FormalPara Kernaussagen
  • Die Überlebensrate bei (stumpfem oder penetrierendem) traumatischem Herz-Kreislauf-Stillstand nach durchgeführter PHRT beträgt für alle 205 eingeschlossenen PHRT-Patienten 12 %. Eine Differenzierung zwischen dem Outcome der verschiedenen Verletzungsmechanismen konnte innerhalb dieses Reviews nicht untersucht werden. Ein Überlebensvorteil der penetrierenden Verletzungen ist jedoch anzunehmen.

  • 75 % der PHRT-Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden, haben ein gutes neurologisches Outcome.

  • Eine PHRT kann auch von „nichtchirurgischen“ Notärzten durchgeführt werden.

  • Neben „skills trainings“ sind insbesondere Team-Trainings und an regionalen Strukturen orientierte SOP geeignet, eine gute PHRT-Versorgung zu implementieren.

  • Da viele der eingeschlossenen Publikationen niedrige Fallzahlen beinhalten, ist das Verzerrungspotenzial der einzelnen Publikationen sowie auch dieses Reviews hoch. Weitere systematische Forschung im Bereich der präklinischen Traumareanimation ist insbesondere auch zur Umsetzung der ERC-Leitlinien-Vorgaben zwingend erforderlich.

Einleitung

In den vergangenen 30 Jahren konnten durch eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der Prävention und der klinischen Versorgung die Überlebenschancen für Schwerverletzte deutlich verbessert werden [1]. Beispielhaft seien hier ein sicherer Fahrzeugbau, Verkehrserziehung, klinische Verbesserung wie die Schockraumversorgung durch algorithmusbasiertes Vorgehen wie etwa gemäß Advanced Trauma Life Support (ATLS®) [2] oder die systematische Durchführung des Focused Assessment with Sonography for Trauma (FAST, [3]) und CT-Ganzkörperuntersuchungen mit Kontrastmittel erwähnt. Ein großer Teil der Verbesserung in der Versorgung schwer verletzter Patienten stützt sich u. a. auf wissenschaftliche Erkenntnisse der Registerforschung, der klinischen Forschung sowie Erkenntnisse aus dem Bereich der Unfallprävention. Aufgrund von wenigen verfügbaren, uneinheitlichen und unvollständigen Daten gab es lange Zeit keine oder wenige wissenschaftliche Erkenntnisse und darauffolgende Neuerungen im Bereich der präklinischen Traumaversorgung. Insbesondere Patienten, die bereits präklinisch verstarben, wurden meist nicht näher in der wissenschaftlichen Betrachtung erfasst bzw. in die Weiterentwicklung neuer, insbesondere präklinischer Behandlungsstrategien eingeschlossen.

Neben der Verbesserung der präklinischen Versorgungsqualität durch systematische und fundierte Schulungen, kontinuierliche Qualitätssicherung und insbesondere die Vermeidung überproportional häufiger Behandlungsfehler [4] stehen neuere Behandlungsstrategien insbesondere im Bereich der Reanimation nach Trauma im Vordergrund. Galten Traumareanimationen lange Zeit als weitestgehend aussichtslos und mit schlechter Prognose vergesellschaftet, konnten Zwingmann et al. inzwischen für Deutschland zeigen, dass bis zu 32 % aller Patienten, die nach schwerer Verletzung präklinisch reanimationspflichtig werden, dies überlebten, und dass 15 % dieser Überlebenden das Krankenhaus mit einem guten neurologischen Ergebnis verließen [5].

Vor dem Hintergrund dieser und ähnlicher neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse beinhalten seit 2015 die Reanimationsleitlinien des European Resuscitation Council (ERC) einen eigenständigen Abschnitt und Algorithmus für den traumatischen Herz-Kreislauf-Stillstand (Abb. 1; [6]). Wesentliche Änderungen im Vergleich zu vorangegangenen Versionen der Reanimationsleitlinien sind im Kontrast zu dem Standard-ACLS-Algorithmus die Empfehlung, dass bei der Traumareanimation prioritär alle reversiblen Ursachen sofort behoben werden sollen, und dass die Durchführung der klassischen Thoraxkompression weitestgehend ineffektiv bleibt (und deshalb sogar nachrangig ist), wenn die reversiblen Ursachen (Infobox 1) nicht umgehend behandelt werden („you can’t pump an empty or obstructed heart“).

