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Erschienen in: Heilberufe 7-8/2020

01.07.2020 | Pflege Alltag Zur Zeit gratis

Mindestlohn für Pflegekräfte steigt

Erschienen in: Heilberufe | Ausgabe 7-8/2020

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Lohnentwicklung in der Pflege Dem Pflegenotstand will man künftig mit einem erhöhten Mindestlohn begegnen: 12,55 Euro für Pflegehilfskräfte und 15,40 Euro für Pflegefachkräfte sollen am Ende der vier Schritte bis April 2022 stehen. Das Bundeskabinett hat Ende April einen entsprechenden Gesetzentwurf für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften beschlossen.
Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums arbeiten 1,2 Millionen Beschäftigte in Einrichtungen, für die der Pflegemindestlohn gilt: nämlich Pflegehilfskräfte. Während zum Jahresbeginn 2018 der Mindestlohn im Westen auf 10,55 Euro und im Osten auf 10,05 Euro für sie festgeschrieben wurde, liegt er seit Januar dieses Jahres bei 11,35 Euro im Westen und 10,85 im Osten. Ab September 2021 wird der Mindestlohn erstmals in West- und Ostdeutschland vereinheitlicht und beträgt dann 12 Euro.
Neu eingeführt wird im April 2021 auch ein Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte. Zudem soll es ab Juli 2021 zum ersten Mal einen Mindestlohn für Fachkräfte geben, der bei 15 Euro liegt und bis 1. April 2022 in Zwischenstufen auf 15,40 Euro steigen soll.
Es bestand in der Arbeitsgruppe 5 der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) Einigkeit, dass die Entlohnungsbedingungen der Pflegekräfte verbessert werden müssen. Daher hat sie sich unter anderem dafür ausgesprochen, dass weiterhin Mindestentgelte festgesetzt werden - vor allem in der Altenpflege. Ähnlich wie die Pflegepersonaluntergrenzen sind jedoch auch Mindestlöhne nur eine Grenze nach unten. Es ist mittlerweile vielen klar, dass man als Arbeitgeber mehr bieten muss als den Mindestlohn, wenn man gut ausgebildete Pflegefachkräfte sucht.
Ob diese, von der vierten Pflegekommission empfohlene Lohnentwicklung jedoch ausreicht, um eine Verbesserung für die Beschäftigten in der Pflege zu erwirken und die Pflegepersonallücke zu schließen, bleibt fraglich. Die Arbeitsbedingungen sind nach wie vor nicht besonders attraktiv und zum Teil der Willkür ausgeliefert - wie man während der Corona-Krise erfahren durfte. Aberwitzige Gedanken kursierten da wie eine Verlängerung der Schichten auf 12 Stunden, um dem Personalengpass beizukommen.

Tarifvertrag wird weiterverhandelt

Ungeachtet dessen zeigen sich die Gewerkschaft Verdi und auch die kirchlichen Dienstgeber mit dem neuen Mindestlohn vorerst zufrieden und erkennen den politischen Willen an, die Pflege auch in Sachen Vergütung aufzuwerten. Einen besseren Weg als die Anpassung des Mindestlohnes sehen sie und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) jedoch in einem Branchentarifvertrag Pflege. Der ursprünglich einst für Anfang Januar angekündigte allgemeinverbindliche Tarifvertrag Pflege (TV Pflege) steht jedoch bis heute noch aus. Grund: Verdi und die im Juni 2019 eigens dafür gegründete Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche konnten sich bislang noch nicht einigen. Und das ist Voraussetzung für einen allgemein gültigen Flächentarifvertrag. Denn die Bundesminister können in Deutschland aufgrund des Tarifgesetzes nicht einfach einen TV Pflege einführen. Und selbst wenn sich die Tarifparteien einigen und Heil den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt, warten noch Hürden: alle Parteien müssen dem zustimmen. Da der private Arbeitgeberverband Pflege (bpa) dieses Vorgehen von Anfang an in Frage gestellt und sogar mit einem Gang zum Bundesverfassungsgericht gedroht hat, bleibt abzuwarten, ob der letztlich dann ausgehandelte Tarifvertrag auch Allgemeingültigkeit erlangt.

