Psychiatr Prax 2004; 31(7): 339-345
DOI: 10.1055/s-2004-828384
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Demenzielle Störungen, Verhaltensauffälligkeiten und Versorgung von Klienten in Einrichtungen der Altentagespflege im Vergleich mit Heimbewohnern: Eine Querschnittsstudie in acht badischen Städten

Dementia Disorders, Behavior Problems and the Care of Clients in Geriatric Day-Care Compared to Residents in Homes for the Elderly: A Cross-Sectional Study in Eight Communities in BadenSiegfried  Weyerer1 , Martina  Schäufele1 , Annemarie  Schrag2 , Andreas  Zimber3
  • 1Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim
  • 2Freiburg
  • 3q.s.-Qualifizierungskonzepte für die Sozialwirtschaft, Heidelberg
Die Durchführung der vorliegenden Untersuchung wurde unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Sozialministerium Baden-Württemberg
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Publication Date:
05 October 2004 (online)

Zusammenfassung

Anliegen: Ziel der Studie ist ein Vergleich der Klienten in Einrichtungen der Altentagespflege mit Heimbewohnern hinsichtlich Pflegebedürftigkeit, demenzieller Störungen, Verhaltensauffälligkeiten und der Versorgungssituation. Methoden: Im Rahmen einer Querschnittsstudie wurden in 17 teilstationären Alteneinrichtungen in acht badischen Mittel- und Großstädten alle 257 Klienten einbezogen, die an einem bestimmten Stichtag versorgt wurden. Diese Klienten wurden verglichen mit einer Stichtagspopulation aller Bewohner (n = 1387) von 15 zufällig ausgewählten Alten- und Pflegeheimen der Stadt Mannheim, wobei identische Beurteilungsverfahren durch das qualifizierte Pflegepersonal verwendet wurden. Ergebnisse: Das Durchschnittsalter in den beiden Gruppen lag bei jeweils etwa 80 Jahren, über drei Viertel waren Frauen. Die Heimbewohner waren im Vergleich zu den Klienten der Altentagespflege wesentlich stärker in ihren Alltagsfähigkeiten, vor allem in ihrer Mobilität, eingeschränkt. Der Anteil mittelschwerer oder schwerer demenzieller Störungen lag bei den Nutzern der Tagespflege mit 58,6 % in gleicher Höhe wie bei den Heimbewohnern. Auch depressive Symptome und Verhaltensauffälligkeiten wurden bei einem erheblichen Anteil der Tagesgäste beobachtet. Während im stationären Bereich Grund- und Behandlungspflege im Vordergrund stand, spielten in den Tagespflegeeinrichtungen sozialtherapeutische Maßnahmen eine zentrale Rolle. Schlussfolgerungen: Der hohe Anteil demenzkranker und gleichzeitig mobiler Klienten in Tagespflegeeinrichtungen spricht dafür, dass besonders für diese Zielgruppe die zumindest zeitweise Entlastung pflegender Angehöriger von großer Bedeutung ist.

Abstract

Aim: The study aims to compare clients using institutions of geriatric day-care to residents in homes for the elderly with regard to functional impairment, dementia disorders, behavior problems and the care situation. Methods: A cross-sectional study of 17 geriatric day-care facilities in eight towns and cities in Baden examined the data for all 257 clients who received care on a given reference date. These clients were compared to a reference population drawn from all residents (N = 1,387) of 15 randomly selected residential and nursing homes in the city of Mannheim, whereby identical assessment procedures were used by qualified nursing staff. Results: The average age of subjects in both groups was around 80 years, over three-fourths of whom were women. Home residents were more limited than the clients of geriatric day-care facilities with regard to their activities of daily living, above all with regard to their mobility. The percentage of moderate to severe dementia disorders at 58.6 % was equally high in both groups. In addition, symptoms of depression and behavior problems were observed among a substantial number of the day-care clients. While the inpatient sector places greater emphasis on basic care and treatment, day-care institutions focus primarily on measures of social therapy. Conclusions: The high percentage of demented yet still mobile clients in day-care facilities indicates the particular importance of this target group when it comes to providing at least partial stress relief for family care-givers.

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Prof. Dr. Siegfried Weyerer

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit

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