Im vorliegenden Beitrag werden die Besonderheiten entzündlich-rheumatischer Erkrankungen und Syndrome bei Patienten im höheren Lebensalter von über 60 Jahren dargestellt. Die nichtentzündlichen altersbedingten bzw. altersassoziierten muskuloskelettalen Erkrankungen, z. B. die Arthrose oder die langjährig entstandenen chronischen Überlastungssyndrome, sind nicht Gegenstand dieser Arbeit. Die Gerontorheumatologie ist die Lehre von den Besonderheiten der klinischen Manifestation, des Verlaufs, der Prognose und der Therapieprinzipien bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen im höheren Lebensalter, d. h. beim Älteren (über 60-Jährigen), Betagten (über 80-Jährigen) und Hochbetagten (über 90-Jährigen).

Dies betrifft einerseits die besonderen Aspekte, die bei der Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen zu berücksichtigen sind, die schon in früheren Lebensabschnitten an ihrer Krankheit litten und nun ein höheres Lebensalter erreichen, und andererseits Erkrankungen mit Erstmanifestation im höheren Lebensalter, deren Symptomatik sich oft von analogen Erkrankungen bei jüngeren Patienten unterscheidet. Diese gerontorheumatologische Fragestellungen werden in den kommenden Jahren für den praktisch tätigen Fachrheumatologen an Bedeutung gewinnen, da durch die steigende Lebenserwartung der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung prozentual zunimmt und die Konsultation von Rheumatologen durch ältere, betagte oder hochbetagte Patienten dementsprechend steigen werden.

Besonderheiten des geriatrischen Patienten

Auch bei gesunden Menschen zeigen sich im höheren Lebensalter physiologische Altersveränderungen wie Abbau der Muskelmasse, Reduzierung der Adaptationsfähigkeit des Organismus, alters- und verschleißbedingte Gelenkveränderungen.

Gleichzeitig können Veränderungen des Stoffwechsels, altersbedingte Einschränkungen der Medikamentenutilisation oder Nierenfunktionseinbußen hinzutreten, die für die gerontorheumatologische Therapieplanung berücksichtigt werden müssen.

Andererseits ist zu betonen, dass bei altersentsprechender Organgesundheit das Immunsystem im Alter genau so effektiv funktioniert wie bei jüngeren Menschen. Dies ist z. B. wesentlich für den Erfolg der Schutzimpfungen bei Älteren.

Entzündliche Systemerkrankungen bedrohen durch Schmerz und Funktionseinschränkungen den älteren Patienten schneller in seiner Alltagskompetenz und Funktionsfähigkeit. Damit gewinnt die adäquate Behandlung rheumatischer Erkrankungen im höheren Lebensalter eine entscheidende Bedeutung für die Betroffenen, um Immobilisierung oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

Anhand der klinischen Erfahrung in der Betreuung älterer Patienten lassen sich 4 wesentliche Situationen definieren, die von besonderer gerontorheumatologischer Bedeutung sind und im Folgenden dargestellt werden:

  • rheumatoide Arthritis mit Erstmanifestation im höheren Lebensalter,

  • Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis,

  • Kollagenosen im höheren Lebensalter,

  • atypisch verlaufende Chondrokalzinose.

Rheumatoide Arthritis im höheren Lebensalter

Die Manifestation einer rheumatoiden Arthritis (RA) im höheren Lebensalter („late onset rheumatoid arthritis“, LORA ) weist im Vergleich zur RA des jüngeren Patienten einige Besonderheiten sowohl bei Erstmanifestation als auch im Verlauf auf.

Die LORA tritt oft als akute Allgemeinerkrankung mit teilweise sogar dominierender Begleitsymptomatik wie plötzlich einsetzenden ausgebreiteten Schmerzen, Fieber, deutlicher Müdigkeit oder Abgeschlagenheit auf. Die entzündungsassoziierte Eisenmobilisationsstörung bewirkt bei dem oft nur grenzwertig kompensierten Hämoglobin älterer Patienten schnell eine deutliche Anämie, die zu kardiovaskulären Symptomen, Belastungsdyspnoe und auch zur Beeinträchtigung weiterer Funktionen innerer Organe führen kann. Selten treten im Zusammenhang mit diesen entzündlichen Systemmanifestationen auch Leistungsschwäche, Depression und Inkompetenz im Alltag hinzu.

Das Erkennen der LORA ist aufgrund dieser Befundkonstellation oft schwer und erfordert eine weite Differenzialdiagnostik (Infobox 1).

