Das kontinuierliche Stuhldrainagesystem (KSS) ist ein speziell gestaltetes, kombiniertes Katheter-Auffangbehälter-System zur Ableitung von Stuhl und Spülflüssigkeiten aus dem Enddarm.

Das KSS ist für eine vorübergehende Anwendung, insbesondere bei immobilisierten und/oder aus anderen Gründen erheblich bewegungseingeschränkten Patienten, bestimmt. Der Einsatz eines derartigen Systems erfordert eine sorgfältige Indikationsstellung unter Berücksichtigung möglicher Kontraindikationen.

Durch das KSS wird eine wirkungsvolle Ableitung von Fäkalien zur Vermeidung einer Verunreinigung von Wunden erzielt. Weiterhin werden Hautschädigungen infolge einer Stuhlinkontinenz durch das Ableiten sehr flüssiger Fäkalien vermieden und Umgebungsinfektionen durch physiologische Stuhlbakterien (z. B. Enterokokken) und mit pathogenen Krankheitserregern besiedeltem Stuhl reduziert.

Mittels des Einsatzes eines KSS kann eine Reduktion von Scham, Ekel und Peinlichkeitsgefühlen bei stuhlinkontinenten Patienten erreicht werden. Die exakte Stuhlbilanzierung bei ausgeprägter Diarrhö kann durch das KSS sehr exakt gewährleistet werden.

Literaturrecherche

Eine systematische Literaturrecherche fand als EDV gestützter Suchprozess unter Berücksichtigung der Dimensionen Zeitraum, Sprache, Bevölkerung und Setting in den Datenbanken Cochrane und Medline/Pubmed statt. Der Zeitraum der Recherche wurde vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2008 festgelegt, die Sprache war Englisch und Deutsch. Die Einschlusskriterien der Schlagwortsuche waren „bowel management“, „fecal-“ bzw. „faecal management“. Zur besseren Identifizierung der relevanten Artikel wurden diese Schlagwörter mit weiteren Begriffen verknüpft (Infobox 1). Um das relevante Setting zu berücksichtigen, wurden die Verknüpfungen mit „intensive care unit“, „critical care unit“, „intensive care“ und „critical care“ zusätzlich recherchiert. So konnten über Medline/Pubmed insgesamt 176 Artikel identifiziert werden. Bei Cochrane betrug die Trefferquote null.

Die Abstracts wurden anschließend gesichtet und ausgewertet. Daraus konnten 2 Artikel als relevant bezüglich der Settings Intensivstation bzw. Intensivpflege und der Verwendung von Darmableitungssystemen identifiziert werden. Zusätzlich wurden 3 Artikel zu dieser Fragestellung über Befragung von Experten erkannt. Im zeitlichen Verlauf konnte ein zusätzlicher aktueller Artikel aus dem Jahr 2009 hinzugenommen werden.

Hintergrund

Die in der Vergangenheit zur kontinuierlichen Stuhlableitung, insbesondere bei starker Diarrhö, eingesetzten Materialien und alternativen Hilfsmittel (starre Rektalsonden/Darmrohre/Katheter/Tuben) waren allesamt für primär andere Anwendungszwecke konzipiert [12].

Diese behelfsmäßig eingesetzten Materialien können aufgrund fehlerhafter Anwendung und konstruktionsbedingt andersartiger ursprünglicher Anwendungsbereiche Rektalnekrosen, Schleimhautverletzungen und/oder den Verlust der Sphinkterfunktionsfähigkeit verursachen [4].

Der Einsatz bzw. die Verweildauer derartiger Ableitungsinstrumente ist unter dem Gesichtspunkt der Prävention und Prophylaxe der genannten Komplikationen zeitlich stark limitiert (20–120 min bzw. nach Herstellerangaben) und konnten nur schwerlich intrarektal fixiert werden.

Der Einsatz von z. B. anklebbaren Fäkalkollektoren zur Ableitung von Stuhl stößt in der Praxis an seine Grenzen. So können z. B. aufgrund der anatomischen Gegebenheiten der Analregion Undichtigkeiten auftreten. Beim Vorhandensein von Wunden oder stark gereizten Hautarealen sollte ein Fäkalkollektor nicht oder nur bedingt eingesetzt werden.

Die in der Vergangenheit eingesetzten Stuhlmanagementinstrumente erwiesen sich im Verlauf der Patientenbehandlung als unzureichend [3] und mussten aufgrund auftretender Undichtigkeiten häufig gewechselt werden. Fäkalkollektoren können bei kurzfristiger Diarrhö nach entsprechender Vorbereitung des Hautareals der Analregion (z. B. Haarentfernung) eine alternative Lösungsmöglichkeit zur Ableitung von Fäkalien darstellen.

Alternativen bzw. herkömmliche Pflegematerialien, wie z. B. Windeln (körpernah eingesetzte Saugkörper zur Inkontinenzversorgung), Einlagen und Bettschutzeinlagen, müssen bei bestehender Inkontinenz häufig gewechselt werden, können nur einen reduzierten Beitrag zur Vermeidung von Staunässeentwicklungen leisten und bieten bei vorhandenen Wunden im Sakralbereich keinen Schutz vor Kontamination. Auch der ökonomische Aspekt in Bezug auf den Materialverbrauch und die Zeitressourcen, die für einen häufigen Wechsel der Materialien und der Körperpflege aufgewendet werden, ist bei stuhlinkontinenten Patienten nicht zu vernachlässigen.

Kontinuierliche Stuhldrainagesysteme

Mögliche Indikationen

Wundinfektionsvermeidung:

  • Entzündlich veränderter Hautzustand im Urogenitalbereich (z. B. Dermatitis/Pilzinfektion)

  • Sakrale/perianale Dekubitalgeschwüre

  • Kanülierung der Leistengefäße mit großlumigen Kathetern (ECMO/iLA)

  • Schwenklappenversorgung/Hauttransplantation im Sakral-/Perianalbereich

  • Operative Eingriffe am Urogenitalbereiche (z. B. Fournier-Gangrän)

  • Schwere Brandverletzung im Bereich der Oberschenkel, des Gesäßes, Urogenitalbereiches und des unteren Rückens

Vermeidung der Feuchtigkeitsexposition im Sinn einer Dekubitusprophylaxe:

  • Starke anhaltende Diarrhö (akut oder chronisch)

  • Wiederholende Maßnahmen zur Reinigung des Darms

  • Häufig applizierte therapeutische/medikamentöse Einläufe

Vermeidung Umgebungskontamination/Kreuzkontaminationen:

  • Hepatitis A/B/C

  • Vancomyzin-resistente Enterokokken (VRE)

  • Clostridium difficile

  • Norovirus

  • Rotaviren

Unvermögen einer zeitnahen Umpositionierung/Bettlägerigkeit:

