Die Abschlussfrage wurde von 23,4 % (
n = 146) der Teilnehmenden des Surveys beantwortet. Einen Überblick hinsichtlich der soziodemografischen Angaben im Vergleich zum Gesamtsample findet sich in Tab.
1. Unter denjenigen, welche die Abschlussfrage beantworteten, sind etwas mehr Frauen als Männer (
p = 0,075). Es haben signifikant mehr Personen, die bereits hauptverantwortlich oder unterstützend an Pflege beteiligt waren, die Abschlussfrage beantwortet (
p < 0,001).
Tab. 1
Soziodemografische Angaben des Samples der Abschlussfrage und des Gesamtsamples
Frauen | 60,3 | 53,8 | 0,075 |
Hochschulreife | 32,9 | 31,9 | 0,718 |
Mittlere Reife | 25,3 | 27,6 |
Haupt‑/Volksschulabschluss | 41,8 | 39,7 |
Anderer/kein Schulabschluss | 0,0 | 0,8 |
Kinderlos | 15,1 | 16,2 | 0,675 |
Alleinstehend/alleinlebend | 20,7 | 18,3 | 0,398 |
Pflegevorerfahrung | 62,4 | 47,0 | < 0,001 |
Im Hinblick auf die Funktionsebene können 165 Codings identifiziert werden (Tab.
2). Der Schwerpunkt der Antworten liegt mit 73 Codings auf „persönlichen Ausführungen“; viele der Antworten stellen einen Bezug zum Gesundheitszustand der Befragten her. 56 Codings wurden der Kategorie „thematische Auseinandersetzung“ zugeordnet – darin sind Aussagen zu pflegebezogenen Wünschen am häufigsten vertreten. Des Weiteren wurden 16 „Anmerkungen zum Fragebogen“ identifiziert. Freude, an der Befragung teilnehmen zu können, oder Ermutigendes für die Forschenden lässt sich weiteren 16 Antworten entnehmen. Darüber hinaus gibt es 4 Antworten in der Kategorie „Sonstiges“.
Tab. 2
Kategorien und Coding-Anzahl der methodischen Hauptkategorien und inhaltlichen Subkategorien
Persönliche Ausführungen | 73 |
Gesundheitszustand | 37 |
Vorerfahrungen mit Pflege | 14 |
Sorgen | 11 |
Aktivitäten | 10 |
Glaube und Gegenwartsbezogenheit | 6 |
Thematische Auseinandersetzung | 56 |
Pflegebezogene Wünsche | 18 |
Eigenverantwortung | 11 |
Ungerechtigkeitswahrnehmung | 11 |
Forderungen an die Politik bzgl. Pflegesystem | 12 |
Forderungen an die Politik bzgl. Pflegepersonal | 9 |
Gesellschaftspolitische Forderungen | 7 |
Anmerkungen zum Fragebogen | 16 |
Ermutigendes/Freude | 16 |
Sonstiges | 4 |
Persönliche Ausführungen
Die persönlichen Ausführungen stellen hinsichtlich der Anzahl der zugeordneten Codings die umfangreichste Hauptkategorie dar. Die Antwortenden berichten in der Abschlussfrage detailliert über Krankheitsverläufe, Sorgen, Hoffnungen, Ängste und Lebensumstände. Eine Befragte fügt zum Abschluss beispielsweise folgendes Statement hinzu:
Ich pflege seit 4 Jahren meinen an Alzheimer erkrankten Mann. Trotz manchmal niedergeschlagener Tage auch mit Tränen, bin ich positiv gestimmt. Mein Mann ist ein liebevoller und dankbarer Patient. (FB 104)
Induktiv wurden aus den persönlichen Ausführungen die im Folgenden beschriebenen Themen eruiert.
