Einleitung

Die Hyperglykämie der an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten Patienten trägt entscheidend zur Pathogenese mikrovaskulärer Komplikationen bei und ist Cofaktor bei der Entwicklung makrovaskulärer Erkrankungen.

Das primäre Ziel einer antihyperglykämischen Therapie ist daher das Vermeiden von akuten und chronischen Komplikationen der Hyperglykämie auf Basis der Verhinderung von Veränderungen im Zellstoffwechsel.

Des Weiteren stellen Symptomfreiheit, der Erhalt der Lebensqualität, sowie Komaprophylaxe wesentliche Therapieziele dar.

Der Zusammenhang zwischen Hyperglykämie und Mikroangiopathie ist im Vergleich zur Makroangiopathie stärker ausgeprägt und linear. Damit ist eine Prävention durch verbesserte Blutzuckereinstellung im Bereich der Mikroangiopathie leichter zu erreichen.

Therapieziele

Zu den allgemeinen Zielen der Therapie zählen:

  • Vermeiden von Akutkomplikationen,

  • Vermeiden von Folgekomplikationen,

  • Symptomfreiheit sowie Erhalt bzw. Wiederherstellung der Lebensqualität.

Bei Prädiabetes wird basierend auf der aktuell verfügbaren Datenlage die Umsetzung lebensstilmodifizierender Maßnahmen mit dem Ziel einer Gewichtsreduktion, Verbesserung der Ernährungsqualität und Steigerung der körperlichen Fitness empfohlen. Eine medikamentöse Therapie mit Metformin kann insbesondere bei Menschen unter 60 Jahren, bei einem BMI ≥ 35 kg/m2, bei positiver Familienanamnese, bei hohen Triglyzeriden und niedrigem HDL-Cholesterin und Frauen mit vorangegangenem Gestationsdiabetes in Erwägung gezogen werden.

Für die antihyperglykämische Therapie gelten unten angeführte Zielwerte. Als Mittel der ersten Wahl soll Metformin eingesetzt werden. Bei einer Kontraindikation oder einer Unverträglichkeit gegenüber Metformin muss je nach individuellen Erfordernissen des Patienten ein anderes der verfügbaren Präparate angewandt werden.

Sollte bei einer Monotherapie mit einem Medikament der Zielwert nicht erreicht werden, muss eine Therapiemodifikation durchgeführt werden. Möglichkeiten hierfür sind in den Abb. 1 und 2 zum Teil in Analogie zu den aktuell gültigen Leitlinien der Amerikanischen und Europäischen Diabetesgesellschaft dargestellt [1]. Weiterhin existieren nur wenige Daten zur Auswahl der Medikamente bei Triplekombinationen.

Abb. 1
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Therapie nach rezenter Diagnose Diabetes mellitus Typ 2

Abb. 2
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Blutzuckersenkende Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2

Große, randomisiert kontrollierte Studien der letzten Jahre konnten substanzspezifische kardiovaskuläre und renale Effekte unterschiedlichen Ausmaßes bei Gliflozinen (Empagliflozin > Canagliflozin > Dapagliflozin) wie auch bei GLP-1 Analoga (Liraglutid > Semaglutid) dokumentieren.

Wird unter Metformin der individuell festgelegte HbA1c-Zielwert nicht erreicht, so wird bei der erforderlichen Therapieeskalation die Berücksichtigung kardiovaskulärer Komorbiditäten empfohlen. Letztlich sollte bei bereits manifester kardiovaskulärer Erkrankung ein Präparat mit substanzspezifischen, positiven kardiovaskulären Effekten als Erweiterung der Metformintherapie ausgewählt werden.

Das HbA1c stellt die primäre Richtgröße der Stoffwechselkontrolle dar. Postprandiale Glukose und Nüchternglukose stellen weitere Richtgrößen dar.

FACT-Box

  • Basis jeder Diabetestherapie ist eine lebenslange Lebensstilmodifikation (Gewichtsreduktion/Bewegung).

  • Bei kurzer Diabetesdauer und langer Lebenserwartung wird ein HbA1c-Zielwert < 6,5% empfohlen, sofern das ohne relevante Nebenwirkungen der Therapie erreicht werden kann.

  • Ein HbA1c-Ziel kleiner 7,0% ist für einen ausreichenden mikro- und makrovaskulären Schutz notwendig.

  • Metformin nimmt nach wie vor eine zentrale Rolle in der Behandlung ein.

