Internationale Pflegekräfte fördern und begleiten Eine optimale Einarbeitung ist das A und O, um Pflegekräfte nicht nur ins Land zu holen, sondern sie auch zu halten. Am UKSH Campus Kiel wurde daher eine Ausbildungsstation für internationale Pflegekräfte etabliert. Sie wird seit Ende 2020 in der allgemein-dermatologischen Abteilung umgesetzt, stetig optimiert und angepasst.
Der Mangel an Fachkräften in Krankenhäusern wird ständig größer. Da auch in Zukunft die Zahl der pflegebedürftigen Menschen nicht abnehmen wird und der deutsche Nachwuchs aus eigener Kraft dieser Patientenversorgungsflut nicht entgegenwirken kann, sind wir auf Hilfe durch Pflegekräfte aus anderen Ländern angewiesen. Seit 2017 hat das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) circa 400 internationale Pflegekräfte angeworben, die hier ihre Anerkennung absolvieren und die Pflege im UKSH unterstützen. Von der Einreise bis zu ihrem Abschluss werden sie von den unterschiedlichsten Kollegen gefördert und begleitet. Zudem können sich die internationalen Pflegekräfte in sogenannten Netzwerktreffen fachlich und sozial austauschen. Nach ihrer Anerkennung haben sie, wie jede andere Pflegekraft, die Möglichkeit, an Fort- und Weiterbildungen teilzunehmen. In diesem Kontext habe ich im Jahr 2020 ein Konzept entwickelt, um eine Ausbildungsstation für internationale Pflegekräfte auf der dermatologischen Station zu etablieren mit dem Ziel, die internationalen Pflegekräfte optimal auf das deutsche Gesundheitswesen und die nachfolgenden Stationen vorzubereiten.
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So ging es los
Das Stammteam der Dermatologie bestand aus weniger als zehn Pflegekräften, zudem wurde es durch den Beginn der Corona-Pandemie zusätzlich belastet. Hierdurch und durch die eingeschränkten Einreisebestimmungen für die internationalen Kräfte war die Etablierung der Konzeptstation sehr schwierig. Trotzdem gelang es mir, die Station innerhalb eines halben Jahres bis auf die letzte offene Stelle aufzufüllen und mit dem Projekt zu beginnen. Bis heute ist die Station voll besetzt und es gibt noch immer viele interessierte Kolleg*innen.
Während ich am Konzept schrieb, habe ich mich auf die vier Säulen der Herausforderungen konzentriert: Die sprachliche Barriere, die kulturellen Unterschiede, die fachlichen Fähigkeiten und die soziale Komponente. Doch wie kam es dazu, dass eine Konzeptstation etabliert wurde? Unterschiedlichste Personen an mehreren Schnittstellen hatten sich im Vorfeld Gedanken gemacht, wie so eine Station umgesetzt werden könnte. Viele Gespräche wurden mit der Pflegedirektion und den Pflegemanagern geführt, bis es zur Umsetzung kam.
Rahmenbedingungen: Das UKSH kooperiert ausschließlich mit Vermittlungsunternehmen, die ihren Sitz in Ländern haben, in denen es einen deutlichen Überschuss an Pflegekräften gibt. Hierfür hat das UKSH eine Koordinatorin, die sich ausschließlich damit auseinandersetzt. Internationale Pflegekräfte, die nach Deutschland kommen wollen, haben in ihrem Heimatland einen Bachelor-Abschluss und müssen ein B2 Sprachniveau besitzen. Das bedeutet, sie können die Kernaussagen komplexer Sachverhalte verstehen und in ihrem Fachbereich ohne Schwierigkeiten kommunizieren. In Deutschland angekommen werden sie als Krankenpflegehelfer*in eingestellt. Nach einer Eingewöhnungszeit von ungefähr drei Monaten gehen sie für ein halbes Jahr in die Anerkennung, um nach ihrer bestandenen Prüfung als Gesundheits- und Krankenpfleger*in weiterbeschäftigt zu werden.
Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen: Vor der Einreise nach Deutschland finden "Kennlerngespräche" statt. Danach erfolgen erste Einschätzungen, beispielsweise ob das Sprachniveau noch zu verbessern ist, es klinische Vorerfahrung oder eventuelle Praktika gibt oder ob die internationale Pflegekraft spezielle Präferenzen für bestimmte Fachabteilungen hat. Auch auf Merkmale wie Schüchternheit oder Introvertiertheit wird geachtet, damit die Kolleg*innen der Konzeptstation entsprechend unterstützen können.
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Vollwertiges Teammitglied - vom ersten Tag an
Alle internationalen Pflegekräfte bringen ihren "Steckbrief" mit Foto mit, sodass auch die Teilzeitkräfte des Stammpersonals, Ärzt*innen, das Servicepersonal oder die Reinigungskräfte etwas über die neuen Kolleg*innen erfahren können. Während ihrer Anerkennung wird jede von einem übergeordneten Praxisanleiter und einer Pflegekraft vor Ort bis zu ihrer Prüfung begleitet - dies garantiert eine individuelle Förderung zu jeder Zeit. Außerdem wird sie vom ersten Tag auf der Station als vollwertiges Mitglied in das bestehende Team integriert. Zusätzlich unterstützt ein Deutschlehrer die internationalen Pflegekräfte und begleitet sie auch im praktischen Alltag. Er bietet ihnen im Rahmen des "Training on the Job" Unterricht in der Praxis an und fungiert somit als Vermittler zum Stammpersonal. Zudem führt er Einzelgespräche, damit sich das Deutsch der internationalen Kräfte kontinuierlich verbessert.
Für alle internationalen Pflegekräfte haben wir ein mehrseitiges Einarbeitungshandbuch zusammengestellt. Hier werden sie willkommen geheißen und über allgemeine Abläufe der Station und wichtige Telefonnummern am Campus informiert. Außerdem erhalten sie Information zu unserem Kooperationspartner Lingoda, der den theoretischen Teil während der Anerkennung begleitet. Ergänzend kommen wichtige Tätigkeiten, die in den drei Schichten auf der Station relevant sind, und eine Kurzbeschreibung zu den wichtigsten Krankheitsbildern mit Definition, Symptomen, Pflege und Therapie, die auf der Station anzutreffen sind, hinzu. Abschließend gibt es ein Abkürzungs- und umgangssprachliches Verzeichnis, indem die Bedeutung umgangssprachlicher Wörter beschrieben wird. Ein Beispiel für eine pflegerische Umgangssprache ist die "Glücki" - eine saugfähige Unterlage, die im Patientenbett verwendet wird. Damit haben die internationalen Pflegekräfte die Möglichkeit, das heimische Pflegepersonal rascher zu verstehen - was zusätzlich zur Integration beiträgt.
Voneinander lernen
In ihren ersten beiden praktischen Tagen werden die internationalen Pflegekräfte aus der Pflege raus geplant. An diesen Tagen werden grundlegende Dinge, wie Blutdruck messen, Blutentnahmen oder hygienische Grundlagen vermittelt, da diese in den Heimatländern häufig anders umgesetzt werden. Weitere Schwerpunkte auf der Konzeptstation sind die häufig geplanten Anleitungen, die teilweise auch in Gruppenanleitungen durchgeführt werden. Hier sollen die internationalen Pflegekräfte voneinander lernen, sich austauschen und unterstützen. Die Erfahrung zeigt, dass etwas zurückhaltende Pflegekräfte selbstbewusster und sicherer im Umgang mit den Kollegen und den Patienten werden und sich dann vermehrt trauen, Fragen zu stellen.
Eine weitere wichtige Grundlage ist von Beginn an das selbstständige Arbeiten. Alle Pflegekräfte erhalten mit Tag 1 ihre Zugänge für die Dokumentationsprogramme des UKSH. Sie sollen sofort lernen, wie dokumentiert wird, wie die Visitenanordnung ausgearbeitet und auch das eher "gefürchtete" Telefon bedient wird. Schwierigkeiten oder Hindernisse können somit sehr schnell identifiziert und durch individuelle Schulungen ausgeglichen werden.
