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Erschienen in: Notfall +  Rettungsmedizin 5/2003

01.08.2003 | Medizinrecht

Strafrechtliche Risiken bei Hilfeleistung ohne Arzt

verfasst von: Dr. iur. utr. M. Boll M.C.L.

Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Ausgabe 5/2003

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Zusammenfassung

Solange sich ein nichtärztlicher Helfer im Rahmen der Vorgaben der Bundesärztekammer bewegt, braucht er keine Bestrafung zu fürchten. Es kann aber auch durchaus sein, dass Nichtärzte aufgrund besonderer Zusatzkenntnisse in der Lage sind, von der BÄK nicht genannte Maßnahmen lege artis auszuführen. Ist keine rechtzeitige ärztliche Hilfe bei einem Notfallpatienten erreichbar, dessen letzte Rettungschance in einem riskanten, invasiven Eingriff besteht, der dem nichtärztlichen Helfer zwar nicht ganz unbekannt ist (z. B. weil dem Notarzt häufig dabei assistiert wurde), den er jedoch nicht ganz sicher beherrscht, so kann es wünschenswert sein, wenn der Helfer als ultima ratio diesen Eingriff wagt, anstatt den Patienten sterben zu lassen. Er begeht dann zwar eine Sorgfaltswidrigkeit (Übernahmeverschulden), die jedoch durch (mutmaßliche) Einwilligung des Patienten gerechtfertigt sein kann. Der Helfer bleibt auch dann straflos, wenn er sich den unsicher beherrschten Eingriff nicht zutraut und ihn daher unterlässt.
Fußnoten
1
Hündorf (2002) Rettungsdienst 29, 32; hier auch Hinweis auf Mangel an qualifizierten Notärzten, v. a. in ländlichen Gegenden
 
2
Bundesärztekammer (1993) Medizinrecht 42; diese Definition wird auch genannt von Schell (1994) Heilberufe 46: 28; Runggaldier/Nadler (1998) Rettungsdienst 409; Brenner (1997) Rechtskunde für das Krankenpflegepersonal einschließlich des Altenpflegepersonals und anderer Berufe im Gesundheitswesen, 6. Aufl. Stuttgart Jena Lübeck Ulm, S 246; Sefrin (1995) Notarzt 11: 129; Lissel (1998) Rechtsfragen im Rettungswesen—Risiken im Einsatz. Stuttgart, München, Rn. 180
 
3
Siehe Grenzwürker (2001) Rettungsdienst 52–53
 
4
Vgl. die Aufzählungen bei Lippert, Weißauer (1984) Das Rettungswesen. Berlin, Heidelberg, S 79; Gorgaß, Ahnefeld, Rossi Rettungsassistent und Rettungssanitäter, 5. Aufl. Berlin, Heidelberg, S 24; Ahnefeld, Dick, Gorgaß, Knuth (1994) Notfallmedizin 20: 88–89; Kurtenbach, Gorgaß, Raps (1997) Rettungsassistentengesetz, 2. Aufl. Stuttgart Berlin Köln, S 48–49
 
5
BÄK (2002) Notarzt 18: 65–66. Zur Defibrillation durch Laien vgl. auch Nadler, Jocham (2002) Rettungsdienst 83 (Polizei); Lipp (2001) Rettungsdienst 14 (Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen mit viel Publikumsverkehr)
 
6
Z. B. Sefrin (2001) Notarzt 17: 90–91
 
7
Tries (2002) Rettungsdienst 66
 
8
Vgl. Boll (2002) Medizinrecht 232 ff
 
9
Vgl. Positionspapier zur zukünftigen Regelkompetenz des Rettungsassistenten der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) e.V. (2002) Notarzt 18: 175 ff; Stellungnahme des Berufsverbandes für den Rettungsdienst e.V. (BVRD) Das Ende der Notkompetenz—die Regelkompetenz. http://​www.​agn-online.​de/​notkompetenz.​html
 
10
Stellungnahme des Berufsverbandes für den Rettungsdienst e.V. (BVRD) "Das Ende der Notkompetenz—die Regelkompetenz", http://​www.​agn-online.​de/​notkompetenz.​html; für eine einschränkende Auslegung des Gesetzeswortlauts bereits Bockelmann NJW 1966, 1145, 1146; im Detail Boll (2001) Strafrechtliche Probleme bei Kompetenzüberschreitungen nichtärztlicher medizinischer Hilfspersonen in Notsituationen. Springer, Berlin Heidelberg, S 164–168
 
11
Treffende Kritik an dieser inkonsequenten Rechtsprechung findet sich bei Bockelmann (1968) Strafrecht des Arztes. S 64, 85
 
12
Kluge (1999) Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23. Aufl. Berlin, New York
 
13
Duden (2000) Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich
 
14
Kempcke G (2000) Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Berlin, New York
 
15
Deutsch (1999) Medizinrecht, 4. Aufl. Berlin Heidelberg, Rn. 385; Uhlenbruck (1999) in: Laufs/Uhlenbruck (Hrsg) Handbuch des Arztrechts, 2. Aufl. München, § 43 Rn. 2
 
16
Dönicke-Jaeger (1991) Rettungsdienst 185, 187
 
17
Ausführlich hierzu Boll (s. oben), S. 41 ff.
 
18
OLG Hamm 3 U 26/98 vom 27.01.1999, zit. nach Ufer Rettungsdienst (2001) 46
 
19
Lippert (2002) Notfall Rettungsmed 6: 451
 
20
Tries (2001) Rettungsdienst 69; Schürer-Mohr (1998) Erlaubte Risiken—Grundfragen des "Erlaubten Risikos" im Bereich der Fahrlässigkeitsdogmatik. Frankfurt, S 192 ff
 
21
Tries (2002) Rettungsdienst 66, 68
 
22
Spendel (1973) Juristenzeitung 137, 141; Lippert (1981) Notfallmedizin 7: 207ff; Ufer (1998) in: Kühn, Luxem, Runggaldier (Hrsg) Rettungsdienst. München Berlin, S 645, 648
 
23
Zu Einzelheiten Boll (s. oben) S 105ff
 
24
Lippert (2001) Medizinrecht 182
 
25
Hündorf (2002) Rettungsdienst 29
 
Metadaten
Titel
Strafrechtliche Risiken bei Hilfeleistung ohne Arzt
verfasst von
Dr. iur. utr. M. Boll M.C.L.
Publikationsdatum
01.08.2003
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Notfall + Rettungsmedizin / Ausgabe 5/2003
Print ISSN: 1434-6222
Elektronische ISSN: 1436-0578
DOI
https://doi.org/10.1007/s10049-003-0572-3

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