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2020 | Medizin allgemein | Buch

Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie

herausgegeben von: Sebastian Suerbaum, Prof. Dr. Gerd-Dieter Burchard, Prof. Dr. Dr. h. c. Stefan H. E. Kaufmann, Prof. Dr. Thomas F. Schulz

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

In diesem Lehrbuch wird die medizinische Mikrobiologie von den allgemeinen Grundlagen über die Immunologie, die Diagnostik bis hin zur Chemotherapie dargestellt. Dabei sind die Kapitel zu den einzelnen Erregern besonders übersichtlich gestaltet. Um den klinischen Bezug deutlich zu machen, gibt es eine eigene große Sektion zu den Krankheitsbildern. Ein durchdachtes Konzept macht das Lernen leicht:

Erreger-Steckbriefe zum schnellen Lernen

FallbeispieleZusammenfassungen am Kapitelende

Zahlreiche klinische Abbildungen

Enge Vernetzung zwischen Erreger-Kapiteln und den Krankheitsbildern durch viele Querverweise

Sämtliche Teilbereiche des Fachgebietes sind enthalten:

Grundlagen, Immunologie, Diagnostik, Epidemiologie, Prävention, Hygiene, Bakteriologie, Virologie, Mykologie, Parasitologie, Chemotherapie, wichtige Krankheitsbilder

Die Herausgeber

Professor Sebastian Suerbaum ist Vorstand des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene am Max von Pettenkofer-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München

Professor Gerd-Dieter Burchard ist tätig im Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.

Professor Thomas Schulz ist Direktor des Instituts für Virologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Professor Stefan H.E. Kaufmann ist Direktor am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Grundlagen

Frontmatter
Kapitel 1. Die medizinische Mikrobiologie im 21. Jahrhundert
Zusammenfassung
Die medizinische Mikrobiologie befasst sich als wissenschaftliches Fach mit der Biologie pathogener (d. h. krankheitserzeugender) Mikroorganismen und den Mechanismen, mit denen sie sich im menschlichen Körper ansiedeln und zur Entstehung von Infektionskrankheiten führen. Als Teil der Medizin und als ärztliches Fach befasst sie sich mit der Epidemiologie, Diagnose, Therapie und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Da bei der Betrachtung von Infektionen sowohl der Wirt mit seinen Reaktionen als auch die krankheitserzeugenden Eigenschaften eines Mikroorganismus (d. h. seine Pathogenität) im Vordergrund stehen, lässt sich die medizinische Mikrobiologie am ehesten als Infektionslehre begreifen – als Lehre von der Auseinandersetzung des Wirtes mit den krankheitserzeugenden Eigenschaften des Erregers.
Sebastian Suerbaum, Helmut Hahn
Chapter 2. Ursprung der medizinischen Mikrobiologie
Zusammenfassung
Die Erkenntnis, dass lebende Mikroorganismen oder ihre Produkte für Krankheitserscheinungen bei Infektionen verantwortlich sind, geht wesentlich auf Robert Koch und Jakob Henle zurück (Henle-Koch-Postulate). Diese Postulate sind Regeln, um die ursächliche Rolle lebender Mikroorganismen bei der Entstehung von Infektionen zu beweisen. Erst die Kenntnis der Krankheitserreger und ihrer Rolle erlaubte die Entwicklung kausal wirksamer Gegenmaßnahmen, wie Infektionsprophylaxe mittels Schutzimpfungen (Immunisierung), Hygienemaßnahmen (Beseitigung der Erreger im Umfeld der Patienten) und Chemotherapie (gezielte, selektive Schädigung des Erregers). Auch die Infektionsdiagnostik beruht auf der Darstellung typischer Erregereigenschaften wie Stoffwechselleistungen, mikroskopische Eigenschaften, Genomaufbau oder erfolgt indirekt durch Nachweis spezifischer Antikörper des Patienten gegen Erregerantigene. Trotz großer Fortschritte bei der Zurückdrängung oder Ausrottung einstmals verheerender Infektionen, z. B. Pocken, sind Infektionserreger nach wie vor häufige Erkrankungs- und Todesursachen, z. B. Tuberkulose, Malaria, Hepatitis, HIV/AIDS und diverse Erreger infektionsbedingter Durchfallerkrankungen. Die auf Paul Ehrlich und Alexander Fleming zurückgehende Chemotherapie war ein großer therapeutischer Fortschritt in der Bekämpfung von Infektionserregern. Durch massiven Einsatz von Chemotherapeutika, auch durch die Lebensmittelindustrie, sind inzwischen resistente Erreger aufgetreten, sodass die Chemotherapie einen Teil ihrer Wirksamkeit eingebüßt hat.
Paul Klein, Dietrich Falke, Helmut Hahn
Kapitel 3. Pathogenität und Virulenz
Zusammenfassung
Bakterien können für den Menschen krankmachende (pathogene Bakterien, Infektionserreger) oder schützende Eigenschaften (apathogene und fakultativ pathogene Bakterien der Mikrobiota) haben. Der klinische Verlauf einer bakteriellen Infektionskrankheit wird von den Pathogenitätsfaktoren des Erregers und dem Infektionsabwehrpotenzial des Wirtes entscheidend beeinflusst. In diesem Kapitel werden die evolutionären und pathogenetischen Aspekte bakterieller Erreger im Kontext der Wirtsabwehrmechanismen dargestellt. Die diskutierten Konzepte und mechanistischen Prinzipien der Erregerpathogenität sollen dazu beitragen, die infektionsmedizinischen Strategien in der Diagnostik, Therapie und Prävention von Infektionskrankheiten besser zu verstehen bzw. dem neuesten Wissensstand anzupassen.
Jürgen Heesemann
Kapitel 4. Physiologische Mikrobiota: Regulation und Wirkungen, iatrogene Störungen und Probiotika
Zusammenfassung
Die äußere Haut sowie die Schleimhäute des Oropharynx, des oberen Respirationstrakts, des gesamten Darms und des unteren Urogenitaltrakts sind überwiegend von bakteriellen Mikroorganismen besiedelt. Diese sog. Mikrobiota, welche aus historischen Gründen als „physiologische Flora“ bezeichnet wurde, ist über längere Zeit stabil, variiert allerdings in ihrer Zusammensetzung erheblich von Individuum zu Individuum. Ein Erwachsener wird von ca. 1014 Bakterien besiedelt – überwiegend im Gastrointestinaltrakt. Daneben finden sich Viren (v. a. Bakteriophagen), Pilze und Protozoen. Die physiologische Kolonisation des Neugeborenen mit Mikroorganismen von der Mutter und aus der Umwelt beginnt während der Geburt. Innerhalb der ersten drei Lebensjahre wird die Mikrobiota des Kindes der eines Erwachsenen immer ähnlicher. Die Mikrobiota spielt eine wichtige Rolle für die menschliche Gesundheit: sie vermittelt den Abbau von Nährstoffen, die Produktion von Vitaminen, sekundären Gallensalzen und bioaktiven Metaboliten, dirigiert die Reifung des Immunsystems und schützt vor Infektionen. Daneben stehen Unterschiede im Mikrobiom im kausalen Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen, wie chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, metabolischen Erkrankungen und Krebs. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind Thema aktueller Forschungsarbeiten mit dem Ziel, das Mikrobiom zur Prävention und Therapie dieser Krankheiten einzusetzen.
Sebastian Suerbaum, Bärbel Stecher-Letsch
Kapitel 5. One Health
Zusammenfassung
„One Health“ betrachtet den gemeinsamen Wirkungszusammenhang der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt, denn jedes dieser drei Habitate hat einen direkten oder indirekten Einfluss auf die anderen beiden. Obwohl dies auch auf viele nichtinfektiöse Erkrankungen zutrifft, man denke nur an die Folgen von Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung, an klimatisch bedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen oder z. B. Änderungen der Exposition mit Zecken oder Mücken, fokussiert One Health immer noch auf die Erforschung von Infektionskrankheiten. Hier stehen Zoonosen und Infektionen mit antiinfektivaresistenten Infektionserregern im Vordergrund. Die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den drei Habitaten sind teilweise sehr komplex, weshalb transdisziplinäre Forschungsansätze unter Einbeziehung von Erfahrungsträgern, Praxisakteuren, Wissensträgern oder Meinungsbildnern vonnöten sind. In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Partikularisierung und Spezialisierung in der Medizin ist dies kein leichtes, aber ein notwendiges Unterfangen.
Lothar H. Wieler

Immunologie

Frontmatter
Kapitel 6. Immunologische Grundbegriffe
Zusammenfassung
Das Überstehen einer Infektionskrankheit verleiht dem Genesenen häufig Schutz vor deren Wiederholung. Wer einmal an Masern erkrankte, ist für den Rest seines Lebens masernunempfänglich. Diese Eigenschaft ist nicht angeboren, sondern erworben: Jeder Mensch ist nach seiner Geburt empfänglich für Masern; die Resistenz entsteht erst durch die Krankheit selbst. Hierfür ist das Immunsystem zuständig.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 7. Zellen des Immunsystems
Zusammenfassung
Das Immunsystem besteht aus verschiedenen Zellpopulationen, die sich aus einer gemeinsamen Stammzelle entwickeln. Im Blut eines Säugers findet man Vertreter sämtlicher Populationen in Gestalt der weißen Blutkörperchen oder Leukozyten.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 8. Organe des Immunsystems
Zusammenfassung
Die Zellen des Immunsystems werden in den primären Immunorganen gebildet und halten sich bevorzugt in den sekundären Immunorganen auf. Immunzellen erreichen über die Blut- und Lymphgefäße fast alle Körperteile und gelangen von dort zurück zu den Immunorganen. Als primäre Organe betrachtet man das Knochenmark und den Thymus, als sekundäre Organe gelten Milz, Lymphknoten und diffuses Lymphgewebe.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 9. Antikörper und ihre Antigene
Zusammenfassung
Antikörper oder Immunglobuline sind die Vermittler der erworbenen humoralen Immunantwort. Sie werden von Plasmazellen gebildet, die sich aus B-Lymphozyten entwickeln. Eine Plasmazelle produziert Antikörper einer Spezifität und einer Klasse. Gedächtnis-B-Zellen bauen nach Zweitkontakt mit dem Antigen eine stärkere Immunantwort auf.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 10. Komplement
Zusammenfassung
Das Komplementsystem bildet das wichtigste humorale Effektorsystem der angeborenen Immunität. Zum einen wird es direkt von bestimmten Erregern aktiviert, zum anderen durch die Antigen-Antikörper-Reaktion.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 11. Antigen-Antikörper-Reaktion: Grundlagen serologischer Methoden
Zusammenfassung
Der Nachweis von Antigenen oder Serumantikörpern spielt in der medizinischen Diagnostik eine bedeutende Rolle. Folgende Erscheinungen zeigen eine abgelaufene Antigen-Antikörper-Reaktion an: 1) Es bilden sich sichtbare Komplexe. 2) Die biologische Aktivität des Antigens bzw. der antigentragenden Zellen verändert sich. 3) Zugesetztes Komplement wird aktiviert und verschwindet aus der flüssigen Phase oder lysiert antigentragende Zellen. 4) Die Bindung des Antikörpers an das Antigen führt durch eine Markierung eines der beiden Partner zum Nachweis der Reaktion. 5) Die Antigenbindung des Antikörpers ändert durch einen Substanzzuwachs die optischen Eigenschaften, sodass die Reaktion ohne Markierung eines der beiden Partner nachweisbar wird.
Stefan H. E. Kaufmann, Rainer Blasczyk
Chapter 12. Haupthistokompatibilitätskomplex
Zusammenfassung
Über Akzeptanz oder Abstoßung von Transplantaten entscheiden bestimmte Antigene, die vom Haupthistokompatibilitätskomplex („major histocompatibility complex“, MHC) kodiert werden. Die Hauptaufgabe des MHC besteht darin, T-Zellen antigene Peptide zu präsentieren. Der MHC des Menschen wird als HLA-Komplex bezeichnet (Maus: H-2-Komplex). HLA ist die Abkürzung für „humane Leukozytenantigene“. Diese Antigene wurden beim Menschen als Transplantationsantigene erstmals auf Leukozyten gefunden. H-2 steht für das bei Mäusen schon früh als besonders wichtig für die Abstoßungsreaktion erkannte Antigen 2.
Stefan H. E. Kaufmann, Rainer Blasczyk
Kapitel 13. T-Zellen
Zusammenfassung
Eine Gruppe von Lymphozyten erlangt ihre biologische Funktionsfähigkeit durch Reifung im Thymus. Man bezeichnet diese Zellen als T-Lymphozyten. Die T-Lymphozyten stellen die zentrale Schaltstelle der erworbenen Immunantwort dar. Die wichtigsten durch T-Zellen vermittelten Effektorfunktionen werden in diesem Kapitel dargestellt. Sie werden zusammenfassend als zelluläre Immunität bezeichnet. Die Benennung soll darauf hinweisen, dass bei diesen Prozessen T-Zellen in entscheidendem Maße beteiligt sind, wenn auch eine untergeordnete Rolle von B-Lymphozyten und deren Antikörpern nicht ausgeschlossen wird. Andererseits wirken bei der humoralen Antwort in der Regel auch T-Lymphozyten mit. Eine scharfe Trennung zwischen humoraler und zellvermittelter Immunität ist deshalb nicht möglich. Beide Funktionsbereiche sind miteinander verzahnt.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 14. Phagozyten und antigenpräsentierende Zellen
Zusammenfassung
Die mononukleären Phagozyten nehmen bei der antimikrobiellen Abwehr Aufgaben von großer Bedeutung wahr. Diese Zellen sind äußerst anpassungsfähig und entsprechend formenreich. Ihre wichtigsten Einzelfunktionen sind Phagozytose, intrazelluläre Keimabtötung, Sekretion biologisch aktiver Moleküle und Antigenpräsentation. Die mononukleären Phagozyten stehen mit diesen Fähigkeiten nicht allein da. Auch andere Zellen können die eine oder andere Funktion übernehmen. In diesem Kapitel werden zuerst die Vorgänge der Phagozytose und der intrazellulären Keimabtötung behandelt. Die Beschreibung gilt sowohl für mononukleäre Phagozyten als auch für neutrophile Granulozyten. Anschließend werden jene Funktionen behandelt, die dem mononukleär-phagozytären System vorbehalten bleiben. Obwohl mononukleäre Phagozyten zur Antigenpräsentation befähigt sind, sind dendritische Zellen bei der Antigenpräsentation effizienter. Dendritische Zellen entwickeln sich aus myeloiden Vorläuferzellen.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 15. Immunpathologie
Zusammenfassung
Unter dem Begriff Immunpathologie werden Schädigungen des Organismus durch fehlende, fehlgeleitete oder überschießende Immunreaktionen zusammengefasst. Überschießende oder fehlgeleitete Immunreaktionen sind für Entzündungsprozesse, Allergien, Autoimmunkrankheiten und Transplantatabstoßung verantwortlich; eine defekte Immunantwort führt zu Immunmangelkrankheiten.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 16. Infektabwehr
Zusammenfassung
Die Abwehr infektiöser Krankheitserreger ist die wichtigste Aufgabe des Immunsystems. Das Immunsystem hat sich in der ständigen Auseinandersetzung mit Krankheitserregern entwickelt. Um mit den unterschiedlichen Strategien der verschiedenen Erreger fertigzuwerden, muss das Immunsystem diverse Immunreaktionen aufbauen.
Stefan H. E. Kaufmann
Kapitel 17. Impfung
Zusammenfassung
Impfungen nutzen die Fähigkeiten des Immunsystems, auf Zweitkontakt mit demselben Antigen schneller und effektiver zu reagieren. Allerdings verhindern Impfungen fast immer nur die Erkrankung, nicht die Infektion. Impfungen gehören zu den kosteneffizientesten Maßnahmen der Medizin. Etwa 5 Mio. Menschenleben werden durch Impfungen jährlich gerettet.
Stefan H. E. Kaufmann