  • Extrem adipöse Menschen

  • Unvermögen eines sicheren Einsatzes von Bettpfannen oder Toilettenstühlen

  • Schweres SHT mit erhöhtem ICP

  • Extreme Kreislaufinstabilität

  • Regelmäßige, lang andauernde Bauchlage

  • Kontinuierliche Rotationstherapie

  • Unversorgte, instabile Frakturen des Beckens, der Oberschenkel und/oder der Wirbelsäule

  • Fixateur extern der unteren Extremitäten und/oder des Beckens

  • Schwerste Brandverletzungen

  • Eröffnetes Abdomen/eröffneter Thorax

Kontraindikationen

  • Pädiatrische Patienten

  • Analstrikturen

  • Stuhlimpaktion

  • M. Crohn (Schweregrad abhängig)

  • Ischämische Proktitis

  • Tumore im Rektum/Analkanal

  • Sphinkterlähmung/-insuffizienz (Katheterfixierung problematisch)

  • Strahlungsverletzungen/extreme Narbenbildung im Rektum

  • Vorhandensein zahlreicher thrombotischer Hämorrhoiden

  • Blutungen im anorektalen Bereich

  • Überempfindlichkeiten/Allergien gegenüber den Bestandteilen des Katheters

  • Fehlende Toleranz und/oder Einwilligung durch den Patienten

  • Chirurgischer Eingriff am Rektum/unteren Dickdarmabschnitt weniger als ein halbes Jahr zurückliegend (rektale Anastomosen/Anal-/Schließmuskelrekonstruktion) bei den Systemen Flexi-Seal® und DigniCareTM

Der ActiFlo® Darmverweilkatheter der Fa. Hollister Incorporated kann bereits nach einer Zeitspanne von 6 Wochen nach durchgeführter rektaler Anastomose oder Anal-/Sphinkterrekonstruktion eingesetzt werden. Die Zulassung erfolgte durch die amerikanische Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) auf Grundlage von Expertenmeinungen [9].

Mögliche Komplikationen

  • Rektalnekrose

  • Verlust der Sphinkterfunktion

  • Schleimhautverletzung/-blutung

  • Hämorrhoidenblutung

  • Mechanischer Ileus

  • Perforation

Für den Einsatz von Stuhlableitungssystemen bedarf es einer intensiven Schulung des Personals sowie einer andauernden Überwachung von Patient und System zur Vermeidung von Komplikationen.

Wundschutz

Ein häufiger oder permanenter Kontakt von Fäkalerregern mit Wundgebieten führt zu erheblichen Komplikationen infolge von Infektionen des Wundgrundes. Der Verlauf der Wundheilungsphasen wird durch die Infektion erheblich gestört, wodurch eine komplikationslose Wundheilung nicht erfolgen kann.

Die Verbandsanlage in unmittelbarer Nähe des Analbereiches stellt häufig eine große Herausforderung für den Therapeuten dar. Ein kompletter Wundverschluss durch einen Verband in dieser Körperregion ist meist zeitlich limitiert. Wenn sich Fäkalien am Wundverband sammeln, führt die sich stauende Feuchtigkeit zu einer Ablösung des Wundverbandes mit folgender Kontamination der Wunde. Das häufige Ablösen mit folgender Wundreinigung und Erneuern des kontaminierten Wundverbandes führt zu Unterbrechungen von z. B. der Granulationsphase und dem eingesetzten Wundtherapiekonzept. Bei der Versorgung von schwerst-brandverletzten Patienten konnte durch die frühzeitige Anlage eines kontinuierlichen Stuhlableitungssystems zudem ein Rückgang nosokomialer Harnwegsinfekte sowie von Haut- und Weichteilinfektionen beobachtet werden. Trotz anfänglich vermeintlich höherer Kosten durch den Einsatz des KSS erwies sich der Einsatz im Gesamtverlauf als kosteneffizienter im Vergleich zu einer reaktiven Stuhlmanagementstrategie, die mit wiederholten Wundreinigungen und Verbandswechseln aufgrund von Stuhlkontaminationen einherging [7].

Die kontinuierliche Drainage von Stuhl bei vorhandenen Wunden im Gesäß-/Analbereich bietet eine wirksame Therapieunterstützung im Rahmen der Wundversorgung und Infektionsvermeidung (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Kontinuierliche Stuhldrainage zur Wundinfektionsprophylaxe

Bei Patienten, die im Krankheitsverlauf eines ARDS mit einem Assist-Device (ECMO/iLA) behandelt werden, erfolgt die Anlage großlumiger Katheter in die Femoralgefäße für den Anschluss der Therapiesysteme. Hierbei gilt es, eine Infektion der Punktionsstellen zu vermeiden. Häufig setzten die betroffenen Patienten z. B. aufgrund von Abführmaßnahmen wiederholt flüssige Stühle ab, die in der Leisten- und Intimregion ein hohes Infektionsrisiko z. B. der Punktionsstellen darstellen. Die Prophylaxe dieser katheterassoziierten Infektionen durch fehlgeleitete Fäkalienbestandteile kann durch den Einsatz eines KSS unterstützt werden (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Kontinuierliche Stuhldrainage zur Vermeidung von Punktionsstelleninfektion

Diarrhöen

Das Auftreten persistierender oder zumindest temporärer Diarrhö ist bei Patienten im intensivtherapeutischen Verlauf nicht selten. Als häufigste Ursachen werden z. B. benannt:

  • Nebenwirkung hoch dosierter Medikamente, z. B. Antibiotika/Zytostatika,

  • ernährungsbedingte Ursachen (bei Sondennahrung z. B. bakterielle Kontamination/zu schnelle Verabreichung/hyperosmolare Nahrung),

  • gastrointestinale Infektionen,

  • organische Dickdarm-/Dünndarmerkrankungen,

  • Nahrungsmittelallergie,

  • Übermäßige Zufuhr von Zuckeraustauschstoffen,

  • psychische Belastung und Stress,

  • Entzug von Opiaten.

Relevanz der Diarrhö

Bei inkontinenten Patienten mit regelmäßigen Fäkalienkontakten der Haut kommt es infolge von Mazerationen zu Störungen der Schutzfunktion der Haut. Bei Patienten mit einer Stuhlinkontinenz treten häufiger sekundäre Hautschädigungen und Dekubitalgeschwüre auf [6]. Diese sekundären Hautschädigungen, insbesondere im perianalen Bereich, sind häufig durch die Feuchtigkeits- und Fäkalienexpositionen sowie den in der Folge einsetzenden enzymatischen Prozess bei unkontrollierter Diarrhö verursacht [2].