Die Codings aus der Kategorie „
Gesundheitszustand“ beinhalten oftmals detaillierte Schilderungen des Gesundheitszustandes der Befragten sowie den Umgang mit Vorerkrankungen. Die Ausführungen ergänzen teilweise die direkt vor der Abschlussfrage befindlichen Fragen zum allgemeinen Gesundheitszustand bzw. zur Lebensqualität. Es werden sowohl vergangene, krankheitsgeprägte Zeiten als auch der aktuelle Gesundheitszustand beschrieben, wie folgendes Zitat illustriert:
War im November 2018 im Krankenhaus und bin im Dezember entlassen worden. Konnte kaum gehen (ohne Hilfe), musste 3 × in der Woche zur Dialyse, konnte nicht mehr Autofahren. Mein Gesundheitszustand ist wieder besser (keine Dialyse mehr, kann wieder alleine gehen). (FB364)
Bereits im quantitativen Teil der Befragung wurden Pflegevorerfahrungen erhoben. Zusätzlich nutzen die Antwortenden die Abschlussfrage, um ausführlicher und in eigenen Worten über ihre Pflegeerfahrungen zu berichten. Das Spektrum reicht von Entsetzen über das Erlebte sowie damit verbundene Herausforderungen und Problemlagen bis hin zu großer Dankbarkeit über die Unterstützung durch professionelle Pflege.
Die von den Befragten geäußerten
Sorgen basieren teilweise auf eigenen vorangegangenen Pflegeerfahrungen. Die Befragten äußern ihre Sorgen einerseits auf einer relativ abstrakten Ebene, während sie andererseits auch konkrete Aspekte ansprachen, wie beispielsweise:
Nach 45 Jahren Dienst am Nächsten […] habe ich Sorge, wie die eigene Pflege einmal endet. […]. (FB1040)
Einige der Befragten nutzten die Abschlussfrage, um ihre täglichen Aktivitäten zu beschreiben. Dies reicht von detailgenauen Ausführungen von Sportprogrammen über Schilderungen des familialen Engagements bis zu Mitteilungen über die Erwerbstätigkeit. Die Antworten verdeutlichen, wie wichtig es den Befragten ist, über Alltagsaktivitäten zu berichten.
Weitere Mitteilungen bezogen sich auf die durch den christlichen Glauben vermittelte Zuversicht und/oder zeigen ein hohes Maß an Gegenwartsbezogenheit. Die Aussagen weisen auf eine Zufriedenheit mit der aktuellen Situation sowie eine optimistische Betrachtungsweise des Lebens hin. Dies wird verstärkt durch den Umstand, dass einige Befragte angaben, sich keinerlei Gedanken über die Zukunft zu machen.
Thematische Auseinandersetzung
Eine weitere umfangreiche Hauptkategorie ist die Auseinandersetzung mit der Thematik des Fragebogens. Viele Teilnehmer*innen machen sich intensiv Gedanken über Pflege und haben konkrete Vorstellungen von (ihrer potenziell zukünftigen) Pflege. Ein großer Teil der Antworten umfasste Meinungsäußerungen zu gesellschaftlichen Fragen, politische Statements oder konkrete Verbesserungsvorschläge zur Pflege, wie folgende Ausführung zeigt:
Die Würde des Menschen sollte im Alter einen für mich wichtigen Punkt einnehmen. (FB397)
Auch wurden konkrete Vorstellungen darüber geäußert, wie das (Pflege‑)System ausgestaltet sein sollte, indem auf Mängel hingewiesen wurde. Demzufolge nahmen die Befragten häufig Ungerechtigkeiten im Zusammenhang mit Pflege wahr – gleichwohl wiesen sie auf das Erfordernis eines gewissen Maßes an Eigenverantwortung hin.
Die Subkategorie zu den
pflegebezogenen Wünschen wurde aus Mitteilungen gebildet, die sowohl individuelle Vorstellungen zur Pflege enthalten als auch ausformulierte Versorgungswünsche allgemeiner Art. Die Wünsche reichen von
„Mehr Informationen bei schweren, chronischen Krankheiten […]“ (FB159) über „Ich möchte zuhause gepflegt werden, […]“ (FB186) bis zu „Ich befürworte eine unbürokratische Sterbehilfe, wenn es mein Wunsch wäre“ (FB002).