Diagnostik

Frontmatter
Kapitel 18. Klinische Diagnostik und Probennahme
Zusammenfassung
Der Nachweis von Infektionserregern stellt einen wesentlichen Teil der ärztlichen Tätigkeit dar. Neue Infektionserreger und Risikofaktoren für Infektionen, veränderte Epidemiologien und die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen erfordern eine laufende Weiterbildung in der Infektiologie für ein sicheres und effizientes Management von Infektionen. Aber auch die diagnostischen Verfahren werden ständig weiterentwickelt, um eine spezifischere und schnellere Diagnostik zu ermöglichen. Für eine erfolgreiche Therapie und die Begrenzung der Weiterverbreitung von Infektionen benötigt der Arzt auch die Kenntnis der diagnostischen Möglichkeiten und Limitationen. Die infektiologische Diagnostik ist ein komplexer Prozess, der bereits mit der Anamneseerhebung und der körperlichen Untersuchung beginnt. Ergibt sich ggf. der Verdacht auf eine Infektion, werden meist Laboruntersuchungen notwendig, um den Erregernachweis zu führen. Durch die Untersuchung von Untersuchungsmaterialien des Patienten im Labor soll die Verdachtsdiagnose gestützt bzw. wenn möglich sogar gesichert werden. Darüber hinaus gibt es auch ohne das Vorliegen einer akuten Infektionssymptomatik eine Reihe von Indikationen zur Labordiagnostik. Fehler bei der Entnahme, der Lagerung oder des Transports einer Probe können das Ergebnis der Untersuchung jedoch stark verfälschen oder den Nachweis einzelner Erreger sogar unmöglich machen. In diesem Kapitel werden daher für die Präanalytik wichtige Gesichtspunkte behandelt.
Albert Heim, Stefan Ziesing, Sören Schubert, Ralf-Peter Vonberg
Kapitel 19. Methoden der mikrobiologischen Diagnostik
Zusammenfassung
Die diagnostischen Methoden zum Nachweis von Infektionserregern reichen von seit langem bekannten Verfahren wie der Mikroskopie über Kulturverfahren bis hin zu modernen immunologischen und molekularbiologischen Ansätzen. Dieses Kapitel stellt den aktuellen Stand der verfügbaren und in der Praxis eingesetzten Methoden vor. Die Kenntnis dieser Methoden und ihrer Aussagekraft ist für die effiziente Gestaltung der infektiologischen Diagnostik unerlässlich.
Stefan Ziesing, Sören Schubert, Albert Heim, Ralf-Peter Vonberg

Epidemiologie und Prävention

Frontmatter
Kapitel 20. Epidemiologie der Infektionskrankheiten
Zusammenfassung
Die Epidemiologie untersucht die Verbreitung und die Determinanten gesundheitsbezogener Zustände oder Ereignisse in bestimmten Populationen sowie die Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse zur Prävention und Bekämpfung der Gesundheitsprobleme. Das Wort (gr. „epi“: über, „demos“: Volk, „logos“: Lehre) bedeutet „Lehre von dem, was dem Volk geschieht“. Im Gegensatz zur Individualmedizin ist der „Patient“ hier die Bevölkerung oder eine bestimmte Gruppe in der Bevölkerung. Als Besonderheiten der Infektionsepidemiologie kommen neben den Einflussfaktoren Umwelt und Mensch (genetische Ausstattung und Verhalten) die Erreger hinzu mit unterschiedlichen Übertragungsweisen und Pathogenitätsmerkmalen. Zudem treten Erkrankungen in Ausbrüchen auf, die schnelles Handeln erfordern. Um infektionsepidemiologisch erfolgreich zu sein, bedarf es daher der Kenntnisse in Infektionsmedizin, Epidemiologie und Mikrobiologie. Da alle 3 Bereiche eine sehr differenzierte Methodologie entwickelt haben, bedeutet das in der Praxis die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Infektionsmedizinern, Epidemiologen und Mikrobiologen, im Falle von Lebensmittelinfektionen und Zoonosen auch von Veterinärmedizinern und Lebensmittelsachverständigen. Ziele der Epidemiologie sind: 1) Erkennen der Ursache einer Erkrankung und Ermittlung von Risikofaktoren (Einflussgrößen, die das Erkrankungsrisiko einer Person erhöhen) in gezielten Studien oder Ausbruchsuntersuchungen; 2) Bestimmung des Ausmaßes der Erkrankung in der Bevölkerung; 3) Untersuchung des natürlichen Verlaufs und der Prognose von Krankheiten; 4) Bewertung (Evaluation) präventiver und therapeutischer Maßnahmen sowie von Änderungen in der medizinischen Versorgung und 5) Schaffung evidenzbasierter Entscheidungsgrundlagen für die Gesundheitspolitik.
Andrea Ammon
Kapitel 21. Prävention der Infektionsausbreitung
Zusammenfassung
Bereits einfache Maßnahmen können die Übertragung (Transmission) von Krankheitserregern verhindern. Entscheidend für die Wahl der jeweiligen Maßnahme sind Kenntnisse über den spezifischen Übertragungsweg des Erregers und dessen Umweltstabilität (Tenazität), das individuelle Risiko der beteiligten Personen (Disposition), die zu erwartende Verbesserung der gegenwärtigen Situation (Reduktionspotenzial), Nachweise der Wirksamkeit der Maßnahme (Evidenz), die Bereitschaft zur Umsetzung (Compliance) sowie der personelle und maschinelle Aufwand und die daraus entstehenden Kosten (Ressourcen). Dieses Kapitel stellt solche Hygienemaßnahmen vor, die nachweislich dazu geeignet sind, Transmissionen von Erregern im ambulanten Bereich und im Krankenhaus zu verhindern. Es beinhaltet zudem einen Überblick über die gängigen Verfahren zur Desinfektion und Sterilisation.
Ralf-Peter Vonberg, Karolin Graf, Claas Baier
Kapitel 22. Krankenhaushygiene
Zusammenfassung
Bei etwa jedem siebten Krankenhauspatienten ist eine Infektion anzutreffen. Circa drei Viertel dieser Infektionen liegen bereits bei der Aufnahme in das Krankenhaus vor und sind eventuell der Grund für die Krankenhausaufnahme. Ein Viertel entwickelt sich erst in zeitlicher Assoziation zum Krankenhausaufenthalt als sog. nosokomiale Infektion.
Petra Gastmeier