Faria et. al. [8] wiesen nach, dass die Entwicklung einer Hautschädigung infolge von Stuhlinkontinenz innerhalb weniger Minuten nach Stuhlabgang eintreten kann. Folglich ist das Dekubitusrisiko bei bettlägerigen Patienten mit Diarrhö und/oder Stuhlinkontinenz erheblich erhöht.

Alman et. al. [1] schätzten den Dekubitusrisikofaktor Hautfeuchtigkeit im Zusammenhang mit einer Stuhlinkontinenz höher ein als bei bestehender Harninkontinenz.

Generell treten die Problementwicklungen infolge einer bestehenden Stuhlinkontinenz bei bettlägerigen Patienten verstärkt auf, wenn es sich um eine Inkontinenz mit dünnflüssigem Stuhl handelt [10].

Beim kombinierten Einsatz eines KSS mit Anwendung einer systematischen Dekubitusprophylaxe konnten in einer Untersuchung bei inkontinenten Patienten Menge und Art von Feuchtigkeit im Sakral- und Perianalbereich so weit reduziert werden, dass das Risiko für die Entstehung eines Dekubitalgeschwüres reduziert werden konnte [2].

Kontaminationsreduktion bei Infektionen

Es gibt eine Vielzahl von Infektionskrankheiten, die mit ausgeprägter Diarrhö und/oder zumindest einem erhöhten Anteil an Krankheitserregern im Stuhl einhergehen. Derartige Infektionskrankheiten können im Krankenhaus erworben worden sein oder bestanden bereits bei der Aufnahme auf der Intensivstation.

Gerade bei Infektionskrankheiten, bei denen es zur Umgebungskontamination und folgender Verschleppungsgefahr der Erreger durch Kontakt mit Fäkalien kommen kann, müssen gezielte Hygienemaßnahmen prophylaktisch und konsequent angewandt werden. Häufig werden Maßnahmen zur Einzelunterbringung (Isolierung) des erkrankten Patienten notwendig. Zusätzlich sind Standardhygienemaßnahmen, wie z. B. Händehygiene und Schutzhandschuhnutzung, ebenso anzuwenden, wie erweiterte Hygienemaßnahmen wie Schutzkitteltragen, getrennte Abfallentsorgung und häufigere Flächendesinfektionen durchzuführen sind.

Die Anwendung eines KSS kann hierbei im Rahmen der erweiterten hygienischen Barrierenmaßnahmen dazu beitragen, die bei z. B. infektionsbedingter Diarrhö auftretende Mazeration der Haut zu verhindern und den Kontakt von infektiösen Fäkalien mit der Umgebung allgemein zu reduzieren.

Potenziell pathogene Keime

Clostridium difficile ist ein Darmbakterium, das sich unter physiologischen Begebenheiten beim gesunden Menschen in angemessener Größenordnung im Dickdarm aufhält. Zu einer übermäßigen Vermehrung kann es im Rahmen der Behandlung mit bestimmten Antibiotika (z. B. Clindamycin/Ciprofloxacin/Ceftazidim) kommen, und dies stellt somit eine Komplikation bei der antibiotischen Behandlung dar. Es kann eine pseudomembranöse Kolitis entstehen, die mit einer starken Diarrhö, der sog. Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhö, einhergeht und die Gefahr einer Kreuzinfektion fördert.

Das Noro-Virus ist ein Virus mit einer ausgeprägten Umweltresistenz (z. B. sind viele Desinfektionsmittel unwirksam). Es wird fäkal-oral durch Schmierinfektion oder Tröpfcheninfektion (z. B. Aerosole bei Erbrechen) übertragen. Die Infektiosität gilt als sehr hoch. Noro-Viren sind für die Mehrzahl der nicht bakteriell bedingten Durchfälle verantwortlich. Fäkalien und Erbrochenes der betroffenen Patienten sind als hochinfektiös einzustufen. Das Virus wird länger als 2 Wochen nach der akuten Erkrankungsphase weiterhin ausgeschieden und kann über 12 Tage lang auf verunreinigten Flächen ansteckend bleiben. Gegenstände und Oberflächen, die mit Stuhl oder Erbrochenem in Kontakt gekommen sind, müssen regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden.

In den vergangenen Jahren zeigte sich ein vermehrter Nachweis von Vancomycinresistenzen bei Enterokokken. Ursächlich werden hier häufig der erhöhte Antibiotikaeinsatz, z. B. in der Masttierhaltung, oder auch die hohe Verschreibungs- und Applikationsquote in der Patientenversorgung genannt. Die Gruppe der Enterokokken umfasst mindestens 14 Spezies, die zur normalen Darmflora gerechnet werden. Im Zusammenhang mit Resistenzbildungen sind E. faecalis und E. faecium in der Humanmedizin von Bedeutung. Enterokokken gelten als fakultativ pathogen. Bei den betreffenden Infektionen handelt es sich häufig um endogene (durch den eigenen Patientenstuhl verursachte) Infektionen. Diese sind ursächlich für z. B. Harnwegsinfektionen, Endokarditiden, Wundinfektionen, Katheterinfektionen und auch Septikämien verantwortlich.

Risikofaktoren für eine Kolonisation sind ein längerer Krankenhausaufenthalt, eine Behandlung mit Cephalosporinen und Vancomycin, eine unmittelbare Nähe zu kolonisierten Patienten und die Betreuung durch Pflegende oder Ärzte, die zeitgleich auch kolonisierte Patienten betreuen.

Bei der Streuung und Verbreitung einer Darmbakterien- (oder viralen) Infektion stehen die Schmier- und Kontaktübertragung im Vordergrund. Ein besonderes Augenmerk liegt daher in der Kontaktvermeidung und konsequenten Hände- und Flächenhygiene des Personals, der betroffenen Patienten und deren Angehörigen.

Eingeschränkte Beweglichkeit des Patienten

Die Anwendung kinetischer Therapieformen sind häufige und aufwendige Methoden (z. B. Bauchlagerungen oder Rotationstherapien mittels energetisch betriebenen Bettsystemen). Diese hochkomplexen und personalintensiven Interventionen werden zur Wirksamkeitsentfaltung zur möglichst unterbrechungsfreien und oft mehrere Stunden andauernden Anwendung empfohlen [17].

Um hierbei einer ungewollten Therapieunterbrechung (ungeplante Umpositionierung) aufgrund von zu beseitigenden Stuhlabgängen vorzubeugen, ist die prophylaktische Anwendung eines KSS vorteilhaft (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Stuhldrainage während der Bauchlage

Patienten, die aufgrund instabiler Herz-Kreislauf-Bedingungen, instabiler knöcherner Frakturen oder Hirndruckerhöhungen aktiv und passiv beweglichkeitseingeschränkt sind (z. B. „Minimal-handling-Strategie“), profitieren durch die dadurch verringerten Lagewechsel deutlich vom KSS-Einsatz.