In der Zeit ihrer Anerkennung erhalten alle internationalen Pflegekräfte auf der Konzeptstation einen Einsatz außerhalb der patientennahen Versorgung. Dieser zweiwöchige Einsatz am Stationstresen ermöglicht ihnen, mit der Patientenaufnahme und den administrativen Tätigkeiten vertraut zu werden.
Andere Stationen sparen sich die Einarbeitung
Der Vorteil der Konzeptstation für andere Stationen ist, dass sie die Zeit der Einarbeitung überspringen und sie die internationalen Pflegekräfte sofort optimal auf ihrer Station als Gesundheits- und Krankenpfleger*in einsetzen können. Eine große Erleichterung für die Stationen - gerade in der angespannten Situation der Corona Pandemie. Durch unsere vielfältige Unterstützung und den vielseitigen Fachbereich der Dermatologie sind die internationalen Pflegekräfte mit einem breit gefächerten Fachwissen ausgestattet und können selbstbewusst in die Arbeitsabläufe der anderen Stationen einsteigen.
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Stetig sind wir dabei, dieses Konzept zu ergänzen und anzupassen. In naher Zukunft wollen wir Fortbildungsvideos zur besseren Veranschaulichung komplexer Arbeitsabläufe anfertigen, um Gesprächssituationen besser darstellen zu können oder um häufig vorkommende Fehler sichtbar zu machen. Aktuell werden von zwei internationalen Pflegekräften, die ihre Anerkennung bestanden haben und sich gerne für die Konzeptstation engagieren wollen, Fortbildungen ausgearbeitet. Hierbei erhalten sie Unterstützung durch den Deutschlehrer. Diese Kurzfortbildungen sollen am Campus vorgestellt werden und die unterschiedlichen Kulturen der internationalen Pflegekräfte zeigen. Ziel ist es, das Verständnis der Stammmitarbeiter des UKSH - beispielsweise für andere Feiertage oder Sichtweisen - zu erhöhen, um eine optimale Akzeptanz und Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Aktuell arbeite ich mit unserer wissenschaftlichen Abteilung an einem Fragebogen, der die Relevanz der Konzeptstation hervorheben soll, um wissenschaftlich fundierte Ergebnisse aufzuzeigen, die den Vorteil dieser einzigartigen Station messbar machen sollen. Diese Station ist ein Herzensprojekt des gesamten Teams. Alle Kolleg*innen engagieren sich und möchten das Projekt nicht mehr missen. Auch das interdisziplinäre Team aus Ärzten, Logopäden und Physiotherapeuten unterstützt das Konzept und trägt zum hervorragenden Umgang untereinander bei.
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Leidenschaft, Empathie und Gemeinschaft
Es war eine großartige Erfahrung, das Konzept mit meinem Team in die Praxis umzusetzen. Doch das größte Lob, das wir erhalten haben, ist die Rückmeldung der internationalen Pflegekräfte unserer Station. Sie sind unfassbar dankbar für die Zuwendung und das ihnen entgegengebrachte Engagement, um ihnen einen bestmöglichen Start zu ermöglichen. Ihrer Meinung nach war es die beste Entscheidung, die sie getroffen haben. Dieses Dankeschön ist von unschätzbarem Wert, wenn man bedenkt, was diese Pflegekräfte auf sich nehmen, wenn sie sich dafür entscheiden, allein nach Deutschland zu kommen und uns beim Umgang mit dem Mangel an Pflegepersonal zu unterstützen. Oft sind sie 10.000 Kilometer von ihrer Heimat und ihrer Familie entfernt und reisen in ein Land mit einer eher fremden Sprache und nur einem Ziel: In Deutschland ein besseres Leben zu führen und hier als Gesundheits- und Krankenpfleger*in zu arbeiten.
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