Für den Rheumatologen auffallend, da von der RA im jüngeren Lebensalter abweichend, sind:

  • ein Überwiegen des männlichen Geschlechts (1,6:1,0/Männer:Frauen),

  • häufiger Befall der größeren Extremitätengelenke wie Schulter-, Knie- und Handgelenke und

  • ein initial eher oligoartikuläres Manifestationsbild.

Laborchemisch sind in der Frühphase Rheumafaktoren und CCP- (zyklische zitrullinierte Peptid-) Antikörper häufiger negativ als bei der jüngeren RA-Form, während sich aufgrund der Alterungsvorgänge des Immunsystems häufiger schwach positive ANA- (antinukleäre Antikörper-) Titer finden. BKS (Blutkörperchensenkungsreaktion) und CRP (C-reaktives Protein) sind meist deutlich beschleunigt.

In der bildgebenden Diagnostik zeigen sich arthrosonographisch oft starke exsudative Synovialitiden mit deutlichen Gelenkergüssen, häufige tenosynovialitische Begleitsymptome und charakteristischerweise auch Bursitiden im Bereich der größeren Gelenke.

Nativradiologisch und magnetresonanztomographisch finden sich auch bei altersbedingt vorveränderten Gelenken schnell deutliche Zeichen des Knochenödems , des Knorpelverlusts und eine früh einsetzende Erosivität.

Die Therapieprinzipien bei LORA haben sich in den vergangenen Jahren entscheidend verändert (Infobox 2). Während früher das Prinzip des nihil nocere oft zu einer langfristigen Monotherapie mit Glukokortikoiden führte, gilt heute, dass einerseits eine gezielte und altersangepasste Basistherapie effektiv durchgeführt werden kann und andererseits die Risiken einer dosisangepassten Basistherapie geringer sind als die der Langzeit-Glukokortikoid-Behandlung des älteren Patienten mit präexistenter Osteoporose, Kataraktbildung oder gestörter Glukosetoleranz.

Dennoch ist beim Einsatz von konventionellen Basistherapeutika Vorsicht geboten: Die altersbedingte Einschränkung der Nierenfunktion bei gleichzeitiger Abnahme der Muskelmasse führt oft zu fälschlich normalen Kreatininwerten, während bei Berechnung der GFR (glomerulären Filtrationsrate) eine eingeschränkte Nierenfunktion erkennbar wird. Diese kann zu erhöhter Toxizität verschiedener Basistherapeutika beitragen.

Daher gilt der Grundsatz, dass die üblichen Basistherapeutika wie Sulfasalazin, Methotrexat und Leflunomid gut einsetzbar sind. Jedoch sollte bei älteren Patienten in deutlich niedrigerer Dosierung begonnen und nur bei erwiesener organbezogener Verträglichkeit schrittweise die normalen Dosierungsbereiche erreicht werden.

So gilt bei Sulfasalazin die Empfehlung einer langsameren Dosissteigerung als bei jüngeren Patienten. Bei Methotrexat empfiehlt sich eine vorsichtige Dosierung mit 7,5 mg (teilweise auch nur 5 mg, höchstens 10 mg) als Wochendosis und bei Leflunomid eine Startdosis von allenfalls 10 mg täglich (oft auch nur 10 mg jeden zweiten Tag). Bei erwiesener subjektiver Verträglichkeit und laborchemisch ausgeschlossenen Nebenwirkungen bezüglich Blutbild, Leber- und Nierenfunktion kann die Dosis z. B. in 4-wöchentlichen Intervallen gesteigert werden. Sowohl die klinische Erfahrung als auch Studiendaten belegen, dass auch bei älteren Patienten mit LORA der Einsatz von Biologika, in erster Linie TNF- (Tumor-Nekrose-Faktor-) Antagonisten möglich ist. Eine individuelle Abwägung zwischen gutem Therapieeffekt und Risiken der Immunsuppression ist aber gerade beim älteren Patienten wichtig.

Schließlich ist die begleitende Schmerztherapie in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden. Aufgrund der Risiken des längerfristigen und hochdosierten Einsatzes nichtsteroidaler Antiphlogistika (NSAR) bei kardiovaskulärer Komorbidität ist die Einsatzmöglichkeit dieser Substanzgruppe bei älteren Patienten sehr oft eingeengt. Ob reine Analgetika hier eine wirkungsvolle Alternative darstellen, muss bezweifelt werden. Gerade ältere Patienten leiden bei Einsatz von zentral wirksamen Analgetika und Opioiden verstärkt unter Allgemeinsymptomen, Schwindel und Aufmerksamkeitsdefiziten, die das Sturzrisiko deutlich erhöhen und die Einsatzmöglichkeit dieser Substanzgruppe deutlich relativieren.

Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis

Diese Erkrankungen sind die Prototypen der entzündlich-rheumatischen Systemkrankheiten mit überwiegender Erstmanifestation im höheren Lebensalter. Mehr als 90% der Polymyalgiefälle treten erstmals nach dem 60. Lebensjahr auf. Die Inzidenz beträgt etwa 50 pro 100.000 über 50-Jährigen und steigt mit zunehmendem Lebensalter weiter an.

Oft manifestiert sich die Polymyalgia rheumatica eindrücklich als akut einsetzendes schweres Krankheitsbild mit plötzlicher unerklärter Einschränkung der Alltagskompetenz bis hin zur schnellen Hilfsbedürftigkeit bei Nahrungsaufnahme und Körperhygiene. Starke Schmerzen auch in Ruhe und verstärkt bei Muskelbelastung, häufige Begleitsymptome im Sinne einer B-Symptomatik und die Zeichen einer entzündlichen Systemerkrankung sind typisch.

Die Klinik ist geprägt durch proximale Myalgien des Schultergürtels und des Beckengürtels. Neuere Studien zeigen, dass bildmorphologisch in der Sonographie Bursitiden als Ursache dieser Symptomatik identifiziert werden können.

Laborchemisch sind BKS und CRP erhöht, während die weiteren Autoimmunparameter wie Rheumafaktoren, CCP-Antikörper, ANA oder ANCA (antineutrophile zytoplasmatische Antikörper) negativ sind.

Neben der reinen Polymyalgie findet sich bei einem Drittel der Patienten zusätzlich eine Großgefäßvaskulitis vom Typ der Riesenzellarteriitis (RZA)/Arteriitis temporalis. Umgekehrt weist ebenfalls nur ein Drittel der RZA-Patienten eine parallele Polymyalgiesymptomatik auf.

Die hierzulande häufig gebrauchte Krankheitsbezeichnung Arteriitis temporalis suggeriert eine Begrenzung des Krankheitsgeschehens auf die Schläfenarterien. Neuere bildgebende Verfahren, z. B. die PET (Positronenemissionstomographie), haben jedoch deutlich gemacht, dass viele Patienten eine Beteiligung großer arterieller Gefäße wie Aorta, A. subclavia, A. mesenterica oder A.  iliaca aufweisen. Bei etwa einem Drittel der RZA-Patienten sind nur diese Gefäßabschnitte betroffen.

Sofern keine bildgebende Diagnostik – z. B. mit der aufwendigen und derzeit im Rahmen der Krankenversorgung nur begrenzt finanzierten PET-Untersuchung – zur Verfügung steht, kann eine Differenzierung zwischen Polymyalgia rheumatica und RZA nur eingeschränkt erfolgen. Reine muskelkaterähnliche und gelenkbezogene Symptome weisen eher auf eine alleinige Polymyalgia rheumatica. Treten Kopfschmerzen, Schläfenkopfschmerz, Kauschmerzen oder ausgeprägte Durchblutungsstörungssyndrome der Extremitäten hinzu, kann eine RZA unterstellt werden.

Mittels der hochauflösenden Farbdopplersonographie zeigen sich bei RZA oft typische „Halo“-Befunde, durch die erfahrene Untersucher eine Sensitivität bei der Diagnosesicherung von etwa 90% und damit ähnlich wie die Temporalisbiopsie erreichen. Andererseits schließen fehlende dopplersonographische Auffälligkeiten sowie eine negative Histologie der A. temporalis eine Großgefäßvaskulitis anderer, z. B. aortennaher Äste, nicht aus (Infobox 3).

Ein möglicher Hinweis auf eine Großgefäßbeteiligung ist das verzögerte Ansprechen auf die Primärtherapie mit Glukokortikoiden . Nach wie vor stellen diese den Ankerpunkt der entsprechenden gezielten Therapiemaßnahmen dar.

Die Polymyalgia rheumatica ohne begleitende RZA ist oft durch einen geringeren Kortisonbedarf zur effektiven Kontrolle der Krankheitssymptome und eine schnelle Normalisierung der humoralen Entzündungsparameter bei Dosierungen von 20–30 mg Prednisolon-Äquivalent gekennzeichnet.