Bakteriologie

Frontmatter
Chapter 23. Bakterien: Definition und Aufbau
Zusammenfassung
In diesem Kapitel liegt das Augenmerk auf den Grundlagen der Bakterienmorphologie und Physiologie sowie der grundlegenden Zusammensetzung der Bakterienzelle mit ihren spezifischen Variationen. Diese Eigenschaften sollen eine gute Basis für das Grundverständnis von Veränderungen der Bakterienzelle während der Infektion bilden sowie wichtige bakterielle Eigenschaften und Bestandteile erläutern, die physiologische oder pathogene Reaktionen im menschlichen Körper sowie der Wirtszellen auslösen. Ebenfalls bilden die Eigenschaften einige grundlegende Angriffspunkte für antibakterielle Wirkstoffe ab und können somit auch zum Verständnis von Resistenzmechanismen beitragen.
Christine Josenhans, Helmut Hahn
Chapter 24. Bakterien: Vermehrung und Stoffwechsel
Zusammenfassung
Die Kenntnis der Vermehrung und der Stoffwechseleigenschaften von Bakterien, d. h. ihrer Physiologie, ist für den medizinischen Mikrobiologen zwingend erforderlich, da er den zu diagnostizierenden Erreger möglichst außerhalb des Patienten zur Vermehrung bringen muss, um dessen Eigenschaften zu bestimmen mit dem Ziel, daraus eine Erregerdiagnose stellen, und um dessen Empfindlichkeit bzw. Resistenz gegen antibakterielle wirksame Substanzen prüfen zu können. Im Folgenden werden die Grundlagen der Bakterienphysiologie beschrieben.
Christine Josenhans, Helmut Hahn
Kapitel 25. Staphylokokken
Zusammenfassung
Staphylokokken sind grampositive Kugelbakterien, die sich in Haufen, Tetraden oder Paaren lagern und sowohl aerob als auch anaerob vermehren. Die Gattung untergliedert sich in zahlreiche Spezies, von denen Staphylococcus aureus (S. aureus) diagnostisch aufgrund der Bildung von freier Koagulase von den übrigen, d. h. koagulasenegativen Staphylokokkenspezies (KNS) abgetrennt wird. Diese Unterscheidung ist von medizinischer Relevanz, weil die KNS-Spezies Krankheitsbilder hervorrufen, die sich in Pathogenese, Klinik, Diagnostik und Therapie von den durch S. aureus hervorgerufenen unterscheiden. Die Bezeichnung leitet sich von gr. „staphyle“ für „Traube“ ab; sie bezieht sich auf die traubenförmige Lagerung im mikroskopischen Präparat. „Kugelmikrobien“ in Eiter beschrieb 1874 der Chirurg Theodor Billroth, desgleichen Robert Koch 1878; Louis Pasteur brachte sie 1880 in Nährlösung zur Vermehrung, die Namensgebung Staphylococcus prägte 1880 der schottische Chirurg Alexander Ogston.
Sören Gatermann
Kapitel 26. Streptokokken
Zusammenfassung
Die Gattung Streptococcus (S.) (Familie: Streptococcaceae) umfasst zahlreiche Spezies grampositiver Kokken, die sich in Ketten oder Paaren lagern und sowohl unter aeroben als auch anaeroben Bedingungen vermehren. Von den Staphylokokken grenzen sie sich über die negative Katalasereaktion ab. Streptokokken sind typische Schleimhautparasiten.
Sören Gatermann
Kapitel 27. Enterokokken und weitere katalasenegative grampositive Kokken
Zusammenfassung
Enterokokken bilden eine Gattung grampositiver Kettenkokken und werden nunmehr (Bergeys Manual 2009) der Familie der Enterococcaceae zugeordnet. Durch den Besitz des D-Polysaccharids in der Wand sind sie mit den D-Streptokokken verwandt, verursachen aber keine β-Hämolyse. Die Gattung umfasst die medizinisch relevanten Spezies Enterococcus (E.) faecalis und E. faecium. Enterokokken sind von zunehmender Relevanz wegen der Zunahme antibiotikaresistenter Stämme auf Intensivstationen und wegen der Problematik der Vancomycinresistenz bei E. faecium. Von den Enterokokken sind andere katalasenegative grampositive Kokken abzugrenzen.
Sören Gatermann
Kapitel 28. Neisserien
Zusammenfassung
Zum Genus Neisseria zählen die jeweils humanpathogenen Gonokokken und Meningokokken. Daneben existieren zahlreiche meist harmlose, kommensalische Neisserienarten. Neisserien besiedeln diverse Schleimhäute etwa des Respirations- und Gastrointestinaltrakts. Die Übertragung erfordert sehr engen Kontakt, da die diese Bakterien wenig umweltresistent sind und meist nur kurz außerhalb ihres Habitats überleben können. Neisserien stehen über transformationsbedingten horizontalen Genaustausch miteinander in Verbindung, wodurch die Bildung neuer Virulenztypen begünstigt wird. Die Entdeckung ihres ersten Vertreters, Neisseria gonorrhoeae, durch den deutschen Bakteriologen Albert Neisser geht auf das Jahr 1879 zurück. Im Gegensatz zu Gonokokken bilden Meningokokken eine Polysaccharidkapsel aus, die eine Serumresistenz vermittelt. Durch vorübergehendes Abschalten der Kapselbildung vermögen Meningokokken (ebenso wie Gonokokken) epitheliales Gewebe zu infiltrieren. Einmal in der Blutbahn angelangt, können Meningokokken, durch ihre Kapsel geschützt, eine Sepsis (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom) auslösen. Neisserien sind Gegenstand der Erforschung grundlegender Pathogenitätsmechanismen wie der antigenen Variation, der Bildung retraktiler Typ-IV-Pili, einer Kapsel und funktionell variabler Oberflächenproteine.
Johannes Elias
Kapitel 29. Enterobakterien
Zusammenfassung
Die Familie der Enterobakterien (Enterobacteriaceae; gr. „enteron“: Darm) setzt sich aus zahlreichen Gattungen gramnegativer Stäbchen zusammen. Gemeinsame Kennzeichen sind, dass sie sich sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen vermehren und Glukose sowie andere Zucker unter Bildung von Säure sowohl oxidativ als auch unter Sauerstoffausschluss (fermentativ) metabolisieren. Einige Enterobakteriengattungen (z. B. Klebsiella, Proteus, Escherichia) gehören zur physiologischen Mikrobiota des Darms. Nur wenn sie in andere Körperregionen verschleppt werden oder von außen dorthin gelangen, werden sie zu Krankheitserregern: Sie sind also fakultativ pathogen oder Opportunisten. E. coli ist das meistbenutzte Bakterium in der molekularbiologischen Forschung und dient als Produktionsorganismus in der Biotechnologie. Von den fakultativ pathogenen Enterobakterien sind die obligat pathogenen Gattungen Salmonella, Shigella und Yersinia sowie die darmpathogenen Stämme von E. coli zu unterscheiden. Sie gehören nicht zur physiologischen Mikrobiota des Darms, sondern verursachen Enteritiden oder nach Ausbreitung systemische Infektionen. Darmpathogene E. coli werden in 5 Pathovare unterteilt, die sich hinsichtlich Erkrankung, Epidemiologie und Pathogenitätsmechanismen unterscheiden. Sie werden jährlich weltweit für ca. 160 Mio. Durchfallerkrankungen und 1 Mio. Todesfälle verantwortlich gemacht. In ca. zwei Dritteln der Fälle sind Kinder unter 5 Jahren in Entwicklungsländern betroffen. Weitere E. coli mit pathogenem Potenzial sind die uropathogenen E. coli (UPEC) sowie die Meningitiserreger des Neugeborenen mit dem Kapseltyp K1.
Sebastian Suerbaum, Mathias Hornef, Helge Karch
Kapitel 30. Vibrionen, Aeromonas
Zusammenfassung
Vibrio cholerae ist ein polar monotrich begeißeltes, kommaförmiges, gramnegatives Stäbchenbakterium. Die humanmedizinisch bedeutsamsten Isolate dieser Spezies gehören den Serogruppen O1 oder O139 an und verursachen die Cholera, eine durch massive wässrige Durchfälle gekennzeichnete Infektion des Dünndarms. Isolate der Serogruppe O1 lassen sich ihrerseits den Biovaren cholerae („klassisch“) und El Tor sowie den Serotypen Inaba, Ogawa und Hikojima zuordnen. Ausgehend vom indischen Subkontinent verbreitete sich V. cholerae seit 1816 in mehreren Pandemiewellen über die ganze Welt. Während die Cholera in vielen Ländern Asiens, Afrikas, Mittel- und Südamerikas endemisch ist, kommt es bei Naturkatastrophen und kriegerischen Auseinandersetzungen mit starken Bevölkerungsbewegungen wegen mangelnder hygienischer und sanitärer Voraussetzungen häufig zu Ausbrüchen. In Europa werden lediglich importierte Fälle von Reiserückkehrern beobachtet. Wegen der starken Flüssigkeitsverluste und der daraus resultierenden Störungen des Elektrolyt- und Säurehaushalts ist die Cholera in Ländern mit unzureichender medizinischer Versorgung mit einer hohen Mortalität assoziiert. Choleradurchfälle werden durch ein bakterielles Enterotoxin ausgelöst. Nach Aufnahme durch die Darmepithelzelle führt das Choleratoxin zur Stimulation der Adenylatzyklase und zur aktiven Sekretion von Ionen und Wasser in das Darmlumen. Die Therapie besteht in erster Linie in Flüssigkeitsersatz und Korrektur des Elektrolyt- und Säurehaushalts. Der Erreger lässt sich auf Selektivmedien kulturell nachweisen. Die Übertragung erfolgt meist über fäkal kontaminiertes Trinkwasser oder Nahrungsmittel. Prophylaktische Maßnahmen sind v. a. eine sorgfältige Nahrungsmittelhygiene wie die Bereitstellung sauberen Trinkwassers sowie die Sicherstellung sanitärer Einrichtungen. Ein oraler Choleraimpfstoff ist verfügbar. Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod sowie die Erregerisolation sind nach dem IfSG meldepflichtig. Neben dem klinischen Bild der durch V. cholerae O1 und O139 ausgelösten Cholera besitzen noch Infektionen mit Nicht-O1/O139-V. cholerae sowie einigen weiteren Vibriospezies wie V. vulnificus und V. parahaemolyticus medizinische Bedeutung. Sie rufen sowohl enterische als auch lokale und systemische Infektionen hervor. Sie werden durch direkten Kontakt mit kontaminiertem Wasser sowie den Verzehr unzureichend gekochter Meerestiere erworben. Aeromonas hydrophila ist v. a. in Gegenden der Welt mit schlechten hygienischen Bedingungen mit Durchfallerkrankungen assoziiert.
Mathias Hornef
Kapitel 31. Nichtfermentierende Bakterien (Nonfermenter): Pseudomonas, Burkholderia, Stenotrophomonas, Acinetobacter
Zusammenfassung
Die Gattungen Pseudomonas, Burkholderia, Stenotrophomonas und Acinetobacter umfassen eine Vielzahl gramnegativer, nichtsporenbildender Stäbchenbakterien, von denen einige bedeutende Infektionserreger für den Menschen sind (Tab. 31.1). Bakterien dieser Gattungen können Glukose fermentativ nicht abbauen und werden daher als „Nonfermenter“ bezeichnet. Aufgrund klinisch-infektiologischer und mikrobiologischer Gemeinsamkeiten (Tab. 31.2) wird diese Gruppe von Erregern im vorliegenden Kapitel zusammengefasst.
Ivo Steinmetz
Kapitel 32. Campylobacter
Zusammenfassung
Die Gattung Campylobacter umfasst gramnegative Epsilonprotebakterien, darunter einige für Mensch und Tier pathogene Arten. Die Gattung schließt Campylobacter jejuni und Campylobacter coli, ein, die mit Abstand häufigsten Campylobacter-Arten. Die letzteren verursachen in erster Linie Durchfallerkrankungen, sowohl in Industrienationen als auch in Entwicklungsländern. Sie werden hauptsächlich durch Lebensmittel und Tiere auf den Menschen übertragen. Zusammen mit den Salmonellen sind Campylobacter in Europa und anderen Regionen die weltweit häufigsten bakteriellen Durchfallerreger. Postinfektiös können sich neurologische Nachkrankheiten, z. B. eine reaktive Arthritis oder ein Guillain-Barré-Syndrom, entwickeln. Dieses Kapitel stellt diese bakteriellen Durchfallserreger, ihre wichtigsten Eigenschaften sowie klinische und therapeutische Besonderheiten der Campylobacter-Infektion vor.
Christine Josenhans, Sebastian Suerbaum
Kapitel 33. Helicobacter
Zusammenfassung
Die Gattung Helicobacter umfasst gramnegative, mikroaerophile, gebogene oder spiralförmige Stäbchen. Die meisten der über 30 bekannten Helicobacter-Spezies zeichnen sich durch starke Produktion von Urease aus. Humanmedizinisch wichtigster Vertreter ist Helicobacter (H.) pylori; weitere humanpathogene Spezies sind „H. heilmannii“, H. cinaedi und H. fennelliae, die anderen Helicobacter-Arten sind in erster Linie tierpathogen. Die Spezies H. pylori wurde 1982 erstmals angezüchtet. Angesichts starker Vorbehalte der Fachwelt, dass eine bakterielle Infektion die häufigsten Magenkrankheiten verursachen könne, bewies einer der Erstbeschreiber (Barry Marshall) 1983 im Selbstversuch, dass der Erreger eine akute Gastritis auslöst. Marshall und Robin Warren erhielten für ihre Entdeckung 2005 den Medizin-Nobelpreis.
Sebastian Suerbaum
Kapitel 34. Haemophilus
Zusammenfassung
Die Arten der Gattung Haemophilus gehören wie die Genera Pasteurella, Mannheimia, Aggregatibacter und Actinobacillus zur Familie der Pasteurellaceae. Haemophilus spp. sind pleomorphe, gramnegative Stäbchen und stellen hohe Anforderungen an die Nährmedien. Sie wachsen bevorzugt in feuchter Luft bei 37 °C sowie erhöhtem CO2-Anteil (5 %) und sind oxidasepositiv. Die meisten Haemophilus-Arten werden im Nasen-Rachen-Raum des Menschen und von Tieren gefunden. Insbesondere H. influenzae besitzt pathogenes Potenzial beim Menschen. Entdeckt wurde H. influenzae von Richard Pfeiffer (1858–1945) in der fälschlichen Annahme, dass das Bakterium für die Virusinfluenza ursächlich sei. Der Speziesname erinnert weiterhin an diese Tatsache, auch wenn dies nicht nur für medizinische Laien verwirrend sein kann. Neben H. influenzae, der Sepsis, Meningitis, Endokarditis, Konjunktivitis, Sinusitis und Otitis media auslöst, sind H. ducreyi und Aggregatibacter aphrophilus (früher: H. aphrophilus und H. paraphrophilus) humanpathogen, gelegentlich auch H. parainfluenzae.
Thiên-Trí Lâm, Ulrich Vogel
Kapitel 35. Bordetella
Zusammenfassung
Bakterien der Gattung Bordetella sind gramnegative Stäbchen, von denen B.pertussis, der Erreger des Keuchhustens am bekanntesten ist. B.parapertussis verursacht ein ähnliches Krankheitsbild, während die anderen Bakterien der Gattung selten beim Menschen vorkommen. Pertussis wird durch Tröpfchen übertragen, gilt als typische Kinderkrankheit und erzeugt beim Erstkontakt ein charakteristisches Krankheitsbild in drei Phasen, mit lang andauernden Hustenanfällen, Einziehen und wenig Fieber. Junge Säuglinge erkranken besonders schwer und können an Keuchhusten versterben. Die Erkrankung hinterlässt keinen lebenslangen Schutz, so dass Pertussis lebenslang auftreten kann, und sich bei Erwachsenen vor allem durch lang dauernden trockenen Husten zeigt. Eine antibiotische Therapie mildert nur in der Frühphase der Erkrankung die Symptomatik, ansonsten dient sie der Unterbrechung der Infektionskette. Wirksame und sichere Impfstoffe gegen Pertussis stehen zur Verfügung. Diese werden meist als Kombinationsimpfstoff zusammen mit Diphtherie, Tetanus, Haemphilus influenzae b, Polio und Hepatitis B angeboten und gehören zu den Standardimpfungen von Säuglingen. Auch die Impfung hinterlässt keinen lebenslangen Schutz, so dass auch Jugendliche und Erwachsene erneut immunisiert werden sollten. Keuchhusten ist eine meldepflichtige Erkrankung.
Carl Heinz Wirsing von König, Marion Riffelmann
Kapitel 36. Legionellen
Zusammenfassung
Legionellen sind Wasserbakterien, die in natürlichen und artifiziellen aquatischen Standorten weit verbreitet sind. In der Umwelt (Flüsse, Seen) und im kalten Wasser (<20 °C) der technisierten Umgebung kommen sie nur selten und in geringen Mengen vor und stellen keine hygienische Gefahr dar. Werden sie jedoch in Warmwassersysteme eingetragen, so finden sie und ihre Wirte bei 30–45 °C optimale Vermehrungstemperaturen. Legionellen können dann häufig aus Wasserversorgungssystemen, Schwimmbädern, Rückkühlwerken, selten auch aus Beatmungs- und Inhalationsapparaten, Eismaschinen, Dentaleinheiten und anderen technischen Wassersystemen isoliert werden. Der intrazelluläre Lebenszyklus der Legionellen in Amöben ist der Schlüssel für das Überleben dieser Bakterien in nährstoffarmer Umgebung und dient als Transportvehikel bei der Übertragung auf den Menschen. Die Alveolarmakrophagen sind die Zielzellen für die intrazelluläre Vermehrung bei Erkrankungen des Menschen. Sie sind im epidemiologischen Sinne eine Sackgasse. Legionellosen sind eine ausschließlich aus der Umwelt auf den Menschen übertragene Erkrankung.
