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06.08.2024 | News Hebammen | Nachrichten

Übungen im Vergleich

Starke Mitte: Trainieren gegen die Rektusdiastase

verfasst von: Dr. Nicola Zink

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Eine Studie aus Griechenland macht deutlich, dass Bewegungstherapie, einschließlich Übungen zur Stärkung der Bauchmuskulatur und zur Stabilisierung des Rumpfes, eine Diastase recti abdominis postpartum wirksam reduzieren kann. Doch vieles ist auch noch nicht eindeutig belegt.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Eine Diastase recti abdominis (DRA) bildet sich häufig in den ersten acht Wochen nach der Geburt auf natürliche Weise zurück. Einige Studien kamen jedoch zu dem Schluss, dass eine DRA bei 36% der Frauen auch zwölf Monate nach der Geburt noch vorhanden ist.

Obwohl Physiotherapie Standard für die Rehabilitation der DRA ist, gibt es keinen Konsens über die effektivsten Übungen oder auch ergänzende Modalitäten zur Verringerung der DRA und zur Verbesserung funktioneller Parameter. Ziel einer aktuellen Studie von Anastasia Skoura von der Universität Patras in Griechenland und ihren Kolleginnen und Kollegen war es deshalb, die Evidenz für eine effektive DRA-Rehabilitation bei Frauen nach der Geburt zu eruieren.

Für ihr Scoping Review analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt 28 Arbeiten, darunter 14 klinische Studien, drei Fallserien und elf Beobachtungsstudien. Problem war jedoch, dass es große Unterschiede bezüglich der Diagnosekriterien und -methoden, dem Schweregrad der DRA, dem Zeitpunkt nach der Geburt und der Gestaltung des Übungsprogramms gab. Zum Teil wurden in die Beobachtungsstudien sehr heterogene Populationen einbezogen, darunter auch nicht schwangere Frauen oder Männer mit DRA.

Trotzdem kommen Skoura et al. zu dem Schluss, dass Übungen, die sich auf die tiefe und oberflächliche Bauchmuskulatur und auch die Beckenbodenmuskulatur konzentrierten, sowie Atemübungen, funktionelle Übungen oder alternative Interventionen, wie Yoga, Ganzkörpertraining (Suspension Training) oder hypopressives Training, vielversprechende Ergebnisse bei der Verringerung der Rektusdiastase und der damit verbundenen Dysfunktion zeigten. „Die Ergebnisse legen nahe, dass eine Bewegungstherapie, einschließlich Übungen zur Stärkung der Bauchmuskulatur und zur Stabilisierung des Rumpfes, die Rektusdiastese wirksam reduzieren und die DRA-bedingte Dysfunktion nach der Geburt verbessern kann“, schreibt die Studiengruppe um Skoura.

Die Maßnahmen sollten jedoch auch auf die Verbesserung der Muskelkraft und der funktionellen Fähigkeiten abzielen, da eine vollständige Erholung der Rektusdiastase nicht immer eintritt. Etwa sollten die Patientinnen lernen, ihre tiefe Rumpfmuskulatur bei körperlichen Übungen und täglichen Aktivitäten anzuspannen. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass ein individuelles Rehabilitationsprogramm aufgestellt werde, auf der Grundlage des Schweregrads der DRA, der individuellen Ziele und möglicher koexistierender Funktionsstörungen, so die Forschenden weiter.

Weitere mögliche Methoden

In den untersuchten Arbeiten wurden auch verschiedene komplementäre Interventionen unter die Lupe genommen: Die Kombination von neuromuskulärer Elektrostimulation (NMES) plus Training führte zu einer signifikanten Verringerung der Rektusdiastase und zu einer Steigerung der Bauchmuskelkraft im Vergleich zu alleinigem Training. Es gab außerdem einige Hinweise darauf, dass Bauchmuskelbinder die Rektusdiastase verringern und die Muskelfunktion verbessern können. Diese Effekte konnten jedoch nicht allein auf die Bauchmuskelbinder zurückgeführt werden, da die Patientinnen in mehreren Studien auch Übungen durchgeführt hatten. In anderen Studien lag die Geburt erst einige Tage bzw. Wochen zurück, es könnte sich demnach auch um eine spontane Rückbildung gehandelt haben. Zum Einsatz von Kinesio-Taping ergaben sich hingegen nicht genügend Belege, um es für eine DRA-Rehabilitation heranzuziehen.

DRA häufig bagatellisiert

Skoura und ihr Team bemängeln, dass Frauen mit DRA in der Regel unterdiagnostiziert sind. Das könne dazu führen, dass vielen Patientinnen von nicht qualifizierten Fachleuten unspezifische körperliche Übungen empfohlen werden, die die Bauchdecke weiter belasten. Darüber hinaus besteht der Irrglaube, dass die DRA in erster Linie ein kosmetisches Problem ist, wodurch die funktionellen Auswirkungen und die potenziellen Funktionsstörungen unterschätzt werden. Eine kürzlich durchgeführte Studie ergab, dass Frauen, die sich um ihr Aussehen nach der Geburt sorgen, am ehesten über soziale Medien Ratschläge zur Behandlung suchen. Jedoch spielt laut Skoura et al. die Bauchdecke eine viel zu wichtige Rolle bei der Körperhaltung, der Rumpf- und Beckenmobilität und -stabilität, einer angemessenen Atemqualität und der Abstützung der Bauchorgane, als dass sie vernachlässigt oder falsch trainiert werden sollte.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Welche Übungen und ergänzende Interventionen sollten bei Frauen mit Diastase recti abdominis (DRA) nach der Geburt bevorzugt eingesetzt werden?

Antwort: Übungen, die sich auf die tiefe und oberflächliche Bauchmuskulatur und auch die Beckenbodenmuskulatur konzentrierten, erzielten gute Ergebnisse.

Bedeutung: Eine heterogene Datenlage unterstreicht die Notwendigkeit für standardisierte Untersuchungen auf diesem Gebiet.

Einschränkung: Große methodische Heterogenität und unterschiedliche Einschlusskriterien bei den analysierten Studien.

Empfehlung der Redaktion:

  • Praktische Tipps für Beckenbodenübungen im Wochenbett hat Linda Tacke in ihrem Fachbeitrag hier zusammengefasst. 
  • Ergänzend finden Sie hier eine Bilderstrecke der Autorin zu den entsprechenden Übungen.
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Literatur

Skoura A et al. Diastasis Recti Abdominis Rehabilitation in the Postpartum Period: A Scoping Review of Current Clinical Practice. Int Urogynecol J 2024; https://doi.org/10.1007/s00192-024-05727-1