Dem gegenüber erfordert die RZA oft eine längerfristige höherdosierte Behandlung entweder mit Glukokortikoiden im Bereich von bis zu 1 mg pro kg Körpergewicht über längere Zeit oder den Einsatz zusätzlicher Immunsuppressiva wie Methotrexat, Azathioprin, auch Cyclophosphamid oder andere Immunmodulatoren.

Insgesamt gilt es, bei Polymyalgie und/oder RZA die humorale Entzündungsaktivität ausreichend zu kontrollieren und dann unter Einsatz von Steroiden, ggf. unter zusätzlichem Einsatz von Immunsuppressiva, die Krankheit langfristig zu behandeln. Bei zu schneller Therapiereduktion drohen oft Rezidive. In diesen Fällen können Immunsuppressiva, primär Methotrexat, erfolgreich zur Steroideinsparung eingesetzt werden.

Kollagenosen im höheren Lebensalter

Die häufigste Kollagenoseform im höheren Lebensalter ist das Sjögren-Syndrom . Ob hier ätiopathogenetisch Alterungsvorgänge des Immunsystems und ein Erlahmen der Immun-Surveillance für das B-Lymphozyten-Kompartiment eine Rolle spielen, ist derzeit nicht abschließend geklärt. Möglich erscheint jedoch eine unzureichende Immunkompetenz zur Elimination autoreaktiver B-Zell-Klone, die zu einer vermehrten Aktivität von B-Lymphozyten in Form polyklonaler Stimulationsmechanismen führt. Dies könnte zur Ausbildung von Autoantikörpern (Rheumafaktoren, ANA, SSA- und SSB-Kernautoantikörper) beitragen.

Das durch ein Sicca-Syndrom des Auges und des Mundes aufgrund einer glandulären Funktionsverminderung durch eine autoimmunologische Entzündung des Drüsengewebes gekennzeichnete Sjögren-Syndrom geht oft einher mit blanden Arthritiden, einer deutlichen Einschränkung des Allgemeinbefindens, einem Raynaud-Syndrom sowie chronischer Müdigkeit. Bei dieser Symptomkonstellation erklärt sich die erschwerte Erkennung des Sjögren-Syndroms bei älteren Patienten, da die entsprechenden Symptome vieldeutig und oft auf andere Erkrankungsformen zurückzuführen sind. So sind Medikamente wie z. B. Antidepressiva eine sehr viel häufigere Ursache von Mundtrockenheit beim älteren Patienten als das Sjögren-Syndrom.

Neben dem Sjögren-Syndrom manifestieren sich der systemische Lupus erythematodes (SLE) , Polymyositis und Dermatomyositis ebenfalls im höheren Lebensalter.

Während der SLE überwiegend eine Erkrankung des jüngeren Erwachsenen ist und daher die Erstsymptomatik im höheren Lebensalter eher eine Ausnahme darstellt, betreffen die Polymyositis und die häufiger malignomassoziierte Dermatomyositis nicht selten primär den älteren Patienten.

Bei SLE finden sich im höheren Lebensalter häufiger Zytopenien, periphere Neuropathien und Lungenbeteiligung, während Fotosensibilität, orale und nasale Aphten sowie eine Nierenbeteiligung in Form der Glomerulonephritis weniger häufig beobachtet werden. Die Myositiden erfordern bei Erstmanifestation im höheren Lebensalter grundsätzlich eine orientierende Ausschlussdiagnostik von malignen Grunderkrankungen. Insbesondere bei der Dermatomyositis sollte nach Karzinomen von Mamma und Ovarien sowie des Magens und der Bronchien gefahndet werden.

Die Therapieprinzipien dieser und anderer Kollagenosen folgen den allgemein in der Rheumatologie akzeptierten Grundsätzen, so dass auf die entsprechende Darstellung an dieser Stelle verzichtet wird.

Chondrokalzinose

Mit zunehmendem Lebensalter finden sich Kalzifikationen des hyalinen Knorpels im Sinne einer Chondrokalzinose. Diese als Pseudogicht bekannte und im jüngeren Lebensalter oft monartikulär auftretende akute Arthritis manifestiert sich bei älteren Patienten häufig als schwer zu erkennende akute Arthritisform.