  • Derzeit gibt es für Empagliflozin, Canagliflozin, Dapagliflozin, Liraglutid, Semaglutid und Pioglitazon (sekundärer Endpunkt) publizierte, positive, substanzspezifische kardiovaskuläre Daten aus placebokontrollierten, randomisierten prospektiven Studien (RCT).

Generell ist für die meisten Patienten ein HbA1c < 7,0% für einen ausreichenden mikrovaskulären, makrovaskulären und zellulären Schutz notwendig.

Bei Patienten mit kurzer Diabetesdauer, langer Lebenserwartung und keiner relevanten kardiovaskulären Komorbidität ist ein HbA1c-Wert unter 6,5% sinnvoll.

Bei Patienten mit mehreren, schweren Hypoglykämien und/oder eingeschränkter Lebenserwartung sowie multiplen Spätkomplikationen kann ein HbA1c-Zielwert bis zu 8,0% als ausreichend erachtet werden.

Neben dem HbA1c stellen die Nüchtern- und die postprandiale Glukose sekundäre Richtgrößen dar. Dementsprechend sollte die Nüchternglukose unter 130 mg/dl (ideal < 110 mg/dl) liegen und die postprandiale Glukose (2 h nach einer Mahlzeit) maximal 180 mg/dl betragen.

Antidiabetika im Überblick

Tab. 1 Bewertung oraler Antidiabetika und von Insulin

Metformin

Metformin (Tab. 1) wirkt primär durch eine Hemmung der Glukoneogenese mit Senkung der (Nüchtern)-Glukoseproduktion, nachfolgend tritt eine Verbesserung der hepatischen und peripheren Insulinsensitivität ein. In der Monotherapie wird durch Metformin eine HbA1c-Reduktion von ca. 1,5% bei einer Senkung des Nüchternblutzuckers um 30–40 mg/dl erreicht. Die Metformintherapie wird mit zweimal 500 mg pro Tag begonnen und sollte langsam (1–2 wöchentlich) bis zu 2000 mg gesteigert werden. Generell ist auch bei übergewichtigen, geriatrischen Patienten eine initiale Therapie mit Metformin zu empfehlen. Der appetithemmende und damit gewichtsreduzierende Effekt (bis zu −2 kg über mehrere Jahre) von Metformin kann aber gerade beim geriatrischen Patienten aufgrund der Gefahr einer Malnutrition unerwünscht sein (siehe Geriatrie-Leitlinie). Gastrointestinale Nebenwirkungen werden bei dieser schrittweisen Steigerung der Tagesdosis reduziert. Als Kontraindikationen für die Metformintherapie gelten eine schwere Einschränkung der Nierenfunktion, dekompensierte Lebererkrankungen, akute Pankreatitis, Alkoholismus, Malnutrition, eine dekompensierte Herzinsuffizienz und/oder andere hypoxische Situationen. Metformin darf bei Patienten/Patientinnen mit eGFR-Werten zwischen 30–45 ml/min/1,73 m2 bei Fehlen von anderen Risikofaktoren für Laktatazidosen in einer Dosierung von 1000 mg, täglich aufgeteilt auf zwei Dosen, angewandt werden. Die glomeruläre Filtrationsrate sollte mit Hilfe einer entsprechenden Formel (zum Beispiel CKD-EPI oder MDRD) evaluiert zumindest alle 3–6 Monate kontrolliert werden. Falls die eGFR unter 30 ml/min/1,73 m2 abfällt, muss Metformin abgesetzt werden. Bei interkurrierenden schweren Erkrankungen (schwere Infektionen) sowie auch bei Diarrhoe und Exsikkose und der Applikation von jodhaltigen Kontrastmitteln soll Metformin ebenso vorübergehend pausiert werden. Da es unter einer Langzeittherapie mit Metformin zu einem Vitamin B12-Mangel kommen kann, wird empfohlen, die Vitamin B12-Spiegel in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, vor allem wenn eine Anämie oder eine periphere Neuropathie vorliegt.

