Patienten mit Diabetes haben ein erhöhtes Sturzrisiko. Forscher aus Magdeburg haben jetzt eine Methode entwickelt, die eine Sturzgefährdung deutlich präziser vorhersagen kann als gängige Methoden.
Das Videospiel auf dem Tablet ist mit sensorgestützen Einlegesohlen verbunden und wird über Veränderungen des Fußdrucks gesteuert.
© UMMD / Sarah Kossmann
Nervenschäden, Gleichgewichtsstörungen und Muskelkraftverlust beeinträchtigen bei Menschen mit Diabetes häufig die Mobilität und sorgen so für ein erhöhtes Sturzrisiko. Mit einer an der Universitätsklinik Magdeburg entwickelten Methode sollen Sturzrisiken früher als bisher erkannt und präventiv angegangen werden.
Laut einer Mitteilung der Uniklinik kombiniert die Methode Videospiele mit sensorgestützten Einlegesohlen, die detaillierte Bewegungsmuster und Druckverteilungen erfassen. Eine kürzlich veröffentlichte Begleitstudie habe gezeigt, dass das System Stürze mit einer Genauigkeit von mehr als 80 Prozent vorhersagen kann.
Treffsicherheit gepaart mit Spaßfaktor
„Traditionelle Tests wie beispielsweise der sogenannte ‚Timed-up-and-go-Test‘ übersehen oft subtile Frühwarnzeichen, insbesondere bei Menschen mit Diabetes und Nervenschäden“, erklärt Studienleiter Professor Peter Mertens, Direktor der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie Magdeburg. Die von seinem Team entwickelte Methode sei nicht nur genauer, sondern werde von den Teilnehmenden auch als „unterhaltsam und motivierend empfunden“.
An der Studie nahmen 152 ältere Erwachsene mit Diabetes teil. Während einer 15-minütigen Videospiel-Session, die im Sitzen oder Stehen durchgeführt werden konnte, testeten die Teilnehmenden wichtige Fähigkeiten wie Reaktionszeit, Gleichgewicht und Muskelkontrolle. Parallel wurde bei ihnen das Sturzrisiko mit konventionellen Methoden (Timed-up-and-Go-Test, Dynamic-Gait-Index, Berg-Balance-Scale) ermittelt.
Die über die sensorgestützten Einlegesohlen gelieferten Daten wurden mittels KI analysiert und mit den im Untersuchungszeitraum tatsächlich aufgetretenen Sturzereignissen abgeglichen. Die Treffsicherheit des neuen Systems lag bei 82,8 Prozent im Sitzmodus und bei 88,6 Prozent im Stehmodus. Das war deutlich besser als die etwa 50-prozentige Vorhersagegenauigkeit der konventionellen Methoden.
Das Forschungsteam sieht das neue System als wertvolle Unterstützung für ältere Erwachsene, Angehörige und Pflegekräfte, um frühzeitig sturzpräventive Maßnahmen ergreifen zu können. Die Forscher wollen die Technologie weiter optimieren und eine Zertifizierung vorantreiben. Perspektivisch könnten die Videospiele in Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen oder Reha-Zentren eingesetzt werden, um Stürze zu verhindern und die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern, heißt es. (ne)