Die Pflege von Patienten mit ausgeprägter Adipositas ist oftmals durch die eingeschränkte Nutzbarkeit konventioneller Hilfsmittel (Toilettenstuhl, Bettschieber) und den häufig hohen Personalzusatzaufwand erschwert. Bei strenger Indikationsstellung kann ein KSS-Einsatz Abhilfe schaffen.

Wird das KSS unabhängig von Diarrhö eingesetzt, muss ebenso eine engmaschige Stuhlausscheidungskontrolle erfolgen. Hierdurch können durch Fehlanwendung entstehende Komplikationen, wie z. B. ein mechanisch-obstruktiver Ileus, vermieden werden. Begleitend sollte eine medikamentöse Stuhlmodifikation (z. B. mit Macrogol/Lactulose) zur Sicherstellung der ausreichenden Passagefähigkeit in Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Dienst angewandt werden. In den ersten Tagen der KSS-Anwendung sind ggf. zusätzliche Manipulationen wie Irrigationen oder Instillationen notwendig, um eine regelrechte Stuhlentleerung über das System einzuleiten.

Ökonomische Aspekte

Die Entscheidung zur Anwendung eines KSS erfordert die vorgenannte detaillierte Indikationsstellung. Hierbei steht der erwartbare Patientenbenefit im Vordergrund der Überlegungen. Kosten-Nutzen-Vergleiche lassen sich nur sehr eingeschränkt realisieren, da die oben erwähnten Alternativtechniken wie Windelnutzung oder Bettschutzeinlagen nicht indikationsspezifisch vergleichbar erscheinen. Auch finden bei einem solchen Vergleich die relevanten Folgekosten der oben beschriebenen Komplikationen keinerlei Berücksichtigung. Der primär höhere Anschaffungspreis eines professionellen Stuhlableitungssystems gegenüber der Nutzung konventioneller Improvisationstechniken genügt folglich zur Argumentation gegen einen solchen Einsatz nicht alleine.

Als abrechnungsfähige Prozedur ist der indikationsspezifische Einsatz über die korrekte OPS-Kodierung möglicherweise zukünftig erlösrelevant dokumentierbar (OPS Kode 8-128; im Wortlaut: „Anwendung eines Stuhldrainagesystems; Inkl. Spülung und endolumenale Medikamentenapplikation“). Ein entsprechender Antrag liegt dem „Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus“ zur Prüfung vor. Der Kode ist 1-mal pro stationärem Patientenaufenthalt abrechenbar, wobei der Wortlaut insbesondere den ActiFlo® Darmverweilkatheter aufgrund seiner speziellen Produkteigenschaften (s. Systeme) betrifft.

Eine Kosten-Zeit-Analyse aus Großbritannien zeigte unter der Annahme eines 3-maligen Wäschewechsels, bedingt durch Stuhlinkontinenz, einen täglichen Kostenaufwand von ca. 84,00 EUR (78,96 £) und einen wöchentlichen Kostenaufwand von ca. 595,00 EUR (550,83 £). Die Kosten für das vergleichsweise einsetzbare KSS (bei korrekter Anwendung bis zu 29 Tage nutzbar) betrugen 270,00 EUR (250,00 £) [13].

Schätzungen aus den USA bezifferten die täglichen Kosten durch Stuhlinkontinenz pro Patient und Tag auf ca. 120,00 EUR (150,00 $), hierbei waren die Gesamtkosten für Produkte, Arbeitsaufwand und Wechsel von Bettwäsche berücksichtigt [11].

Echols et. al. [7] konnten in ihrer Untersuchung darstellen, dass der Einsatz eines KSS bei der Behandlung von Patienten mit schweren Brandverletzungen kosteneffizienter verlief im Vergleich zum herkömmlichen Stuhlmanagement, das mit Körperpflege und häufigen Verbandswechseln einherging.

Systeme

Auf dem deutschen Markt werden derzeit 3 verschiedene Systeme zur kontinuierlichen Stuhlableitung angeboten. Die Systeme unterscheiden sich insbesondere in ihrem funktionellen Aufbau und entsprechend deutlich im indikationsspezifischen Einsatzspektrum. Die Auswahl eines Systems nach spezifischer Indikation kann durch einen Algorithmus unterstützt werden (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Auswahl eines Stuhlableitungssystems

Aufbau und Funktionsweise

ActiFlo® Darmverweilkatheter (ehem. Zassi® Darmmanagement System)/Fa. Hollister Incorporated

Das System (Abb. 5) besteht aus einem Silikonkatheter mit einem am distalen Ende gelegenen Niedrigdruckretentionsballon (Füllvolumen 35–40 ml Wasser), der diesen sicher in seiner Position im Rektum hält, und einem am anderen Ende des Ableitungsschlauches mittels Bajonettkonnektion verbundenen Auffangbeutel. Der Auffangbeutel lässt sich zur Entsorgung fest verschließen, sodass eine Entleerung des Beutels entfällt. Ein stabilisierender Innenring im Bereich des Retentionsballons verhindert das Kollabieren desselbigen im Rektum. Des Weiteren verfügt der Katheter über einen Port (Einwegventil) im letzten Drittel des Ableitungsschlauches zur Spülung oder Probenentnahme. Ein Intralumenballon (Füllvolumen 25 ml Luft) ermöglicht den distalen Verschluss des Katheters zur therapeutischen Retention von Spülflüssigkeiten und Medikamenten, die über einen gesonderten Spülkanal verabreicht werden können. Somit können verabreichte Substanzen für einen definierten Zeitraum im Enddarmbereich platziert werden. Ein Spülbeutel mit einem Füllvolumen von 1000 ml für Irrigationen oder für Systemspülungen ist im Lieferumfang des Sets vorhanden.

Abb. 5
figure 5

ActiFlo® Darmverweilkatheter, „ehemals Zassi®“/Fa. Hollister

Der Intralumenballon wird zur Anlage des Katheters benötigt. Dieser verhindert Verletzungen der Schleimhaut durch eine schützende Umstülpung/Umhüllung des stabilen distalen Korpus des Katheters beim Einführen in das Rektum. Ein spezielles Gleitmittel zum Legen des Katheters ist im Set vorhanden.

Praxistipp

Das Aufblasen und Ablassen des Intralumenballons kann auch zur mechanischen Lösung von ggf. auftretenden Okklusionen genutzt werden. Eine gleichzeitige Spülung sollte zur Unterstützung des Vorganges angewandt werden.

Ein speziell eingearbeiteter weicher und längenflexibler Teil des Katheters (4 bzw. 6 cm Länge), der im Analkanal im Bereich der Transsphinkterzone zum Liegen kommt, verhindert Sphinkterschäden. Dieser weiche Katheteranteil soll Dysfunktionen des Schließmuskelringes sowie die Entwicklung von Rektalnekrosen bei einer Liegedauer von bis zu 29 Tagen verhindern [14].

