Dtsch Med Wochenschr 1999; 124(16): 483-486
DOI: 10.1055/s-2007-1024347
Kasuistiken

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Renale tubuläre Azidose mit schwerer hypokaliämischer Tetraparese nach Ibuprofeneinnahme

Renal tubular acidosis with severe hypokalaemic tetraparesis after intake of ibuprofenC. Gaul1 , J. G. Heckmann1 , A. Druschky1 , H. Schöcklmann2 , B. Neundörfer1 , F. Erbguth1
  • 1Neurologische Klinik mit Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. B. Neundörfer) der Universität Erlangen-Nürnberg
  • 2Medizinische Klinik IV, Nieren- und Hochdruckkrankheiten (Direktor: Prof. Dr. R. B. Sterzel) der Universität Erlangen-Nürnberg
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Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Anamnese und klinischer Befund: Eine 72jährige Patientin wurde wegen einer schweren akuten proximal betonten Tetraparese stationär aufgenommen. Bei ausgeprägter Schmerzen aufgrund eines seit sechs Monaten bestehenden Ulcus cruris hatte die Patientin bis zu 4800 mg Ibuprofen pro Tag eingenommen.

Untersuchungen: Bei den klinisch-chemischen Befunden zeigte sich eine ausgeprägte Hypokaliämie mit einem Serumkaliumwert von 1,4 mmol/l. Diese war von einer metabolischen Azidose begleitet mit einem pH-Wert von 7,29. Im EKG fanden sich typische Hypokaliämie bedingte Veränderungen (U-Welle, ST-Streckensenkung).

Therapie und Verlauf: Unter Substitution von Kalium und Bikarbonat kam es innerhalb von zwei Tagen zu einer vollständigen Rückbildung der Paresen. Die renale Funktionsstörung bestand nur vorübergehend und bildete sich nach dem Absetzen von Ibuprofen rasch zurück.

Folgerung: Die klinisch-chemischen Befunde sprechen für eine renal-tubuläre Azidose Typ II (RTA II), die am ehesten durch den Analgetikaabusus bedingt war. Unter Ibuprofeneinnahme kann sich eine renale Funktionsstörung mit lebensbedrohlicher Elektrolytentgleisung entwickeln.

Abstract

History: A 72-year-old woman was admitted because of severe acute tetraparesis, more marked proximally. For six months she had been taking ibuprofen, up to 4800 mg daily, for a painful ulcer of the lower leg.

Investigations: Biochemical tests revealed marked hypokalaemia (serum potassium 1,4 mmol/l) with a metabolic acidosis (pH 7.29). The ECG showed changes of hypokalaemia (ST-segment depression and U wave).

Treatment and course: Within two days of administering potassium and bicarbonate the pareses completely regressed. Transitorily abnormal renal functions also rapidly normalized after ibuprofen had been discontinued.

Conclusion: The biochemical findings suggest renal tubular acidosis, type 2, most likely caused by the excess intake of ibuprofen, a drug which can cause renal dysfunctions with life-threatening electrolyte abnormalities.

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