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10.07.2018 | Politik | Nachrichten

Kompetenzzentrum statt Klinik

verfasst von: Christina Bauer

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Deutschland hat zu viele Klinikbetten. Doch macht das Krankenhaus um die Ecke zu, löst das mitunter tatsächlich Versorgungsengpässe aus – zumindest für weniger mobile Patienten. Hier könnten Pflegekompetenzzentren helfen, meint die DAK.

Die Möglichkeiten von Kompetenzzentren © Christina BauerDiskutierten in Nürnberg die Möglichkeiten von Kompetenzzentren (v.l.): Prof. Andreas Beivers, Andreas Storm (DAK), Prof. Boris Augurzky (RWI), Kerstin Celina (MdL, Grüne), Bernhard Seidenath (MdL, CSU), Kathi Petersen (MdL, SPD) und Professor Peter Bauer (MdL, Freie Wähler).

Klinikschließungen sind unpopulär. Sie werden künftig aber noch häufiger als bislang notwendig sein, stimmten Experten bei der DAK-Veranstaltung "Kommt der Strukturwandel in Gang?" in Nürnberg überein.

Vor allem kleine, wenig spezialisierte Häuser seien, bei relativ hoher Krankenhausdichte, oft unrentabel. Doch das einfache "Dichtmachen" werde in der Bevölkerung kaum akzeptiert. – Klinikabbau "ist eines der emotionalsten Themen", sagte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).

Erst Ende April zeigte das eine Demonstration vor dem neuen Gesundheitsministerium – der Grund: die Schließung kleiner Kliniken wie im mittelfränkischen Hersbruck.

Knackpunkt geriatrische Versorgung

Für die Bevölkerung müssen also Ersatzstrukturen her. Eine Lösung könnten laut DAK-Vorstandchef Andreas Storm Pflegekompetenzzentren sein. Das von der DAK mit mehreren Experten erstellte Konzept soll Beratung, ambulante und stationäre Versorgung sowie moderne, digitale Infrastruktur bieten. Ziel sei, Senioren möglichst lang zu Hause zu betreuen. Wo Kliniken nicht aufrechterhalten werden könnten, könne das für ein Pflegekompetenzzentrum gelingen.

Der Bedarf an geriatrischer Versorgung und Pflege werde weiter rasant wachsen, erklärte Storm. Kommunen, Leistungserbringer und Krankenkassen sollten daher beim Aufbau solcher Zentren kooperieren und das neue Versorgungskonzept regional anpassen. "Wir würden uns sehr freuen, wenn wir es schaffen könnten, dass hier der Freistaat Bayern vorangeht", so Storm.

Das Bundesland sei für die Erstimplementierung gut geeignet. Es gebe viele passende Standorte, und ein besseres Pflegesystem gelte parteiübergreifend als wichtiges Ziel.

Tatsächlich hat Bayern bundesweit die höchste Krankenhausdichte, und mit 52 Prozent den größten Anteil kleiner Kliniken mit unter 150 Betten. Huml wertete das Konzept als "gute Idee", die regional zu prüfen sei.

Ähnliches gebe es schon. So werde die Donau-Isar-Klinik Landau zur Kurzzeitpflege-Einrichtung, das Kreiskrankenhaus Waldkirchen zum ambulanten Versorgungszentrum.

Kerstin Celina, sozialpolitische Sprecherin der Grünen und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Landtags, warnte vor voreiligem Abbau. "Wenn man kleine Standorte schließt, fehlen sie in der Fläche", so Celina.

Zudem sei zu fragen, warum sich das den Kompetenzzentren ähnliche Konzept der Pflegestützpunkte bisher kaum habe umsetzen lassen. "Der Markt regelt's nicht", sagte Kathi Petersen, die für die SPD im Gesundheitsausschuss sitzt.

 Die Krankenhausplanung sei in Bayern "nur sehr unzureichend". Innovative Strukturen seien gefragt, dabei sei vor allem an schwere Fälle zu denken. "Wichtig ist (…), dass die Notfallversorgung gewährleistet ist", so Petersen.

Wo kommt das Personal her?

"Ein Pflegekompetenzzentrum kann niemals die schließenden Betten ersetzen", zeigte sich Professor Peter Bauer, Pflegepolitischer Sprecher der Freien Wähler, kritisch. Damit Pflegeeinrichtungen funktionierten, sei vor allem genug Personal notwendig, so Bernhard Seidenath, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU und stellvertretender Vorsitzender des Gesundheitsausschusses.

Dafür müssten nicht nur mehr Fachkräfte anfangen, sondern zudem weniger aufhören. "Wir müssen schauen, dass sie möglichst lange in der Pflege bleiben", sagte Seidenath.

Storm zufolge sollen Pflegekompetenzzentren auch Pflegeausbildung und geriatrische Fortbildungen anbieten.

Würden Kliniken mit Mitteln des 2016 eingerichteten Krankenhausstrukturfonds umstrukturiert, dann laufe dies bilsang meist in Richtung Standortkonzentration (87 Prozent), gab Gesundheitsökonom Professor Boris Augurzky vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung zu bedenken.

Schließungen (9 Prozent) und auch die vorgeschlagenen Umwandlungen (4 Prozent) seien hingegen selten.

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