Christian Lück, Markus Petzold
Kapitel 37. Anthropozoonoseerreger ohne Familienzugehörigkeit: Listerien, Brucellen, Francisellen und Erysipelothrix
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden Vertreter von 4 Gattungen von Bakterien zusammengefasst, die zurzeit taxonomisch nicht einer Familie zugeordnet werden und deren gemeinsames Merkmal die Verursachung von Anthropozoonosen ist.
Martin Mielke, Roland Grunow
Kapitel 38. Corynebakterien
Zusammenfassung
Das Genus Corynebacterium (C.) umfasst derzeit über 100 Spezies, von denen mehr als die Hälfte als medizinisch relevant gelten. Der Name dieser grampositiven, unregelmäßig geformten, unbeweglichen und sporenlosen Stäbchenbakterien leitet sich von der zum Teil vorhandenen keulenförmige Auftreibung am Zellende ab (gr.: „coryne“, Keule). Für die Gattung ebenso charakteristisch ist eine an chinesische Schriftzeichen oder in Y- bzw. V-Formationen erinnernde Gruppierung der Bakterien im Grampräparat. Das Kapitel führt die wesentlichen Gattungsmerkmale an. Viele Corynebakterien gelten als Kommensalen der Haut und Schleimhaut bei Mensch und Säugetieren, können jedoch bei lokaler oder generalisierter Abwehrschwäche opportunistische Infektionen wie Wundinfektionen, Sepsis und Endokarditis hervorrufen. Die aus infektiologischer und klinischer Sicht relevantesten Vertreter sind die potenziell Diphtherietoxin-(DT-)tragenden Spezies: C. diphtheriae sowie die beiden zoonotischen Erreger C. ulcerans und – sehr viel seltener – C. pseudotuberculosis, die auch heutzutage die seit der Antike bekannte lebensbedrohliche Diphtherie (von gr. „diphthera“, Lederhaut) verursachen können. In Europa beobachten wir seit über 10 Jahren eine stetige Zunahme humaner C. ulcerans-Fälle, wobei die zoonotische Übertragung von Haustieren auf den Menschen die wichtigste Rolle spielt.
Anja Berger, Andreas Sing
Kapitel 39. Bacillus
Zusammenfassung
Bakterien der Gattung Bacillus (B., lat., „Stäbchen“) sind überwiegend aerob wachsende, sporenbildende Stäbchen, die sich meist grampositiv, selten gramlabil anfärben. Sie sind bezüglich Größe und Sporenbildung sehr variabel. Die zahlreichen Arten kommen häufig als Umweltkeime vor; Hauptreservoir ist der Erdboden. Aufgrund ihrer Fähigkeit zur Sporenbildung sind sie sehr resistent gegenüber Hitze, Bestrahlung, Austrocknung und Desinfektionsmitteln. Die Bakterienspezies aus der sog. B. cereus-Gruppe sind relativ eng verwandt. Zu dieser Gruppe gehören auch die beiden wichtigsten Krankheitserreger, B. anthracis und B. cereus. Seltener werden Erkrankungen durch andere Bacillus-Arten beschrieben.
Silke Klee, Roland Grunow
Kapitel 40. Obligat anaerobe, sporenbildende Stäbchen (Clostridien)
Zusammenfassung
Obligat anaerobe, grampositive Stäbchen, die Endosporen bilden, wurden bisher in der Gattung Clostridium zusammengefasst. Aufgrund neuerer molekularbiologischer Untersuchungen sind weitere in der Infektionsmedizin medizinisch relevante Gattungen, (z. B. Clostridioides, Paraclostridium, Paeniclostridium) etabliert worden. Clostridien sind in der Natur ubiquitär verbreitet und häufig im Intestinaltrakt des Menschen zu finden. Durch Clostridien (gr.: „closter“: Spindel) hervorgerufene Erkrankungen waren bereits im Altertum bekannt. Sie verursachen eine Reihe schwerer Krankheitsbilder, z. B. Botulismus, Tetanus und Gasbrand (Clostridienmyositis), können aber auch an eiterbildenden Infektionen beteiligt sein oder intestinale Infektionen hervorrufen, z. B. die antibiotikaassoziierte Diarrhö, die pseudomembranöse Kolitis und das toxische Megakolon (Tab. 40.2).
Catalina-Suzana Stingu, Arne C. Rodloff
Kapitel 41. Obligat anaerobe, nichtsporenbildende Bakterien
Zusammenfassung
Obligat anaerobe nichtsporenbildende Bakterien umfassen viele Gattungen mit klinischer Relevanz. Sie sind wichtige Bestandteile der normalen Flora von Mund, Darm- und Genitaltrakt, als Opportunisten sind sie aber auch an der Ätiologie verschiedener Krankheitsbilder beteiligt.
Catalina-Suzana Stingu, Arne C. Rodloff
Kapitel 42. Mykobakterien
Zusammenfassung
Das Genus Mycobacterium (M.) ist die einzige Gattung der Familie der Mycobacteriaceae. Mykobakterien unterscheiden sich von den meisten anderen Bakterien durch ihren Gehalt an Wachsen in der Zellwand sowie, dadurch bedingt, durch eine hohe Festigkeit gegen Säuren und Basen. Sie können deshalb mit besonderen Färbemethoden (Ziehl-Neelsen, Auramin) angefärbt werden. Mykobakterien vermehren sich nur in Gegenwart von Sauerstoff, d. h., sie sind obligate Aerobier. Unter anaeroben Bedingungen stellen Mykobakterien das Wachstum ein. Dabei verändern sie die Genexpression dramatisch. Die eng verwandten Spezies M. tuberculosis, M. bovis und M. africanum (DNA-DNA-Homologie >95 %) sind Mitglieder des sog. M. tuberculosis-Komplexes. Sie verursachen beim Menschen die Tuberkulose (TB), wobei Infektionen mit M. africanum und M. bovis selten sind. Weiter gehören zur Gattung die große Gruppe (>100 Spezies) der nichttuberkulösen Mykobakterien und M. leprae, der Erreger der Lepra; dieser ist im Gegensatz zu allen anderen Mykobakterien in vitro nicht kultivierbar. Die nichttuberkulösen Mykobakterien kommen in der Umwelt vor, sind weniger virulent und verursachen in der Regel opportunistische Infektionen. Die Vorsilbe „Myko“ bezeichnet eigentlich eine Zugehörigkeit zu Pilzen (gr.: „mykes“, Pilz). Der Begriff Mykobakterien wurde gewählt, weil sich M. tuberculosis wegen seiner hydrophoben Lipidschicht auf der Oberfläche flüssiger Kulturmedien vermehrt. Dadurch entsteht der Eindruck eines schimmelpilzähnlichen Bewuchses. In der Folge wurde die Bezeichnung auf alle Bakterien dieser Gattung ausgedehnt, auch wenn sie nicht schimmelpilzartig auf flüssigen Kulturmedien wachsen.
Franz-Christoph Bange, Helmut Hahn, Stefan H. E. Kaufmann, Christoph Lange, Timo Ulrichs
Kapitel 43. Nocardien und andere aerobe Aktinomyzeten
Zusammenfassung
Bei der Bezeichnung „aerobe Aktinomyzeten“ handelt es sich um einen nichtsystematischen Sammelbegriff für grampositive, verzweigte Stäbchenbakterien, die mehreren Gattungen angehören, darunter die Gattung Nocardia. Alle Vertreter dieser Gruppe enthalten Mykolsäuren und sind phylogenetisch mit den Mykobakterien verwandt. Wie diese vermehren sie sich bevorzugt unter aeroben Bedingungen. Die Differenzierung innerhalb der Gruppe ist wegen der Vielfalt morphologischer und physiologischer Merkmale schwierig, sodass heute molekularbiologischen Methoden (z. B. Sequenzierung) zur Identifizierung im Vordergrund stehen. Aerobe Aktinomyzeten findet man in der Umwelt. Eintrittspforte ist der Respirationstrakt oder die verletzte Haut. Übertragungen von Mensch zu Mensch kommen nicht vor. Nur wenige aerobe Aktinomyzeten sind klinisch relevant.
Franz-Christoph Bange
Kapitel 44. Treponemen
Zusammenfassung
Die Gattung Treponema umfasst sehr dünne Schraubenbakterien aus der Familie der Spirochaetaceae. Zu diesen sog. Spirochäten gehört auch die Gattung Borrelia (Kap. 45). Der Name Treponema (gr.: „trepomai“, sich drehen; „nema“, Faden) bezieht sich auf die korkenzieherartigen Drehbewegungen dieser Bakterien. Das Kapitel fasst die wichtigsten Merkmale der Treponemen zusammen. Die bedeutendste humanpathogene Art ist Treponema (T.) pallidum ssp. pallidum, der Erreger der Syphilis (Lues). Das Attribut pallidum (lat.: blass, bleich) verweist auf die schlechte Anfärbbarkeit dieser sehr filigranen Erreger mittels herkömmlicher Methoden. Die Erreger nur regional auftretender, sog. endemischer Treponematosen, die vom Syphiliserreger mit herkömmlichen Labormethoden nicht abgrenzbar sind, werden als T. pallidum-Subspezies bzw. im Falle des fast verschwundenen T. carateum als eigene Spezies klassifiziert. Der in der Mundschleimhaut aufzufindenden Art T. denticola wird eine Rolle bei der Entstehung der Parodontitis zugeschrieben. Andere schleimhautassoziierte Arten gelten als Bestandteil der Normalflora von Oral-, Anogenital- oder Intestinaltrakt. Tierpathogene Arten und Umwelttreponemen sind ebenfalls bekannt.
Anja Berger, Ute Eberle, Nikolaus Ackermann, Volker Fingerle, Andreas Sing
Kapitel 45. Borrelien
Zusammenfassung
Borrelien sind eine Gattung gramnegativer, flexibler und beweglicher Spiralbakterien aus der Familie der Spirochaetaceae. Von den ebenfalls zu den Spirochäten zählenden Treponemen und Leptospiren unterscheiden sie sich durch die größere Länge, die lockeren, irregulären Windungen und die lichtmikroskopische Darstellbarkeit nach Anfärbung mit Anilinfarben. Borrelien lassen sich unter mikroaerophilen Bedingungen in komplexen serumhaltigen Kulturmedien anzüchten. Wegen der langen Generationszeit von etwa 15 h werden Kulturen frühestens nach über 1-wöchiger Kulturdauer positiv. Humanmedizinisch bedeutsam sind Borrelia (B.) burgdorferi, B. mayonii, B. garinii, B. bavariensis, B. afzelii und B. spielmanii als Erreger der Lyme-Borreliose sowie B. recurrentis, B. duttoni, B. hermsii und andere Borrelienarten, die das Rückfallfieber auslösen. Der Gattungsname leitet sich vom französischen Bakteriologen Amédée Borrel (1867–1936) ab.
Klaus-Peter Hunfeld
Kapitel 46. Leptospiren
Zusammenfassung
Die Leptospirose ist eine weltweit verbreitete, von verschiedenen Leptospirenarten verursachte Zoonose mit breitem klinischem Spektrum, das von subklinischen Verläufen bis zu tödlichem Multiorganversagen reicht. Historisch wurden Leptospiren aufgrund serologischer und Wachstumseigenschaften in 2 Spezies eingeteilt: die pathogenen L. interrogans mit über 200 Serovaren und die saprophytären Umweltleptospiren, L. biflexa, mit über 60 Serovaren. Mit der Verfügbarkeit molekularbiologischer Differenzierungsmethoden wurden über 60 Genospezies taxonomisch definiert, die mit der ursprünglichen Einteilung der beiden Spezies, deren Serogruppen und Serovaren sowie der korrespondierenden Einteilung nach Pathogenität nicht deckungsgleich sind. Neben L. interrogans umfassen die wichtigsten pathogenen Spezies (nach neuer Taxonomie) L. alexanderi, L. alstonii, L. borgpetersenii, L. kirschneri, L. noguchi, L. santarosai und L. weilii. Auch in Zukunft werden serologische und molekularbiologische Einteilungsmethoden noch parallel nebeneinander bestehen (müssen).
Anja Berger, Bianca Treis, Nikolaus Ackermann, Volker Fingerle, Andreas Sing
Kapitel 47. Rickettsiaceae (Rickettsia, Orientia), Anaplasmataceae (Anaplasma, Ehrlichia, Neoehrlichia, Neorickettsia) und Coxiellaceae
Zusammenfassung
Bakterien der Familien Rickettsiaceae, Anaplasmataceae und Coxiellaceae sind kleine, gramnegative und obligat intrazelluläre Stäbchen. Mit Ausnahme der Coxiellen erfolgt die Übertragung dieser Bakterien im Allgemeinen durch Vektoren wie z. B. Zecken. Die ausgelösten Erkrankungen sind durch unspezifische Allgemeinsymptome, unterschiedliche Organmanifestationen und oft durch Blutbildveränderungen und Exantheme gekennzeichnet.
Christian Bogdan
Kapitel 48. Bartonellen
Zusammenfassung
Die Gattung Bartonella umfasst gramnegative, fakultativ intrazelluläre, stäbchenförmige Bakterien, die nach dem peruanischen Bakteriologen Alberto Leonardo Barton benannt wurden. Sie sind phylogenetisch eng mit den Genera Rickettsia und Brucella verwandt. Zurzeit sind über 30 Bartonella-Spezies beschrieben. Die wichtigsten Erreger sind B. henselae, B. quintana und B. bacilliformis. Die Krankheitsbilder reichen von leichten lokalen bis hin zu schwersten systemischen Infektionsverläufen. Bartonellen sind die einzigen Bakterien, die pathologisches Blutgefäßwachstum auslösen können.
Silke M. Besier, Volkhard A. J. Kempf
Kapitel 49. Mykoplasmen und Ureaplasmen
Zusammenfassung
Die Klasse der Mollicutes („Weichhäutigen“) umfasst Bakterien, die sich durch die Besonderheit einer komplett fehlenden genetischen Ausrüstung zum Aufbau einer Zellwand von den gramnegativen und grampositiven Bakterien unterscheiden. Mollicutes sind ähnlich wie eukaryontische Zellen nur durch eine Zytoplasmamembran begrenzt. Aufgrund der fehlenden Zellwand sind sie damit gegen β-Laktam-Antibiotika primär resistent. Die Klasse der Mollicutes umfasst die humanrelevanten Gattungen Mycoplasma und Ureaplasma. Ihr Genom ist mit bis zu einem Fünftel der Genomgröße von Enterobacteriaceae das kleinste Genom einer Bakterienzelle, die sich noch extrazellulär vermehren kann. Mollicutes haben eine filamentöse Form (0,2–0,3 μm breit, bis zu 2,0 μm lang) und können sich aufgrund der fehlenden rigiden Zellwand gleitend auf der Oberfläche einer Wirtszelle fortbewegen. Ihre parasitäre Lebensweise hat dazu geführt, dass sie sich strikt an einen Wirt anpasst und sich entweder auf die Besiedlung der Epitheloberflächen des Respirations- oder des Urogenitaltrakts spezialisiert haben.
Roger Dumke, Enno Jacobs
Kapitel 50. Chlamydien
Zusammenfassung
Chlamydien sind intrazelluläre Bakterien mit einem reduzierten Genom aus etwa 1000 Genen. Sie haben im Laufe der Evolution Schlüsselenzyme für einige Synthesewege verloren. Die humanpathogenen Spezies der Familie Chlamydiaceae werden wieder alle der Gattung Chlamydia (C.) zugeordnet. Chlamydien befallen zunächst die Mukosa, können aber auch streuen. Je nach Serovar verursacht C. trachomatis Erkrankungen des Urogenitaltrakts und des Auges, selten auch des Kolons oder Pharynx. Typisch sind symptomarme subakute oder chronische Verläufe, deren langfristige Komplikationen, v. a. Infertilität und das zur Erblindung führende Trachom, gefürchtet sind. C. pneumoniae ist häufiger Erreger meist milder Atemwegserkrankungen und mit Gefäßerkrankungen assoziiert. Von Vögeln (Ornithose) auf Menschen übertragene C. psittaci-Stämme können zu lebensbedrohlichen, im deutschsprachigen Raum aber eher seltenen Pneumonien mit systemischer Streuung führen. C. abortus stellt weltweit bei schwangeren Frauen nach Kontakt mit erkrankten Schafen, Ziegen, Kühen oder Schweinen ein zoonotisches Risiko dar.
Andreas Klos
Kapitel 51. Weitere medizinisch bedeutsame Bakterien
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden verschiedene humanmedizinisch wichtige, taxonomisch nicht verwandte Bakterien vorgestellt, die keiner größeren Gruppe zugeordnet werden können: Tropheryma whipplei ist der langsam wachsende, schwer kultivierbare Erreger des Morbus Whipple, einer als „intestinale Lipodystrophie“ bezeichneten chronischen Multisystemerkrankung mit Gelenkbeschwerden, Gewichtsverlust, Durchfällen und neurologischen Beschwerden. Pasteurella multocida und Capnocytophaga canimorsus sind Bestandteil der physiologischen Rachenflora von Hunden und Katzen und können nach Tierkontakt wie z. B. einer Bissverletzung zu eitrigen lokalen und systemischen Infektionen führen. Moraxella catarrhalis findet sich in der Rachenflora von Kindern und verursacht Infektionen des oberen und unteren Respirationstrakts. Die in der sog. HACEK-Gruppe zusammengefassten, schwer anzüchtbaren Erreger Haemophilus parainfluenzae, Aggregatibacter aphrophilus, Aggregatibacter actinomycetemcomitans, Cardiobacter hominis, Eikenella corrodens und Kingella kingae sind Bestandteil der Rachenflora und können Endokarditiden hervorrufen. Streptobacillus moniliformis und Spirillium minus werden durch Bissverletzung v. a. nach Nagetierkontakt übertragen und verursachen in Asien und den USA das Rattenbissfieber. Gardnerella vaginalis wird vermehrt bei Frauen mit bakterieller Vaginose als Zeichen einer Störung der Zusammensetzung der physiologischen Vaginalflora isoliert.
Mathias Hornef

