Der niedersächsische Landtag hat am Mittwoch das Gesetz zur Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen verabschiedet. Ab Inkrafttreten bleiben der Kammer sechs Monate Zeit für ihre Abwicklung. Kammervertreter und DBfK Nordwest äußern sich enttäuscht.
„Als Vorstand der Pflegekammer respektieren wir die Entscheidung der Mitglieder. Den heutigen Landtagsbeschluss nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis“, erklärte Kammerpräsidentin Nadya Klarmann am Nachmittag in Hannover. Die Auflösung der Pflegekammer sei für alle, die sich in den vergangenen Jahren ehrenamtlich und hauptamtlich für den Aufbau einer Selbstverwaltung der Pflegefachberufe eingesetzt haben, eine große Enttäuschung. Die Pflegekammer konzentriere sich in den nächsten Monaten auf die im Gesetz verankerten Abwicklungsaufgaben, zu der auch die Rückzahlung der geleisteten Beiträge zählt. Diese ist aber, laut Kammer, seit Februar 2021 bereits weitestgehend erfolgt.
Mai: „Der Zug mit der Landesregierung ist abgefahren“
Auch Markus Mai, Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer (BPK) zeigt sich in einem Statement enttäuscht vom Ende der Selbstverwaltung der Pflegenden in Niedersachsen: „Wir lehnen diesen Schritt nach wie vor ab und finden ihn in höchstem Maße unverantwortlich, müssen aber erkennen, dass der Zug mit der derzeitigen Landesregierung abgefahren ist.“
Die Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen sei nicht nur für die Pflegefachpersonen ein „Bärendienst“, sondern auch für die stetig steigende Anzahl an Menschen, die auf Pflege angewiesen seien. Seitens der Landesregierung vermisst Mai Aussagen, wie das pflegerische Angebot und die Qualität der Versorgung in Niedersachsen künftig gesichert werden soll. Darauf müsse die Niedersächsische Regierung zeitnah Antworten finden. „Denn die Probleme verschwinden ganz sicher nicht mit der Auflösung der Pflegekammer“, so Mai.
DBfK: Wichtige Chance vertan
Bereits im Vorfeld der Landtagsberatung hatte sich der DBfK Nordwest am Morgen ernüchtert geäußert. Mit der aktuellen Landesregierung sei „kein Blumentopf für die Pflegenden und Qualität in der pflegerischen Versorgung zu gewinnen“. „Was politisch nicht gewollt ist, kann auch nicht gedeihen. Das haben wir hier lehrbuchhaft erfahren müssen“, erklärte der Vorsitzende des DBfK Nordwest, Martin Dichter.
Martin Dichter, Vorsitzender des DBfK Nordwest, übt heftige Kritik an der niedersächsischen Landesregierung.
Mit dem Ende der Pflegekammer ist aus Sicht des DBfK auch die Chance auf eine dringend notwendige Weiterentwicklung der pflegefachlichen Gesundheitsversorgung in Niedersachsen „auf Jahre vertan“. Im Hinblick auf die Herausforderungen einer zukunftssicheren Versorgung pflegebedürftiger Menschen wirft der DBfK der Landespolitik eine anhaltende Verweigerungshaltung vor. „Das Nicht-Einbeziehen pflegefachlicher Kompetenz in berufsrelevante, politische Entscheidungen wird sich weiterhin nachteilig auf die Gesundheitsversorgung auswirken“, ist Dichter überzeugt.
Der DBfK appellierte daher an Regierung und Landtag, adäquate Antworten auf die drängendsten Probleme beruflich Pflegender zu finden: „Denn die Probleme verschwinden nicht mit der Auflösung der Pflegekammer. Sie werden im Gegenteil jeden Tag größer, und der Weg sie zu lösen wird jeden Tag länger.“
Nach einem Mitgliedervotum der Kammer hatte die niedersächsische Landesregierung im September 2020 die Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen bekanntgegeben. An der Umfrage zur Zukunft der Kammer hatten sich rund 19 Prozent aller 78.000 befragten Mitglieder der Pflegekammer Niedersachsen beteiligt. (ne/jb)