NOTARZT 2003; 19(6): 220-228
DOI: 10.1055/s-2003-45377
Originalia
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Limitierende Faktoren der stationären Versorgung unter katastrophenmedizinischen Bedingungen

Limitation of Medical Supply in Hospitals under Desaster ConditionsM.  Schmiedle1 , P.  Sefrin1
  • 1Klinik und Poliklinik für Anaesthesiologie der Universität Würzburg (Direktor: Prof. Dr. med. N. Roewer)
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Publication Date:
09 December 2003 (online)

Zusammenfassung

Großchadensereignisse sind nicht vorhersehbar und führen bei ihrem Eintritt neben anderem zu erheblichen gesundheitlichen Schäden bei einer Vielzahl von Betroffenen. Um diese Schäden so gering wie möglich zu halten, sind entsprechende Planungen nicht nur notwendig, sondern zum Teil vorgeschrieben. Krankenhäuser spielen bei der medizinischen Versorgung der Betroffenen eine zentrale Rolle, weshalb z. B. das Bayerische Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) festgelegt hat (Art. 8, Abs. 1 - 2), dass Träger von Krankenhäusern Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen und fortzuschreiben haben. Eine Umfrage von 81 unter 212 bayerischen Krankenhäusern (38 %) hat gezeigt, dass den gesetzlichen Verpflichtungen nur unzureichend Genüge geleistet wird. Limitierende Faktoren sind dort zu finden, wo große finanzielle Investitionen auf die Krankenhäuser zukommen und dort, wo sich aufgrund veränderter politischer Sachlage Änderungen ergeben haben. Allem voran sind die Zahlen an verfügbaren Intensivbetten - in Abhängigkeit davon, ob mehrzeitig operiert wird bzw. welche Verletzungsqualitäten vorliegen - unzureichend. Weiterhin zeigt der zwischenzeitliche Bettenabbau (- 34 %) - sowie die zunehmend verkürzten Liegezeiten und der damit verbundene stark erhöhte Patientendurchsatz (+ 20 %) pro Jahr, dass auch im Personalbereich Faktoren zu finden sind, die die Spielräume für einen Katastrophenfall limitieren. Die Auflösung von Hilfskrankenhäusern (in 12 % der Fälle vorhanden), der Rückzug des Bundes aus dem Zivilschutz und die zunehmende Auflösung teurer und unrentabler krankenhauseigener Apotheken stehen im Zeichen der veränderten politischen Situation. Im Rahmen der Arbeit kann deutlich gemacht werden, dass eine Qualitätssteigerung in der Katastrophenmedizin vor allem durch die Frage der Finanzierung geforderter Vorhaltungen an Material und Personal eingeschränkt wird. Dieser Zustand wird anhalten, solange keine eindeutige und für alle Seiten finanziell vertretbare Lösung zwischen Bund, Ländern und Krankenhausträgern gefunden worden ist.

Abstract

Desasters are unforeseeable and leed among other things to massive injury of many persons simultaneously. To cope with the resulting problems especially concerning health of injured people, there is some planning necessary which is at least particularly bound to special law (Bayerisches Katastrophenschutzgesetz). Hospitals play a major role in the medical supply of injured persons. The bavarian law to cope with the results of desasters therefore says that all hospitals which are suitable to cope with acute and severely injured have to provide a certain planning to organise the handling of emergency cases (clinical desaster medicine). Despite the legislative postulations only few hospitals have kept to the rules and provide such kind of planning. In a poll at which 81 of 212 bavarian hospitals (38 %) took part in, showed that the legislative duty has only been insufficiently worked out. Limitation often can be found where financial aspects are concerned. Above all, the number of intensive care units is too small - depending of the qualities of injuries and the amount of patients which have to undergo surgical measures more than once. Furthermore reducing of the amount of hospital beds (- 34 %) in recent years combined with greater numbers of patients (+ 20 %) treated under hospital conditions limitates the capacities for desaster planning beside the routine work. The giving up of para-hospital institutions (existed in 12 % of all cases) where patients could be treated and the withdrawel of the federal institutes from civil security as well as the closing up of expensive and unefficient hospital-pharmacies show todays different political opinions. The study shows that an improvement of quality in clinical desaster treatment and desaster management can only be archieved when a defined and acceptable solution concerning financial questions has been worked out. In these discussion all responsible groups have to be invited.

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Prof. Dr. med. Peter Sefrin

Sektion für präklinische Notfallmedizin

Josef-Schneider-Straße 2

97080 Würzburg

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