Abb. 1
figure 1

Algorithmus traumatischer Herz-Kreislauf-Stillstände des European Resuscitation Council [6]. (Abb. aus [7] unter Berücksichtigung von [8] © German Resuscitation Council (GRC) und Austrian Resuscitation Council (ARC) 2015. ALS „Advanced Life Support“, CPR „Cardiopulmonary Resuscitation“

Während für die äußere Blutungskontrolle, die Beatmung, Thoraxdekompression und Volumensubstitution etablierte Verfahrensanweisungen und entsprechende Schulungsprogramme für das ärztliche und nichtärztliche Personal im Rettungsdienst zur Verfügung stehen [4, 9, 10], ist die präklinische Thorakotomie („prehospital resuscitative thoracotomy“ PHRT) als notfallmedizinisches Therapieverfahren im deutschsprachigen Raum weder etabliert noch systematisch geschult. Seit 2015 soll gemäß ERC-Leitlinie eine Notfallthorakotomie in Erwägung gezogen werden (Abb. 1), wenn bestimmte Indikationskriterien und Voraussetzungen erfüllt sind [6]. Ziel der PHRT ist gemäß ERC-Leitlinie die Therapie reversibler Ursachen des Kreislaufstillstands wie z. B. thorakaler Blutungen, Perikardtamponade oder zur proximalen Aortenkompression [7, 11, 12].

Vor dem Hintergrund der großen Differenz zwischen Leitlinienempfehlungen und der im deutschsprachigen Raum angewandten notfallmedizinischen Behandlungspraxis untersucht das vorliegende Review erstmals systematisch sämtliche publizierten Daten zum Outcome von Patienten nach PHRT. Ziel des Reviews ist es ferner, einen Überblick über die bis dato publizierten Indikationen, Behandlungsstrategien und die verfügbare Evidenz zu geben.

Infobox 1 Zur präklinischen Notfallthorakotomie

Indikation

Die ERC-Reanimationsleitlinie 2015 fordert die sofortige Therapie aller reversiblen Ursachen des „traumatic cardiac arrest“ (TCA, [6]):

Reversible Ursachen des TCA sind:

  1. 1.

    Hypoxie

  2. 2.

    Spannungspneumothorax

  3. 3.

    Hypovolämie

  4. 4.

    Perikardtamponade

Maßnahmen beim TCA

Stoppen kritischer Blutungen durch Kompressions‑/Tamponierungsverbände, Tourniquets und Beckenschlinge

  1. A.

    Oxygenierung/Intubation zu Therapie/Ausschluss traumainduzierter Apnoen

  2. B.

    Fingerthorakostomie zu Therapie/Ausschluss eines Spannungspneumothorax

  3. C.

    Volumensubstitution (vorzugsweise Blut) zu Therapie/Ausschluss Hypovolämie bzw. eines Vorlastmangels via intravenöse oder intraossäre Zugänge oberhalb des Bauchnabels (bei stumpfen Traumata von Bauch/Becken bzw. ggf. beim penetrierenden Trauma auch über andere zentrale Zugänge z. B. in der Leiste)

    „Clamshell thoracotomy“ (PHRT) zur Therapie der Perikardtamponade sowie schweren intra- und extrathorakalen Blutungen (direkte Blutungskontrolle, Aortenkompression zur indirekten Blutungskontrolle und zur Erhöhung des peripheren Widerstands und Verbesserung der Perfusion von Herz/Hirn sowie direkte Herzmassage)

Voraussetzungen

Im Fall eines TCA soll bei erfolgloser Therapie aller anderen reversiblen Ursachen die Durchführung einer präklinischen Notfallthorakotomie („prehospital resuscitative thoracotomy“, PHRT) in Erwägung gezogen werden, wenn seit dem Vorliegen der letzten Vitalzeichen (z. B. jeglicher elektrischer Aktivität im Elektrokardiographie, jeder Form der Atemaktivität, Reaktion auf Schmerzreiz) weniger als 10 min bei stumpfem Verletzungsmuster bzw. weniger als 15 min bei penetrierenden, thorakalen Verletzungen vergangen sind. Weitere Voraussetzungen sind gemäß ERC-Leitlinie das Vorhandensein des notwendigen Equipments, die notwenige Expertise (Ausbildung) und eine sichere Umgebung (Environment) [6].

Durchführung der PHRT

Die PHRT hat die unverzügliche Eröffnung des Thorax am Unfallort zum Ziel, um das Perikard zu entlasten, Blutungen zu stillen und mittels proximaler Aortenkompression einen vorübergehenden Kreislauf herzustellen. Geschultes ärztliches Personal jeder Fachrichtung kann diese Maßnahme durchführen [13]. Mit einfachen Notfallthorakotomie-Sets für den Rettungsdienst (Skalpell, Pinzette, stabile Trauma- und Präparierschere, Klemmen und ggf. Gigli-Säge) lässt sich der Thorax so uni- oder bilateral öffnen (Clamshell- oder anterololaterale Thorakotomie). Ausgehend von den bilateralen Thorakostomiestellen im 4./5. Interkostalraum in der Medioaxillarlinie zur Thoraxdekompression im Rahmen der Reanimation kann die Schnittführung zur PHRT im Rippenzwischenraum bis zum Sternum erweitert werden. Das Sternum kann im Fall der Clamshell-Thorakotomie mittels stabiler Trauma-Schere oder Gigli-Säge schnell und einfach durchtrennt werden und so der Zugang zu den Thoraxorganen und der Therapie der potenziell reversiblen Ursachen des TCA ermöglicht werden.

