Im März 2012 wurden die englischsprachigen KDIGO-Leitlinien zum akuten Nierenversagen (ANV) als Supplement zu Kidney International veröffentlicht [1]. Die Leitlinien bestehen aus der Einleitung (Abschn. 1), den eigentlichen Empfehlungen („Summary of Recommendation Statements“) sowie ausführlichen Begründungen („rationales“) mit einer detaillierten Darstellung der Evidenz in Form von thematischen Hintergrund-Reviews und Studienanalysen. Im Folgenden handelt es sich um eine unkommentierte deutsche Übersetzung der Empfehlungen (Seiten 8–12 des Originals). Die umfassende, englischsprachige Originalversion der Leitlinien ist auf der KDIGO-Webseite (http://www.kdigo.org) abrufbar.

Die Buchstaben und Ziffern hinter jeder Empfehlung geben die Graduierung der Evidenz (A = stark, B = mittel, C = gering, D = sehr gering) und die Stärke der Empfehlung (Level 1 = stark, Level 2 = schwach) wieder (Tab. 1, Tab. 2).

Tab. 1 Stärke der Empfehlung. (Aus [2], adaptiert nach [3])
Tab. 2 Graduierung der Evidenz. (Aus [2], adaptiert nach [3])

Die zusätzliche Kategorie „ohne Graduierung“ wurde typischerweise benutzt, um Empfehlungen auszusprechen, die auf dem „gesunden Menschenverstand basieren“ oder wo für das Thema keine adäquate Evidenzfindung möglich ist. Als am häufigsten vorkommende Empfehlungen finden sich Empfehlungen für Überwachungsintervalle, Aufklärungen und Überweisungen zu anderen Spezialisten. Empfehlungen ohne Graduierung sind in der Regel als einfache Deklarationen geschrieben und sollen auf keinen Fall stärker interpretiert werden als Empfehlungen der Level 1 oder 2.

Abschnitt 2: Definition des ANV

2.1.1 Ein Akutes Nierenversagen (ANV) liegt vor, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt wird (ohne Graduierung):

  • Anstieg des Serumkreatinins um mindestens 0,3 mg/dl (26,5 μmol/l) innerhalb von 48 h;

  • Anstieg des Serumkreatinins auf mindestens das 1,5-Fache eines bekannten oder angenommenen Ausgangswerts innerhalb von 7 Tagen;

  • Abfall der Urinausscheidung auf weniger als 0,5 ml/kg Körpergewicht/h für mindestens 6 h.

2.1.2 Die Schweregradeinteilung des ANV erfolgt anhand der in Tab. 3 genannten Kriterien (ohne Graduierung).

Tab. 3 Schweregrade des ANV

2.1.3 Die Ursache für das ANV sollte nach Möglichkeit ermittelt werden (ohne Graduierung).

2.2.1 Wir empfehlen, das Risiko des Patienten für ein ANV anhand seiner individuellen Patientenmerkmale und der aktuellen Belastungen abzuschätzen (1B).

2.2.2 Patienten sollten unter Abwägung ihrer individuellen Patientenmerkmale und der aktuellen Belastungen behandelt werden, um das Risiko für ein ANV zu reduzieren (ohne Graduierung).

2.2.3 Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein ANV sollten das Serumkreatinin und die Urinausscheidung zur Erkennung eines ANV gemessen werden (ohne Graduierung). Häufigkeit und Dauer der Überwachung sollten in Abhängigkeit des individuellen Risikos und des klinischen Verlaufs erfolgen (ohne Graduierung).

2.3.1 Patienten mit ANV sollten frühzeitig im Hinblick auf mögliche Erkrankungsursachen untersucht werden, insbesondere im Hinblick auf reversible Ursachen (ohne Graduierung).

2.3.2 Patienten mit ANV sollten durch Messungen des Serumkreatinins und der Urinausscheidung überwacht werden, um eine Schweregradeinteilung vornehmen zu können (siehe Empfehlungen 2.1.2) (ohne Graduierung).

2.3.3 Patienten mit ANV sollten entsprechend des Schweregrades und der Erkrankungsursache behandelt werden (Abb. 1) (ohne Graduierung).

2.3.4 Patienten sollten 3 Monate nach Auftreten eines ANV bezüglich einer Erholung des ANV, eines Neuauftretens einer chronischen Nierenkrankheit (CKD) oder einer Progression einer vorbestehenden chronischen Nierenkrankheit evaluiert werden (ohne Graduierung).