Virologie

Frontmatter
Kapitel 52. Viren – allgemeine Prinzipien
Zusammenfassung
Viren sind einfach aufgebaute Lebensformen, die, je nach Virusfamilie, als Träger der genetischen Information nicht nur DNA wie Pro- oder Eukaryonten, sondern auch RNA verwenden können. Diese Nukleinsäuren sind in einem aus Proteinen und z. T. aus Lipiden bestehenden Partikel verpackt. Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und vermehren sich deshalb ausschließlich innerhalb von Zellen, deren Stoffwechselapparat sie zur Replikation verwenden. Noch einfacher aufgebaut als Viren sind Viroide bzw. Virusoide, die nur eine umhüllte RNA als Träger der genetischen Information aufweisen, im Fall der Virusoide im Verbund nur mit einzelnen Proteinen im infektiösen Partikel, und die deshalb in Zellen allein nicht replikationsfähig sind, sondern ein „Helfervirus“ benötigen. Es gibt nur ein humanpathogenes Virusoid, das Hepatitis-Delta-Virus. Prionen sind infektiöse Agentien, die nur aus einem fehlgefalteten zellulären Protein bestehen. Dieses zwingt seine fehlerhafte Konformation dem physiologisch gefalteten zellulären „normalen“ Protein auf und propagiert so seine pathogenen Eigenschaften. Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und sind deshalb strikt intrazelluläre Parasiten, welche die metabolische Maschinerie der Zelle ausnutzen, um neue Virusnachkommen zu bilden. Es gibt akute, persistierende und latente Virusinfektionen. Die pathogenen Eigenschaften eines Virus können bedingt sein durch direkt vom Virus ausgelöste Schäden in den infizierten Zellen und indirekt durch die Auswirkungen der Immunantwort auf die Virusinfektion. Bei erstmaligem Viruskontakt lösen Mechanismen der angeborenen Immunität (Basisabwehr) eine Entzündung aus, welche die adaptive Immunität anregt; gemeinsam blockieren sie die weitere Replikation und Ausbreitung. Bei einer Zweitinfektion reagiert die adaptive Immunität („Immungedächtnis“) schnell fast ohne Entzündungen.
Thomas F. Schulz
Kapitel 53. Humane onkogene Viren
Zusammenfassung
Weltweit werden ca. 17 % aller malignen Erkrankungen durch Infektionserreger ausgelöst. Neben anderen bekannten Ursachen der Krebsentstehung (v. a. Karzinogene, die Umweltfaktoren sind oder sich aus dem Lebensstil ergeben, z. B. Rauchen, radioaktive Strahlung) nehmen onkogene Infektionserreger demnach einen wichtigen Platz ein. Da Infektionen zumindest z. T. durch Vermeidung der Exposition oder Entwicklung eines Impfstoffs vorgebeugt werden kann, ergibt sich hier ein erhebliches Potenzial zur Verminderung der Krebsrate. Zudem hat die Forschung anhand der Mechanismen, die bei der Entstehung von durch Viren verursachten Tumoren beteiligt sind, immer wieder grundlegende Einblicke in die molekularen Grundlagen der Onkogenese erhalten. So gehen Schlüsselentdeckungen wie das Konzept der Onkogene auf die Beschäftigung mit onkogenen Viren zurück. Die WHO hat beim Menschen 7 Viren als onkogene Agenzien anerkannt.
Thomas F. Schulz
Kapitel 54. Picornaviren
Zusammenfassung
Die zur Familie der Picornaviridae („pico“ = klein; rna = „ribonucleic acid“) gehörenden Entero- und Rhinoviren sind die häufigsten Erreger von Virusinfektionen des Menschen, da jeder Mensch aufgrund der großen Zahl ihrer Typen (über 200) multiple Infektionen durchmacht. Obwohl die meisten Picornavirus-Infektionen nur milde Erkrankungen verursachen, haben einige Enterovirustypen eine große klinische und epidemiologische Bedeutung, so z. B. die Polioviren als Erreger der Poliomyelitis („Kinderlähmung“). Zahlreiche andere Enteroviren (inkl. Coxsackie-Virus, ECHO-Virustypen) und die Parechoviren sind die Ätiologie einer Vielzahl von Krankheitsbildern wie z. B. von aseptischer Meningitis, Sommergrippe, Enzephalitis und Myokarditis. Auch eine Reihe schwerer Erkrankungen (Diabetes mellitus Typ 1, dilatative Kardiomyopathie) wird bei genetisch prädisponierten Individuen wahrscheinlich durch Enterovirus-Infektionen ausgelöst. Außerdem gehört zu den Picornaviridae eine Vielzahl von Rhinoviren. Diese sind die häufigsten Erreger von Erkältungskrankheiten („common cold“), können aber bei immunsupprimierten Patienten gelegentlich schwere respiratorische Infekte des unteren Respirationstrakts verursachen. Der Erreger der Hepatitis A ist ebenfalls ein Picornavirus, wird aber bei den Hepatitisviren in Kap. 71 näher beschrieben.
Albert Heim
Kapitel 55. Flaviviren
Zusammenfassung
Beim Gelbfiebervirus (Genus Flavivirus, Familie der Flaviviridae) wurde erstmals ein von Insekten (Aedes spp.) abhängiger Übertragungsweg beschrieben. Dieser gelbsuchtverursachende Erreger war namensgebend für die Familie und das Genus (lat. „flavus“: gelb). Zahlreiche humanpathogene Vertreter der Flaviviren werden durch eine Reihe infizierter Arthropoden wie Insekten (z. B. Stechmücken) oder Spinnentiere (z. B. Zecken) übertragen. Unter dem Begriff Arboviren, abgeleitet von „arthropod-borne viruses“, werden Viren aus unterschiedlichen Virusfamilien zusammengefasst, die durch Arthropoden als Vektoren über einen Stich oder Biss übertragen werden. Arboviren kommen vor allem in den tropischen und subtropischen Klimazonen vor. Flavivirus-Infektionen stellen zudem Zoonosen dar, die bei ihren natürlichen Wirten (Reservoir) oft keine Erkrankung hervorrufen. Zu diesen zählen Vertebraten wie Vögel, Nagetiere, Fledermäuse und Affen. Eine große Ausnahme unter den Flaviviren sind Dengue-Viren, die an den Menschen adaptiert sind und über Stechmücken von Mensch zu Mensch übertragen werden. Klinische Manifestationen bei einer Flavivirus-Infektion können je nach Erreger Fieber mit oder ohne Exanthem, hämorrhagisches Fieber, Arthritis, aseptische Meningitis bis hin zur Enzephalitis, Nephritis und/oder Hepatitis sein.
Ilona Glowacka
Chapter 56. Rötelnvirus
Zusammenfassung
Die Röteln zählen zu den „klassischen Kinderkrankheiten“, die durch Einführung der Rötelnimpfung in den 1970er Jahren in Deutschland selten geworden sind. Während die Röteln im Kindesalter in der Regel eine harmlose Infektionskrankheit darstellen, kann die Infektion einer seronegativen Frau in der Schwangerschaft zur gefürchteten Rötelnembryopathie führen, die mit einer hohen Fehlbildungsrate beim Neugeborenen einhergeht.
Corinna Schmitt
Kapitel 57. Coronaviren
Zusammenfassung
Man unterscheidet 7 humanpathogene Coronaviren, die entweder zum Genus Alphacoronavirus oder zum Genus Betacoronavirus gehören (Subfamilie Orthocoronavirinae, Familie Coronaviridae). Das vorläufig letzte, 7. humanpathogene Coronavirus, SARS-CoV-2 (Genus Betacoronavirus), wurde im Winter 2019/2020 entdeckt. Humane Coronaviren verursachen akute respiratorische Erkrankungen, die meist problemlos verlaufen, gelegentlich jedoch zu schweren Pneumonien führen, insbesondere bei bestehender Komorbidität oder bei Infektionen mit spezifischen humanen Betacoronaviren wie SARS-CoV, MERS-CoV und SARS-CoV-2. Eine ursächliche Beteiligung an Gastroenteritiden ist möglich, spielt jedoch klinisch und zahlenmäßig keine große Rolle. Die zahlreichen bekannten animalen Coronaviren verursachen in der Regel respiratorische und gastrointestinale Erkrankungen, insbesondere bei Säugetieren und Vögeln. Der Name der Viren leitet sich vom typischen elektronenmikroskopischen Erscheinungsbild der Virusoberfläche ab, die an eine Krone (lat. „corona“) erinnert. Die Fortsätze dieser Krone werden von den viralen Glykoproteinen, sog. Spikes, gebildet, die in die Virushülle eingelagert sind. Coronaviren sind Plusstrang-RNA-Viren mit den größten Genomen (30 kb) unter allen bekannten RNA-Viren. Sie haben einen Durchmesser von etwa 120 nm. Das helikale Kapsid wird von einer Lipidhülle umgeben, in die mindestens 3 Strukturproteine (Spike-Protein S, Hüllprotein E, Membranprotein M) eingelagert sind.
John Ziebuhr
Kapitel 58. Orthomyxoviren: Influenza
Zusammenfassung
Die Verursacher der Influenza („Grippe“), Influenzavirus A, B und C, gehören zur Familie der Orthomyxoviren. Während man umgangssprachlich als „Grippe“ oder „grippalen Infekt“ relativ leicht verlaufende Erkrankungen bezeichnet, die durch verschiedene „respiratorische Viren“ ausgelöst werden, ist die „echte Grippe“, insbesondere nach Infektion mit dem Influenza-A-Virus, eine schwere Erkrankung. Die jährlich im Winter wiederkehrenden Grippewellen verursachen eine statistisch erfassbare Erhöhung der Sterblichkeit („Übersterblichkeit“) v. a. älterer Patienten. Neben älteren Personen sind Patienten mit chronischen Erkrankungen wie z. B. Lungen- oder Herzkrankheiten, aber auch Kleinkinder und Schwangere besonders gefährdet.
Stefan Pöhlmann, Corinna Schmitt
Kapitel 59. Paramyxoviren
Zusammenfassung
Die Familie der Paramyxoviridae umfasst mehrere human- und tierpathogene Krankheitserreger. Es sind mittelgroße, behüllte, pleomorphe Viren mit einem Durchmesser von 120–200 nm. Das RNA-Genom besitzt negative Polarität und ist per se nicht infektiös, denn die Replikation beruht auf einer viruskodierten RNA-abhängigen RNA Polymerase. Zu den wichtigsten humanpathogen Vertretern dieser Virusfamilie gehören die Erreger klassischer Kinderkrankheiten wie das Masernvirus und das Mumpsvirus. Auch die weltweit verbreiteten Parainfluenza- und Metapneumoviren sowie das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) gehören dazu, die als Auslöser respiratorischer Infekte eine große Rolle spielen. Weniger bekannt, aber für den Menschen hochpathogen sind Infektionen mit zoonotischen Hendraviren und Nipahviren, die in Südostasien und Australien in den letzten 20 Jahren zu Ausbrüchen schwerer Enzephalitiden geführt haben. In der Tierwelt spielen durch Paramyxoviren (Newcastle-Disease-Virus und Rinderpestvirus) ausgelöste Erkrankungen eine bedeutende Rolle.
Annette Mankertz
Kapitel 60. Tollwutvirus
Zusammenfassung
Das Tollwutvirus bzw. Rabiesvirus gehört zur Familie der Rhabdoviridae und dem Genus Lyssavirus. Neben dem Rabiesvirus umfasst der Genus Lyssavirus derzeit 17 weitere, meist Fledermaus-assoziierte Lyssavirus-Spezies. Die Tollwut ist eine bereits seit dem Altertum bekannte Zoonose, die über infektiösen Speichel durch Biss- bzw. Kratzverletzungen infizierter Tiere auf den Menschen übertragen wird. Die Sterblichkeit der Tollwut beträgt fast 100 %. Das natürliche Reservoir für das Rabiesvirus sind Säugetiere, v. a. Mesokarnivore (Fleischfresser) sowie Fledermäuse in Nord- und Südamerika. Durch systematische Bekämpfungsmaßnahmen (Köder-Lebendimpfstoff für Füchse) gelten Deutschland und weitere west- und mitteleuropäische Länder als frei von terrestrischer Tollwut. Zu beachten ist weiterhin das Infektionsrisiko durch Fledermäuse (global) und durch andere Tiere (v. a. Hunde) bei Reisen in Endemiegebiete. Laut Schätzungen der WHO versterben ca. 59.000 Menschen weltweit an Tollwut, insbesondere in Afrika und Asien.
Ilona Glowacka, Thomas Müller
Kapitel 61. Arenaviren
Zusammenfassung
Arenaviren tragen ein segmentiertes RNA-Genom, das Leserahmen mit beiden Polaritäten enthält (Ambisense-Kodierungsstrategie). Die Viren werden von Nagetieren auf den Menschen übertragen und können schwere Erkrankungen auslösen. Das Lassa-Virus und weitere afrikanische und südamerikanische Arenaviren verursachen hämorrhagische Fieber mit zum Teil tödlichem Verlauf. Das Lymphozytäre Choriomeningitisvirus (LCMV) kommt weltweit vor und kann bei immunkompetenten Personen eine aseptische Meningitis auslösen. Nach LCMV-Übertragung auf immunsupprimierte Patienten kommt es zu tödlichen Verläufen, die kongenitale Infektion kann zu Fehlbildungen des fetalen Gehirns führen. LCMV ist außerdem ein wichtiges Modellpathogen für immunologische Studien.
Stefan Pöhlmann
Kapitel 62. Bunyaviren
Zusammenfassung
Im Zuge einer taxonomischen Neueinteilung im Jahr 2017 wurde die bisherige Familie der Bunyaviren (Bunyaviridae) zur Ordnung der Bunyaviren (Bunyavirales) erweitert. In diesem Taxon sind neben den früheren Mitgliedern der Familie Bunyaviridae auch die Arenaviren (vgl. Kap. 61) sowie zahlreiche neu entdeckte Virusspezies zusammengefasst. Die Ordnung der Bunyaviren umfasst derzeit 12 Virusfamilien mit 287 Spezies, ihre Mitglieder sind RNA-Viren mit 2- bis 5-fach segmentiertem Genom. Alle bisher bekannten humanpathogenen Bunyaviren besitzen ein 2- (Arenaviridae) oder 3-fach segmentiertes Genom. Die beim Menschen durch Bunyaviren ausgelösten Erkrankungen reichen von relativ milden grippeähnlichen Krankheitsbildern bis zu tödlich verlaufenden hämorrhagischen Fiebern. Mit Ausnahme der Arena- und Orthohantaviren, die einen aerogenen Übertragungsweg besitzen, werden humanpathogene Bunyaviren durch Arthropoden (z. B. Stechmücken oder Zecken) auf den Menschen übertragen („arthropod-borne viruses“; vgl. Kap. 55).
Stefan Pöhlmann, Martin Spiegel
Kapitel 63. Filoviren
Zusammenfassung
Zur Familie der Filoviren gehören das Marburg- und das Ebola-Virus. Sie verursachen schweres, oft tödlich verlaufendes hämorrhagisches Fieber (HF). Beide Viren wurden durch spektakuläre Krankheitsausbrüche bekannt. Filoviren sind fadenförmige, 80 × 1000 nm große Partikel, bestehend aus helikalem Kapsid, Replikase, Matrixprotein und Hülle mit Spikes. Das Genom besteht aus (–)ss-RNA, umfasst 19,1 kb und kodiert 7 Gene (Ebola: 8).
Stephan Becker
Kapitel 64. Virale Gastroenteritiserreger
Zusammenfassung
Gastroenteritiden gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Menschen und sind mit einer hohen Krankheitslast und Mortalität verbunden. Besonders betroffen sind Säuglinge und Kleinkinder in den Tropen, wo jährlich schätzungsweise 1–2 Mio. Kinder an einer Gastroenteritis versterben. Viren gehören zu den häufigsten Auslösern dieser Erkrankungen. Seit der elektronenmikroskopischen Entdeckung des Norovirus 1972 wächst die Zahl der bekannten Erreger.
Sandra Niendorf
Kapitel 65. Humane Immundefizienzviren (HIV-1, HIV-2)
Zusammenfassung
HIV-1 und HIV-2 sind zwei Virusspezies im Genus Lentivirus in der Familie der Retroviren. Retroviren sind (+)Strang-RNA-Viren, deren RNA-Genom kurz nach Eintritt in die Zelle durch eine virale Polymerase, die reverse Transkriptase, in eine DNA-Kopie umgewandelt wird (Baltimore-Schema, Kap. 52, Abb. 52.4). Der „Fluss“ der genetischen Information erfolgt bei diesen Viren also von RNA zu DNA, d. h. umgekehrt wie bei allen anderen Lebewesen, daher der Begriff „Retrovirus“. Das Genus Lentivirus umfasst eine Gruppe von Retroviren mit komplexem Genomaufbau, die bei Primaten, Pferden, Schafen, Ziegen, Rindern und Katzen vorkommen. Die beiden humanpathogenen Immundefizienz-Retroviren sind HIV-1 und HIV-2. HIV-1 ist verantwortlich für die weltweite AIDS Epidemie. HIV-2 verursacht ein ähnliches Krankheitsbild, aber mit oft milderem Verlauf, welches aber auf Regionen in Westafrika und seltene Fälle in anderen Ländern beschränkt ist.
Thomas F. Schulz, Georg Behrens
Kapitel 66. Humane T-lymphotrope Viren HTLV-1, HTLV-2
Zusammenfassung
Die humanen T-lymphotropen Viren HTLV-1 und HTLV-2 repräsentieren die 2. Gruppe der beim Menschen vorkommenden exogenen Retroviren. Während HIV-1 und HIV-2 zu den Lentiviren zählen, gehören HTLV-1 und HTLV-2 zum Genus Deltaretrovirus (BLV-HTLV-Retroviren). HTLV-1 wurde 1981 in T-Zell-Linien entdeckt, die von Patienten mit adulter T-Zell-Leukämie (ATL) etabliert worden waren. Neben ATL verursacht HTLV-1 eine neurologische Erkrankung, die Tropische Spastische Paraparese (TSP). In analoger Weise wurde HTLV-2 in den Zellen eines seltenen Falles von T-Zell-Sezary-Syndrom gefunden; allerdings besteht zwischen HTLV-2 und dem Sezary-Syndrom kein ursächlicher Zusammenhang.
Thomas F. Schulz
Kapitel 67. Parvoviren
Zusammenfassung
Parvoviren sind kleine (lat.: „parvus“, klein), unbehüllte Viren und tragen ein ca. 5 kb großes Einzelstrang-DNA-Genom. Zu den beim Menschen bekannten Parvoviren gehören u. a. das Parvovirus B19, humane Bocaviren sowie adenoassoziierte Viren. Das Parvovirus B19 verursacht die Ringelröteln (Erythema infectiosum) und kann zu Komplikationen beim ungeborenen Kind sowie bei Patienten mit hämatologischen Grunderkrankungen führen. Viele Infektionen mit den 2005 entdeckten humanen Bocaviren (HBoV) sind vermutlich asymptomatisch. Als ursächliches Virus sind sie v. a. bei Erstinfektion von Kleinkindern mit Erkrankungen des Respirationstrakts und auch des Gastrointestinaltrakts nachweisbar.
Tina Ganzenmüller, Wolfram Puppe
Kapitel 68. Papillomviren und Polyomaviren
Zusammenfassung
Papillomviren und Polyomaviren sind kleine Doppelstrang-DNA-Viren ohne Lipidhülle. Diese im Tierreich weit verbreiteten, epitheliotropen Viren bilden die Virusfamilien der Papillomaviridae und Polyomaviridae. Die Familie der Papillomviren beinhaltet mehr als 225 humane Papillomviren (HPV). HPV ruft beim Menschen gutartige Tumoren wie Warzen und Kondylome, aber auch bösartige Karzinome des Anogenitalbereichs (z. B. Zervixkarzinom) und das Oropharynxkarzinom hervor. Das Zervixkarzinom ist weltweit die vierthäufigste Krebsart bei Frauen. Die Beteiligung von HPV an der Entstehung von Hautkrebs wird diskutiert. Die Familie der Polyomaviren wächst kontinuierlich. Inzwischen sind 14 humane Polyomaviren bekannt. Humane Polyomaviren spielen klinisch bislang v. a. bei Patienten mit Immundefizienz eine Rolle, während sie bei immunkompetenten Personen v. a. als apathogene Erreger vorkommen und in die Umwelt ausgeschieden werden. Das JC-Polyomavirus ruft die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) hervor, während das BK-Polyomavirus bei Transplantatempfängern eine Nephropathie und hämorrhagische Zystitis verursachen kann. Das 2008 entdeckte Merkel-Zell-Karzinom-Polyomavirus ist mit dem Merkel-Zell-Karzinom, einem aggressiven Hauttumor, assoziiert.
Tina Ganzenmüller, Thomas Iftner
Kapitel 69. Adenoviren
Zusammenfassung
Alle Adenoviren sind unbehüllte DNA-Viren mit ca. 35 kb großem Genom. Die über 100 Typen unterscheiden sich genetisch stark und verursachen je nach Typ akute Erkältungskrankheiten, Pharyngitis, Konjunktivitis, Keratokonjunktivitis, Gastroenteritis, hämorrhagische Zystitis, Pneumonien, selten auch Meningitis und Enzephalitis. Adenoviren interferieren mit dem Angriff des Immunsystems auf infizierte Zellen und persistieren mehrere Jahre asymptomatisch in den Tonsillen („Adenoiden“) und im Lymphgewebe des Darms. Bei Immunsuppression können sie reaktivieren und lebensbedrohlich disseminieren.
Albert Heim
Kapitel 70. Herpesviren
Zusammenfassung
Beim Menschen sind 9 Vertreter aus der Familie der Herpesviren bekannt. Gemeinsam ist ihnen die Fähigkeit, in besonderen Zielzellen in den Zustand einer lebenslangen Latenz zu treten, aus der sie durch unterschiedliche externe und interne Stimuli reaktiviert werden. Auf diese Weise persistieren alle Herpesviren trotz der Anwesenheit neutralisierender Antikörper und zytotoxischer Gedächtniszellen lebenslang. Sowohl Primärinfektionen als auch Reaktivierungen verursachen eine Vielzahl von Symptomen und Krankheiten, einschließlich, im Fall von 2 Mitgliedern dieser Familie, maligne Erkrankungen (als Ergebnis einer latenten Infektion). Die Infektionsfolgen bei Immunsuppression (Transplantation, Krebstherapie, angeborene Immundefekte, AIDS) sind gefürchtet und oft lebensbedrohlich. Bisher gibt es nur gegen das Windpockenvirus Impfstoffe. Akute Infektionen oder Reaktivierungen einiger Herpesviren lassen sich mit antiviralen Medikamenten behandeln.
Beate Sodeik, Martin Messerle, Thomas F. Schulz
Kapitel 71. Virushepatitis
Zusammenfassung
Eine Hepatitis kann durch Viren verschiedener Virusfamilien hervorrufen werden. Am häufigsten geschieht dies durch die primär hepatotropen Hepatitisviren: Hepatitis-A-Virus (HAV), Hepatitis-B-Virus (HBV), Hepatitis-C-Virus (HCV), Hepatitis-Delta-Virus (HDV) und Hepatitis-E-Virus (HEV). HBV, HCV und HDV werden parenteral übertragen und können zu einer chronischen Virushepatitis mit den Spätfolgen Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom führen. HAV und HEV werden fäkal-oral übertragen und sind selbstlimitierend; als Ausnahme kann bei Immunsupprimierten jedoch auch eine chronische Hepatitis E vorkommen. Gelegentlich können zudem Infektionen mit anderen Viren zu einer Hepatitis führen.
Benno Wölk
Kapitel 72. Pockenviren
Zusammenfassung
Die Pocken (Variola major) waren eine der meistgefürchtetsten Infektionserkrankungen des Menschen, die erstmals im 4. Jahrhundert n. Chr. in China verlässlich dokumentiert wurde. Das Variolavirus, der Erreger der oft tödlichen Seuche (Letalität ≥30 %), breitete sich von Asien ausgehend über Afrika, Europa und Nordamerika weltweit aus. Die Schutzimpfung, zuerst beschrieben durch Edward Jenner (1801), ist eine Erfindung der Pockenbekämpfung und basierte auf der Verwendung kreuzimmunisierender Orthopockenviren als Lebendimpfstoff. Nach einer weltweiten WHO-Impfkampagne mit Vacciniavirus konnten die Pocken 1980 als 1. Infektionskrankheit des Menschen ausgerottet werden. Heute spielen noch zoonotische Infektionen mit Pockenviren aus Tierreservoiren (zunehmend Monkeypox in Afrika) sowie das humanspezifische Virus des Molluscum contagiosum eine Rolle in der Infektionsmedizin.
Gerd Sutter
Chapter 73. Prionen
Zusammenfassung
Bei Prionenerkrankungen oder transmissiblen spongiformen Enzephalopathien (TSE) handelt es sich um seltene neurodegenerative Erkrankungen, die in der Regel innerhalb weniger Monate nach Krankheitsbeginn zum Tode führen. Die meisten Prionerkrankungen beim Menschen sind sporadische Fälle, ein kleinerer Teil ist genetisch bedingt (familiär). Als Besonderheit können diese Erkrankungen iatrogen von Mensch zu Mensch übertragen werden. Und wie sich seit den 1990er Jahren gezeigt hat, ist auch eine Übertragung von Prionerkrankungen von Tieren auf Menschen möglich: Es kam v. a. in Großbritannien zu Erkrankungsfällen beim Menschen in Zusammenhang mit dem Genuss von Fleischerzeugnissen von Rindern, die an boviner spongiformer Enzephalopathie (BSE) erkrankt waren. Beim infektiösen Agens handelt es sich um die fehlgefaltete Form (PrPSc) eines physiologischen zellulären Proteins, des sog. Prionproteins (PrPC). PrPSc induziert seine eigene Vermehrung, indem es eine Konformationsänderung des PrPC bewirkt. Die entstehenden Ablagerungen von Aggregaten aus PrPSc sind verantwortlich für den Untergang neuronalen Gewebes.
Corinna Schmitt