Methode

Das vorliegende systematische Review wurde nach den Empfehlungen der Cochrane Collaboration für systematische Übersichtsarbeiten erstellt [14]. Die Systematik der Publikation orientierte sich an der PRISMA-Checkliste, um eine umfassende und verständliche Berichterstattung zu ermöglichen [15].

Literatursuche

Es wurde eine systematische Recherche nach definierten Ein- und Ausschlusskriterien in 5 internetbasierten Datenbanken (PubMed, EMBASE, Google Scholar, SpringerLink und Cochrane) durchgeführt. Der primäre Endpunkt wurde im Vorhinein mithilfe des PICO(Patient/Intervention/Comparison/Outcome)-Schemas als „Überleben des Patienten bis zur Krankenhausaufnahme“ sowie als sekundärer Endpunkt das „neurologische Outcome der Patienten nach PHRT zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung“ definiert.

Die Suchstrategie wurde aus definierten Suchbegriffen und deren Kombination mittels Bool-Operatoren durchgeführt. Diese, sowie die vollständige Suchhistorie sind als zusätzliches Onlinematerial dokumentiert und dort einsehbar. Die Literaturrecherche wurde bis zum 31.12.2018 durchgeführt).

Ein- und Ausschlusskriterien

Um eine möglichst große Sensitivität der Suche zu gewährleisten, wurde die Recherche weder durch eine Limitierung hinsichtlich des Datums der Veröffentlichung noch durch das Studiendesign eingeschränkt. Der Ein- bzw. Ausschluss der Publikationen erfolgte stufenweise durch Sichtung der Titel, Sichtung der Abstracts und Sichtung der Volltexte (einsehbar als zusätzliches Onlinematerial)

Eingeschlossen wurden sämtliche englisch- oder deutschsprachigen Publikationen, die Zahlen zur Maßnahme „präklinische Thorakotomie“ lieferten und bis zum 31.12.2018 veröffentlicht wurden (Tab. 1). Publikationen, die nicht als „peer reviewed publications“ veröffentlicht wurden, fanden keine Berücksichtigung in dieser Untersuchung. Ebenso ausgeschlossen wurden Übersichtsartikel zur PHRT, welche im Rahmen der Literatursuche gefunden wurden. Die Primärquellen aller Übersichtsarbeiten wurden systematisch nach zusätzlicher PHRT-Literatur durchsucht. Hiernach wurden keine zusätzlichen Publikationen identifiziert.

Tab. 1 Übersicht der eingeschlossenen Publikationen zur „prehospital resuscitative thoracotomy“

Datenextraktion und Bewertung

Die Datenextraktion erfolgte durch 2 unabhängige Reviewer mittels Sichtung der Volltexte, wobei folgende Informationen in einem zuvor erstellten Excel-Erhebungsbogen dokumentiert wurden: Anzahl der Patienten hinsichtlich Unfallmechanismus, Ursache des traumatischen Herz-Kreislauf-Stillstands, verschiedene Zeiträume innerhalb der Rettungskette, Art der Thorakotomie, jeweiliges Fachgebiet der durchführenden Ärzte sowie das Outcome.

Für die Variable Outcome wurde nur in wenigen Publikationen ein definierter Score genutzt. Zur besseren Objektivierbarkeit wurden die Beschreibungen der Outcomes der einzelnen Publikationen von den Autoren dieser Studie an die Glasgow Outcome Scale (GOS) angepasst (Tab. 2).

Tab. 2 Anpassung des Outcome an die Glasgow Outcome Scale

Bei mangelnder Datenlage oder widersprüchlichen Informationen in den eingeschlossenen Publikationen wurden der korrespondierende Autor oder die Herausgeber kontaktiert. Hieraus resultierte jedoch kein zusätzlicher Ein- oder Ausschluss von Publikationen.

Die finale Datensammlung wurde von einem zweiten, unabhängigen Autorenteam validiert. Danach wurden mit der Software SPSS studienweise Überlebensraten (in Prozent) zum jeweiligen Outcome berechnet.

Datensynthese und Analyse

Die deskriptive Auswertung erfolgte mit der Software SPSS (IBM Corp. Released 2016. IBM SPSS Statistics for Windows, Version 24.0. Armonk, NY: IBM Corp.) und umfasst die Darstellung der oben aufgeführten Variablen als relative Häufigkeiten.