Am Ende des 36 cm langen Lumenkonnektors befinden sich 3 Konnektoren:

  1. 1.

    Konnektor (blau; Aufschrift CUFF 35–40 cc H2O) zur Befüllung des Retentionsballons mit 35–40 ml lauwarmem Wasser,

  2. 2.

    Konnektor (rot; Aufschrift STOP FLOW 25 cc AIR) zur Befüllung des Intralumenballons mittels 25 ml Luft,

  3. 3.

    Irrigationskonnektor (Aufschrift IRRIG/Rx) zur Applikation von Spülflüssigkeiten und/oder Medikamenten intrarektal.

Die zusätzliche externe Fixierung des Katheters an der Haut der Gesäßhälften ist mittels der vorangebrachten Fixierbänder vorgesehen. Diese Fixierung verhindert ungewollte Verwindungen und Dislokationen durch externe Einflüsse sowie das „Hineinwandern“ des Katheters mit der daraus evtl. resultierenden Undichtigkeit. Damit können mechanische Blockaden und Durchflussstenosen vermieden werden.

Praxistipp

Die Fixierbänder lassen sich gut mittels Tape-Pflasterstreifen auf der Haut oder besser noch auf vorangebrachten Hydrokolloidplatten befestigen.

Ein Vorteil des beschriebenen ActiFlo® Darmverweilkatheters gegenüber reinen Stuhlableitungssystemen besteht hinsichtlich der zusätzlichen therapeutischen Indikationsvarianten. Hiermit können rektale Medikamenten- oder Flüssigkeitsapplikationen (z. B. Lactulose oder Vancomycin) verabreicht und nach Bedarf temporär dort belassen werden (z. B. Einlauf, Einwirkzeiten). Hierdurch besteht die Möglichkeit, das KSS zusätzlich bei Patienten einzusetzen, die nicht vorwiegend an Diarrhö leiden. Die umfassende Funktionalität des Systems ermöglicht den Einsatz zur kontrollierten Ableitung von normal konsistentem Stuhl (s. oben).

Maßen und Daten:

  • Gesamtlänge ca. 150 cm

  • Kathetergrößen 4 und 6 cm (innere Sphinktertiefe ca. 2,5 cm = Größe 6 cm/innere Sphinktertiefe <2,5 cm = Größe 4 cm)

  • Füllung Retentionsballon 35–40 ml lauwarmes Wasser

  • Distale Katheteröffnung im Durchmesser ca. 2,3 cm

  • Flexibler Abschnitt in der Transsphinkterzone vorhanden

  • Rückhalteballon im Durchmesser ca. 5 cm mit 35 ml Wasser, ca. 5,3 cm mit 40 ml Wasser

  • Füllmenge Auffangbeutel 2000 ml „Einmalbeutel“ (Standardlieferumfang)

DigniCareTM stool management system/BARD Medical Division

Dieser Katheter (Silikon; (Abb. 6) wird mittels eines konturierten (annähernd birnenförmigen) Niederdruckballons im Rektum in seiner Position fixiert. Das einzuführende distale Schlauchende mit Rückhalteballon wird zum rektalen Einführen vorgefaltet, um den Durchmesser zum Positionieren zu reduzieren. Ein Gleitmittel zum leichteren Einführen ist im Set vorhanden. Der Rückhalteballon wird durch 4 flexibel eingearbeitete Stege stabilisiert, sodass ein komplettes Kollabieren im Rektum verhindert wird. Der Ballon verändert (z. B. bei einem Pressvorgang) seine Form dahingehend, dass sich die ursprünglich runde distale Öffnung des Katheters in eine annähernd ovale Form begibt und wieder in die ursprüngliche Form zurückgelangt, vorausgesetzt der Ballon ist wie vorgegeben befüllt worden. Die Lumenveränderung der distalen Katheteröffnung kann im ungünstigsten Fall (z. B. bei Vorhandensein von breiigem Stuhl) zu Ablaufbehinderungen führen.

Abb. 6
figure 6

DigniCareTM stool management system/BARD Medical Division

Eine vordefinierte Markierungslinie (bei 10 cm) soll die Beobachtung ggf. auftretender Wanderungsbewegungen der Katheterposition ermöglichen. Der intrarektal liegende Anteil des Katheters (in der Transsphinkterzone) ist flexibel gestaltet, sodass Funktionsbeeinträchtigungen des Sphinkters verhindert werden.

Drei vorhandene Inflationsports am Ablaufschlauch sind farblich unterschiedlich markiert.

  • Der Injektionsport (grün) am unteren Drittel des Ablaufschlauches dient der Befüllung des Rückhalteballons mit 45 ml lauwarmem Wasser.

  • Gegenüberliegend befindet sich der Irrigationsport (weiß) mit der Aufschrift „IRRIG“. Dieser dient der Irrigation des Rektums, um evtl. angesammelte festere Stuhlbestandteile zu lösen.

  • Ein zusätzlicher Spülport (lila) am Ablaufschlauch mit der Aufschrift „FLUSH“ ist zur Spülung des Systems in Ablaufrichtung nutzbar.

Am proximalen Ende des Drainageschlauches befindet sich ein selbstverschließendes Kugelventil, an dem der Auffangbeutel angeschlossen wird. Der Wechselvorgang des Auffangbeutels erfolgt dadurch hygienisch einwandfrei. Der Auffangbeutel ist verschließbar zu entsorgen, eine Entleerung ist nicht vorgesehen.

Das System ist ausschließlich zum Ableiten flüssiger Fäkalien vorgesehen.

Maßen und Daten:

  • Länge des Systems ca. 150 cm

  • Einheitsgröße

  • Füllung Rückhalteballon 45 ml lauwarmes Wasser

  • Distale Katheteröffnung im Durchmesser ca. 3,5 cm

  • Flexibler Abschnitt in der Transsphinkterzone vorhanden

  • Rückhalteballon im Durchmesser ca. 5,6 cm, gefüllter Zustand

  • Füllmenge Auffangbeutel 1000 ml „Einmalbeutel“ (Standardlieferumfang)

Flexi-Seal®-System/Fa. ConvaTec

Dieses System (Silikon; (Abb. 7) besitzt am distalen Ende des Katheters einen Niederdruckballon, der das Ableitungssystem in seiner Position im Rektum fixiert. Am Ballon befindet sich eine Fingertasche, mittels der eine direkt digitale Positionierung des Katheters im Rektum ermöglicht wird. Die Fingertasche ist entlang der sichtbaren Irrigationsleitung im Rückhalteballon positioniert.

Abb. 7
figure 7

Flexi-Seal®/Fa. ConvaTec

Praxistipp

Die Nutzung der Fingertasche bedarf etwas Übung, dabei kann die Nutzung von Gleitgel empfohlen werden.