Mykologie

Frontmatter
Chapter 74. Allgemeine Mykologie
Zusammenfassung
Pilze sind eine eigenständige Organismengruppe. Mit geschätzt über 1 Mio. Arten gibt es keinen Lebensraum ohne Pilze. Überall, wo Spuren organischer Substanz und Feuchtigkeit vorhanden sind, leben Pilze. Pilze spielen eine wichtige Rolle in der Natur. Sie können sich selbst in extremen Lebensräumen wie Wüsten, Geysiren oder Gletschern vermehren. Häufig hängt das Wachstum von Wäldern essenziell von einer Symbiose zwischen Pflanzenwurzeln und spezialisierten Pilzen (Mykorrhiza) ab. Pilze bilden vielfältigste wertvolle Metaboliten, von denen einige in der Medizin als Medikamente dienen – etwa Penicillin und andere Antibiotika, Immunsuppressiva oder Lipidsenker. Als einzige Organismengruppe vermögen Pilze komplexe organische Materialien wie Holz abzubauen. Neben diesen nützlichen Eigenschaften richten sie großen Schaden an. Pilze zählen zu den wichtigsten Erregern von Pflanzenkrankheiten und sind maßgeblich am Verderben von Lebensmitteln beteiligt. Angesichts dieser zentralen Rolle in der Umwelt stellen Pilzkrankheiten des Menschen nur eine kleine Facette dar. Relativ wenige Arten verursachen Infektionen beim Menschen. Der weit überwiegende Teil der menschlichen Pilzerkrankungen sind oberflächlicher Art: Fuß- und Nagelpilz. Insbesondere die Körpertemperatur von 37 °C und das zelluläre Immunsystem schützen Gesunde effizient vor invasiven Pilzinfektionen. Lebensbedrohliche Erkrankungen treffen v. a. Patienten mit eingeschränkter Immunfunktion.
Grit Walther, Oliver Kurzai
Chapter 75. Candida
Zusammenfassung
Hefepilze der Gattung Candida sind in Europa die häufigsten Erreger invasiver Pilzinfektionen. Noch deutlich häufiger als die invasiven Infektionen sind oberflächliche Candidosen wie der Mundsoor oder die vulvovaginale Candidose. Die beiden wichtigsten pathogenen Arten, Candida albicans und Candida glabrata, sind häufige Kommensalen des Menschen und gehören zur normalen Mikroflora des Darms. Infektionen entstehen in der Regel ausgehend von einer Kolonisierung. Voraussetzung für solche endogenen Infektionen ist eine lokale oder systemische Störung der intestinalen Epithelbarriere und eine reduzierte Immunantwort. Zudem sind viele Candida-Arten in der Lage, effizient Biofilme zu bilden und so Kunststoffoberflächen wie Katheter oder Prothesen zu besiedeln – eine zweite wichtige Eintrittspforte für invasive Infektionen. Candida-Arten zählen zu den wichtigsten Erregern nosokomialer Infektionen. Weil Candida zur Normalflora des Menschen zählen, ist die Unterscheidung zwischen Kolonisierung und Infektion eine der zentralen Herausforderungen in der Diagnostik.
Oliver Kurzai
Chapter 76. Cryptococcus
Zusammenfassung
Hefepilze der Gattung Cryptococcus gehören zu den Basidiomyzeten (Basidiomycota) und weisen daher nur eine geringe Verwandtschaft zu Candida auf. Die beiden wichtigsten humanpathogenen Arten Cryptococcus neoformans und Cryptococcus gattii verfügen mit einer Polysaccharidkapsel sowie der Fähigkeit zur Melaninsynthese über klassische Virulenzfaktoren. C. neoformans ist einer der häufigsten Erreger invasiver Pilzinfektionen weltweit, einige Schätzungen gehen von bis zu 1 Mio. Fällen pro Jahr aus. Der Erreger tritt häufig in Zusammenhang mit HIV auf und ist insbesondere in Afrika und Süd-/Lateinamerika ein wichtiger Erreger von Meningoenzephalitiden bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion. Bis zu 15 % der Patienten mit niedrigen CD4-T-Zell-Zahlen in Afrika zeigen einen positiven Antigentest für Cryptococcus. In Afrika fehlt es häufig an essenziellen Medikamenten, und die Patienten können nur unzureichend behandelt werden. In Deutschland ist die invasive Kryptokokkose selten und tritt meist bei iatrogen immunsupprimierten Patienten (z. B. nach Organtransplantation) auf. Die Art C. gattii kann auch bei immunkompetenten Patienten invasive Infektionen verursachen.
Oliver Kurzai
Chapter 77. Pneumocystis
Zusammenfassung
Pneumocystis jirovecii ist die einzige humanpathogene Spezies aus dem Genus Pneumocystis. Der Erreger wurde ursprünglich als Auslöser von Lungeninfektionen bei Frühgeborenen beschrieben. Im Zusammenhang mit der globalen Ausbreitung von HIV wurde P. jirovecii zu einem wichtigen Erreger pulmonaler Infektionen bei immunkompromittierten Patienten. Die Pneumocystis jirovecii-Pneumonie (PcP) tritt insbesondere bei Patienten mit Defekten der T-zellulären Immunantwort auf und kann rasch zu einer respiratorischen Insuffizienz führen. Da P. jirovecii nicht kulturell anzüchtbar ist, beruht die Diagnose auf dem mikroskopischen oder molekularbiologischen Nachweis. Serologisch führt die PcP zu erhöhten BDG-Spiegeln. P. jirovecii ist einer der wenigen Erreger invasiver Pilzinfektionen, der effizient von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.
Karl Dichtl, Oliver Kurzai
Kapitel 78. Aspergillus
Zusammenfassung
Schimmelpilze der Gattung Aspergillus kommen ubiquitär in unserer Umwelt vor. Die Verbreitung erfolgt über luftgetragene Konidien, die überall in von Menschen bewohnten Gebieten in der Luft zu finden sind. Vermutlich atmet jeder Mensch täglich mehrere Hundert Aspergillus-Sporen ein. Die Bandbreite der assoziierten Krankheitsbilder ist enorm und reicht von allergischen Reaktionen auf Pilzbestandteile (allergische bronchopulmonale Aspergillose, exogene allergische Alveolitis) über die nichtinvasive Kolonisierung von Hohlräumen mit Luftanschluss (Nasennebenhöhlen, Lungenkavernen; z. B. Aspergillom) bis hin zu invasiven und häufig tödlichen Infektionen (invasive Aspergillose). Die invasiven Infektionen treten v. a. bei schwer immunsupprimierten Patienten, z. B. mit hämatoonkologischen Grunderkrankungen oder nach Lungentransplantationen, auf. In den letzten Jahren wurden neue Risikokollektive identifiziert, darunter Patienten, die wegen einer schwer verlaufenden Influenza intensivmedizinisch behandelt werden, oder solche mit ausgeprägter chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Besorgniserregend ist das seit den 1980er Jahren beobachtete Auftreten von Resistenzen gegen Azolantimykotika bei der wichtigsten humanpathogenen Art Aspergillus fumigatus.
Johannes Wagener, Oliver Kurzai
Kapitel 79. Mucorales
Zusammenfassung
Die Ordnung Mucorales enthält zahlreiche humanpathogene Pilze, die sich genetisch und in ihrem sexuellen Fortpflanzungsmechanismus stark von anderen Schimmelpilzen (Asco-, Basidiomyzeten) unterscheiden. Allen Mucorales ist gemein, dass sie rasch wachsen und dabei typische, nicht oder wenig septierte Hyphen bilden. Charakteristisch ist die Ausbildung von Zygosporen, dickwandigen, pigmentierten Zygoten (befruchteten Keimzellen bei der sexuellen Vermehrung), die durch Verschmelzung von 2 Hyphenenden und anschließende Fusion der Zellkerne entstehen. Die Zygosporenbildung als zentrales Kriterium der taxonomischen Eingruppierung wird im klinisch-mykologischen Labor nie beobachtet, sie lässt sich nur unter besonderen Kulturbedingungen induzieren. Namen wie „Zygomyzeten“ für diese Pilzgruppe oder „Zygomykose“ für die assoziierten Krankheitsbilder sind medizinisch obsolet. Taxonomisch korrekt sind die Begriffe „Mucorales“ und „Mukormykose“. Mucorales kommen ubiquitär in der Umwelt vor – insbesondere in feuchtem, verrottendem Material. Sie werden oft auf verdorbenen Lebensmitteln („Schimmel“) gefunden. Einige Arten werden in Asien bei der Lebensmittelfermentation eingesetzt. Humanmedizinisch am bedeutsamsten sind die Gattungen Rhizopus, Lichtheimia und Mucor. Voraussetzung für die Invasivität ist eine ausreichende Thermotoleranz, die ein Wachstum bei 37 °C ermöglicht.
Grit Walther, Oliver Kurzai
Kapitel 80. Fusarium
Zusammenfassung
Die Gattung Fusarium bildet eine artenreiche Gruppe pflanzenassoziierter Schimmelpilze. Charakteristisch für Kulturen der Gattung sind rote Farbstoffe und bananenförmige, mehrzellige Konidien, die oft neben kleinen, einzelligen Konidien gebildet werden. Die von ihnen produzierten Mykotoxine sind für die Lebensmittelsicherheit von großer Bedeutung. Die wichtigste von Fusarium spp. hervorgerufene Erkrankung ist die Keratitis, die in tropischen und subtropischen Ländern v. a. durch Verletzungen mit pflanzlichem Material, in gemäßigten Breiten dagegen durch unsachgemäßes Tragen von Kontaktlinsen verursacht wird. Bei Patienten mit stark eingeschränkter zellulärer Immunantwort kommt es selten zu systemischen Infektionen, die hämatogen disseminieren und zu sekundären Hautläsionen führen können. Der Nachweis erfolgt in der Regel kulturell oder im Falle der Keratitis über In-vivo-Konfokalmikroskopie. Die wirksamsten Antimykotika sind Amphotericin B, Voriconazol und Natamycin (nur bei Keratitis).
Grit Walther, Oliver Kurzai
Chapter 81. Weitere pathogene Pilze
Zusammenfassung
Neben den in den vorangegangenen Kapiteln behandelten Arten werden zahlreiche und diverse andere Pilze in seltenen Fällen als Erreger von Infektionen des Menschen isoliert. Morphologisch lassen sich dabei im Routinelabor Hefepilze von Schimmelpilzen unterscheiden. Bei den Schimmelpilzen unterscheidet man solche mit nichtpigmentierten Hyphen (Hyalohyphomyzeten) von solchen mit pigmentierten Hyphen (Phäohyphomyzeten). Die genaue Bestimmung sehr seltener Arten ist oft nur in Referenzlabors zuverlässig möglich. Gerade bei schweren Krankheitsbildern und Patienten mit extrem eingeschränkter Immunantwort ist auch die Therapieentscheidung schwierig, da für die seltenen Arten oft wenig zu Resistenz oder gar klinischem Therapieansprechen bekannt ist. Historisch werden auch Infektionen durch mikroskopisch hefeähnliche Algen im mykologischen Labor diagnostiziert. Beschreibungen sehr seltener Arten sind der einschlägigen Fachliteratur vorbehalten. An dieser Stelle beschränkt sich die Darstellung auf Pilze, die regelmäßig im klinisch-mykologischen Labor nachgewiesen werden.
Oliver Kurzai
Chapter 82. Dermatophyten
Zusammenfassung
Dermatophyten verursachen Pilzinfektionen der Haut, Haare und Nägel, die zu den häufigsten Infektionen des Menschen zählen. Sie können – wie im unten geschilderten Fall – auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Die Behandlung dieser Infektionen erfolgt in der Regel topisch, in einigen Fällen ist eine systemische Behandlung erforderlich. Der mit Abstand wichtigste Erreger in Deutschland ist Trichophyton rubrum.
Annette Kolb-Mäurer, Oliver Kurzai
Chapter 83. Erreger außereuropäischer Systemmykosen
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden wichtige Erreger außereuropäischer Systemmykosen zusammenfassend dargestellt. Charakteristisch für diese Infektionen ist, dass a) sie regelmäßig auch bei immunkompetenten Patienten auftreten (mit Ausnahme von Talaromyces marneffei), b) sie v. a. außerhalb Europas vorkommen und c) die Erreger in Abhängigkeit von der Temperatur in unterschiedlichen Formen (z. B. Schimmelpilzform bei 25 °C, Hefepilzform bei 37 °C) wachsen – man spricht von temperaturabhängigem Dimorphismus.
Oliver Kurzai