  • Bei Vorliegen einer chronischen Nierenkrankheit sollten Patienten unter Berücksichtigung der entsprechenden KDOQI-CKD-Leitlinien behandelt werden [Richtlinien 7–15, National Kidney Foundation (2002) K/DOQI clinical practice guidelines for chronic kidney disease: evaluation, classification, and stratification. Am J Kidney Dis 39(2Suppl 1):S1–S266] (ohne Graduierung).

  • Wenn keine Kriterien einer chronischen Nierenkrankheit vorliegen, sollten Patienten als Risikopatienten für die Entwicklung einer chronischen Nierenkrankheit eingestuft und behandelt werden, wie in den KDOQI-CKD-Leitlinien für Patienten mit erhöhtem Risiko (Leitlinie 3) beschrieben (ohne Graduierung).

Abb. 1
figure 1

Schweregradabhängige Behandlung des akuten Nierenversagens (ANV). (Adaptiert nach [1])

Abschnitt 3: Prävention und Therapie des ANV

3.1.1 Bei Patienten mit Risiko für ein ANV sowie bei Patienten mit manifestem ANV ohne hämorrhagischen Schock schlagen wir die Verwendung isotonischer kristalloider Lösungen anstelle von kolloidalen Lösungen (Albumin oder Stärke) bei der initialen Behandlung zur Erhöhung des intravaskulären Volumens vor (2B).

3.1.2 Bei Patienten mit Schock und Vasomotorenkollaps, bei denen ein Risiko für ein ANV besteht oder bereits ein manifestes ANV vorliegt, empfehlen wir die Verwendung von Vasopressoren in Verbindung mit Flüssigkeit (1C).

3.1.3 Um der Entwicklung oder Progression eines ANV bei Hochrisikopatienten perioperativ (2C) oder bei Patienten im septischen Schock (2C) vorzubeugen, schlagen wir die Verwendung eines protokollbasierten Behandlungsplans für Parameter der Hämodynamik und Oxygenierung vor.

3.3.1 Bei kritisch kranken Patienten schlagen wir eine Insulintherapie mit einem Zielwert von 110–149 mg/dl (6,1–8,3 mmol/l) Plasmaglukose vor (2C).

3.3.2 Wir schlagen vor, eine Energiezufuhr von 20–30 kcal/kg KG/Tag bei Patienten mit jeglichem Schweregrad eines ANV sicherzustellen (2C).

3.3.3 Wir schlagen vor, auf eine Proteinrestriktion mit dem Ziel, den Beginn einer Nierenersatztherapie zu verhindern oder hinauszuzögern, zu verzichten (2D).

3.3.4 Wir schlagen die Gabe von 0,8–1,0 g/kg KG/Tag Protein bei nichtkatabolen Patienten mit ANV ohne Dialysetherapie (2D), von 1,0–1,5 g/kg KG/Tag Protein bei Patienten mit ANV und Nierenersatztherapie (2D) sowie von 1,7 g/kg/Tag Protein bei Patienten mit kontinuierlicher Nierenersatztherapie sowie bei Patienten mit Hyperkatabolie vor (2D).

3.3.5 Wir schlagen vor, Patienten mit ANV bevorzugt enteral zu ernähren (2C).

3.4.1 Wir empfehlen, auf die Verwendung von Diuretika zur Prävention des ANV zu verzichten (1B).

3.4.2 Wir schlagen vor, auf Diuretika zur Behandlung des ANV zu verzichten. Ausgenommen hiervon ist die Behandlung einer Überwässerung (2C).

3.5.1 Wir empfehlen, auf niedrigdosiertes Dopamin zur Prävention oder Therapie des ANV zu verzichten (1A).

3.5.2 Wir schlagen vor, auf Fenoldopam zur Prävention oder Therapie des ANV zu verzichten (2C).

3.5.3 Wir schlagen vor, auf atriales natriuretisches Peptid (ANP) zur Prävention (2C) oder Therapie (2B) des ANV zu verzichten.

3.6.1 Wir empfehlen, auf rekombinantes humanes (rh) IGF-1 zur Prävention oder Therapie des ANV zu verzichten (1B).

3.7.1 Wir schlagen die Gabe einer Einzeldosis Theophyllin bei Neugeborenen mit schwerer perinataler Asphyxie und hohem Risiko für ein ANV vor (2B).

3.8.1 Wir schlagen vor, auf die Verwendung von Aminoglykosiden zur Infektionstherapie zu verzichten, solange wirksame und weniger nephrotoxische Therapiealternativen zur Verfügung stehen (2A).