Über einen Injektionsport (weiß) wird der Rückhalteballon mit 45 ml lauwarmem Wasser befüllt. Für die kontinuierliche Beobachtung der Katheterposition bezüglich evtl. auftretender intrarektaler Wanderungsbewegungen ist eine Markierungslinie 8 cm oberhalb der distalen Katheteröffnung am Ablaufschlauch aufgebracht.

Ein weiterer Port, der Spülport (hellblau) mit der Aufschrift „IRRIG“, ermöglicht die Applikation von Spülflüssigkeit intrarektal oder zur Ablaufspülung. Ein Belassen der Spülflüssigkeit im Rektum ist nicht vorgesehen.

Am proximalen Ende des Ablaufschlauches befindet sich ein einrastender Ring zur Ablaufbeutelkonnektion ohne Ventilmechanismus oder anderer selbstverschließender Mechanismen.

Praxistipp

Da sich der Ablaufbeutel bei Abnahme vom Rastring nicht selbstständig verschließt, sollte dieser frühzeitig (bei einer Zwei-Drittel-Füllung) bereits gewechselt werden.

Eine Verschlusskappe ermöglicht die Entsorgung des Auffangbeutels, ohne ihn entleeren zu müssen.

Der Hersteller weist ausdrücklich darauf hin, dass das Flexi-Seal®-System nur bei flüssiger Stuhlkonsistenz indiziert ist und somit bei festem oder normal geformtem Stuhl nicht zur Anwendung geeignet ist [5].

Maße und Daten:

  • Länge des Systems ca. 143 cm

  • Einheitsgröße

  • Füllung Rückhalteballon 45 ml lauwarmes Wasser

  • Distale Katheteröffnung im Durchmesser ca. 2,3 cm

  • Kein flexibler Abschnitt in der Transsphinkterzone vorhanden

  • Rückhalteballon im Durchmesser ca. 6 cm, gefüllter Zustand

  • Füllmenge Auffangbeutel 1000 ml „Einmalbeutel“ (Standardlieferumfang)

Vorgegebener Anwendungszeitrahmen

Die zugelassene maximale Verweildauer aller 3 aufgeführten Systeme beträgt 29 Tage (Herstellerangaben), ab einer Liegedauer über diesen Zeitraum hinaus benötigt das jeweilige System eine Zulassung als Implantat.

Bedingungen zum Einsatz eines KSS

Der Einsatz eines kontinuierlichen Stuhlableitungssystems bedarf einer sorgfältigen Indikationsstellung mit interdisziplinärer und sorgfältiger Abwägung sowie einer ärztlichen Anordnung.

Beim Einsatz bei wachen, bewusstseinsklaren Patienten müssen diese sorgfältig und einfühlsam aufgeklärt werden. Ziele und Notwendigkeit der Therapie und die anwendungsspezifischen Verhaltensweisen müssen vorab und während der Anwendung fortlaufend beratend erklärt werden.

Vor der Anwendung des KSS am Patienten besteht seitens des Anwenders die Pflicht, sich umfassend mit dem einzusetzenden Produkt, dessen Aufbau, der resultierenden notwendigen Pflege, Überwachung und Dokumentation vertraut zu machen.

Praxistipp

Der Einsatz eines KSS ohne vorherige Schulung kann die Komplikationsrate deutlich steigern.

Zur Vermeidung von Schleimhautreizungen/-verletzungen während der KSS-Anlage bedarf es einer hohen Gleitfähigkeit des Katheters, z. B. unter Zuhilfenahme dafür konzipierter Gels/Salben. Im Vorfeld sollte geprüft werden, ob das verwendete Produkt mit einzusetzenden Gleitmitteln kompatibel ist, um Beschädigungen zu vermeiden.

Praxistipp

Vorwiegend mitgelieferte Gleitmittel nutzen. Salben und Gels, die z. B. auf Mineralölbasis/Parafinbasis (z. B. Vaseline®) konzipiert sind, tragen bei Silikon zu einer Materialveränderung mit evtl. daraus folgenden Schädigungen insbesondere des Rückhalteballons bei.

Vor der Anlage des Katheters ist eine rektale Untersuchung durchzuführen. Hierbei wird der rektale Tonus untersucht, Kontraindikationen werden ausgeschlossen.

Vorhandener Stuhl muss vor der Anlage eines KSS aus dem Enddarm beseitigt werden, um eine ungehinderte Drainage zu gewährleisten. Die Länge des inneren Anus bis zum Schließmuskel kann unter Zuhilfenahme der Zeigefingerlänge orientierend ermittelt werden.

Hieraus ergeben sich ggf. unterschiedliche Kathetergrößen zur Anwendung (innere Sphinktertiefe ca. 2,5 cm = ActiFlo-Größe 6 cm/innere Sphinktertiefe <2,5 cm = ActiFlo-Größe 4 cm).

Das Vorhandensein von Hämorrhoiden stellt für den Einsatz eines KSS keine absolute Kontraindikation dar. Hierbei sollten jedoch sowohl die Anlage als auch die Beobachtung diesem Umstand gerecht werden.

Die Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Systems erfolgt vor der Anwendung am Patienten. Hierzu zählen insbesondere der Retentions-/bzw. Rückhalteballon und der evtl. vorhandene Intralumenballon und Irrigationsport.

Praxistipp

Der Rückhalteballon muss vor dem Einführen wieder komplett entleert werden.

  • Bei Verwendung des ActiFlo® Darmverweilkatheters muss zur Einlage des Katheters der Intralumenballon mit 25 ml Luft aufgeblasen werden. Nach der Positionierung muss der Ballon wieder entleert werten.

  • Bei der Verwendung des FlexiSeal®-Systems wird der Katheter mithilfe der Fingertasche im Rückhalteballon eingeführt. Der zur Einlage verwendete Finger sollte gleitfähig sein, um besser in die Fingertasche zu gelangen.

  • Das Einführen des DigniCareTM-Systems gestaltet sich etwas andersartig. Der Rückhalteballon muss erst gefaltet werden, um dann mithilfe des Zeigefingers und Daumens, die den gefalteten Ballon halten, in das Rektum eingeführt zu werden.

Praxistipp

Beim Einsatz des ActiFlo® Darmverweilkatheters sollte regelmäßig überprüft werden, ob sich der Intralumenballon im geblockten oder entleerten Zustand befindet, um einen versehentlichen Verschluss des Katheters (mechanischer Ileus) zu verhindern. Die Überprüfung kann z. B. im Rahmen der Übergabe des Patienten beim Bettenplatzcheck vorgenommen werden und sollte dokumentiert werden.

