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01.02.2018 | Politik | Nachrichten

"Pflegepläne sind wie ein Silvesterfeuerwerk"

verfasst von: Anno Fricke

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Die in der Nacht auf Mittwoch vereinbarten Koalitionsprojekte zur Pflege stoßen auf Skepsis – unter anderem beim Patientenschutz und dem Pflegerat.

Helfende Haende (Symbol) © Africa Studio / stock.adobe.comHelfende Hände: 8000 neue Pflegestelle planen Union und SPD in der Pflege zu schaffen. Nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Die Verhandler – federführend Malu Dreyer (SPD), Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) – haben sich gestern Abend spät in ihrer Sitzung im Wesentlichen darauf verständigt, die Inhalte des Sondierungspapiers vom 12. Januar auch als Inhalt des Koalitionsvertrags zu übernehmen. Demnach sollen zusätzlich 8000 Fachpflegestellen in Altenheimen geschaffen werden.

Für Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz ist das ein ungedeckter Scheck zu Lasten der Pflegebedürftigen. Hochrechnungen der Stiftung zufolge sollen diese Stellen rund 280 Millionen Euro im Jahr kosten.

"Aus welchem Topf das Geld fließen soll, bleibt unbekannt", warnt Brysch am Mittwoch. "Die Pflegepläne der GroKo sind wie ein Silvesterfeuerwerk. Wenn der Rauch verzogen ist, bleibt nicht viel übrig."

Die zusätzlichen Kräfte sollen nicht zulasten der Heimbewohner gehen, bestätigte das Gesundheitsministerium der "Ärzte Zeitung" am Mittwoch. Offen sei, ob der Topf der gesetzlichen oder der der sozialen Pflegeversicherung dafür angezapft werden solle. Vorbild wäre demnach die Regelung für zusätzliche Hilfskräfte, die ebenfalls aus den Sozialkassen finanziert werden. Belastungen für Heimbewohner wären sicherlich schwer zu vermitteln gewesen.

Berechnungen des Verbands der katholischen Altenhilfe zufolge bezahlen die Pflegeheimbewohner bereits heute etwa drei Milliarden Euro im Jahr für die Behandlungspflege aus eigener Tasche. Vor allem in den neuen Ländern mache sich die Preisspirale bemerkbar.Nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Nur ein Tropfen auf den heißen Stein

"Schwer enttäuscht" zeigt sich der Präsident des Deutschen Pflegerats Franz Wagner. Die geplanten 8000 Stellen in den 13600 Pflegeheimen seien lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zudem falle die GroKo damit um etwa 1,6 Milliarden Euro hinter die Vereinbarungen aus den Jamaika-Verhandlungen zurück. Damals war ein vollständiger Ausgleich der Kosten für Behandlungspflege zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung vereinbart worden.

Auch Pflegefachpolitiker der Opposition fürchten, dass das Stellenprogramm zulasten der Heimbewohner gehen werde. "Das sogenannte Sofortprogramm mit 8000 zusätzlichen Altenpflegestellen bedeutet weniger als eine zusätzliche Fachkraft pro Pflegeheim und das auf Kosten der Heimbewohner, die die medizinische Behandlungspflege überwiegend selbst aufbringen müssen", sagte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Kordula Schulz-Asche am Mittwoch.

Was sind Tariflöhne in der Altenpflege?

Auf Ratlosigkeit stoßen auch die Pläne der möglichen Koalitionäre, Tariflöhne in der Pflege flächendeckend durchzusetzen. Die Bundesregierung sei kein Tarifpartner und könne darüber nicht verhandeln, hieß es am Mittwoch. Aber: Was überhaupt sind Tariflöhne in der Altenpflege?

Der Arbeitgeberverband bpa rechne mit flächendeckend steigenden Eigenanteilen der Heimbewohner aufgrund der politisch gewünschten Anhebung der Gehälter für Pflegefachkräfte, sagte bpa-Präsident Bernd Meurer am Mittwoch der "Ärzte Zeitung".

Mit dem TVÖD gibt es einen Tarif für die Beschäftigten in den kommunalen Pflegeeinrichtungen. Sie machen rund fünf Prozent des Marktes aus. Die kirchlichen Anbieter orientieren sich nach Angaben des ehemaligen Pflegebeauftragten und jetzigen Gesundheitsministers von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann, in etwa am TVÖD, lagern aber auch Arbeit in Servicegesellschaften aus, in denen sie weniger bezahlen müssen.

 54 Prozent des Marktes decken private Anbieter ab. Sie gelten prinzipiell als tarifungebunden. Der Organisationsgrad sowohl der Belegschaften als auch der Arbeitgeber gilt als gering.

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