Verzerrungspotenzial

Da es sich bei den eingeschlossenen Publikationen ausschließlich um Veröffentlichungen mit einem niedrigen Evidenzgrad (Grading Recommendation Score 0) handelt, ist das Verzerrungspotenzial der Publikationen selbst wie auch das der Publikationen untereinander durch die hohe Heterogenität von Populationen, Indikationskriterien und Messmethoden sowie den Mangel von Vergleichsgruppen und großen Fallzahlen als sehr hoch einzuschätzen.

Die Anwendung gängiger Bias-Bewertung-Tools war aufgrund der für ein Review unüblichen Art der eingeschlossenen Publikationen (ausschließlich Fallberichte) nicht in Gänze umsetzbar. Es erfolgten jedoch, soweit auf Fallberichte zutreffend, die Bewertung und Objektivierung mittels eines modifizierten Bias-Bewertungs-Tools (Einsehbar als Onlinmaterial).

Ergebnisse

Deskriptive Analyse und Review

Der Prozess der systematischen Literatursuche und -auswahl ist in Abb. 2, PRISMA-Flussdiagramm, dargestellt. Die internetbasierte Literaturrecherche in 5 Datenbanken ergab 4602 Publikationen (PubMed: 1131, EMABSE: 406, Google Scholar: 1680, SpringerLink: 1383, Cochrane Library: 2). Nach Ausschluss der Publikationen (Abb. 2) die nicht die Einschlusskriterien erfüllten, resultierten 21 Veröffentlichungen mit insgesamt 287 behandelten Patienten, die sich für die weitere Analyse eigneten. Diese wurden weltweit in insgesamt 10 verschiedenen Ländern veröffentlicht, wovon 9 von 21 Publikationen in England publiziert wurden. Deutschland und die Niederlande publizierten je 2 PHRT-Publikationen; die übrigen Berichte stammen aus Österreich, Belgien, Spanien, USA, Brasilien, Japan, Afghanistan, dem Irak und einem ungenannten Einsatzort des US-Militärs (jeweils eine Publikation/Land).

Abb. 2
figure 2

Grafische Darstellung des Prozesses für den Ein- und Ausschluss von Studien zur präklinischen Notfallthorakotomie, die zur Erstellung des systematischen Reviews geeignet waren. CPR „Cardiopulmonary Resuscitation“

Sechs der 21 Publikationen wurden im Weiteren trotz Vorliegen der Einschlusskriterien wegen eines potenziellen „overreporting“ ausgeschlossen. Alle 6 ausgeschlossenen Publikationen wurden von Autoren des Londoner Helicopter Emergency Medical Service (London HEMS) publiziert. Zuzüglich der ausgeschlossenen 6 Publikationen hat selbige Forschungsgruppe insgesamt 8 der 21 eingeschlossenen Publikationen (38 %) mit insgesamt 162 Fällen (57 % der Gesamtfallzahl) publiziert. Die Zeiträume der Datenerhebung aller 8 Publikationen innerhalb dieses einheitlichen Londoner Datenpools überschneiden sich jedoch, sodass auch nach Auskunft der Londoner Autoren von einem „double reporting“ und damit einem „publication bias“ auszugehen ist. Es wurde in die vorliegende Arbeit deshalb die Publikation mit dem längsten Datenerhebungszeitraum (Davies et al. 1993–2008 [16]) eingeschlossen. Da lediglich eine weitere Londoner Publikation außerhalb dieses Zeitraums lag, wurden für die deskriptive Analyse nur 2 der 8 Londoner Publikationen berücksichtigt. Somit stützt sich die deskriptive Analyse des vorliegenden Reviews auf insgesamt 15 Publikationen (205 Patienten).

Analyse des Verletzungsmusters

Das Verletzungsmuster wurde in 11 Publikationen (89 Patienten) für alle eingeschlossenen Fälle berichtet, in 2 Publikationen für einen Teil der Fälle (63 Patienten), und in 2 weiteren Berichten (39 Patienten) konnten den Publikationen zu dieser Variable keinerlei Informationen entnommen werden. Das Verletzungsmuster wurde somit zu 50 % (n = 103/205) der berichteten PHRT-Fälle angegeben.

57 % (n = 59/103) der PHRT-Patienten mit berichtetem Verletzungsmuster erlitten penetrierende Verletzungen und 43 % (n = 44/103) ein stumpfes Trauma.

Analyse der Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstands

14 Publikationen (136 Patienten) boten Informationen zur mutmaßlichen Ursache des TCA. In 12 Publikationen (122 Patienten) wurden Angaben für alle eingeschlossenen Fälle dokumentiert, in 2 Veröffentlichungen für einen Teil der Patienten (14 Fälle), und einer Studie (6 Patienten) waren keine Informationen zu entnehmen. Bei 66 % (n = 136/205) der eingeschlossenen Patienten wurden mutmaßliche Ursachen des TCA angegeben.