Parasitologie

Frontmatter
Chapter 84. Allgemeine Parasitologie
Zusammenfassung
„Unter Parasiten verstehen wir solche Lebewesen, die zeitweise oder ständig ganz oder zum Teil auf Kosten eines anderen, in der Regel größeren Organismus, des sog. Wirtes leben, von ihm Nahrung, unter Umständen auch Wohnung oder ähnlichen Nutzen gewinnen und ihn bei geringer Anzahl nicht töten.“ (Gerhard Piekarski).
Ralf Ignatius, Gerd-Dieter Burchard
Kapitel 85. Protozoen
Zusammenfassung
Parasitäre Protozoen leben in Abhängigkeit von ihrem Wirt. Sie gehören zu den einfachsten Organismen. Protozoen sind einzellige Eukaryonten, von einer Membran umschlossen und besitzen meist einen, selten mehrere Zellkerne. Sie vermehren sich im Wirtsorganismus entweder asexuell oder sexuell. Einige Parasiten, wie z. B. Plasmodien, machen sowohl asexuelle als auch sexuelle Vermehrungszyklen durch. Beim Menschen werden Infektionen durch intestinale (z. B. Amöben, Lamblien), Blut- (z. B. Plasmodien, Trypanosomen) und Gewebeprotozoen (z. B. Toxoplasmen, Leishmanien) unterschieden. Infektionen durch Protozoen verursachen beim Menschen enorme Morbidität und Mortalität.
Ralf Ignatius, Gerd-Dieter Burchard
Chapter 86. Trematoden
Zusammenfassung
Trematoden (Saugwürmer, Egel) gehören mit den Zestoden zu den Plathelminthes (Plattwürmer), im Gegensatz zu den Zestoden sind sie ungegliedert. Sie besitzen einen Mund- und einen Bauchsaugnapf (gr.: „trema“, Öffnung, Loch, Foramen), die als Haftorgane dienen, sowie einen blind endenden, meist 2-schenkligen Darmkanal. Die meisten Spezies sind Zwitter, Schistosomen sind jedoch getrenntgeschlechtlich. Trematoden benötigen für ihre Entwicklung obligate Zwischenwirte (Schnecken, bei einigen Gattungen anschließend Arthropoden oder Fische) und können somit nicht direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Die humanpathogenen Trematoden sind einige Millimeter bis wenige Zentimeter lang. Schistosoma ist die medizinisch bedeutsamste Gattung. Die adulten Erreger sind in den Venen lokalisiert, die Erkrankung resultiert aus Entzündungsreaktionen um die ausgeschiedenen Eier. Zahlreiche andere Egelarten können den Menschen infizieren, hier ergibt sich die Pathologie meist durch die adulten Erreger. Die wichtigsten werden entsprechend ihrer Hauptlokalisation im Körper aufgelistet. Gallengänge/Leber: Fasciola hepatica (Großer Leberegel), F. gigantica (Riesenleberegel), Dicrocoelium dendriticum (Kleiner Leberegel), Opisthorchis felineus und O. viverrini (Katzenleberegel), Clonorchis sinensis (Chinesischer Leberegel); Lunge: Paragonimus spp. (Lungenegel); Darm: Fasciolopsis buski (Großer Darmegel).
Ralf Ignatius, Gerd-Dieter Burchard
Chapter 87. Zestoden
Zusammenfassung
Zestoden (Bandwürmer) bestehen aus Kopf (Skolex) und Gliedern (Proglottiden) und gehören zusammen mit den Trematoden zu den Plattwürmern (Plathelminthes). Der Kopf ist mit Saugnäpfen behaftet, daran schließt sich eine ungegliederte Wachstumszone an, die von der Kette von Proglottiden gefolgt ist. Da den Würmern ein Verdauungstrakt fehlt, wird Nahrung durch direkte Diffusion aufgenommen. Zestoden sind Zwitter. Adulte Würmer werden je nach Spezies bis zu 10 m lang. Die häufigsten Bandwürmer des Menschen sind Taenia saginata („taenia“: Band), T. solium, Diphyllobothrium latum und Hymenolepis nana. Wenn der Mensch sich mit den Larven dieser Spezies infiziert, ist er Endwirt. Die adulten Erreger parasitieren im Dünndarm des Menschen und verursachen dort selten gastrointestinale Symptome. Bei T. solium und H. nana kann der Mensch auch Träger von Larven in unterschiedlichen Organen, also Fehlwirt, sein. Die Erkrankung durch die Absiedlung von Larven des Schweinebandwurmes, v. a. auch im Gehirn, bezeichnet man als Zystizerkose bzw. Neurozystizerkose. Die Aufnahme erfolgt dann über Eier im Stuhl von Bandwurmträgern (exogene Autoinfektion) oder im Darmtrakt selbst als endogene Autoinfektion aus graviden Proglottiden. Symptome sind durch die Größenausbreitung der Larven verursacht. Hunde (Echinococcus granulosus) oder Füchse (E. multilocularis) sind die Endwirte für Echinokokken, der Mensch infiziert sich durch orale Aufnahme der Eier. Die Larven siedeln sich in verschiedenen Organen, meist der Leber, ab und verursachen die zystische (E. granulosus) oder alveoläre Echinokokkose (E. multilocularis).
Ralf Ignatius, Gerd-Dieter Burchard
Chapter 88. Nematoden
Zusammenfassung
Nematoden bilden die Klasse der Fadenwürmer (gr.: „nema“, Faden) und gehören zu den häufigsten Infektionserregern weltweit. Sie sind nicht segmentiert und besitzen einen Verdauungstrakt. Sie sind getrenntgeschlechtlich, die Weibchen produzieren Larven oder Eier, aus denen Larven schlüpfen. Die humanpathogenen Nematoden sind zwischen wenigen Millimetern und ca. 80 cm lang. Bei intestinalen Nematodeninfektionen finden sich die adulten Würmer im Darmlumen des Menschen, Filariosen sind Infektionen mit gewebebewohnenden Nematoden. Häufig werden Erkrankungen aber auch durch Nematodenlarven hervorgerufen, bei denen der Mensch als Fehl- oder Zufallswirt betroffen ist. Der Mensch infiziert sich mit einigen Nematoden (Enterobius, Ascaris, Trichuris) durch die Aufnahme von Eiern. Bei anderen Gattungen (Ancylostoma, Necator, Strongyloides) durchdringen Larven aktiv die Haut oder werden mit im Wasser lebenden Flöhen aufgenommen (Dracunculus) bzw. durch Insekten übertragen (Filarien).
Ralf Ignatius, Gerd-Dieter Burchard
Kapitel 89. Ektoparasiten
Zusammenfassung
Ektoparasiten, also äußerlich im Bereich der Haut und Schleimhäute den Menschen befallende Parasiten, lassen sich in Infektionserreger übertragende Parasiten (sog. Vektoren) sowie Parasiten, deren Befall Krankheiten auslöst, einteilen. Zu letzteren kann man neben Läusen, Milben, Sandflöhen und Fliegenlarven auch verschiedene blutsaugende Wasser- und Landegel der Familie Hirudinidae zählen, die hier nicht besprochen werden.
Ralf Ignatius, Gerd-Dieter Burchard

Antimikrobielle und antivirale Therapie

Frontmatter
Kapitel 90. Allgemeines
Zusammenfassung
Antimikrobielle Therapie ist eine Heilmethode zur Behandlung von Infektionskrankheiten. Die Erreger werden im Wirtsorganismus abgetötet oder an der Vermehrung gehindert, ohne die Zellen des Wirtes zu schädigen (Prinzip der selektiven Toxizität). Das Kapitel enthält eine erregerspezifische Einteilung der Substanzen und umreißt einige historische Meilensteine der Entwicklung von Chemotherapeutika.
Manfred P. Dierich, Manfred Fille
Kapitel 91. Antibakterielle Wirkung
Zusammenfassung
Antibakteriell wirkende Substanzen hemmen die Vermehrung von Bakterien reversibel (bakteriostatisch) oder irreversibel (bakterizid). Unterschieden wird weiterhin der Angriffspunkt der Wirkstoffe am Bakterium.
Manfred Fille, Stefan Ziesing
Kapitel 92. Resistenz
Zusammenfassung
Ein Bakterienstamm ist resistent gegen ein Antibiotikum, wenn seine minimale Hemmkonzentration so hoch ist, dass auch bei Verwendung der zugelassenen Höchstdosierung ein therapeutischer Erfolg nicht zu erwarten ist.
Stefan Ziesing, Manfred Fille
Kapitel 93. Pharmakokinetik
Zusammenfassung
Die Pharmakokinetik beschreibt die zeitabhängige Veränderung der Konzentration einer Substanz in einem lebenden Organismus.
Stefan Ziesing, Manfred Fille
Kapitel 94. Applikation und Dosierung
Zusammenfassung
Antimikrobielle Substanzen können oral, parenteral oder lokal auf der Haut/Schleimhaut verabreicht werden. Die Dosierung des Antibiotikums ist abhängig von patienteneigenen Parametern wir Alter, Gewicht etc., von der Schwere der Infektionskrankheit, von der Lokalisation der Infektion, z. B. im Liquorraum bei Meningitis, sowie von den pharmakokinetischen und -dynamischen Eigenschaften des Antibiotikums.
Marlies Höck, Manfred Fille
Kapitel 95. Nebenwirkungen
Zusammenfassung
Wie alle anderen Pharmaka können auch Antiinfektiva unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Im engeren Sinne sind dies toxische, allergische und biologische Nebenwirkungen. Darüber hinaus sind Interaktionen mit anderen Medikationen zu beachten.
Stefan Ziesing, Manfred Fille, Manfred P. Dierich
Kapitel 96. Auswahl antimikrobieller Substanzen (Indikation)
Zusammenfassung
Ausgangspunkt für die Indikation einer antimikrobiellen Therapie ist der Patient, nicht ein (mikrobiologischer) Laborbefund.
Manfred Fille, Stefan Ziesing
Kapitel 97. β-Laktam-Antibiotika I: Penicilline
Zusammenfassung
Penicillin G war das erste therapeutisch angewandte Penicillin. Es ist säureempfindlich und muss daher parenteral verabreicht werden. Penicillin V ist säurefest und daher oral applizierbar, besitzt aber eine geringere Aktivität als Penicillin G.
Manfred Fille, Manfred P. Dierich
Kapitel 98. β-Laktam-Antibiotika II: Cephalosporine
Zusammenfassung
Cephalosporine sind bizyklische β-Laktam-Antibiotika mit 7-Amino-Cephalosporansäure als Grundgerüst. Wie Penicilline wirken sie bakterizid. Cephalosporine weisen charakteristische, gemeinsame Lücken im Wirkungsspektrum auf: Primär resistent sind Enterokokken, Listerien, Campylobacter, Legionellen, C. difficile, Mykobakterien, Mykoplasmen und Chlamydien. Einzelne Substanzen wirken auch gegen Anaerobier. Die Einteilung erfolgt nach Gruppen: Höhere Gruppen haben eine bessere Aktivität gegen gramnegative Stäbchenbakterien, gegen grampositive Bakterien ist diese z. T. geringer (Gruppe 3a, Ceftriaxon). Cephalosporine der Gruppe 3b wirken auch bei P. aeruginosa, solche der Gruppe 4 (Cefepim) haben zusätzlich eine starke Wirksamkeit im grampositiven Bereich. Sog. MRSA-Cephalosporine wie Ceftobiprol und Ceftarolin wirken auch gegen penicillinresistente Pneumokokken. Der massive klinische Einsatz der Cephalosporine hat wesentlich zur Selektion multiresistenter, ESBL-bildender („extended-spectrum β-lactamase“) Enterobakterien und Enterococcus faecium-Stämme beigetragen.
Manfred Fille, Manfred P. Dierich
Kapitel 99. Kombinationen mit β-Laktamase-Inhibitoren
Zusammenfassung
β-Laktamase-Inhibitoren hemmen als Strukturanaloga der β-Laktam-Antibiotika β-Laktamasen, ohne ausreichende eigene antibakterielle Wirksamkeit zu besitzen (Ausnahme: Sulbactam bei Acinetobacter spp.). Sie werden mit β-Laktam-Antibiotika kombiniert.
Manfred Fille, Stefan Ziesing
Kapitel 100. β-Laktam-Antibiotika III: Carbapeneme
Zusammenfassung
Carbapeneme gehören zu den β-Laktam-Antibiotika mit sehr breitem Spektrum gegen fast alle aerob und anaerob wachsenden grampositiven und -negativen Bakterien. Alle Carbapeneme wirken bakterizid und werden nicht durch ESBL- oder AmpC-bildende Enterobakterien hydrolysiert, sondern nur durch die seltener vorkommenden Carbapenemasen, die von gramnegativen Bakterien gebildet werden können.
Marlies Höck
Kapitel 101. Glykopeptidantibiotika
Zusammenfassung
Zu den Glykopeptidantibiotika gehören Vancomycin und Teicoplanin, die bakterizid gegen fast alle aerob und einige anaerob wachsende grampositive Bakterien, nicht aber gegen gramnegative Bakterien wirken. Als Reserveantibiotika können sie intravenös appliziert zur Behandlung schwerer Infektionen durch oxacillinresistente Staphylokokken und ampicillinresistente Enterokokken sowie oral verabreicht bei Enterokolitis durch toxinbildende C. difficile-Stämme eingesetzt werden.
Marlies Höck
Kapitel 102. Aminoglykoside
Zusammenfassung
Zu den Aminoglykosiden mit systemischer Applikation gehören Gentamicin, Tobramycin, Amikacin und Streptomycin, für die topische Anwendung kommen Neomycin und Kanamycin infrage. Sie wirken bakterizid in der Vermehrungs- und der Ruhephase der Bakterien. Aminoglykoside wirken vorwiegend gegen aerob wachsende gramnegative Bakterien und werden auch bei schweren Infektionen mit aerob wachsenden grampositiven Erregern durch den synergistischen Effekt in Kombination mit β-Laktam-Antibiotika eingesetzt.
Marlies Höck, Manfred Fille
Kapitel 103. Tetracycline (Doxycyclin) und Glycylcycline
Zusammenfassung
Tetracycline (Doxycyclin) und Glycylcycline (Tigecyclin) wirken bakteriostatisch durch Hemmung der Proteinsynthese. Doxycyclin kommt v. a. bei Infektionen durch intrazelluläre Erreger zum Einsatz, Tigecyclin eher bei Infektionen mit multiresistenten Erregern wie MRSA, VRE und Enterobakterien mit erweiterter β-Laktamasen-Bildung. Zusätzlich wirken alle Tetracycline antiinflammatorisch und immunsuppressiv.
Marlies Höck, Stefan Ziesing
Kapitel 104. Lincosamide (Clindamycin)
Zusammenfassung
Clindamycin ist ein Lincosamidantibiotikum. Es wirkt bakteriostatisch auf grampositive aerobe und obligat anaerob wachsende Bakterien.
Manfred Fille, Stefan Ziesing
Kapitel 105. Makrolide
Zusammenfassung
Makrolide sind zyklisch aufgebaute Antibiotika mit einem Laktonring. Aufgrund der Derivate des Laktonrings oder einer Ketogruppe werden Makrolide unterteilt in Azalide, zu denen Erythromycin und Azithromycin gehören, und Ketolide mit Clarithromycin. Alle Makrolide haben eine gute extra- und intrazelluläre Wirksamkeit v. a. auf aerob und anaerob wachsende grampositive und intrazelluläre Bakterien und auf Spirochäten. Die Wirkung ist bakteriostatisch. Die Penetration ins Gewebe, v. a. Lungengewebe, sowie in Zellen wie Makrophagen und Granulozyten ist sehr gut. Klinische Indikationen sind Infektionen des oberen und tiefen Respirationstrakts, A-Streptokokken-Infektionen, Pertussis, Haut- und Weichgewebeinfektionen sowie Infektionen durch Spirochäten. Zusätzlich wird eine modulierende Wirkung auf das Immunsystem, v. a. bei ambulant erworbener Pneumonie, beobachtet, sodass Makrolide als Kombinationspartner bei der ambulant erworbenen Pneumonie für die Dauer von 3 Tagen therapeutisch verabreicht werden.
Marlies Höck
Kapitel 106. Antimikrobielle Folsäureantagonisten
Zusammenfassung
Sulfonamide haben infolge der Resistenzentwicklung und des Einsatzes wirksamerer und nebenwirkungsärmerer Substanzen heute an Bedeutung verloren. Sie werden heute v. a. in Kombination mit Trimethoprim (Cotrimoxazol) eingesetzt, z. B. bei unkomplizierten Harnweginfekten, Pneumocystis-Pneumonie und Toxoplasmose.
Manfred Fille
Kapitel 107. Fluorchinolone
Zusammenfassung
Fluorchinolone werden in 4 Gruppen eingeteilt: 1) orale Fluorchinolone mit der Indikation Harnweginfektion (Norfloxacin); 2) systemisch anwendbare Fluorchinolone mit breiter Indikation wie Ciprofloxacin, Ofloxacin; 3) Fluorchinolone mit verbesserter Aktivität gegen grampositive und atypische Erreger (Levofloxacin); 4) Fluorchinolone mit verbesserter Aktivität gegen grampositive, atypische sowie anaerobe Bakterien (Moxifloxacin).
Manfred Fille
Kapitel 108. Antimykobakterielle Therapeutika
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden der Wirkungsmechanismus, die Pharmakokinetik, Indikationen, Kontraindikationen sowie Nebenwirkungen der 4 Standardmedikamente Isonikotinsäurehydrazid (INH), Rifampicin (RMP), Ethambutol (EMB) und Pyrazinamid (PZA) zur Therapie der Tuberkulose beschrieben.
Franz-Christoph Bange, Manfred Fille
Kapitel 109. Weitere antibakterielle Substanzen
Zusammenfassung
Als weitere antibakterielle Substanzen werden in diesem Kapitel Metronidazol, Fosfomycin, Fusidinsäure, Polymyxine (Colistin oder „Polymyxin E“, Polymyxin B), Muporicin, Oxazolidinone, Daptomycin und Chloramphenicol vorgestellt.
Marlies Höck, Manfred Fille
Kapitel 110. Antimykotika
Zusammenfassung
Je nach Indikation einer antimykotischen Therapie unterscheidet man zwischen Prophylaxe, empirischer Therapie und gezielter Therapie bei gesicherter Diagnose. Eine antimykotische Prophylaxe wird v. a. für Patienten mit stark erhöhtem Risiko für invasive Pilzinfektionen empfohlen. Dazu zählen z. B. Patienten mit akuter myeloischer Leukämie oder Patienten nach allogener Stammzelltransplantation. Bei einer empirischen Therapie werden klinisch vermutete Pilzinfektionen behandelt, für die es keinen mikrobiologischen Nachweis gibt. Eine häufige Konstellation ist dabei das antibiotikarefraktäre Fieber von Patienten mit einer Neutropenie. Zielgerichtet ist eine antimykotische Therapie, die sich auf eine gesicherte Diagnose stützt. Für die Behandlung invasiver Mykosen stehen vorwiegend 3 Substanzklassen zur Verfügung: Polyene, Azole und Echinocandine.
Oliver Kurzai, Oliver A. Cornely
Kapitel 111. Antivirale Chemotherapie
Zusammenfassung
Ausgehend von einem besseren Verständnis der molekularen Details der Virusvermehrung im Innern der Zelle hat die Entwicklung antiviral wirkender Medikamente in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und die Behandlungsmöglichkeiten z. B. der HIV-Erkrankung, der viralen Hepatitis und der durch das Zytomegalievirus verursachten Erkrankungen revolutioniert. Heute stehen ca. 50 antiviral wirkende Substanzen zur Verfügung, die bereits für die Therapie zugelassen sind oder in den nächsten Jahren zugelassen werden dürften. Die meisten antiviral wirkenden Medikamente greifen für die Vermehrung eines Virus essenzielle virale, seltener auch zelluläre Proteine an. Trotz aller Erfolge verursachen manche Virostatika signifikante Nebenwirkungen. Die Entwicklung von Resistenzen stellt ein wichtiges Problem der antiviralen Therapie dar.
Thomas F. Schulz
Kapitel 112. Antiparasitäre Substanzen
Zusammenfassung
Die Vielzahl an Einzelsubstanzen, die bei einzelnen Parasitosen eingesetzt werden, erfordert eine Gliederung, die sich hauptsächlich an den Indikationen und weniger an der chemischen Struktur orientiert.
Manfred Fille, Gerd-Dieter Burchard