SGLT2-Inhibitoren

Der Natrium-Glucose-Cotransporter (SGLT2) ist verantwortlich für den größten Teil der Glukose-Resorption im proximalen Tubulus der Niere. Die SGLT2-Inhibitoren bewirken daher eine kontrollierte Glukosurie und damit eine Reduktion der Hyperglykämie. Die Wirkung der SGLT-2-Hemmer ist unabhängig von Insulin. Die aktuell verfügbaren Substanzen sind Dapagliflozin, Empagliflozin, Canagliflozin und Ertugliflozin. Prinzipiell können SGLT-2-Hemmer in jeder Kombination eingesetzt werden. Neben der Blutzuckersenkung (das HbA1c sinkt um 0,5–1%) kommt es zu einer Senkung des Blutdruckes (2–4/1–2 mm Hg) und zu einer Gewichtsabnahme (−2–3 kg), wobei das LDL-Cholesterin gering ansteigt (etwa 5%). Aufgrund der glukosurischen Wirkung dieser Medikamentenklasse ergibt sich auch ein diuretischer Effekt. Unter Therapie mit Gliflozinen wurde vereinzelt das Auftreten von euglykämischen Ketoazidosen berichtet [2]. Laut einer FDA-Warnung vom Dezember 2015 gibt es dafür potenzielle Risikofaktoren: Infektionen, „Low-Carbohydrate Diet“, Reduktion/Absetzen einer laufenden Insulintherapie, Absetzen von oralen Insulinsekretagoga, Diabetes mellitus Typ 1 und Alkoholmissbrauch. Sollte sich eine Ketoazidose bestätigen, müssen die SGLT-2-Hemmer sofort abgesetzt und eine stationäre Therapie eingeleitet werden. Generell sollen Gliflozine bei Operationen und/oder schweren Erkrankungen pausiert werden.

Ertugliflozin ist durch die Behörden bereits zugelassen worden, die entsprechenden, kardiovaskulären Endpunktstudien werden derzeit gerade durchgeführt.

GLP-1-Rezeptor Agonisten

Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) Rezeptor Agonisten (Exenatid, Liraglutid, Semaglutid, Lixisenatid, Dulaglutid) führen zu einer Glukose-abhängigen Steigerung der pankreatischen Insulinsekretion, Hemmung der Glucagonfreisetzung und der Magenentleerung sowie Auslösung eines Sättigungsgefühls durch Stimulation des Sättigungszentrums im Gehirn. Sie müssen subkutan in Intervallen von einmal täglich bis einmal wöchentlich (Exenatid LAR, Dulaglutid, Semaglutid) je nach Substanz verabreicht werden. Neben effektiver Blutzuckerreduktion sind die fehlende Hypoglykämieneigung und eine, in Studien beobachtete, Gewichtsreduktion festzuhalten. Gastrointestinale Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen) treten häufiger auf als unter Placebo.

Pioglitazon

Pioglitazon erhöht die Insulinsensitivität als Ligand der nukleären Hormonrezeptorfamilie PPAR-ϒ, über die Regulation der Expression verschiedener insulinempfindlicher Gene. Im Fettgewebe erfolgt eine verstärkte Differenzierung von Präadipozyten zu Adipozyten und damit eine Beeinflussung der metabolischen und endokrinen Aktivität. Die Insulinsensitivität in Leber, Skelettmuskel und im Fettgewebe nimmt zu. In Abhängigkeit vom Ausgangs-HbA1c-Wert und der Dosierung reduzieren Glitazone den HbA1c-Wert um etwa 1,5%. Zu den Nebenwirkungen der Glitazontherapie zählen Gewichtszunahme und verstärkte Ödemneigung auf Basis von Flüssigkeitsretention. Kontraindikationen für die Glitazontherapie sind Herzinsuffizienz (wegen Flüssigkeitsretention durch erhöhte Natrium-Rückresorption) und Leberfunktionsstörungen. Pioglitazon selbst hat keine direkten negativen, kardialen Effekte. Bei postmenopausalen Frauen wurde eine Steigerung traumatischer Knochenbrüche beobachtet.

Gliptine

Dipeptidyl-Peptidase-IV-Inhibitoren (Sitagliptin, Vildagliptin, Saxagliptin, Linagliptin, Alogliptin) als Abbauhemmer des körpereigenen GLP-1 führen zu einer Glukose-abhängigen Steigerung der pankreatischen Insulinsekretion und Hemmung der Glucagonfreisetzung. Diese Substanzen zeigen keine Hypoglykämieneigung und sind gewichtsneutral. Aufgrund der relativ geringen Wirkung in der Monotherapie werden sie in Kombination mit Metformin (primär), anderen OADs oder aber in Tripelkombination eingesetzt. In Kombination mit Metformin wird eine substanzeigene HbA1c-Senkung von ca. 0,8% beobachtet.

In den RCTs fand sich eine numerisch erhöhte Inzidenz für Pankreatitis im Promillebereich, diese erreichte jedoch in den Einzelstudien keine statistische Signifikanz.