3.8.2 Wir schlagen vor, bei Patienten mit normaler und stabiler Nierenfunktion die Gabe von Aminoglykosiden auf eine tägliche Einzeldosis anstelle von Mehrfachgaben zu beschränken (2B).

3.8.3 Wir empfehlen Spiegelkontrollen bei Mehrfachgaben von Aminoglykosiden über mehr als 24 h (1A).

3.8.4 Wir schlagen Spiegelkontrollen vor bei täglicher Einmalgabe von Aminoglykosiden über mehr als 48 h (2C).

3.8.5 Wir schlagen vor, eine topische oder lokale Applikation von Aminoglykosiden (z. B: Atemwegsaerosole, implantierbare Antibiotikaketten) einer intravenösen Applikation vorzuziehen, wenn dies realisierbar und geeignet ist (2B).

3.8.6 Wir empfehlen die Verwendung von Lipidformulierungen von Amphotericin B anstelle konventioneller Formulierungen (2A).

3.8.7 Für die Therapie systemischer Mykosen oder parasitärer Infektionen empfehlen wir, azolhaltige antifungale Wirkstoffe und/oder Echinokandine – unter der Voraussetzung gleicher therapeutischer Effektivität – konventionellem Amphotericin B vorzuziehen (1A).

3.9.1 Wir schlagen vor, die Wahl für eine koronare Bypass-Operation ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine nicht ausschließlich zum Zweck einer Reduktion des perioperativen ANV oder der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie zu treffen (2C).

3.9.2 Wir schlagen vor, auf N-Acetylcystein zur Prävention des ANV bei kritisch kranken Patienten mit Hypotonie zu verzichten (2D).

3.9.3 Wir empfehlen, auf den Einsatz von oralem oder intravenösem N-Acetylcystein zur Prävention des postoperativen ANV zu verzichten (1A).

Abschnitt 4: Kontrastmittelinduziertes ANV

4.1 Die Definition und Schweregradeinteilungen des ANV nach der Gabe von intravaskulärem Kontrastmittel erfolgen analog zu den Empfehlungen 2.1.1–2.1.2 (ohne Graduierung).

4.1.1 Personen, bei denen sich die Nierenfunktion nach der Gabe von intravaskulärem Kontrastmittel ändert, sollten sowohl für das Vorliegen eines kontrastmittelinduzierten ANV als auch hinsichtlich anderer möglicher Ursachen eines ANV evaluiert werden (ohne Graduierung).

4.2.1 Eine Risikoabschätzung für die Entwicklung eines kontrastmittelinduzierten ANV, insbesondere ein Screening auf eine präexistierende Einschränkung der Nierenfunktion, sollte bei allen Patienten vor Untersuchungen mit intravaskulärer (intravenöser oder intraarterieller) Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel durchgeführt werden (ohne Graduierung).

4.2.2 Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein kontrastmittelinduziertes ANV sollten alternative Methoden der Bildgebung ohne Kontrastmittel in Betracht gezogen werden (ohne Graduierung).

4.3.1 Bei Patienten mit Risiko für ein ANV sollte die geringste mögliche Kontrastmitteldosis eingesetzt werden (ohne Graduierung).

4.3.2 Wir empfehlen, entweder isoosmolares oder niedrigosmolares jodhaltiges Kontrastmittel anstelle von hochosmolarem jodhaltigen Kontrastmittel bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein kontrastmittelinduziertes ANV zu verwenden (1B).

4.4.1 Wir empfehlen eine intravenöse Volumenexpansion mit isotonischer Kochsalzlösung oder eine Natriumbikarbonatlösung anstelle des Verzichts auf eine intravenöse Volumenexpansion bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein kontrastmittelinduziertes ANV (1A).

4.4.2 Wir empfehlen, auf die alleinige Gabe oraler Flüssigkeit bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein kontrastmittelinduziertes ANV zu verzichten (1C).

4.4.3 Wir schlagen vor, N-Acetylcystein oral zusammen mit intravenöser isotonischer Kristalloidlösung bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein kontrastmittelinduziertes ANV anzuwenden (2D).

4.4.4 Wir schlagen vor, auf die Verwendung von Theophyllin zur Prävention des kontrastmittelinduzierten ANV zu verzichten (2C).

4.4.5 Wir empfehlen, auf die Verwendung von Fenoldopan zur Prävention des kontrastmittelinduzierten ANV zu verzichten (1B).

4.5.1 Wir schlagen vor, auf die Durchführung einer prophylaktischen intermittierenden Hämodialyse oder Hämofiltration zur Kontrastmittelentfernung bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein kontrastmittelinduziertes ANV zu verzichten (2C).

