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24.10.2022 | News Hebammen | Online-Artikel

Gefahr von Komplikationen

Risiken für Schwangere mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

verfasst von: Dr. Nicola Zink

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Während der reproduktiven Phase von Frauen ist die Prävalenz von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) am höchsten. Forscher aus den USA fanden nun heraus, dass die Erkrankungen Nachteile für werdende Mütter und ihre Kinder bedeuten.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Die Krankheitsverläufe von CED während der Schwangerschaft unterscheiden sich nicht wesentlich von denen nicht schwangerer Patientinnen. Wenn die Krankheit vor der Empfängnis in Remission ist, bleibt diese in den meisten Fällen auch während der Schwangerschaft bestehen. Trotzdem wollten Wissenschaftler um Zahid Ijaz Tarar von der University of Missouri School of Medicine in Columbia, Missouri, herausfinden, ob es bei Patientinnen mit Colitis ulcerosa (CU) oder Morbus Crohn (MC) zu nachteiligen Folgen für Mutter und Kind kommt. In ihrer retrospektiven Kohortenstudie wurden die Daten von schwangeren Patientinnen analysiert, die zwischen 2016 und 2018 in Krankenhäuser in den USA eingeliefert wurden. Sie stammten aus der Datenbank „National Inpatient Sample“ (NIS) über stationär aufgenommene Patientinnen, die sowohl privat als auch staatlich über Medicare versichert waren.

Die primären mütterlichen Endpunkte waren Gestationsdiabetes oder gestörte Glukosetoleranz, hypertensive Schwangerschaftserkrankungen und postpartale Blutungen. Bei den Feten untersuchten die Wissenschaftler eine mögliche intrauterine Wachstumsrestriktion (IUGR), „large for gestational age“ (LGA), Frühgeburtlichkeit und intrauterinen Fruchttod.

Gefahren auch für das Ungeborene

Von rund 8 Millionen Schwangeren waren 14.129 an einer CED erkrankt, 5.665 an CU und 8.475 an MC. Ihr durchschnittliches Alter lag bei 30 Jahren, das von nicht an CED erkrankten Schwangeren bei 28 Jahren. Ein Gestationsdiabetes trat bei 5,94% der Schwangeren mit CED und 5,66% ohne CED auf. Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen einschließlich Präeklampsie, Eklampsie und HELLP-Syndrom waren mit 2,83% versus 2,06% zu vermelden und für Frühgeburtlichkeit mit 2,97% versus 2,06% – alle Unterschiede waren statistisch signifikant. Dagegen waren postpartale Blutungen bei darmkranken Frauen lediglich numerisch erhöht.

Nachdem in der multivariaten Regressionsanalyse auf zahlreiche Faktoren, wie eine längere Einnahme von Glukokortikoiden, Rauchen, Alkoholkonsum oder Adipositas, adjustiert wurde, ergab sich ein um 55% erhöhtes Risiko für Schwangere mit CED, an Gestationsdiabetes oder einer gestörten Glukosetoleranz zu erkranken, und ein um 35% höheres Risiko für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen.

Auch IUGR trat in der CED-Gruppe signifikant häufiger auf als in der Kontrollgruppe (2,37% vs. 1,82%), ebenso wie fetaler Fruchttod (0,35% vs. 0,12%). CED erhöhten das Risiko für IUGR um 27%, für eine Frühgeburt vor der 37. Schwangerschaftswoche um 41% und für einen intrauterinen Fruchttod sogar um 221%. Bei den Neugeborenen war die Wahrscheinlichkeit für LGA in der CED-Gruppe zwar erhöht, die Werte erreichten jedoch keine statistische Signifikanz.

Frauen mit Morbus Crohn schwerer betroffen

Bei der getrennten Bewertung der Patientinnen mit CU und MC waren Schwangere mit MC häufiger im Nachteil: Ihr Risiko für Gestationsdiabetes, hypertensive Schwangerschaftserkrankungen oder eine Frühgeburt war um 89%, 52% bzw. 19% erhöht. Bei CU-Patientinnen lagen die Werte im Bereich der Kontrollgruppe. Sowohl bei Schwangeren mit CU als auch mit MC war die Wahrscheinlichkeit für einen intrauterinen Fruchttod um 235% bzw. um 211% höher als bei Schwangeren ohne CED.

Patientinnen mit CED sind zahlreichen Risiken ausgesetzt. Einige Frauen verzichten sogar freiwillig auf eine Schwangerschaft, aus Angst vor Komplikationen. „Frauen mit einer mittelschweren bis schweren Erkrankung sollten vor einer Schwangerschaft beraten und entschlossen behandelt werden, um vorab eine Remission zu erreichen“, schlagen Tarar und seine Kollegen abschließend vor. Aufgrund des begrenzten Wissens über den Verlauf von Schwangerschaften bei Frauen mit CED seien große prospektive Multicenterstudien erforderlich, um entsprechende Leitlinien zu entwickeln.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Haben chronisch entzündliche Darmerkrankungen einen Einfluss auf den Verlauf einer Schwangerschaft?

Antwort: Bei schwangeren Frauen mit CED besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für Gestationsdiabetes, hypertensive Schwangerschaftserkrankungen, Frühgeburten und intrauterinen Fruchttod.

Bedeutung: Bei CED-Patientinnen, die schwanger werden möchten, sollte eine Remission erreicht sein, und sie sollten engmaschig betreut werden.

Einschränkung: Retrospektive Studie, bei der teilweise Daten zum Verlauf, zu Rückfällen und zum Ausgang fehlten.


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Literatur

Literatur

Tarar ZI et al. A national study of pregnancy‑related maternal and fetal outcomes in women with inflammatory bowel disease. Int J Colorectal Dis 2022;37:1535–43; https://doi.org/10.1007/s00384-022-04185-9