Durchführung

Zur Einlage des Katheters empfiehlt sich die Linksseitenlage des Patienten, nach Möglichkeit mit angezogenen Beinen, sie kann aber auch in Rückenlage erfolgen. Der Patient wird zum Vorhaben informiert, eine zweite Pflegeperson zur unterstützenden Lagerung wird empfohlen.

Das Einführen des KSS-Katheters erfolgt nach hygienischer Händedesinfektion und der Anlage von indizierter Schutzkleidung. Nach einer orientierenden digitalen Sphinkterpassage erfolgt das Vorschieben des Katheters (Spezifitäten der Systeme s. Praxistipp oben).

Nach Passage des Analsphinkters durch den Retentionsballon kann dieser befüllt werden.

Nach Abschluss der langsamen Befüllung („Blockung“ des Rückhalteballons mit lauwarmem Wasser), wird der Katheter leicht zurückgezogen, bis ein Widerstand spürbar ist. Der Rückhalteballon wird mit Wasser (nicht z. B. Kochsalzlösung) befüllt, es kann ansonsten durch auskristallisierende Salze zu Funktionsstörungen des Ventils im Injektionsport kommen.

Die Füllanzeigekammer am Injektionsport (Pilotballon) des Rückhalteballons dehnt sich bei der Befüllung des Ballons aus. Die Ausdehnung muss zurückgehen, wenn keine Insufflation mehr stattfindet. Bleibt die Füllanzeigekammer prall, kann dies ein Anzeichen für einen Fehler sein (Fehlpositionierung oder Materialfehler). Katheter und Ballon müssen neu überprüft und platziert werden.

Wahl des KSS

Die Auswahl des einzusetzenden KSS richtet sich nach den Therapiezielen und Einsatzoptionen der verschiedenen Systeme (s. auch Algorithmus Abb. 4). Erfolgt die Anwendung zur vorwiegenden Beherrschung und kontrollierten Ableitung ausgeprägter Diarrhöen ohne geplante therapeutische Einläufe, können alle 3 beschriebenen Systeme zur Anwendung in Erwägung gezogen werden.

Besteht eine Indikation zur kontrollierten Ableitung von initial normalkonsistentem Stuhlgang, (z. B. Immobilisierung, Wundgebietsschutz, Infektionsprophylaxe), muss ein System mit erweiterten Therapiemöglichkeiten eingesetzt werden (z. B. ActiFlo® Darmverweilkatheter), um beispielsweise Medikamentenapplikationen oder kontrollierte Einläufe zu ermöglichen, die durch einen Blockiermechanismus des Ablaufschlauches für einen vorgegebenen Zeitraum im Enddarm belassen werden können.

Flankierende regelmäßige Pflegemaßnahmen

Eine regelmäßige hygienische Körperpflege, spezifisch auch im Perianalbereich, muss zur mehrfach täglich notwendigen Inspektion des lokalen Hautzustands und ggf. sichtbaren Schleimhautveränderungen genutzt werden, der Befund ist regelmäßig zu dokumentieren.

Abhängig von der Stuhlkonsistenz kann ggf. eine tägliche Kolon- und Katheterirrigation mit 200–1000 ml lauwarmem Wasser notwendig werden.

Praxistipp

Die Verwendung von kaltem Wasser muss vermieden werden, die dadurch getriggerte Reizung des Enddarms führt häufig zu Schmerzen.

Die Instillation eines Klystiers kann je nach Stuhlkonsistenz und Entleerungsfrequenz erwogen werden. Die Zufuhr der Spüllösung kann manuell, mittels einer Blasenspritze oder über Schwerkraft über die Konnektion eines Spülbeutels mit Tropfengeschwindigkeitsregulation durchgeführt werden. Die regelmäßige Spülung dient der verbesserten Drainage des Stuhls (u. a. Verringerung von Undichtigkeiten) und zur Beobachtung der Stuhlkonsistenz im Verlauf.

Eine genaue Dokumentation der instillierten Flüssigkeitsmengen und der darauffolgenden Ablaufmengen dient der Flüssigkeits- und Stuhlbilanzierung.

Praxistipp

Bei Patienten zur kontrollierten Stuhlableitung bei nicht vorhandener Diarrhö muss eine medikamentöse Begleittherapie zur Beeinflussung der Stuhlkonsistenz erfolgen.

Patienten, die vor der geplanten Anlage eines KSS 2 oder mehrere Tage nachweislich keinen Stuhl abgesetzt haben, sollten wie Patienten mit festem Stuhl betrachtet werden. Gegebenenfalls kann ein initialer Einlauf notwendig sein, um Aufschluss über eine vermutete Stuhlretention zu erhalten.

Einer evtl. Geruchsentstehung und Abflussbehinderung kann vorgebeugt werden, indem der Ablaufschlauch regelmäßig (ca. 3-mal täglich) sorgfältig gespült und somit gereinigt wird. Auch das manuelle Ausstreichen des Schlauches sollte erwogen werden, um den Schlauch von Stuhlrückständen zu reinigen. Bei der Spülung des Systems sollte darauf geachtet werden, dass die Spüllösung direkt wieder ablaufen kann und sich nicht im Ablaufschlauch aufstaut. Ein frühzeitiger Wechsel des Auffangbeutels trägt weiter zur Vermeidung bzw. Reduktion von Geruchsbildung bei.

Grenzen/Probleme

Vor der Einlage des Katheters muss vorhandener geformter Stuhl aus dem Rektum entfernt werden, da sonst eine Ablaufblockade mit Stuhlstauungen resultieren könnte. Die gravierendste Gefahr beim Einsatz eines KSS besteht in mechanischen Darmobstruktionen durch z. B. unerkannt festere Fäkalien und Kathetersystemstenosierungen. Die ersten 24–48 h nach Anlage des Systems bedürfen akribischer Aufmerksamkeit bezüglich der regelrechten Stuhlableitung.

Der unkritische Einsatz eines KSS ohne strenge Indikationsabwägung oder durch nicht spezifisch geschultes Personal kann schwerwiegende Komplikationen verursachen.

Spülungen des Ablaufkatheters alleine können einen mechanischen Darmverschluss nicht verhindern. Die zusätzliche Interventionsoption der zeitlich steuerbaren intrarektalen Enddarmspülung des beschriebenen ActiFlo® Darmverweilkatheters kann hier hilfreich eingesetzt werden. Durch das Befüllen des Intralumenballons lässt sich vor dem Katheterende liegender Stuhl mobilisieren und mittels der parallel einlaufenden Spülung nach erfolgter Entleerung des Intralumenballons und somit Eröffnung des Katheters evakuieren.

Praxistipp

Verändert sich die Stuhlkonsistenz von flüssig zu breiig, kann es zu Ablaufproblemen kommen, wenn keine regelmäßige Irrigation des Rektums erfolgt.

