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07.06.2022 | News Hebammen | Nachrichten

Schwanger nach Chemo: Riskant für die Mutter, unbedenklich fürs Kind

verfasst von: Dr. Dagmar Kraus

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Dank fertilitätserhaltender Maßnahmen besteht auch für Frauen nach einer überstandenen Krebserkrankung die Möglichkeit, Kinder zu bekommen. Bleibt die Frage, was die vorausgegangene Chemotherapie für das maternale und neonatale Outcome bedeutet.

Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Eine Chemotherapie verursacht neben akuten Nebenwirkungen auch langfristige gesundheitliche Probleme. Überlebende eines Hodgkin-Lymphoms haben beispielsweise auch 25 Jahre nach Diagnose noch ein 2,5-fach höheres kardiovaskuläres Sterberisiko als gesunde Gleichaltrige. Mit Blick auf eine Schwangerschaft stellten sich daher Gynäkologen von der McGill-Universität in Montreal die Frage, wie es nach einer stattgehabten Chemotherapie um das maternale und neonatale Outcome bestellt ist.

Im Rahmen einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie werteten sie die Daten zu fast 8 Millionen Klinikgeburten aus, die von 2006 bis 2015 in der HCUP-NIS(Healthcare Cost and Utilization Project - Nationwide Inpatient Sample)-Datenbank gelistet waren; eine der größten US-amerikanischen Datenbanken, in der Informationen zu stationären Behandlungen gesammelt werden. Eine Chemotherapie in der Anamnese war in 613 Fällen dokumentiert, damit betrug die Inzidenz 7,75 pro 100.000 Klinikaufenthalte. Über die Zeit stieg der Anteil der Frauen, die nach Chemotherapie ein Kind zur Welt brachten, von 0 pro 10.000 stationäre Aufnahmen im Jahr 2007 auf 2 pro 10.000 stationäre Aufnahmen im Jahr 2015. Insgesamt aber war die Prävalenz in der Studienpopulation mit 0,008% geringer als von den kanadischen Wissenschaftlern vermutet.

Vor allem in der postpartalen Phase mehr Komplikationen

Die multivariate Regressionsanalyse ergab, dass bei Schwangeren nach Chemotherapie häufiger geburtshilfliche und allgemeinmedizinische Komplikationen aufgetreten waren als bei Schwangeren ohne Chemotherapie in der Anamnese. Das Risiko für eine Präeklampsie stieg um 75%, das einer Plazentaablösung um das Doppelte, und gut 2,3-mal höher lag das Risiko einer Chorioamnionitis. Als besonders komplikationsträchtig stellte sich die postpartale Periode heraus: Die Wahrscheinlichkeit einer venösen Thromboembolie war nach Chemo gut zehnmal höher, die einer disseminierten intravasalen Koagulopathie gut sechsmal höher. Und auch beim Sterberisiko ergab sich ein signifikanter Unterschied zuungunsten der Chemotherapiegruppe, der allerdings aufgrund des sehr weiten Konfidenzintervalls mit Vorsicht interpretiert werden muss.

Beim Outcome der Kinder hingegen waren keine Unterschiede zwischen den Gruppen auszumachen. Fälle von Totgeburten, intrauteriner Wachstumsretardierung oder Frühgeburten kamen bei Müttern mit Chemo ähnlich häufig vor wie bei Müttern ohne Chemo.

Krebsüberlebende mit Kinderwunsch umfassend aufklären

Frauen, die nach einer Chemotherapie schwanger werden wollen, müssen über die Risiken, die eine Schwangerschaft für ihre Gesundheit birgt, ausführlich aufgeklärt und im Falle einer Schwangerschaft engmaschig betreut werden, wie die Forscher angesichts der Ergebnisse betonen. Unter Umständen sollte mit Blick auf das hohe VTE-Risiko über eine Antikoagulation in der Schwangerschaft und der postpartalen Phase nachgedacht werden.


Das Wichtigste in  Kürze

Fragen: Wie wirkt sich eine Chemotherapie in der Vorgeschichte einer Schwangeren auf das maternale und neonatale Outcome aus?

Antwort: Frauen, die nach einer Chemo schwanger geworden sind, hatten ein deutlich höheres Risiko für schwangerschaftsbedingte Komplikationen. Das Outcome der Kinder war nicht negativ beeinflusst.

Bedeutung: Frauen, die nach einer Krebserkrankung ein Kind bekommen möchten, müssen über die Risiken aufgeklärt und während der Schwangerschaft sowie nach der Geburt engmaschig betreut werden.

Einschränkung: Wie viel Zeit zwischen Chemotherapie und Schwangerschaft vergangen war, darüber gaben die Daten keine Auskunft.

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Literatur

Sorokine A et al. Maternal and neonatal outcomes in women with a history of chemotherapy exposure: a population‑based study of 8 million obstetric admissions. Arch Obstet Gynecol 2022; https://doi.org/10.1007/s00404-022-06566-5