Sulfonylharnstoffe

Sulfonylharnstoffe (Gliclazid, Glimepirid, Gliquidon) stimulieren die pankreatische Insulinsekretion und resultieren in einer mittleren zu erwartenden HbA1c-Reduktion um 1,5%. Zu den klinisch relevanten Nebenwirkungen zählt das erhöhte Hypoglykämierisiko. Gliclazid hat ein niedrigeres Hypoglykämierisiko im Vergleich zu den meisten anderen Sulfonylharnstoffen. In den letzten Jahren wurden Sulfonylharnstoffe in Zusammenhang mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko gebracht, welches in Metaanalysen für die angeführten Sulfonylharnstoffe nicht bestätigt werden konnte.

Glinide

Glinide (Repaglinid) führen zu einer gegenüber Sulfonylharnstoffderivaten kürzer dauernden prandialen Insulinsekretion mit einer größeren Flexibilität hinsichtlich der Nahrungsaufnahme. Analog zu den Sulfonylharnstoffen besteht jedoch auch ein Hypoglykämierisiko. Die HbA1c-Reduktion in der Monotherapie beträgt ca. 1,0%. Diese Präparate sind unmittelbar präprandial einzunehmen. Positive, kardiovaskuläre Endpunktstudien liegen für die Glinide nicht vor.

Alpha-Glucosidase-Inhibitoren

Diese Substanzklasse, deren wichtigster Vertreter Acarbose ist, bewirkt über eine Hemmung der intestinalen Kohlenhydratverdauung eine Reduktion vor allem der postprandialen Blutzuckerwerte um 50–60 mg/dl und des HbA1c-Werts um 0,7%. Acarbose kann sowohl als Monotherapie als auch als Therapieergänzung eingesetzt werden. Nebenwirkungen dieser Therapie (Blähungen und Bauchschmerzen) können durch eine schrittweise Dosissteigerung und individuelle Anpassung verringert werden.

Insuline

Generell stellt die Basalinsulintherapie eine einfache und gleichzeitig auch sichere Möglichkeit für den Einstieg in eine Insulintherapie dar. Kann unter dieser Therapie das individuell festgelegte Therapieziel nicht erreicht werden, so sollte je nach Wünschen und Bedürfnissen des Patienten eine Intensivierung der Therapie mithilfe eines zusätzlich verabreichten, prandialen Insulins oder mittels Mischinsulin erfolgen (siehe Insulintherapie-Leitlinie.

Evidenzlage

Blutzuckersenkung

Der epidemiologische Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Hyperglykämie und dem Auftreten mikro- und makrovaskulärer sowie zellulärer Komplikationen ist gesichert.

Die zentrale Evidenz der UKPDS ist, dass eine intensivierte Therapie mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen einer konventionellen Therapie mit primär Diät im Hinblick auf Komplikationen überlegen ist, wobei eine Verbesserung des HbA1c um 0,9% erreicht wurde [3].

Ein spezifischer Substanzvorteil stellte sich nur für Metformin als Therapie der 1. Wahl bei übergewichtigen Patienten dar. In dieser Gruppe wurden Myokardinfarkte sowie Diabetes-assoziierte Mortalität und Gesamtmortalität signifikant gesenkt [4]. Die Follow-up-Untersuchung der UKPDS-Population legt nahe, dass durch intensivierte Therapie langfristig die Gesamtmortalität gesenkt werden kann [5]. Ebenso legt diese Untersuchung die Existenz eines „metabolischen Gedächtnisses“ bei frisch manifestierten Patienten mit Typ 2 Diabetes nahe.

UKPDS [5], ADVANCE [6], ACCORD und VADT [7, 8] legen zusammenfassend nahe, dass eine gute Blutzuckerkontrolle durch intensivierte Therapiestrategien, möglichst unmittelbar nach Diagnosestellung, erreicht und ohne schwere Hypoglykämien und exzessive Gewichtszunahme aufrechterhalten werden sollte. Langzeitbeobachtungen der Studien haben gezeigt, dass eine kardiovaskuläre Risikoreduktion von ca. 20% erreicht werden kann [9]. In diesen Studien hatten die Patientengruppen mit den tiefsten HbA1c-Werten auch die niedrigste Mortalitätsrate pro Jahr.