Abschnitt 5: Dialyseinterventionen in der Therapie des ANV

5.1.1 Bei Vorliegen lebensbedrohlicher Veränderungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts sollte notfallmäßig eine Nierenersatztherapie eingeleitet werden (ohne Graduierung).

5.1.2 Bei der Entscheidung zum Beginn einer Nierenersatztherapie sollten der gesamte klinische Kontext, Umstände, die durch eine Nierenersatztherapie beeinflusst werden können, sowie der Verlauf der Laborwerte berücksichtigt werden und nicht nur einzelne Harnstoff- oder Kreatininwerte (ohne Graduierung).

5.2.1 Eine Nierenersatztherapie sollte beendet werden, sobald sie nicht mehr benötigt wird, sei es, weil sich die Nierenfunktion auf ein für die Bedürfnisse des Patienten ausreichendes Maß erholt hat, oder sei es, weil die Nierenersatztherapie nicht mehr im Einklang mit den Behandlungszielen steht (ohne Graduierung).

5.2.2 Wir schlagen vor, auf eine Diuretikagabe zur Beschleunigung der Erholung der Nierenfunktion sowie zur Verringerung der Dauer oder Häufigkeit einer Nierenersatztherapie zu verzichten (2B).

5.3.1 Bei Patienten mit der Notwendigkeit für die Durchführung einer Nierenersatztherapie sollte die Wahl der Antikoagulation während der Nierenersatztherapie individuell von Nutzen und Risiken einer Antikoagulation für den jeweiligen Patienten abhängig gemacht werden (Abb. 2) (ohne Graduierung).

5.3.1.1 Wir empfehlen eine Antikoagulation während der Durchführung einer Nierenersatztherapie beim ANV, falls der Patient kein erhöhtes Blutungsrisiko oder eine gestörte Gerinnung aufweist und nicht bereits eine systemische Antikoagulation erhält (1B).

5.3.2 Bei Patienten ohne erhöhtes Blutungsrisiko oder gestörte Gerinnung, die nicht bereits eine effektive systemische Antikoagulation erhalten, schlagen wir Folgendes vor:

5.3.2.1 Zur Antikoagulation während einer intermittierenden Nierenersatztherapie empfehlen wir, unfraktioniertes oder niedermolekulares Heparin der Gabe anderer Antikoagulanzien vorzuziehen (1C).

5.3.2.2 Zur Antikoagulation während einer kontinuierlichen Nierenersatztherapie schlagen wir vor, die regionale Zitratantikoagulation der Gabe von Heparin bei Patienten, die keine Kontraindikationen für die Zitratgabe aufweisen, vorzuziehen (2B).

5.3.2.3 Zur Antikoagulation während einer kontinuierlichen Nierenersatztherapie bei Patienten mit Kontraindikation für Zitrat schlagen wir vor, unfraktioniertes oder niedermolekulares Heparin der Gabe anderer Antikoagulanzien vorzuziehen (2C).

5.3.3 Bei Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko, die keine systemische Antikoagulation erhalten, schlagen wir die folgende Antikoagulation während einer Nierenersatztherapie vor:

5.3.3.1 Wir schlagen vor, eine regionale Zitratantikoagulation dem Verzicht auf eine Antikoagulation während einer kontinuierlichen Nierenersatztherapie bei Patienten ohne Kontraindikationen für eine Zitratgabe vorzuziehen (2C).

5.3.3.2 Wir schlagen vor, bei Patienten mit einem erhöhten Blutungsrisiko auf eine regionale Antikoagulation mit Heparin während einer kontinuierlichen Nierenersatztherapie zu verzichten (2C).

5.3.4 Bei Patienten mit heparininduzierter Thrombozytopenie (HIT) muss jegliche Heparinapplikation gestoppt werden. Bei Patienten mit HIT empfehlen wir, direkte Thrombininhibitoren (wie Argatroban) oder Faktor-Xa-Inhibitoren (wie Danaparoid oder Fondaparinux) der Gabe anderer oder gar keiner Antikoagulanzien während der Nierenersatztherapie vorzuziehen (1A).

5.3.4.1 Bei Patienten mit HIT, die kein schweres Leberversagen haben, schlagen wir Argatroban anstelle von anderen Thrombin- oder Faktor-Xa-Inhibitoren während der Nierenersatztherapie vor (2C).

5.4.1 Wir schlagen die Initiierung einer Nierenersatztherapie bei Patienten mit ANV über einen nichtgetunnelten Dialysekatheter ohne Muffe anstelle eines getunnelten Katheters vor (2D).

