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19.12.2022 | News Hebammen | Nachrichten

Präpartale Kolostrum-Gewinnung für Diabetikerinnen empfohlen

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Bereits seit einigen Jahren empfiehlt das Europäische Institut für Stillen und Laktation, schwangere Diabetikerinnen über die Möglichkeit zur präpartalen Kolostrumgewinnung aufzuklären. Die Empfehlungen dazu wurden nun aktualisiert.

Neugeborene von Müttern mit Diabetes mellitus haben ein erhöhtes Risiko für eine vorübergehende Hypoglykämie nach der Geburt. Um dies abzufangen ist es laut AWMF-Leitlinie 024/006 zur „Betreuung Neugeborener diabetischer Mütter“ Standard, dass die Neugeborenen 30 Minuten postpartal die erste Nahrung erhalten sollen. Die meisten Neugeborenen sind nach dieser Zeit allerdings noch nicht bereit zum Stillen. Laut Europäischem Institut für Stillen und Laktation (EISL) sollte es deshalb Standard sein, diesen Neugeborenen per Hand gewonnenes frisches Kolostrum zu füttern und ihnen Zeit zu geben, das Bonding und Self-Attachment währenddessen ungestört durchlaufen zu können.

Gut vorbereitet in die Klinik

Nicht immer steht frisches Kolostrum zur Verfügung. In diesem Fall sollte präpartal gewonnenes Kolostrum das Mittel der Wahl sein, da über die Gabe von Formula-Nahrung eine Sensibilisierung auf Kuhmilcheiweiß sowie eine Veränderung des Mikrobioms erfolgen kann. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gewinnung von Kolostrum in der Schwangerschaft kein Risiko für vorzeitige muttermundrelevante Wehen darstellt. Daher empfiehlt das EISL, dass Diabetikerinnen ab der 37./38. Schwangerschaftswoche nach Anleitung Kolostrum gewinnen und dieses eingefroren zur Entbindung mitbringen. Das mitgebrachte Kolostrum wird nur in Anspruch genommen, wenn das Gewinnen von Hand in der Situation postpartum nicht in ausreichendem Maße gelingt. Sollte die Frau per Sectio entbinden, kann in der Vorbereitung Kolostrum gewonnen werden, das dann frisch verfüttert werden kann. Wenn sich eine Frühgeburt abzeichnet, kann die Gewinnung noch kurzfristig in den letzten Stunden präpartal erfolgen. Mitgebrachtes Kolostrum, das nicht unmittelbar verwendet wird, steht in den nachfolgenden Tagen auch noch auf der Wochenstation zur Verfügung, falls aufgrund des mütterlichen Diabetes mellitus die Laktogenese II verzögert eintritt.

Positive Erfahrungen in der Praxis

Schwangere Diabetikerinnen, die sich für die Methode interessieren, sollten sich vorab erkundigen, ob in der Klinik ihrer Wahl eingefroren mitgebrachtes Kolostrum verwendet werden kann – in vielen Einrichtungen wird diese Vorgehensweise in der Zwischenzeit mit Erfolg praktiziert. Die Erfahrungen der Kliniken zeigen zudem, dass sich die frühe Aufklärung und intensive Beschäftigung mit dem Thema der präpartalen Kolostrumgewinnung auch anderweitig positiv auswirken: Die Mütter sind sehr motiviert, unmittelbar postpartum mit dem Haut-zu-Haut-Kontakt zu beginnen und dies auch auf der Wochenstation weiter fortzuführen. Außerdem sind sie bereits vertraut mit ihrer Brust und der Handgewinnung von Kolostrum.

Auch wenn die präpartale Kolostrumgewinnung aus Sicht des EISL eine gute Methode zur Vorbereitung eines gelingenden Stillstarts für Diabetikerinnen darstellt, dürfe nicht vergessen werden, dass es sich dabei um spezielle Fälle handele. Eventuell könne die Methode auch für andere Sonderfälle eingesetzt werden, z.B. wenn die Schwangere ein Kind mit einer Behinderung erwartet oder schwere chronische Erkrankungen in der Familie vorkommen, die vermuten lassen, dass der Stillstart für die Frau erschwert sein könnte. Ein flächendeckender Einsatz für alle Frauen sei jedoch kontraproduktiv und werde daher nicht empfohlen.

stillen-institut.com

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