Substanzspezifische, kardiovaskuläre Effekte

SGLT-2-Hemmer

Die EMPA-REG Outcome-Studie [10] zeigte eine signifikante Reduktion des primären Endpunktes (kardiovaskulärer Tod, nicht-tödlicher Myokardinfarkt oder nicht-tödlicher Insult) durch Empagliflozin verglichen mit Placebo (HR 0,86 CI 0,74–0,99, p = 0,04). Kardiovaskulärer Tod (HR 0,62 CI 0,49–0,77, p < 0,001) und Gesamtmortalität (HR 0,68; CI 0,57–0,82; p < 0,001) wurden bei den in der Studie eingeschlossenen Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen (KHK 75%, Herzinfarkt 43%, Schlaganfall 26%, PAVK 23%, Herzinsuffizienz 10%) unter Empagliflozin signifikant im Vergleich zu Placebo gesenkt. Auch die Hospitalisierungsrate für Herzinsuffizienz sank unter Empagliflozin um ein Drittel (HR 0,65; CI 0,50–0,85; p = 0,002), das Auftreten von nicht-tödlichem Herzinfarkt, instabiler Angina pectoris und nicht-tödlichem Schlaganfall wurden hingegen nicht signifikant beeinflusst. Besonders bemerkenswert ist, dass die Effekte trotz Vorbehandlung (75% Metformin, 48% Insulin, 75% Statine, 80% ACE/ARB, 90% Plättchen-Inhibitoren; 25% CABG) nachweisbar waren und zeitlich bereits sehr frühzeitig (nach 3–6 Monaten) auftraten. In weiterführenden Analysen konnte letztlich auch eine Reduktion renaler Endpunkte (Progression zu Makroalbuminurie, Verdoppelung des Serumkreatinins in Verbindung mit einer eGFR ≤ 45 ml/min/1,73 m2, Neubeginn einer Nierenersatztherapie oder renaler Tod) (HR 0,61; CI 0,53–0,70; p < 0,001) dokumentiert werden [11]. Beinahe analog zu Empagliflozin zeigte auch Canagliflozin eine signifikante Reduktion des präspezifizierten Endpunktes (HR 0,86; CI 0,75–0,97, p = 0,02). Im Vergleich zu EMPA-REG Outcome betrug die Prävalenz der kardiovaskulären Erkrankung in CANVAS 65,6% [12].

Die substanzspezifische, kardiovaskuläre Sicherheit von Dapagliflozin wurde in der DECLARE–TIMI 58 Studie an 17.160 Patienten untersucht, wobei 10.186 Patienten am Beginn der Studie keine kardiovaskuläre Erkrankung aufwiesen. Im Rahmen der primären Ergebnisanalyse konnte die kardiovaskuläre Sicherheit von Dapagliflozin bestätigt werden. Darüber hinaus wurde eine signifikante Reduktion des kombinierten Endpunktes aus kardiovaskulären Todesfällen und Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz registriert (HR 0,83; CI 0,73–0,95; p = 0,005). Dieser Effekt war hauptsächlich durch eine Reduktion der Hospitalisierung durch Herzinsuffizienz getrieben. Die Reduktion von Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz konnte auch in der Gruppe mit multiplen Risikofaktoren (Dyslipidämie, Hypertonie, Rauchen) ohne vorhergehende kardiovaskuläre Erkrankung nachgewiesen werden [13].

GLP1-Analoga

Auch für Liraglutid liegen positive Daten aus einer kardiovaskulären Endpunktstudie vor. In der LEADER-Studie bewirkte Liraglutid eine signifikante Reduktion kardiovaskulärer Todesfälle und weiterführend eine Reduktion des präspezifizierten Endpunktes (HR 0,87; CI 0,78–0,97; p = 0,01 für superiority). Des Weiteren konnte ein präspezifizierter, kombinierter renaler Endpunkt ebenso signifikant reduziert werden. Am Beginn der Studie hatten 81% der Patienten eine bekannte kardiovaskuläre Erkrankung [14].

Für Semaglutid bestätigt die SUSTAIN-6 Studie ebenfalls positive kardiovaskuläre Effekte. Der primäre Endpunkt trat in der Semaglutid-Gruppe signifikant geringer auf (HR 0,74; CI 0,58–0,95 p < 0,001 für Non-Inferiority), wobei nicht tödliche Schlaganfälle in der Semaglutidgruppe signifikant reduziert wurden (HR 0,61; CI 0,38–0,99; p = 0,04) Entgegen den positiven kardiovaskulären Effekten kam es unter Semaglutid zu gehäuften Manifestationen der diabetischen Retinopathie (Glaskörperblutung, Erblindung, intravitreale Injektionen oder Photokoagulation) (HR 1,76; CI 1,11–2,78, p = 0,02) [15].