In 26 % (n = 35/136) wurde eine Perikardtamponade als Ursache des TCA angegeben, bei ebenso 26 % (n = 35/136) eine größere thorakale Gefäßverletzung; in 5 % (7/136) waren Verletzungen des Lungenparenchyms ursächlich und in 43 % (59/136) andere extrathorakale Verletzungen.

Analyse des Zeitraums zwischen Herz-Kreislauf-Stillstand und Eintreffen des PHRT-Teams

Eine Dokumentation zum Zeitraum des Herz-Kreislauf-Stillstands bis zum Eintreffen des PHRT-Teams am Patienten erfolgte in 15 Publikationen (76 Patienten). In einer Publikation (ein Patient) wurde eine PHRT wegen Progression der Kreislaufdepression in einer „Peri-arrest“-Situation bei erhaltenem Restkreislauf durchgeführt.

In 65 % (50/77) erlitten die Patienten den TCA im Beisein des anschließend thorakotomierenden Notarztes. In 4 % (3/77) erreichte das PHRT-Team den Patienten in <5 min, in 21 % (16/77) in <10 min, und in 9 % (7/77) dauerte es länger als 10 min, bis das Team vor Ort eintraf.

Analyse des Zeitraums zwischen TCA und Beginn der PHRT

Zu diesem Zeitraum waren Angaben in 4 Publikationen (4/205 Patienten (2 %)) zu finden. Diese berichteten alle von einer Zeitspanne zwischen TCA und Beginn der PHRT <10 min. 11 Publikationen (201/205 Patienten, 98 %) boten keine Informationen zu diesem Zeitraum.

Analyse des Thorakotomieverfahrens

Der gewählte Zugangsweg für die PHRT wurde in 11 Publikationen (88/205 Patienten, 43 %) angegeben. Dabei erfolgte eine Dokumentation für alle Fälle in 9 Berichten (74 Patienten), Angaben zu einem Teil der eingeschlossenen Fälle in 2 Studien (zu 14 Patienten berichtet, nicht berichtet in 63 Fällen). Vier Publikationen boten keine Information (54 Patienten).

In 53 % (47/88) der Fälle wurde eine Clamshell-Thorakotomie als Zugangsweg gewählt und in 47 % (41/88) eine linksanterolaterale Thorakotomie durchgeführt.

Analyse des Fachgebiets der thorakotomierenden Ärzte

Informationen zur Ausbildung bzw. Gebietsbezeichnung der Ärzte, die eine Thorakotomie durchgeführt hatten, konnten 9 Veröffentlichungen (60 %) entnommen werden. Dabei erfolgte eine Angabe der Informationen in 7 Publikationen für alle eingeschlossenen Fälle (80 Patienten); in 6 Publikationen (48 Patienten) fehlten Angaben hierzu. Zwei Studienberichte gaben Informationen für einen Teil der Fälle (für 63 Patienten keine Angaben; für 14 Patienten lagen Informationen vor).

In 71 % der Fälle (n = 66/94) wurden die Thorakotomien von Notärzten ohne chirurgische Gebietsbezeichnung durchgeführt. In 27 % (n = 25/94) wurden die Thorakotomien von Anästhesisten, in 29 % (n = 28/94) von Chirurgen und in 44 % (n = 41/94) von „emergency physicians“ mit eigenständiger Gebietsbezeichnung durchgeführt (in der überwiegenden Zahl der beteiligten Länder ist die (prä-)klinische Notfallmedizin als eigenständige, primäre Gebietsbezeichnung anerkannt [37]).

Analyse des Outcome der Patienten nach PHRT

Das Outcome der Patienten nach TCA und erfolgter PHRT wurde hinsichtlich verschiedener Zeitpunkte untersucht, welche in Abb. 3 dargestellt sind. Allen Berichten konnten Informationen zum Überleben der Patienten nach TCA und PHRT entnommen werden. In 13 Publikationen (53/205 Patienten (26 %)) wurde das Erreichen eines „return of spontaneous circulation“ (ROSC) beschrieben. Ebenso enthielten 13 Publikationen (42/205 Patienten, 21 %) Informationen zu Patienten, welche lebend das Krankenhaus erreichten. Informationen zur Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus konnten 10 Publikationen (26 Patienten, 13 % bzw. 49 % aller PHRT-Patienten, die jemals einen ROSC erreichten) entnommen werden. Dabei wiesen 9 Publikationen Angaben zur Entlassung der Patienten mit gutem neurologischen Outcome (GOS: 5) auf (19/26 Patienten, 73 % der Überlebenden), 2 machten Angaben zur Entlassung mit schlechtem neurologischen Outcome (GOS: 2–4) (3/26 Patienten, 12 % der Überlebenden), und einer Publikation (4/26 Patienten, 15 % der Überlebenden) konnte keine Angabe zum neurologischen Outcome (GOS: 0) entnommen werden. Der Anteil der Patienten mit gutem neurologischen Outcome aller eingeschlossenen PHRT-Patienten betrug 9 % (n = 19/205).