Die Inhalte betreffen ein breites Spektrum an Wünschen, die z. T. bereits im quantitativen Abschnitt der Befragung formuliert werden konnten. Dass diese Wünsche darüber hinaus nochmals geäußert wurden, gibt Hinweise darauf, wie wichtig den Befragten diese Aspekte sind.
Einige Befragte waren der Meinung, dass mehr Eigenverantwortung für Pflege sowie für den eigenen Gesundheitszustand nötig sei. Häufig werden dazu erfahrungsbasierte Ratschläge formuliert, von denen sie selbst überzeugt sind und die verdeutlichen, dass sie selbst durch vorausschauendes Handeln ihrer Eigenverantwortung gerecht werden wollen.
Ungerechtigkeit wird primär im Zusammenhang mit der Pflegefinanzierung wahrgenommen. Vorrangig wurden die Aspekte der Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit und darüber hinaus die der Bedarfsgerechtigkeit thematisiert. Dabei sind sich die Befragten keineswegs einig, wie folgende Zitate verdeutlichen:
Die soziale Ungerechtigkeit ist unerträglich, die zu hohen Pensionen passen nicht in unsere Gesellschaft, ist eine Zweiklassengesellschaft. (FB337)
Wir haben eine ungleiche Sozialstruktur, es wird allen gleich gegeben, auch wenn sie nicht einen Beitrag bezahlt haben, gilt auch für Beamte. Ich habe ein Haus und schaffe das ganze Leben dafür, und zum Schluss wird’s nur genommen und der, der nichts macht, wird in allem unterstützt. (FB338)
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Antworten dieser Kategorie eine hohe Unzufriedenheit mit der Pflegefinanzierung ausdrücken; dabei spielen Sorgen um die eigene Zukunft ebenso eine Rolle wie konkrete Forderungen nach Änderungen bei der Ausgestaltung des Sozialstaats.
Die Ergebnisse aus den Subkategorien
„Forderungen an die Politik bzgl. Pflegesystem“, „
Forderungen an die Politik bzgl. Pflegepersonal“ und „
gesellschaftspolitische Forderungen“ werden nachfolgend zusammengefasst dargestellt. Insgesamt weisen diese Codings auf ein hohes Maß an Emotionalität im Zusammenhang mit Pflegethemen hin. Obwohl die Aussagen oft pauschal formuliert sind, werden insbesondere systembezogene Verbesserungsvorschläge geäußert. Diese stehen häufig im Zusammenhang mit Gerechtigkeitsfragen:
Das Pflegesystem sollte den Fokus auf jene Personen richten, die trotz lebenslanger Arbeit nicht genügend Mittel haben, sich einen menschengerechten und angenehmen Lebensabend leisten zu können. (FB376)
Ferner wird in einigen Mitteilungen für eine bessere Bezahlung des Pflegepersonals plädiert. Zudem werden auch Forderungen gestellt, welche die Arbeit der professionellen Pflege betreffen. Genannt wird neben der Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals auch die Forderung nach mehr Zeit für das Wesentliche.
Insgesamt werden durch die Antworten in dieser Kategorie zwei Seiten deutlich: Zum einen wünschen sich die Befragten Verbesserungen für das Pflegepersonal (mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Zeit für Pflege), und zum anderen formulieren sie auch Ansprüche an die Pflege (mehr Zeit für die Menschen, einen würdevollen Umgang, Abbau von Sprachbarrieren). In manchen Anmerkungen werden auch gesellschaftliche Veränderungen, wie eine bessere Einbindung älterer Menschen oder Verbesserungen im Umgang mit Pflegebedürftigen, gefordert.
Anmerkungen zum Fragebogen
Die Qualität und Inhalte des Fragebogens wurden von den Befragten ebenfalls kommentiert. Hierbei wurden sowohl positive Anmerkungen, „sehr gut aufgebaute Studie!“ (FB 146), als auch Verbesserungsvorschläge benannt: „Die Fragen insbesondere 1,6 + 4,2 sind für einen Beamten nicht schlüssig!“ (FB 184).