Durch ein Mikrotrauma oder Stoffwechselveränderungen bei Infektionen können Kalziumpyrophosphatkristalle im Gelenk freigesetzt werden, die zu einer akuten Gelenkentzündung analog zur Urat-Kristallarthropathie führen. Während bei jüngeren Personen überwiegend eine monartikuläre „Pseudogicht“ beobachtet wird, entwickeln ältere Patienten oft ein polyartikuläres Krankheitsbild. In diesen Fällen finden sich neben starken Schmerzen und Schwellungen auch Rötungen und immobilisierende Funktionseinschränkungen begleitet von hohen Entzündungsparametern, so dass oft die Differenzialdiagnose einer septischen Arthritis besteht.

Fehlender Erregernachweis im Gelenk, promptes Ansprechen auf eine höherdosierte Glukokortikoid-Therapie und Ausschluss anderer Arthritisursachen des älteren Patienten lassen oft die Vermutungsdiagnose bestehen.

Der Nachweis von Kalziumpyrophosphatkristallen im Gelenkpunktat ist zwar diagnoseweisend, gelingt im klinischen Alltag jedoch nicht immer. Therapeutisch sind NSAR oder Glukokortikoide meist effektiv, um das prognostisch günstige Krankheitsbild zu beherrschen.

Wichtige Differenzialdiagnosen entzündlicher Gelenkerkrankungen im höheren Lebensalter

Hier ist zunächst das RS3PE-Syndrom zu nennen. Dabei handelt es sich um eine remittierende (R), seronegative, symmetrische Synovialitis (S3) verbunden mit einem Weichteilödem („pitting edema“, PE). Unter systematischen Aspekten lässt sich dieses Krankheitsbild am ehesten als eine gutartige Overlap-Variante zwischen LORA und Polymyalgia rheumatica klassifizieren. Bei hochakuter oft symmetrischer Arthritis (die betroffenen Patienten weisen in der Regel eine pralle Schwellung von Handgelenken, Handrücken und der Finger insgesamt auf) sind mit Ausnahme der Entzündungsparameter die rheumaserologischen Untersuchungen negativ. Es finden sich keine begleitenden klinisch imponierenden Myalgien wie bei der Polymyalgie und keine Hinweise auf eine systemische Vaskulitis wie bei der Riesenzellarteriitis.

Die Betroffenen profitieren von mittelhoch dosierten Glukokortikoiden und/oder NSAR. Darunter ist eine schnelle Rückbildung der Symptomatik und auch eine prognostisch langfristige Remission häufig.

Die weitere wichtige Differenzialdiagnose betrifft die paraneoplastischen Syndrome , d. h. Arthritiden, die sich als paraneoplastische Syndrome aufgrund von Karzinomen, Lymphomen oder Myelodysplasien manifestieren.

Diese Erkrankungen stellen eine diagnostische Herausforderung dar, da eine Tumorerkrankung oft noch nicht bekannt ist. Das klinische Bild der paraneoplastischen Arthritiden ist bunt. Es kann von der Nachahmung typischer entzündlich-rheumatischer Gelenk- und Systemerkrankungen bis zu unerklärlichen episodisch auftretenden mon- oder oligoartikulären Arthritisattacken reichen. Gerade die Vielfalt der klinischen Symptomatik sollte in diesen Fällen an eine mögliche paraneoplastische Arthritis denken lassen. Wegweisende diagnostische Kriterien existieren leider nicht. Allerdings lassen ein unzureichendes Ansprechen auf eine ansonsten gemessen an der klinischen Symptomatik erfolgversprechende Glukokortikoid-Behandlung („fehlender Kortisoneffekt“), ein buntes Bild von Arthritiden verbunden mit ungewöhnlichen Hautmanifestationen oder eine in den Vordergrund rückende Allgemeinsymptomatik an eine solche Erkrankung denken.

Abschließend sei die Häufigkeit polymyalgischer Beschwerden unter Cholesterinsynthesehemmern erwähnt. Hier kommen sowohl myalgiforme Beschwerden unter entsprechender Therapie als auch die Auslösung echter Polymyalgia-rheumatica-Erkrankungsfälle vor. Nicht immer führt der Verzicht auf lipidsenkende Therapeutika zu einem Sistieren der entsprechenden rheumatischen Symptome (Infobox 4).

Einsatz antirheumatischer Medikamente bei älteren Patienten

Für die dargestellten besonderen Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen im höheren Lebensalter stellt sich generell die Frage nach der Einsatzmöglichkeit und der optimierten Anwendungsweise entsprechender Therapeutika. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass es keine rein altersbedingten Anwendungseinschränkungen für Basistherapeutika, Immunsuppressiva, immunmodulatorische Biologika, Glukokortikoide, NSAR oder Analgetika gibt.