Abb. 3
figure 3

Flowchart zum Outcome nach PHRT – Darstellung der Anzahl von Patienten (N) mit erzieltem Outcome, im zeitlichen Verlauf der Behandlung. Darstellung für 15 Studienberichte (205 Patienten) im systematischen Review. ROSC „Return Of Spontaneus Circulation“

Zusammenfassend konnte in der vorliegenden deskriptiven Auswertung aller eingeschlossenen Patienten gezeigt werden, dass 26 % (n = 53/205 Patienten) ein ROSC nach PHRT erreichten. 79 % (n = 42/53) dieser Patienten mit ROSC nach PHRT erreichten auch lebend das Krankenhaus. Mehr als jeder zweite dieser Patienten (n = 26/53) konnte später auch lebend das Krankenhaus verlassen, davon 73 % (n = 19/26) in gutem neurologischen Outcome.

Randomisierte klinische Studien mit Kontrollgruppen oder gar Randomisierung konnten zur PHRT in keiner Publikation gefunden werden. Eine der 21 eingeschlossenen Publikationen zeigte eine Vergleichsgruppe, in der die Ergebnisse der Patienten nach TCA und PHRT mit Patienten nach TCA und Standard-ACLS-Therapie verglichen wurden [35]. Schauer et al. konnten in dieser Untersuchung zeigen, dass 13 PHRT-Patienten ein signifikant häufigeres Überleben nach TCA hatten als 66 Patienten mit gleichem Verletzungsmuster („Matched-pair“-Analyse), die mittels Standard-ACLS-Therapie behandelt worden waren (31 % vs. 9 %).

Ein Matched-Pair-Vergleich zwischen PHRT und Emergency Department Thoracotomy (EDT) Patienten wurde in 3/21 Publikationen publiziert [22, 25, 35]. Matsumoto et al. und Purkiss et al. konnten dabei in keiner der Gruppen Überlebende bis zur Krankenhausentlassung feststellen. Schauer et al. berichten in einer kleinen Fallserie, dass in der PHRT Gruppe 4/6 Patienten und in der EDT-Gruppe 0/7 überlebten.

Diskussion

Das vorliegende Review gibt einen umfassenden systematischen Überblick über die vollständige englisch- und deutschsprachige PHRT-Literatur. Die erste gefundene Publikation stammt aus dem Jahr 1988, die jüngste aus dem Jahr 2018. Für 205 Patienten (aus 15 Publikationen), bei denen präklinisch eine PHRT bei TCA durchgeführt wurde, untersucht das vorliegende Review dabei Indikation und Durchführung der Maßnahmen sowie das Outcome der Patienten.

Die präklinische Versorgung von schwer verletzten Patienten stellt weltweit und auch in Deutschland nach wie vor eine große Herausforderung dar. Die hohe Sterberate in der Präklinik von bis zu 60 % aller verstorbenen Traumapatienten in Deutschland wirft die Frage nach Vermeidbarkeiten und zu ändernden Behandlungsstrategien auf [10, 38].

Buschmann und Kleber et al. konnten inzwischen in mehreren Arbeiten zeigen, dass sich in der Traumaversorgung die größte Anzahl potenziell und definitiv vermeidbarer Behandlungsfehler in der prähospitalen Notfallmedizin ereignet [10, 38]. Im Vordergrund der Fehleranalysen zu potenziell und definitiv vermeidbaren Traumatodesfällen in der Präklinik steht das hohe lebensrettende Potenzial der präklinischen Durchführung basaler Maßnahmen, wie beispielsweise die suffiziente externe Blutungskontrolle, etwa durch die Anwendung von effektiven Druckverbänden, Tourniquet, Gefäßklemmen oder Einlage eines Foley-Katheters in blutende, nichtkomprimierbare Stichkanäle.

Neben einem generellen Mangel an basalen Traumamanagementkompetenzen (fehlende klinische Ganzkörperuntersuchung, grobe Missachtung der ABCDE-Regel) zeigten sich in diesen Auswertungen auch andere schwerwiegende Behandlungsmängel wie z. B. eine fehlende bzw. insuffiziente Dekompression eines Spannungspneumothorax.

