Zusammenfassung
Alle Menschen haben Anspruch auf würdevolle Pflege und Behandlung – und die Verantwortung für die Umsetzung dieses Rechts tragen Staat und Gesellschaft. Soweit bestehen keine Zweifel. Wie aber hat menschenwürdige Pflege und Behandlung für den Einzelnen konkret zum Ausdruck zu kommen? Eine Antwort gibt die deutsche Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen (kurz Pflege-Charta). In den acht Artikeln sind bestehende Rechte zusammengefasst und im Hinblick auf zentrale Situationen des Lebens hilfe- und pflegebedürftiger Menschen in allgemein verständlicher Weise konkretisiert. In der Pflege-Charta sind somit erwartbare Bedingungen im Bereich Pflege und Betreuung in Deutschland formuliert. Die Pflege-Charta wurde 2005 in einem Konsensprozess von Vertreter(inne)n aus allen Bereichen der Pflege, Betroffenenverbänden sowie Expert(inn)en aus Recht, Ethik und Wissenschaft auf Initiative des Bundesfamilienministeriums und Bundesgesundheitsministeriums erstellt. Seither hat die Pflege-Charta in verschiedenen Bereichen der Pflege und Behandlung (praktische und gesetzliche) Relevanz erlangt. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über Aufbau und Inhalte, Intention, Implementierungsansätze sowie zu beobachtende Effekte und Wirkungen der Pflege-Charta in den – vor allem pflegerischen – Versorgungsstrukturen.
Abstract
All citizens have the right to dignified and respectful social care and assistance. The state and society as a whole have the responsibility to guarantee the realization of these rights. However, the question arises what is dignified and respectful long-term care and assistance for the individual? One possible answer is given by the German Charter of Rights for people in need of long-term care and assistance. The charter summarizes existing books of law such as the German Federal Constitution or the European Social Charter and translates them into a specific context of long-term care. It is written in a language easily understood by everyone and reflects the central situation of people in need of long-term care and assistance. It sets an explicit benchmark for health and social care in Germany. The Charter was developed in 2005 at the round table for long-term care, hosted by the Federal Ministry for Family Affairs, Senior Citizens, Women and Youth in collaboration with the Federal Ministry of Health and Social Security. The round table consisted of representatives of users, consumer groups and other stakeholders, but also of care providers and health and care insurance funds in Germany.
Many institutions, such as residential homes and health care services have now successfully applied the Charter in their daily work and it has found its way into several books of law at national and regional levels. The following article gives an overview of the structure, content and intention of the Charter and also highlights examples of implementation and its effects on the care structure and daily work with people in need of long-term care.
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Interessenkonflikt
Die Autorin weist auf folgende Beziehung hin: Daniela Sulmann ist als wissenschaftliche Mitarbeitern in der Servicestelle Pflege-Charta angestellt. Die Servicestelle Pflege-Charta wurde vom Bundesfamilienministerium eingerichtet, um die Implementierung der Pflege-Charta in Deutschland zu unterstützen.
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Weitere Informationen, die Projektberichte sowie die Leitfäden zur Selbstbewertung erhältlich bei der Verfasserin oder zum Herunterladen auf http://www.pflege-charta.de.
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Sulmann, D. Ziele, Umsetzung und Wirkung der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen. Z Gerontol Geriat 44, 39–47 (2011). https://doi.org/10.1007/s00391-010-0137-2
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