Krankheitsbilder

Frontmatter
Kapitel 113. Fieber – Pathophysiologie und Differenzialdiagnose
Zusammenfassung
Fieber ist eine Erhöhung der Körperkerntemperatur infolge einer Änderung des Temperatursollwerts im hypothalamischen Wärmeregulationszentrum. Es ist ein häufiges Begleitsymptom von Infektionen und spielt deshalb in der Infektiologie eine wichtige Rolle. Bei gesunden Menschen variiert die Körpertemperatur zwischen 36,0 und 38,0 °C. Im zirkadianen Rhythmus wird das Temperaturmaximum nachmittags erreicht. Fieber wird meist definiert als Kerntemperatur über 38,3 °C (z. B. von der Infectious Diseases Society of America). Tympanische (Infrarot-) oder sublinguale Messungen zeigen um 0,2–0,5 °C niedrigere Werte.
Gerd-Dieter Burchard
Kapitel 114. Sepsis – schwere Sepsis – septischer Schock
Zusammenfassung
Sepsis ist eine Infektion mit komplexer systemischer Entzündungsreaktion. Sie kann bei unterschiedlichen Infektionserregern und -herden entstehen. Heute sind die Begriffe „schwere Sepsis“ und „septischer Schock“ wichtig. Dabei handelt es sich um fortgeschrittene Krankheitsstadien, bei denen es im Rahmen der generalisierten Entzündungsreaktion zu Zeichen der Organdysfunktion kommt und ein Kreislaufversagen (septischer Schock) entsteht, was eine umgehende, meist intensivmedizinische Behandlung erfordert. Schwere Sepsis und septischer Schock verlangen eine rasche antibiotische Infektionstherapie, eine chirurgische Sanierung von Infektionsherden sowie eine intensive supportive Therapie. Nach der neuesten Sepsisdefinition wird nur noch Sepsis von septischem Schock unterschieden, und zur Sepsisfrüherkennung wird der sog. SOFA-Score empfohlen.
Winfried V. Kern
Kapitel 115. Infektionen des Herzens und der Gefäße
Zusammenfassung
Die Entzündungen des Herzens werden in eine Endokarditis, Myokarditis und Peri(myo)karditis eingeteilt. Unter einer Endokarditis versteht man eine akute oder subakute bzw. chronische Entzündung des Endokards (meist) der Herzklappen. Neue bildgebende Verfahren und neue Antiinfektiva haben Diagnostik und Behandlung in den letzten 10 Jahren erleichtert, ohne jedoch die hohe Mortalität wesentlich zu senken. Wie bei der Sepsis ist die Zeit der bestimmende Faktor in der Behandlung. Bei der Myokarditis handelt es sich um eine akute oder chronische Inflammationsreaktion des Myokards (sog. inflammatorische Kardiomyopathie) diverser Genese, die in unterschiedlichem Umfang Kardiomyozyten, interstitielles und perivaskuläres Bindegewebe sowie koronare Arteriolen, Kapillaren und in einigen Fällen sogar die epikardialen Koronararterien einbezieht. Bei der Perikarditis handelt es sich um eine Entzündung des Epi- und des Perikards, die als isolierte Perikarditis oder in Kombination mit einer Myokarditis (15–30 %), als sog. Perimyokarditis, auftreten kann. Entsprechend dem klinischen Verlauf wird sie in eine akute, chronische (>3 Monate anhaltende Perikarditis), chronisch-persistierende Perikarditis und eine Pericarditis constrictiva eingeteilt. Meist manifestiert sie sich primär als akute Verlaufsform, in 20 % ist ein Übergang in eine chronische Erkrankung mit rezidivierenden Schüben möglich. Bei den Entzündungen der Gefäße werden Phlebitiden (Entzündungen der Venen) und Arteriitiden (Entzündungen der Arterien) unterschieden. Während es sich bei den Arteriitiden oft um immunologische bzw. rheumatische Pathologien handelt, sind die Phlebitiden dagegen meist bakteriell bedingt.
Guido Michels, Stephan Baldus
Kapitel 116. Infektionen des ZNS
Zusammenfassung
Viren, Bakterien, Protozoen, Helminthen und Pilze können, sofern es ihnen gelingt, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, das zentrale und gelegentlich das periphere Nervensystem involvieren; Meningitis, Enzephalitis, Hirnabszess, Meningovaskulitis oder granulomatöse Prozesse sind potenzielle Folgen.
Erich Schmutzhard
Kapitel 117. Augeninfektionen
Zusammenfassung
Infektionen der Augen umfassen entzündliche Prozesse der Augenlider, der Augenhöhle und des Augapfels selbst. Es sind häufige Erkrankungen, mit denen sowohl Augenärzte als auch Allgemeinmediziner und Kinderärzte konfrontiert werden. Kenntnisse über die typischen klinischen Symptome sowie das infrage kommende Keimspektrum der Infektionen sind für eine erfolgreiche antiinfektiöse Therapie entscheidend.
Birthe Stemplewitz, Gisbert Richard
Kapitel 118. Infektionen des oberen Respirationstrakts
Zusammenfassung
Infektionen des oberen Respirationstrakts, zu denen grippaler Infekt, Sinusitis, Pharyngitis und Tonsillitis, Otitis media und Epiglottitis zählen, sind sehr häufig (in ca. 90 %) viral bedingt. Eine bakterielle Superinfektion kann im weiteren Verlauf zu einer Verschlechterung der Symptomatik führen.
Vincent van Laak
Kapitel 119. Pleuropulmonale Infektionen
Zusammenfassung
Pneumonien stellen noch immer die am häufigsten zum Tod führenden Infektionskrankheiten weltweit dar. Eine am Risiko des Patienten und an der lokalen Erreger- und Resistenzsituation orientierte, frühzeitig initiierte, hochdosierte Antibiotikatherapie verbessert die Prognose der Patienten signifikant. Man unterscheidet bei den pleuropulmonalen Infektionen die akute und chronische Bronchitis, die ambulant erworbene Pneumonie (CAP), die nosokomiale Pneumonie (HAP/VAP) und die Pleuritis.
Tobias Welte
Kapitel 120. Harnweginfektionen
Zusammenfassung
Die meisten jungen Frauen kennen sie von sich selbst oder zumindest von einer guten Freundin: die akute Blasenentzündung (Zystitis). Zu dieser Harnweginfektion (HWI) im engeren Sinne wird auch noch die akute Nierenbecken-/Nierenentzündung (Pyelonephritis) gezählt. Auf Intensivstationen und bei älteren Menschen sind Harnweginfektionen häufige und oft lebensbedrohliche Erkrankungen. Multiple Mechanismen halten den Urin, der einen reichhaltigen Nährboden für Bakterien und Pilze darstellt, steril und müssen für die Entstehung einer Harnweginfektion gestört sein. Eine rationale Diagnostik und Therapie orientiert sich an diesen Mechanismen. Infektionen der Urethra, der Prostata oder der anderen inneren Geschlechtsorgane können ähnliche Symptome verursachen, unterscheiden sich jedoch bezüglich Pathogenese und Erregerspektrum sowie diagnostischem und therapeutischem Vorgehen.
Gero von Gersdorff
Kapitel 121. Genitoanale und sexuell übertragbare Infektionen (STI)
Zusammenfassung
„Sexually transmitted infections“ (STI) sind überwiegend oder ausschließlich sexuell übertragene Krankheiten. Die Genitoanalregion bietet diversen Erregern besondere Lebensräume. Wichtige Pathogenitätsfaktoren sind Feuchtigkeit, Wärme und Okklusion. Beim Geschlechtsverkehr können selbst empfindliche, gewebeständige Keime wie T. pallidum übertragen werden. Harnröhre und Analkanal beider Geschlechter sowie Vagina, Uterus und Eileiter der Frau ermöglichen eine direkte Erregerausbreitung. Gonokokken und Chlamydien können über aufsteigende Infektionen zu regionalen und systemischen Komplikationen (z. B. disseminierten Gonokokkeninfektionen) führen. Extragenitale STI können sich durch direkte Infektion empfindlicher Schleimhäute in der Mundhöhle, aber auch an den Augen manifestieren. Da v. a. die pharyngealen Infektionen häufig asymptomatisch sind, bleiben sie oft lange unentdeckt und sind dadurch epidemiologisch relevante Infektionsquellen. Auch die sexuell übertragbaren Allgemeininfektionen Syphilis, HIV-Erkrankung und Hepatitis A–C gehen meist von der Genitoanalregion aus. Neben der somatischen Seite besitzen sie wichtige psychosoziale Komponenten („Tabuzone“, Partnerkonflikte, soziale Verurteilung).
Helmut Schöfer
Kapitel 122. Infektionen der Knochen und Gelenke
Zusammenfassung
Eine Osteomyelitis umfasst alle durch Infektionen ausgelösten entzündlichen Prozesse im Knochen, die Elemente des Knochengewebes zerstören können. Da vielfach nicht nur Osteomyelon (Knochenmark), sondern auch Periost, Spongiosa und Kortikalis des Knochens betroffen sind, sind Begriffe wie Ostitis oder Osteotitis für Knocheninfektionen zutreffender, haben sich bisher jedoch nicht durchgesetzt. Osteomyelitiden können Ursache und Folge unterschiedlichster Infektionen sein und sind auch hinsichtlich der klinischen Präsentation und der notwendigen Behandlungen eine sehr heterogene Gruppe von Knochenerkrankungen.
Christoph Stephan
Kapitel 123. Haut- und Weichgewebeinfektionen
Zusammenfassung
Haut- und Weichteilinfektionen entstehen selten spontan bei Prädisposition (z. B. Erysipel im Bereich von Narben) oder direkt nach Intervention (z. B. postoperative Abszesse) und sind die Domäne der grampositiven Bakterien. Die Therapie erfolgt bei tiefer Wundinfektion nach Möglichkeit gezielt und systemisch sowie ggf. begleitend zur chirurgischen Herdsanierung. Für die kalkulierte antiinfektive Therapie fließt die Ätiopathogenese in die Auswahl der einzusetzenden Antiinfektiva mit ein, z. B. ob nosokomial oder ambulant erworben.
Christoph Stephan
Kapitel 124. Gastroenteritiden und Peritonitis
Zusammenfassung
Gastroenteritiden und Enterokolitiden sind Erkrankungen der Schleimhäute des Magen-Darm-Trakts, die durch Mikroorganismen oder deren Toxine verursacht werden. Sie führen klinisch zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Abdominalschmerzen, teils auch zu Fieber. Pathogenetisch stehen der Wasser- und Elektrolytverlust im Vordergrund. Entzündungen innerhalb der Peritonealhöhle (Peritonitis) können diffus oder lokalisiert ablaufen. Die diffuse Form zeigt fließende Übergänge zur Sepsis. Lokalisierte Erkrankungen betreffen intraperitoneale Abszesse in den verschiedenen Rezessus (z. B. Douglas-Abszess, subphrenischer Abszess) oder abgegrenzte Entzündungen in der Umgebung erkrankter Hohlorgane, z. B. Pericholezystitis, perityphlitische (= periappendizitische) oder perikolische Infiltrate.
Christoph Lübbert, Stefan Schmiedel
Kapitel 125. Infektionen der Leber, der Gallenwege und des Pankreas
Zusammenfassung
Eine Hepatitis kann durch Viren (weltweit am häufigsten) oder Bakterien, Parasiten und Pilze ausgelöst werden. Ein Leberabszess kann primär durch Bakterien und Parasiten oder sekundär z. B. nach operativen Eingriffen entstehen, die Infektion erfolgt über Blut, Lymphe oder Gallengänge. Gallenweginfektionen können Gallenblase oder Gallenwege betreffen: Die mikrobielle Cholezystitis ist in der Regel ein sekundäres Ereignis. Meist ist eine Abflussbehinderung der Gallenflüssigkeit ursächlich. Die Cholangitis als bakterielle Entzündung der Gallengänge beruht fast immer auf einer mechanischen Cholestase (durch Tumor, Gallensteine). Parasitäre Cholangitiden sind Raritäten. Die Pankreatitis entsteht meist als primäre sterile Entzündung im Rahmen einer Gallenwegerkrankung mit biliärem Aufstau oder nach Alkoholabusus. Im Zuge dessen entstehende Nekrosen werden oft bakteriell superinfiziert. Bei all diesen Infektionen lassen sich akute und chronische Formen unterscheiden.
Sandra Ciesek, Michael P. Manns
Kapitel 126. Infektionen der Zähne und des Zahnhalteapparates
Zusammenfassung
Karies und Parodontitis gehören weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Beide Erkrankungen sind durch Veränderungen der mikrobiellen Ökologie der Mundhöhle gekennzeichnet, in deren Verlauf es zur Bildung pathogener bakterieller Biofilme kommt. Bei der Pathogenese der Karies dominieren exogene Risikofaktoren. Im Gegensatz dazu ist bei der Parodontitis neben exogenen Faktoren offenbar auch die genetische Disposition des Wirtes von entscheidender Bedeutung.
Ivo Steinmetz, Peter Eickholz
Kapitel 127. Reisemedizin
Zusammenfassung
Von Reisenden aus den Tropen und Subtropen importierte Infektionen manifestieren sich meist als Fieber, Diarrhö oder Exanthem. Andere Symptome, z. B. Gelenkschmerzen, sind seltener. Weltweite Surveillance-Netzwerke importierter Erkrankungen (z. B. GeoSentinel als Initiative der International Society for Travel Medicine und den CDC in Atlanta/USA) zeigen, welche Erkrankungen bevorzugt aus bestimmten geografischen Regionen mitgebracht werden. Diese Daten sind hilfreich bei der Differenzialdiagnose der Patienten, können aber auch Risikofaktoren aufdecken und damit die reisemedizinischen Prophylaxeempfehlungen besser begründen.
Gerd-Dieter Burchard
Kapitel 128. Migrantenmedizin
Zusammenfassung
Migranten können Krankheiten importieren, die man bei Reisenden nicht bzw. nur extrem selten sieht. Und Infektionskrankheiten können bei Bewohnern endemischer Gebiete einen anderen Verlauf nehmen als bei Europäern.
Gerd-Dieter Burchard
Kapitel 129. Infektionen bei Immunsuppression
Zusammenfassung
Immunsuppression ist der Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen des Immunsystems. Die Folge ist immer eine Schwächung der Fähigkeit, sich gegen eindringende oder endogene Krankheitserreger zu wehren. Es treten daher Infektionskrankheiten durch Erreger auf, die bei Immunkompetenten keine Erkrankung verursachen (opportunistische Erkrankungen) oder die Infektionserreger führen zu schwereren, stärker protrahierten oder anderen Verläufen als bei Immunkompetenten. Je nach Ursache und Ausprägung des Immundefekts kann das klinische Bild sehr unterschiedlich sein.
Gerd-Dieter Burchard, Robin Kobbe, Jan van Lunzen
Kapitel 130. Biologische Waffen – eine Herausforderung an Diagnostik, Therapie, Klinik und Prävention
Zusammenfassung
Mediziner und Wissenschaftler müssen die Gefahren, die von biologischen Waffen ausgehen, kennen und über mögliche vorsätzlich freigesetzte Mikroorganismen informiert sein, um Bevölkerung und Patienten behandeln und ggf. beruhigen zu können.
Jens H. Kuhn, Timo Ulrichs, Gerd-Dieter Burchard
Backmatter
Metadaten
Titel
Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie
herausgegeben von
Sebastian Suerbaum
Prof. Dr. Gerd-Dieter Burchard
Prof. Dr. Dr. h. c. Stefan H. E. Kaufmann
Prof. Dr. Thomas F. Schulz
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-61385-6
Print ISBN
978-3-662-61384-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61385-6

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