Inzwischen wurde seit diesen Berichten – auch bedingt durch eine erhöhte Aufmerksamkeit nach mehreren Terror- und Amoklagen in Europa – eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungsqualität in Deutschland ergriffen. Beispielsweise sei hier die Implementierung des „trauma care bundle“ der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) in etlichen regionalen „standard operating procedures“ (SOP) für den Rettungsdienst [39] genannt.

Auch die Einführung des Berufsbildes „Notfallsanitäter“ hat bereits heute erkennbar zu einer weiteren Professionalisierung und Standardisierung der präklinischen Notfallmedizin beigetragen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass jenseits der inzwischen ergriffenen Maßnahmen weitere Anstrengungen, insbesondere in der Schulung des notärztlichen Personals in Deutschland, unternommen werden müssen, um insbesondere Traumapatienten mit erhaltenem Kreislauf durch einfache und standardisierte Versorgungsverfahren vor einem Kreislaufstillstand zu bewahren.

Neben den genannten Mängeln bei der Versorgung von Traumapatienten mit Kreislauf stellt sich zusätzlich die Frage, welcher Maßnahme(n) es bedarf, um hinsichtlich der Reanimation nach Trauma die Empfehlungen der ERC-Leitlinie (einschließlich maximalinvasiver Maßnahmen wie eine PHRT) in der präklinischen Notfallmedizin in Deutschland umzusetzen.

Kleber et al. konnten in ihren Untersuchungen des überwiegenden Teils aller Traumaverstorbenen eines Jahres (2010 für Berlin) herausarbeiten, dass mindestens 4 der 26 potenziell vermeidbaren Todesfälle möglicherweise durch eine PHRT hätten gerettet werden können. Rechnet man diese Zahl auf die Gesamtbevölkerung in Deutschland hoch, entspräche dies bei allen statistischen Ungenauigkeiten und regionalen Unterschieden mehr als 90 potenziell durch eine PHRT geretteten Menschenleben/Jahr. Unklar bleibt bei der Betrachtung von Kleber et al., wie groß der Anteil der Patienten ist, die jenseits einer thorakalen Verletzung (n = 4) durch andere, potenziell reversible Ursachen (ausgedehnte oder massive intraabdominelle bzw. intrapelvine Blutungen) potenziell durch eine PHRT gerettet werden könnten (beispielsweise durch direkte Blutungskontrolle, Abklemmen der Aorta und direkte Herzmassage; Infobox 1).

Vor dem Hintergrund der Fehlerquote in der präklinischen Traumaversorgung und der Inzidenz reversibler Ursachen eines traumatisch bedingten Herz-Kreislauf-Stillstands sind die Autoren der Auffassung, dass forcierte Maßnahmen zur verbesserten allgemeinen rettungsdienstlichen Kompetenz in der Traumaversorgung unerlässlich und von hoher medizinischer, aber auch gesamtgesellschaftlicher Dringlichkeit sind.

Darüber hinaus scheint es sinnvoll, insbesondere in Gebieten mit hoher Besiedlungsdichte (zumindest auf Spezialrettungsmitteln wie beispielsweise der Luftrettung), das Personal zur Durchführung einer PHRT gemäß der ERC-Leitlinien (Abb. 1) zu schulen.

In der ERC-Leitlinie wird die durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit aller Patienten nach TCA und PHRT mit 15 % angegeben. Dies deckt sich mit den Ergebnissen des vorliegenden Reviews (13 % Überleben nach PHRT bis zur Krankenhausentlassung in der deskriptiven Analyse). Diese Ergebnisse stehen im deutlichen Kontrast zu den schlechten Überlebensraten (3–4 % bis zur Krankenhausentlassung) im Fall von kardiopulmonaler Reanimation beim TCA ohne konsekutive Thoraxdekompression und Notfallthorakotomie [40].

Bisher werden die von der ERC- und S3-Leitlinie [6, 41] für die Traumareanimation empfohlenen Maßnahmen in Deutschland nur unzureichend [9] – und die präklinische Notfallthorakotomie im deutschsprachigen Raum bis auf wenige Ausnahmen [26, 31, 42] kaum durchgeführt. Das häufige Unterlassen empfohlener Maßnahmen der ERC-Leitlinie für die Traumareanimation ist möglicherweise für das schlechte Outcome der Traumareanimationspatienten in Deutschland mitverantwortlich. So zeigten Jakisch et al. bei einer Analyse aller im Zeitraum 2000–2017 ins Deutsche Reanimationsregister eingeschlossenen Patienten nach traumatischer Reanimation, dass 10 % die ersten 24 h nach Krankenhausaufnahme überlebten und nur 4 % das Krankenhaus lebend verließen. Die Notwendigkeit, hier zu einem konzeptionellen Umdenken beim TCA in Deutschland zu kommen, unterstreichen Leis et al., in dem sie zeigen konnten, dass der TCA, im Vergleich zum kardial-bedingten Herz-Kreislauf-Stillstand, mit einem besseren neurologischen Outcome assoziiert ist [43].