Corona und der Pflegebonus

Und über all dem droht noch das Damoklesschwert Corona. So lässt die Sozialforscherin Professor Jutta Allmendinger in der Fernsehsendung Anne Will Anfang Mai verlautbaren: "Ich glaube nicht, dass wir durch die Krise eine andere Tarifierung sozialer Berufe bekommen." Sie setzt sich prinzipiell für die Aufhebung des Ungleichgewichts zwischen Männern und Frauen im Berufsleben ein - was die Bezahlung angeht, aber auch die Kinderbetreuung. Allmendinger erwähnt in der Sendung eine jüngst erhobene Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die gezeigt habe, dass jetzt, wo keine Kinderbetreuung in Schulen und Kitas mehr möglich war, 24% der Frauen ihre Arbeitszeit reduziert haben und nur 16% der Männer. Sie befürchtet, dass diese Frauen auch nach der Krise wahrscheinlich nicht mehr in die Vollzeitbeschäftigung zurückkommen. Eine verheerende Entwicklung gerade vor dem Hintergrund der heute schon fehlenden Pflegekräfte. Denn: Pflege ist bis heute hauptsächlich weiblich.
Ebenfalls in Zeiten von Corona ist die Frage nach einer Bonuszahlung für (Alten)Pflegekräfte aufgekommen. Zu dieser Thematik wurde heftig diskutiert: Sollten nicht alle Pflegekräfte oder sogar alle im Gesundheitssektor Beschäftigte, also auch Ärzte, diese erhalten. Lange ungeklärt war, wer die Kosten dafür übernimmt. Dabei betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass er eine Lösung herbeiführen wolle, die nicht zu einer Erhöhung der Eigenanteile der Pflegebedürftigen führe.
Mittlerweile steht fest: der Pflegebonus vom Bund in Höhe von maximal 1.000 Euro geht nur an Beschäftigte in der Altenpflege. Dieser kann von den einzelnen Bundesländern oder Arbeitgebern aufgestockt werden - mit maximal bis zu 500 Euro. So versuchen immer mehr Länder wie Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und NRW den außergewöhnlichen Einsatz der Beschäftigten wertzuschätzen. Auch in Niedersachsen gibt es Befürworter für diesen Schritt. Dabei gibt es jedoch wieder föderale Unterschiede, wer diesen freiwilligen Bonus bekommt. Während beispielsweise in Baden-Württemberg nur die Beschäftigten in Altenheimen und in der ambulanten Pflege den Bonus in Höhe von insgesamt 1.500 Euro (1.000 Euro vom Bund und 500 Euro vom Land) bekommen, zahlt Bayern den Länderzuschlag in Höhe von 300 bis 500 Euro auch für Pflegekräfte in Krankenhäusern.

Beim Pflegebonus werden Alten- und Krankenpflege unterschiedlich behandelt

Es ist verwunderlich, dass in dem Jahr, in dem die Pflegeausbildung generalisiert, d.h. zusammengeführt wird, gerade beim Pflegebonus Alten- und Krankenpflege unterschiedlich behandelt werden. Verdi erklärt das mit der sehr schlechten Vergütung in der Altenpflege, die deutlich unter der der Krankenpflege liege. Aus dem nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium heißt es darüber hinaus, dass wegen des langen Besuchsverbots Altenheimbewohner stärker auf die Zuwendung des Personals angewiesen gewesen seien: "Der Pflegebonus soll daher auch ein Dank für den besonderen Einsatz gegenüber den ältesten und vulnerabelsten unserer Gesellschaft sein", schreibt das Ministerium in einer Stellungnahme.
Bundesgesundheitsminister Spahn plant ebenfalls keine Bonuszahlungen für Krankenhauspflegekräfte. Denn: Von den Tarifpartnern festgelegte Boni könnten von den Trägern der Kliniken gegenüber der Krankenversicherung in der Budgetverhandlung geltend gemacht werden. Das sei in der Altenpflege so nicht möglich gewesen. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Krankenhausverantwortlichen das wissen und auch tun. Dennoch: Selbst wenn die Tarifverhandlungen für die Krankenhäuser erfolgreich ausgingen und man sich auf den gleichen Bonus wie in der Altenpflege einigen würde, bei den Pflegekräften in den Kliniken käme deutlich weniger an, weil auf Tarifzahlungen Steuern und Sozialabgaben fällig werden. Fazit: Dass die Altenpflege einen Corona-Bonus erhält, hat gute Gründe. Dass die Krankenpflege keinen Corona-Bonus erhält, ist eine politische Entscheidung.
Alexandra Heeser
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Metadaten
Titel
Mindestlohn für Pflegekräfte steigt
Publikationsdatum
01.07.2020
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Heilberufe / Ausgabe 7-8/2020
Print ISSN: 0017-9604
Elektronische ISSN: 1867-1535
DOI
https://doi.org/10.1007/s00058-020-1544-4

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