NOTARZT 2012; 28(01): 17-22
DOI: 10.1055/s-0031-1298893
Berufspolitik
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Datenschutz und Qualitätsmanagement in der bayerischen Notfallmedizin

Data Protection and Quality Management in Emergency Medicine in Bavaria
M. Reng
Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte
,
P. Sefrin
Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte
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Publication History

Publication Date:
22 February 2012 (online)

Einleitung

Datenschutz in Deutschland und im Besonderen in der Medizin ist ein schwieriges Thema. Einerseits hat die Bundesrepublik in ihrer Geschichte wiederholt schmerzlich lernen müssen, dass Datenschutz ein unverzichtbares und hohes Rechtsgut ist. Andererseits kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht selten unter vorgeschobenen Datenschutz-Argumenten wichtige Entwicklungen und sinnvolle Neuerungen zu Fall gebracht werden sollen, bevor sie auch nur eine Chance hatten, ihre Sinnhaftigkeit und Funktionalität unter Beweis zu stellen.

Qualitätsmanagement ist keine neue Erfindung. Bis Ende der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden qualitätssichernde und -verbessernde Aktivitäten nur nicht so bezeichnet. Qualitätsmanagement (QM) ist dafür heute ein ebenso gerne gebrauchter, vielleicht aber auch gelegentlich missbrauchter Begriff. Einerseits ist es selbstverständlich, dass alle Akteure im Gesundheitswesen stetig um höchste Qualität ihrer Arbeit bemüht sein müssen. Andererseits kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass allen QM-Handbüchern zum Trotz nicht selten ein großer Spalt zwischen eifrig dokumentiertem Anspruch und gelebter Wirklichkeit besteht. Wie wäre es sonst zu erklären, dass ausgerechnet die Münchener Kliniken, die im Juli 2010 durch einen in Deutschland bis dato eigentlich undenkbaren Hygieneskandal mit unsterilem Operationsbesteck auf sich aufmerksam machten, zu der Elite der nach strengsten QM-Richtlinien zertifizierten Krankenhäusern gehörten [1] [2].

QM im Rettungsdienst soll

  • … zum Erkennen und Umsetzen von Verbesserungsmöglichkeiten und dadurch zu einer Stabilisierung der Behandlungsabläufe führen.

  • … eine Verbesserung der Versorgungsqualität und -wirtschaftlichkeit ermöglichen.

  • … idealerweise eine messbare Verbesserung des Outcomes der behandelten Patienten bewirken.

Rettungsdienst ist Teil der Daseinsvorsorge und von den Bundesländern zu regeln und zu organisieren. Die öffentliche Daseinsvorsorge umfasst dabei die Verpflichtung des Staates zum Wohl der Allgemeinheit wirtschaftliche, soziale und kulturelle Dienstleistungen für alle Bürger bereitzustellen und deren Angebot zu gewährleisten. Alle gemeinsam ermöglichen eine definierte, sektorenübergreifende Versorgungsqualität.

In der Notfall- und Rettungsmedizin gab es bisher zwar zahlreiche Ansätze zu einem QM, aber kaum transparente wissenschafts- oder evidenzbasierte Verfahren, die dem hohen Anspruch des Terminus „Qualitätsmanagement“ gerecht wurden. Grundsätzlich gilt aber für alle QM-Projekte: Um Qualitätsmanagement zu betreiben, müssen Daten gesammelt werden, die Rückschluss auf die bestehende Qualität bzw. auf die Veränderung der Qualität von Prozess, Behandlung, Struktur oder Ergebnis zulassen.

Gerade in der Notfallmedizin hat man es aber grundsätzlich mit extrem sensiblen Daten zu tun, deren Schutz höchste Priorität verdient, die nicht selten drohen, in QM-Datensammlungen unkontrolliert in einer Form einzufließen, die gegen geltendes Recht verstößt. Die Gemengelage zwischen QM, Datensammlung, Datenschutz und denkbaren Interessen im Schatten stehender Dritter, die Daten unter dem „Deckmäntelchen“ QM sammeln, um möglicherweise ganz andere Ziele zu verfolgen, ist unübersichtlich und eröffnet Polemik von jeder Seite her Tür und Tor.