pflegeprozesses berücksichtigen und zur effektiven Zusammenarbeit anregen, Arbeitsaufgaben auswählen, die eine Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz unterstützen, zu reflektivem Lernen in der Arbeitswirklichkeit anregen, die Kompetenzen eines selbstorganisierten und lebenslangen Lernens (LLL) im Beruf vermitteln, eine eigenständige Arbeitsweise der Lernenden unterstützen, indem Ausbildungsstand und Komplexität der Versorgungssituation angemessen gewählt werden und mittels Förderplänen Lernschwächen als Lernchancen nutzen (Rahmenpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG; S. 17 ff.). Darüber hinaus ist es ihre Aufgabe, das Führen des Ausbildungsnachweises zu überwachen, die Kooperation mit der Pflegeschule zu gestalten sowie nach jedem Schülereinsatz im eigenen Arbeitsbereich eine benotete Einschätzung der Kompetenzentwicklung zu erstellen und mit den Auszubildenden zu besprechen. Bei Bedarf sind hier weitere Förderpläne zu vereinbaren. Der Weg zum Ausbildungsplan: Erhebung des betriebseigenen Status Quo Im Rahmenausbildungsplan sind "vorgesehene Pflegesituationen und Aufgabenstellungen eher grob umrissen und unabhängig von den möglichen Einsatzorten beschrieben. Sie müssen bei der Erstellung der einrichtungs- oder trägerspezifischen Ausbildungspläne nach § 8 Abs. 3 PflBG auf die besonderen Lernpotenziale der jeweiligen Einsatzorte zugeschnitten und dann letztlich im Rahmen der Planung eines konkreten Einsatzes durch die verantwortliche Praxisanleitung auf der Basis der aktuellen Gegebenheiten im Einsatzbereich und in Abstimmung mit den individuell eingebrachten Lernerfahrungen und -bedarfen der Auszubildenden angepasst und ausdifferenziert werden" (Rahmenpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG, S. 29). Dies bedeutet, dass Träger der praktischen Ausbildung die vorgegebenen Lerninhalte in einem einrichtungsspezifischen Ausbildungsplan methodisch frei gestalten dürfen. Der betriebsinterne Ausbildungsplan beantwortet hierbei die Frage, welche der im Rahmenplan vorgegebenen Lerninhalte wann, wie, durch wen und in welchem Lernkontext vermittelt werden sollen. Es empfiehlt sich eine entsprechende Arbeits- und Ergebnismatrix, wie sie in Tabelle 1 exemplarisch dargestellt wird. Die Entwicklung des betriebseigenen Ausbildungsplanes setzt einen Prozess der Gestaltung voraus, der bewährte Ausbildungsmethoden im Betrieb erhält und zu entwickelnde Instrumente identifiziert. Tab. 1: Exemplarischer innerbetrieblicher Ausbildungsplan Art des Einsatzes Ausbildungsstunden Praxisanleitungszeit/ Soll Kompetenz im Ausbildungsrahmenplan Lerninhalte und Lernziele der Kompetenzen im Rahmenplan Betriebliche Methode Durchführend und Verantwortlich Veranschlagte Zeit der Praxisanleitung in Stunden Orientierungseinsatz 400 h 40,0 h/Soll Intra- und interprofessionelles Handeln in unterschiedlichen sys- temischen Kontexten verantwortlich gestalten und mitgestalten. Verantwortung in der Organisation des qualifikationsheteroge- nen Pflegeteams übernehmen. Sich in einem oder mehreren Einsatz- bereichen des Trägers der praktischen Ausbildung orientieren und In- formationen zur Organisations- struktur sammeln. Betriebsführung mit Orientie- rungsrallye, Erstgespräch im Einsatzort und abschließender Evaluation (Hauptamtliche) Praxisanleitung 3,5 h/Ist … … … … Ist/Gesamt Eine gängige und einfache Methode im Innovationsmanagement ist die SWOT-Analyse (Disselkamp 2012): Hierbei werden betriebsinterne Stärken und Stärken zur Problembewältigung den möglichen Chancen/Gelegenheiten und Gefahren/Bedrohungen durch die externen Anforderungen in einem Raster gegenübergestellt (Tab. 2). Die Namensgebung dieser erweiterten Stärken-Schwächen-Analyse ergibt sich durch die Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe: Stärken – Strengths, Schwächen – Weaknesses, Chancen – Opportunities und Gefahren – Threats. Zur Konkretisierung werden bewährte einrichtungsspezifische Ausbildungsmethoden und -prozesse (z.B. Betriebsführungen, innerbetriebliche Schulungen, Anleitungsstandards für Auszubildende) mit den im Rahmenausbildungsplan vorgegebenen Lerninhalten abgeglichen. So können bereits entwickelte Ausbildungsmethoden im innerbetrieblichen Ausbildungsplan (Stärken) den curricularen Lernzielen im Rahmenplan zugeordnet sowie methodenleere Lerninhalte (Schwächen) identifiziert werden. Die existierenden betriebsinternen Ausbildungsmethoden (Stärken) müssen zur Gefahrenabwehr anschließend auf ihre Erfüllung der oben genannten Kriterien der Praxisanleitung geprüft und angepasst werden. Tab. 2: SWOT-Analyse intern extern Stärken Schwächen Chancen Erhalt und Einsatz der internen Stärken