PPAR-Gamma-Agonisten

Die Datenlage für Pioglitazon ist hinsichtlich einer möglichen kardiovaskulären Prävention ebenso positiv. Für Pioglitazon existiert mit PROACTIVE eine positive Endpunktstudie [16], die hinsichtlich des sekundären Endpunktes schwerer kardiovaskulärer Ereignisse insgesamt und besonders für die Subgruppen der Patienten mit vorangegangenem Myokardinfarkt [17] oder Schlaganfall [18] deutliche Vorteile zeigt. Dieser sekundäre Endpunkt war gleich wie der primäre Endpunkt in den rezenten Cardiovascular Outcome Trials. Der primäre Endpunkt der PROACTIVE-Studie, der auch weniger harte kardiovaskuläre Ereignisse wie Amputationen einschloss, wurde nicht signifikant reduziert. Eine Metaanalyse für Pioglitazon unterstützt die möglichen kardiovaskulär präventiven Eigenschaften [19]. Die TOSCA.IT-Studie verglich Pioglitazon mit Sulfonylharnstoffen (Glimepirid, Gliclazid) zusätzlich zu einer bereits etablierten Metformintherapie hinsichtlich eines kombinierten, kardiovaskulären Endpunktes (Gesamtmortalität, nicht tödlicher Myokardinfarkt, nicht tödlicher Insult, dringliche Revaskularisation eines Koronargefäßes). Zusammenfassend konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den unterschiedlichen Therapiestrategien (HR 0,96; 95% CI 0,74–1,26, p = 0,79) dokumentiert werden [20]. In der IRIS-Studie, welche bei Patienten mit rezentem Insult und Insulinresistenz allerdings ohne manifestem Diabetes mellitus Typ 2 durchgeführt wurde, bewirkte eine Therapie mit Pioglitazon eine signifikante Reduktion des Auftretens von erneuten ischämischen Insulten und Myokardinfarkt (HR 0,76; CI 0,62–0,93; p = 0,007) [21].

Gliptine

Rezente Endpunktstudien belegen die kardiovaskuläre Sicherheit von Sita‑, Saxa- Lina- und Alogliptin. Es konnte aber kein kardiovaskulärer Zusatznutzen nachgewiesen werden. Im Rahmen der SAVOR-TIMI-53-Studie wurde unter einer Therapie mit Saxagliptin eine signifikant höhere Rate von Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz beobachtet. Dieses Resultat bestätigte sich jedoch in den Studien für Sita- und Alogliptin nicht [22,23,24].

Acarbose

Im Rahmen der ACE-Studie konnte kein direkter, substanzspezifischer, kardiovaskulärer Zusatznutzen nachgewiesen werden [25].

Basalinsulinanaloga

Unter einer Basalinsulintherapie mit Glargin konnte in der ORIGIN-Studie bei rezent an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten Patienten keine signifikante Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte gezeigt werden. Unter Glargin kam es aber auch zu keiner Zunahme kardiovaskulärer Ereignisse. Insulin Glargin kann somit als kardiovaskulär sicher angesehen werden. Interessanterweise waren im Vergleich zur Kontrollgruppe die Hypoglykämierate und die Gewichtszunahme zwar signifikant erhöht, aber nur gering ausgeprägt [26]. Im Vergleich zu Glargin konnte auch für Insulin Degludec die kardiovaskuläre Sicherheit gezeigt werden [27].

Studiendaten zu kardiovaskulärer Sicherheit und Vorteile antidiabetischer Substanzen aus randomisierten, placebokontrollierten Studien sind in Abb. 3 angeführt.

Abb. 3
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Evidenz zu kardiovaskulärer Sicherheit und Vorteil antidiabetischer Substanzen aus randomisierten, placebokontrollierten Studien* Hypothesengenerierend; sekundärer Endpunkt; hierarchische Testung, Nachbeobachtung. (= neutral oder nicht bestimmt, ↓ Reduktion der Ereignisse, MACE Major Adverse Cardiovascular Event, 3-MACE CV Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt oder Insult, **4-MACE in TECOS und ELIXA: CV Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt oder Insult und Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris, HHI Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, CVOT Cardiovascular Outcome Trial,ADRE Any Diabetes Related Endpoint, Devote Trial „Non Inferiority“ gegenüber Origin Trial)