Auf die besonderen Vorsichtsmaßnahmen , die bei älteren Patienten berücksichtigt werden sollten, wurde bereits eingegangen.

Die gerontorheumatologische Behandlung verfolgt das Ziel, eine bestmögliche Selbständigkeit und Selbstverantwortung der Patienten mit einer möglichst geringen Schmerz- und Funktionsbeeinträchtigung zu erzielen. Eine individuelle Nutzen-Risiko-Abschätzung unter Beachtung bekannter Komorbiditäten und aktueller Komedikationen ist hierbei besonders wichtig.

CME-Fragebogen

Die Gerontorheumatologie befasst sich mit den Besonderheiten rheumatischer Erkrankungen…

bei über 60-Jährigen.

bei über 70-Jährigen.

bei über 80-Jährigen.

bei über 90-Jährigen.

bei a–d.

Welche der folgenden Aussagen zum Immunsystem des Älteren trifft zu?

Die Abnahme der Funktionsfähigkeit des Immunsystems entspricht der Abnahme der Muskelmasse.

Die Infektabwehr des älteren Menschen ist schwächer als die des jüngeren Menschen.

Bei Organgesundheit funktioniert das Immunsystem des Älteren so gut wie bei Jüngeren.

Impfungen beim älteren Menschen sind weniger effektiv.

Das Immunsystem des älteren Menschen führt meist nicht zur Bildung erregerspezischer Antikörper, wenn diese nicht bereits in früheren Lebensabschnitten induziert wurden.

Welche Aussage zur rheumatoiden Arthritis (RA) des Älteren trifft zu?

Rheumafaktoren sind oft frühzeitig im Krankheitsverlauf nachweisbar.

Das Verhältnis Frauen:Männer beträgt 3:1.

Die Entzündungsparameter sind in der Frühphase der Erkrankung oft normal.

Myalgien sind häufig und erschweren die Differenzialdiagnose zur Polymyalgia rheumatica.

Die Alters-RA verläuft meist weniger schwer als die RA des Jüngeren.

Die Polymyalgie…

ist die häufigste Vaskulitis des älteren Menschen.

kann mit einer Riesenzellarteriitis einhergehen.

beeinträchtigt oft schnell die Selbständigkeit des Betroffenen.

ist durch hohe Entzündungswerte gekennzeichnet.

a–d sind richtig.

Für die Basistherapie der LORA ist richtig:

Immunsuppressiva sind kontraindiziert.

Bei Nierenfunktionseinschränkung ist eine Dosisanpassung zu bedenken.

Die Medikamente sind grundsätzlich niedriger zu dosieren.

TNF-Blocker sind kontraindiziert.

Glukokortikoide sind die Therapeutika der Wahl.

Die Dopplersonographie der A. temporalis…

kann eine Riesenzellarteriitis ausschließen.

ist sensitiver als die Temporalarterienbiopsie.

kann Granulome nachweisen.

differenziert zwischen Polymyalgie und Riesenzellarteriitis.

ist zur Verlaufsuntersuchung geeignet.

Bei Glukokortikoid-Therapie des älteren Menschen…

besteht oft ein höherer Kortisonbedarf als beim jüngeren.

stellt eine vorbestehende Katarakt eine absolute Kontraindikation dar.

sollte generell ein Tuberkulose-Screening erfolgen.

kann ein subklinischer Diabetes manifest werden.

sollte eine Dosisaufteilung auf 2 gleiche Dosen pro Tag erfolgen.

Die Riesenzellarteriitis erfordert im Vergleich zur Polymyalgia rheumatica…

meist höhere Glukokortikoid-Dosen.

immer den Einsatz von Immunsuppressiva.

meist eine Therapieeinleitung mit intravenösen Glukokortikoiden.

eine den Augendruck senkende Begleittherapie.

eine Antikoagulation.

Die Chondrokalzinose…

wird zu den Kristallarthropathien gezählt.

ist durch Uratkristalle verursacht.

führt zum Auftreten antimitochondrialer Antikörper.

ist durch schnelle Gelenkdestruktion charakterisiert.

verläuft meist chronisch-progredient.

Das RS3PE-Syndrom…

ist häufig seropositiv mit Nachweis von Rheumafaktoren, nicht jedoch von CCP-Antikörpern.

manifestiert sich häufig in den Kniegelenken.

nimmt meist einen rasch progredienten destruierenden Verlauf.

geht oft mit starken Ödemen der Hände und Finger einher.

ist eine Sonderform der Sklerodermie im höheren Lebensalter.