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11.05.2022 | Onkologische Fachpflege | Nachrichten

Mit kühlem Kopf durch die Chemo: Kälte reduziert Haarausfall

verfasst von: Joana Schmidt

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Alopezie aufgrund antineoplastischer Therapien kann für Brustkrebspatientinnen belastend sein. Kopfhautkühlung beugt vor – besonders bei bestimmten Regimen.

Frau kämmt sich die Haare (Symbolbild mit Fotomodell) © Totojang / Getty Images / iStockDer Haarverlust im Rahmen einer Chemotherapie belastet viele Frauen besonders. Eine Kühlhaube kann den Haarausfall reduzieren. 

Etwa 65% der Patienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen, entwickeln eine dadurch bedingte Alopezie. Die Behandlung unterbricht die mitotische Aktivität, indem sie hoch proliferative Zellen in der Haarfollikelmatrix schädigt, sodass die Haare meist wenige Wochen später ausfallen. Eine nichtmedikamentöse Option, um das zu verhindern, ist die Kühlung der Kopfhaut. Eine weitere Studie spricht jetzt für die Wirksamkeit und Sicherheit dieses Verfahrens.

Dabei tragen die Patientinnen während der intravenösen Gabe der Zytostatika eine Kühlhaube, die die Kopfhaut auf 16 °C bis 20 °C herunterkühlt. Dies reduziert die Schädigung der Follikel, indem es eine Vasokonstriktion in der Kopfhaut bewirkt. Dadurch kommt eine geringere Menge des Chemotherapeutikums in den Follikeln an und die biochemische Aktivität der Zellen wird vermindert, was sie weniger anfällig für Schäden macht.

Dr. Christine Brunner von der medizinischen Universität Innsbruck und ihr Team berücksichtigten für die prospektive Studie 128 österreichische Patientinnen mit Mammakarzinomen, die sich einer Chemotherapie unterzogen. 88 davon erhielten eine Kopfhautkühlung, die anderen dienten als Kontrollen. Die Chemotherapie bestand aus mindestens vier Zyklen eines Taxan- oder Anthrazyklin-basierten Regimes, bis zu zwei Therapielinien waren erlaubt. Jede Patientin wurde fünfmal fotografiert, erstmals vor der Behandlung, zuletzt sechs bis neun Monate später.

Signifikante Reduktion der Alopezie

Die Kühlung reduzierte den Chemotherapie-induzierten Haarausfall der Patientinnen signifikant. Der Schweregrad wurde anhand der Fotos sowohl von den Patientinnen selbst als auch von einer Expertengruppe beurteilt. 24% der Interventions- und 0% der Kontrollgruppe bewerteten ihren Haarausfall mit Grad 1 (< 50%), niemand nannte Grad 0 (keine Alopezie). Die Experten beurteilten den Haarausfall in der Interventionsgruppe als Grad 0 bei 13%, Grad 1 bei 59% und Grad 2 (≥ 50%) bei 28%, was einem Haarerhalt von 72% vs. 0% bei Kopfhautkühlung vs. Kontrollen entspricht. Über eine Alopezie in der Kontrollgruppe von 100% waren sich Patientinnen und Experten einig.

Die Kühlmethode war unter Taxan-Monotherapie signifikant wirksamer bei der Alopezieprävention als unter einem Anthrazyklin-Taxan-basierten Regime. Den Patientinnen zufolge lag der Anteil der Frauen mit Haarausfall von Grad 1 bei 50% vs. 17%. Laut den Experten lag er bei 42% vs. 49% und der Anteil von Grad 0 bei 17% vs. 8%. Bezüglich des Nachwachsens der Haare einige Monate nach der Chemotherapie zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Experten empfehlen das Verfahren

Fünf Patientinnen (9%) brachen die Kühlbehandlung aufgrund von Nebenwirkungen wie Kopf- oder Kopfhautschmerzen ab. Zuvor hatten Experten Bedenken geäußert, ob die Methode aufgrund der geringeren Anflutung der Chemotherapeutika das Risiko für Kopfhautmetastasen erhöhen könnte. Brunner und Kollegen verweisen auf eine Metaanalyse von Rugo et al., in der keine solchen Assoziationen beobachtet wurden, und es gibt weitere Studien, die ebenfalls dagegensprechen.

Die Patientinnen beurteilten den Haarausfall kritischer als die Experten. „Das unterstreicht, dass Aufklärung wichtig ist, insbesondere darüber, dass selbst eine erfolgreiche Kopfhautkühlung mit leichtem Haarausfall einhergehen kann“, raten Brunner et al. Die Studie bestätige frühere Analysen darin, dass es sich um eine wirksame und sichere Methode handele. Die Forschenden befürworten eine Vorauswahl der Patientinnen nach Therapieschema.

Quelle: Springer Medizin

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Literatur

Brunner Ch. et al. Hair safe study: Effects of scalp cooling on hair preservation and hair regrowth in breast cancer patients receiving chemotherapy - A prospective interventional study. Breast 2022; https://doi.org/10.1016/j.breast.2022.04.008