zur Nutzung der Gelegenheiten. Überwinden der eigenen Schwächen durch Nutzung der Gelegenheit. Gefahren Nutzen der internen Stärken zur Abwehr von Gefahren. Beschränkung der eigenen Schwächen zur Minimierung des Gefahrenpotentials. Dies bedeutet im herangezogenen Beispiel (Tab. 1), dass eine Betriebsführung mit einem selbstorientierenden Lernauftrag versehen und die dafür veranschlagte Praxisanleitungszeit festgelegt werden muss. Darüber hinaus muss die Dokumentation und Überprüfung dieser Praxisanleitung aufwandsgerecht gewährleistet sein. Hier empfiehlt sich die Nutzung eines Ausbildungsberichtsheftes, welches der Lernende führt, in den einsatzbegleitenden Feedbackgesprächen zur eigenen Kompetenzentwicklung vorstellt und durch die Praxisanleitenden quittieren lässt. Knappe Personalressourcen als Chance nutzen Die Gefahr der unzureichenden Dokumentation von Praxisanleitung wird durch veranschlagte Praxisanleitungszeit, durch die Dokumentationspflicht der Auszubildenden und durch die Fremdkontrolle der Praxisanleitenden begrenzt. Die betriebseigene Schwäche der möglicherweise lückenhaften Dokumentation von Praxisanleitung wird zur Gelegenheit, da die Qualität und Quantität der Ausbildungsdokumentation durch den Lernenden die Kompetenzeinschätzung des Praxisanleitenden stützen und die Lernkompetenz der Auszubildenden fördert. Offene Lernziele des Ausbildungsrahmenplans müssen abschließend mit entsprechenden Praxisaufgaben zum tätigkeitsbegleitenden, reflexiven oder explorativen Lernen unter Aufsicht der Pflegefachkräfte und durch geplante Praxisanleitungen im betriebsinternen Ausbildungsplan komplettiert werden. Hospitationen in pflegenahen Arbeitsbereichen sind zur Förderung des interprofessionellen Lernens und Arbeitens denkbar. Die Zeiten der Praxisanleitung können grundsätzlich tätigkeitsnah und real im Ausbildungsnachweis dokumentiert werden oder durch pauschal veranschlagte Praxisanleitungszeiten im gültigen betriebsinternen Ausbildungsplan hinterlegt sein. Förderpläne für Lernende können durch Wiederholungsschleifen der Praxisanleitungselemente individuell entwickelt werden. Anforderungen an den fortgeschrittenen Entwicklungsstand des Auszubildenden können gemäß des Ausbildungsrahmenplanes entweder durch ansteigende Komplexität beziehungsweise Instabilität des Gesundheitszustandes sowie des Pflegebedarfes eines Klienten bei gleicher Pflegelernaufgabe oder durch neue Lerninhalte aus dem Ausbildungsrahmenplan erreicht werden (Rahmenpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG; S. 20). Ein Beurteilungswesen zur Kompetenzentwicklung der Lernenden basiert auf den komplementären Teilaspekten der beruflichen Handlungskompetenzen nach den Empfehlungen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder von 2011 und berücksichtigt möglicherweise zu planenden Förderbedarf und -wunsch des Auszubildenden sowie die Notenfindung. Auch hier kann in der Regel auf bestehende Instrumente und Prozesse der Einrichtung zurückgegriffen werden. Die Kompetenzentwicklung der Lernenden wird durch Zusammenführen der Protokolle von Erst-, benotetem Zwischen- sowie Abschlussgesprächen in einem gemeinsamen Dokument transparent. Eine Selbsteinschätzung der Lernenden und ein möglicher Förderplan ergänzen die Darstellung einer individuellen Kompetenzgenese. Der integrierte Nachweis entsprechender Einsatz- und Nachtdienstzeiten ist obligat, um zusätzlichen Dokumentationsaufwand zu minimieren. Dabei sollte das Dokument mit einem maximalen Seitenumfang von vier Din-A4-Seiten handhabbar bleiben. Da mit steigenden Ausbildungszahlen bei stagnierender Bewerberquote die Anzahl Minderjähriger in der Pflegeausbildung zunehmen wird, sollte eine Kenntnisnahme der Erziehungsberechtigten berücksichtigt sein. Fazit Ein zu entwickelnder betriebsinterner Ausbildungsplan für die Pflege kann von allen Beteiligten als Last empfunden werden, da er gefühlt eine Mehrbelastung für alle Mitarbeiter darstellt. Mit dem Entwicklungsinstrument der SWOT-Analyse und dem Einbeziehen aller Beteiligten der Einrichtung ist es möglich, die Herausforderungen der geänderten Pflegeausbildung im Betrieb handhabbar zu machen und obendrein noch neue Entwicklungschancen zu erleben. Die Dokumentation und Überprüfung der Praxisanleitungen muss gewährleistet sein. Hierfür eignet sich das Führen eines Ausbildungsberichtsheftes: Der Lernende trägt die Verantwortung für die Dokumentation – der Praxisanleiter muss diese dann abzeichnen. Literatur beim Verfasser Jürgen Paschke M.A. Medizinalfachberufe, Schwerpunkt Pädagogik Lehrkraft für Pflege E-Mail: juergenpaschke@outlook.com

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