5.4.2 Die Wahl der Vene für die Anlage eines Dialysekatheters bei Patienten mit ANV sollte nach folgenden Präferenzen erfolgen (ohne Graduierung):

  • I) rechte Vena jugularis, II) Vena femoralis, III) linke Vena jugularis, IV) Vena subclavia mit Bevorzugung der dominanten Körperseite.

5.4.3 Wir empfehlen, den Dialysekatheter ultraschallgesteuert anzulegen (1A).

5.4.4 Wir empfehlen die zeitnahe Durchführung einer Röntgenaufnahme des Thorax nach der Anlage und vor der ersten Benutzung eines Dialysekatheters in der Vena jugularis interna oder der Vena subclavia (1B).

5.4.5 Wir schlagen vor, auf die Anwendung topischer Antibiotika an der Einstichstelle eines nichtgetunnelten Dialysekatheters bei intensivpflichtigen Patienten mit ANV und der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie zu verzichten (2C).

5.4.6 Wir schlagen vor, auf die Anwendung eines Antibiotikaverschlusses („Lock“) zur Prävention von katheterassoziierten Infektionen bei nichtgetunnelten Dialysekathetern im Rahmen des nierenersatztherapiepflichtigen ANV zu verzichten (2C).

5.5.1 Wir schlagen vor, Dialysatoren mit biokompatiblen Membranen für die intermittierende und kontinuierliche Nierenersatztherapie bei Patienten mit ANV zu verwenden (2B).

5.6.1 Kontinuierliche und intermittierende Nierenersatztherapie sollten sich in der Therapie des Patienten mit ANV ergänzen (ohne Graduierung).

5.6.2 Wir schlagen vor, die kontinuierliche Nierenersatztherapie der intermittierenden Nierenersatztherapie bei hämodynamisch instabilen Patienten vorzuziehen (2B).

5.6.3 Wir schlagen vor, eine kontinuierliche Nierenersatztherapie der intermittierenden Nierenersatztherapie bei Patienten mit ANV und akuten Hirnverletzungen, anderen Ursachen eines erhöhten intrakraniellen Drucks oder generalisiertem Hirnödem vorzuziehen (2B).

5.7.1 Wir schlagen vor, bikarbonat- statt laktatgepufferte Dialysierflüssigkeiten und Ersatzlösungen in der Nierenersatztherapie bei Patienten mit ANV zu verwenden (2C).

5.7.2 Wir empfehlen, bikarbonat- statt laktatgepufferte Dialysierflüssigkeiten und Ersatzlösungen in der Nierenersatztherapie bei Patienten mit ANV und Kreislaufschock zu verwenden (1B).

5.7.3 Wir schlagen vor, bikarbonat- statt laktatgepufferte Dialysierflüssigkeiten und Ersatzlösungen in der Nierenersatztherapie bei Patienten mit ANV und Leberversagen und/oder Laktatazidose zu verwenden (2B).

5.7.4 Wir empfehlen, ausschließlich Dialysierflüssigkeiten und Ersatzlösungen bei Patienten mit ANV zu verwenden, die mindestens den Standards der American Association of Medical Instrumentation (AAMI) bezüglich der Kontamination mit Bakterien und Endotoxinen entsprechen (1B).

5.8.1 Die Dosis der Nierenersatztherapie sollte vor Beginn der jeweiligen Behandlung festgelegt werden (ohne Graduierung). Wir empfehlen eine häufige Überprüfung der tatsächlich verabreichten Dosis, um diese anzupassen (1B).

5.8.2 Die Nierenersatztherapie sollte angewandt werden, um die Therapieziele bezüglich Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt, gelöster Substanzen und Flüssigkeitshaushalt entsprechend der individuellen Bedürfnisse des Patienten zu erreichen (ohne Graduierung).

5.8.3 Wir empfehlen, ein Kt/V von 3,9 pro Woche bei der Durchführung einer intermittierenden oder verlängert intermittierenden Nierenersatztherapie bei ANV zu erreichen (1A).

5.8.4 Wir empfehlen ein Dialysat-/Filtrat-Volumen („effluent volume“) von 20–25 ml/kg KG/h bei kontinuierlicher Nierenersatztherapie bei ANV (1A). Dies setzt gewöhnlich ein höheres Dialysat-/Filtrat-Volumen voraus (ohne Graduierung).

Abb. 2
figure 2

Flussdiagramm zur Zusammenfassung der KDIGO-Leitlinien zur Antikoagulation bei Nierenersatztherapie; Heparin umfasst niedermolekulares und unfraktioniertes Heparin. (Adaptiert nach [1])