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17.01.2022 | News Hebammen | Nachrichten

Hebammen-Casting: Echt jetzt?!

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Jede Schwangere möchte die beste Hebamme finden. Soweit – so gut. Doch wie soll sie sein, die perfekte Hebamme? Es gibt Kennenlerngespräche zwischen Frau und Hebamme, die wirken wie eine Castingshow. Und so manche Hebamme fragt sich: Muss das wirklich sein?

Der Hebammenmangel ist für die Politik in Deutschland kaum ein Thema. So scheint es jedenfalls. Regelmäßig erreichen uns Nachrichten über (temporär) schließende Kreißsäle. Der Grund ist meist immer derselbe: der Hebammenmangel. Und da ohne Hebamme in Deutschland keine Geburt erfolgen darf, müssen zumindest zeitweise Kreißsäle schließen. Aber auch für die Vorsorge und das Wochenbett haben Frauen Schwierigkeiten, eine Hebamme zu finden. Mancherorts erhalten Schwangere bis zu 80 Absagen oder erst gar keine Rückmeldung von angefragten Hebammen. Diese Frauen sind verzweifelt und fühlen sich allein gelassen und viele reagieren sehr verärgert, wenn man ihnen absagt. Das ist nur zu verständlich.

Immer wieder: Die Suche nach der perfekten Hebamme

Erstaunlicherweise gibt es trotz allem aber immer noch das sogenannte "Hebammen-Casting". Gemeint sind Kennlerntermine, bei denen Frauen die beste aller Hebammen für ihre Betreuung suchen. Dabei fordern sie eine Passgenauigkeit, die sonst nur bei der Suche nach dem Partner fürs Leben angesetzt wird. Da muss man als Hebamme schon mal liefern: Zusatzausbildungen, Anzahl betreuter Schwangerschaften und Geburten sowie eine permanente Erreichbarkeit. Ja, ach - und der werdende Vater arbeitet doch so viel. Deshalb bitte Besuche gerne erst nach 20 Uhr oder am Wochenende. Das ist doch wohl kein Problem, oder?

Da möchte man als Hebamme, immer knapp mit der Zeit, am liebsten in den Mutterpass beißen. Warum eine Frau fünf Hebammen testen muss, ehe sie sich entscheidet, welche die Betreuung übernehmen darf, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Ein Hinweis von mir, dass die Krankenkasse nicht jedes solcher Kennlerngespräche zahlt, macht den Ärger der suchenden Frau jedoch nur noch größer. Wenn ich merke, dass ich nicht die erste Hebamme bin, die sich der Frau vorstellt, erlaube ich mir zu fragen, was denn an den anderen Hebammen vor mir nicht gestimmt habe?

Was stimmt denn nicht?

Die Antworten ähneln sich: Die eine war zu jung, die andere zu alt, zu esoterisch oder zu schulmedizinisch. Und ja, bei einer der Hebammen habe man in der Handtasche eine Schachtel Zigaretten gesehen. Das ginge ja nun wirklich gar nicht.

Das Verhältnis zwischen Hebamme und Frau sollte auf Vertrauen beruhen. Punkt. Aus. Ende. Wie bei vielen Begegnungen kommt es auch bei der Hebammensuche auf den ersten Eindruck an. In Zeiten von COVID-19 ist die Unsicherheit auf beiden Seiten groß: Das Kennenlernen ist nicht immer persönlich möglich, sondern häufig nur noch digital. Das ist, wie ich finde, mittlerweile ein guter Weg! So entfallen für mich die Wegzeiten in meinem eng getakteten Vor- und Nachsorge-Terminplaner. Darüber bin ich wirklich gar nicht traurig, besonders, wenn ich merke, dass ich mal wieder unvorhergesehen in einem Casting gelandet bin.

Sabine Kroh schreibt regelmäßig über ihren Berufsalltag in HebammenWissen. Dieser Beitrag erschien in HebammenWissen 4/21


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