Gründe für Undichtigkeiten

  • Reduzierter Rektaltonus

  • Übermäßiges Pressen

  • Unzureichende Befüllung des Rückhalteballons

  • Verlegung der Katheteröffnung mit Stuhl

  • Verdrehter Katheterabschnitt auf Höhe der Transsphinkterzone

  • Durchhängender Ablaufschlauch

  • Abgeknickter Ablaufschlauch meist am Übergang zum Ablaufbeutel

  • Verstopfung im Ablaufschlauch

  • „Hineingewanderter“ Katheter

  • Aufgeblasener Intralumenballon beim ActiFlo® Darmverweilkatheter über längeren Zeitraum

Die Rate der Undichtigkeiten, die zu einer Repositionierung des Katheters führen, werden je nach verwendetem System mit 25–39% angegeben [15].

Bei Patienten, die einen reduzierten Rektaltonus aufweisen, kann es häufiger zu Katheterdislokationen bis hin zum Herausrutschen oder zum Flüssigkeits- und Fäkalienaustritt am Katheter entlang kommen. Hierbei verfügt der Rückhalteballon nicht über ausreichende Verankerung oder kann nicht ausreichend zum Anus hin abdichten.

Der Einsatz des KSS bei betroffenen Patienten bedarf einer erhöhten Aufmerksamkeit, verbesserter Fixierungstechniken und erweiterter Pflege zur Vermeidung unerwünschter Komplikationen.

Praxistipp

Empfehlenswert ist, mehrfach wöchentlich das Retentionsballonvolumen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Bei längerer Liegedauer können dezente physikalisch bedingte Volumenverluste auftreten.

Beim KSS-Einsatz bei wachen Patienten kann es zu Undichtigkeiten durch unwillkürliches Pressen durch empfundene Fremdkörperreizung kommen. Auch Installationen und Manipulationen am System können bei diesen Patienten zu Reizungen und erhöht empfundenem Stuhldrang führen.

Das Verdrehen des Katheters im Bereich der Transsphinkterzone führt zu einem erhöhten Flüssigkeitsaustritt am Katheter vorbei aufgrund der temporären Stenosierung. Vorbeugend sollte der Katheter möglichst gerade in Richtung der vorderen Körpermitte des Patienten ausgerichtet werden und sich im besten Fall leicht unter Zug befinden. Dies kann mittels der angebrachten Fixierbänder (wenn vorhanden) meist unproblematisch gewährleistet werden.

Eine Wanderungsbewegung über den Enddarmbereich hinaus erzeugt neben der Gefahr von Komplikationen ebenfalls Undichtigkeiten am Anus. Bei Systemen, die über eine Markierungslinie verfügen, sollte die Position der Markierungslinie regelmäßig kontrolliert und dokumentiert werden.

Die Gewährleistung einer ungehinderten Stuhldrainage ist gegeben, wenn regelmäßig überprüft wird, ob der Ablaufschlauch gerade im Bett positioniert ist, keinerlei Stenosen oder Verwindungen aufweist und eine Stuhldrainage ablesbar ist. Abflussbehinderungen entstehen häufig auch am Übergang zwischen dem Ablaufschlauch und dem Auffangbeutel.

Praxistipp

An dieser Stelle entsteht gerade bei sehr langen Kathetersystemen eine Knickstenose, insbesondere wenn der Ablaufschlauch nicht im Bett liegt, sondern außerhalb des Bettes positioniert wurde. Gerade bei Patienten, die sich in einem Bettensystem zur kontinuierlichen Rotation befinden, kann sich die dauerhaft korrekte Ablaufpositionierung und Katheterverlaufsfixierung aufwendig gestalten.

Um Umgebungskontaminationen beim Wechsel des Auffangbeutels zu vermeiden, sollte der Wechsel frühzeitig bei einem Füllvolumen von zwei Dritteln erfolgen sowie eine vorherige gründliche Spülung des Schlauches mit Reinigung des Verbindungselementes zwischen Beutel und Ablaufschlauch durchgeführt werden.

Dokumentiert werden prinzipiell alle Ein- und Ausfuhren über das KSS. Zusätzlich sollten Katheterlage und Hautzustandsverlauf dokumentiert werden, ggf. auftretende Veränderungen und Auffälligkeiten in Stuhlzusammensetzung, Geruch, Farbe und Konsistenz müssen festgehalten werden.

Cave: Während des Einsatzes eines KSS dürfen zusätzlich keine Zäpfchen oder rektale Thermometer verabreicht bzw. eingeführt werden.

Fazit für die Praxis

In jüngster Zeit genießen die richtige Ernährung (enteral vs. parenteral), der frühzeitige Beginn der Ernährungszufuhr und deren verschiedenste optimierte Applikationswege bei nicht selbstständig nahrungsaufnehmenden Intensivpatienten einen erhöhten Stellenwert in der Aufmerksamkeit der Intensivmediziner („the gut, use it or loose it“). Demgegenüber wird dem daraus folgenden und häufigen Therapie- und Pflegeproblem der Defäkation kaum dieselbe Aufmerksamkeit gewidmet. Bisher schien es zu genügen, am spätestens vierten Tag die Meldung „hat abgeführt“ während der Visite oder Übergabe einzustreuen, um der Ganzheitlichkeit im Behandlungsprozess Genüge zu tun. Wird jedoch – zu Recht, wie die Autoren meinen – aller Fokus auf die möglichst rasche enterale Ernährung der Patienten gelegt, sollte sich eine ganzheitliche Therapiebetrachtung auch dem gesamten Verdauungsvorgang und dessen Beherrschbarkeit und Beeinflussbarkeit widmen.

Die Beachtung des Stuhlgangs fand nicht zuletzt mit Einführung der Bristol-Stuhlformen-Skala [16] relevanten Eingang in die Wahrnehmung der medizinisch Verantwortlichen. Bisher bestanden Hilfsmittel zum Ausscheidungsmanagement aus „kreativen“ bis gefährlichen (wenn auch gut gemeinten) Pflegetechniken. Mit der Einführung industriell gefertigter Stuhlableitungssysteme hat hier eine deutliche Verbesserung der möglichen Patientenversorgung stattgefunden.

Hilfreich zur Entscheidung, ein Stuhlableitungssystem einzusetzen, sind klar definierte Entscheidungskriterien, die das geplante Vorgehen für alle Beteiligten nachvollziehbar aufzeigen. Idealerweise ist ein Algorithmus zu etablieren, der anhand von logischen Zusammenhängen und bestehenden Definitionen den Weg zu richtigem Produkt und einzusetzender Technik weist. Der erste Algorithmus zum Stuhlmanagement dient dem Einsatz bei kritischer Abwägung und der Diskussion innerhalb der Berufsgruppen im intensivtherapeutischen Team.