In den Leitlinien und in vielen der eingeschlossenen Publikationen zeigten sich hier immer wieder weit auseinandergehende Werte für das Outcome nach stumpfem und penetrierendem Trauma (35 % nach penetrierendem Trauma, 0–2 % nach stumpfem Trauma [6, 22, 44]). Diese Dissoziation konnte innerhalb des vorliegenden Reviews nicht geprüft werden, da viele der Publikationen mit gemischt penetrierend-stumpfen Traumapatienten bei Angabe des Outcome nicht zwischen der vorangegangenen Verletzungsart der Überlebenden differenzierten. Jedoch gab es einen deutlichen Trend hin zu einer niedrigeren Überlebenswahrscheinlichkeit in Publikationen nach stumpfem Thoraxtrauma [22]. Ungeachtet dessen kann davon ausgegangen werden, dass insbesondere Patienten mit penetrierendem Thoraxtrauma unter gegebenen Indikationskriterien von einer PHRT profitieren können [6].

Innerklinisch bzw. im Schockraum ist die Notfallthorakotomie weltweit deutlich etablierter: Das aktuelle und umfassendste Review von Nevins et al. zeigt für 3251 Patienten nach EDT im Schockraum eine Überlebensrate von 8,5 % (n = 277) [45]. Dies steht im Kontrast zu den Daten des vorliegenden Reviews, in dem die Überlebensrate mit 13 % trotz eingeschränkterer Behandlungsbedingungen in der Präklinik (Verfügbarkeit von Equipment, Expertise und gegebenem Environment) wesentlich höher liegt.

Zwingmann et al. berichteten von Ergebnissen aus dem Bereich der Reanimationsforschung in Deutschland. Diese zeigen, dass im Falle eines TCA bei effektiven und erfolgreichen Reanimationsanstrengungen in der Präklinik, diese Patienten die besten Überlebenschancen haben, gefolgt von Patienten, welche im Schockraum reanimationspflichtig wurden. Patienten, bei denen die Reanimationsbemühungen aus der Präklinik unter laufender CPR in den Schockraum verlagert wurden, hatten die schlechteste Überlebenswahrscheinlichkeit und das schlechteste neurologische Outcome [5].

Auch ATLS® als weltweit verbreitetes Kurskonzept der klinischen Traumaversorgung hat mit der neuesten 10. Edition die EDT im Schockraum in einem eigenen Traumareanimationsalgorithmus in das Kurskonzept aufgenommen [46], ebenso wie der European Trauma Course (ERC®) in seiner 4. Version [47]. In der Vergangenheit sind präklinische Traumakursformate wie etwa PHTLS® oder ITLS® häufig den Entwicklungen von ATLS® gefolgt, sodass abzuwarten bleibt, ob hier insbesondere hinsichtlich notarztgestützter präklinischer Traumaversorgungskonzepte auch die PHRT in die Kurskonzepte der bekanntesten präklinischen Traumakursformate Einzug hält.

Trotz bisher fehlender flächendeckender Implementierung haben sich inzwischen in Deutschland insbesondere im Bereich der Luftrettung [26, 31] mehrere Standorte auf den Weg gemacht, entsprechende Versorgungskonzepte zu etablieren. Auch eine wachsende Zahl an Kursangeboten sorgt für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema PHRT in der Notfallrettung [48,49,50]. Puchwein et al. konnten hinsichtlich derartiger Kurskonzepte zu TCA bzw. PHRT zeigen, dass nach einem Kadaverkurs und Tutorial der Eingriff auch von Notärzten mit nichtchirurgischer Gebietsbezeichnung in <3 min ohne statistisch signifikanten Qualitätsunterschied sicher durchgeführt werden kann [13]. Dies deckt sich mit den Daten des vorliegenden Reviews, das zeigten konnte, dass die überwiegende Zahl an publizierten PHRT-Fällen nicht von Notärzten mit chirurgischer Gebietsbezeichnung durchgeführt wurde. Jenseits der verfügbaren Kursangebote ist inzwischen international auch eine ganze Serie an praktischen Anleitungen und SOP für die Durchführung von PHRT für die präklinische Notfallmedizin publiziert, welche deutlich machen, wie eine pragmatische Implementierung der PHRT in die TCA-Reanimation-Algorithmen erfolgen kann [11, 18, 51].

Aktuell vorhandene PHRT-Übersichtsliteratur

Trotz vielfacher Erwähnung der präklinischen Notfallthorakotomie in Leitlinien und Manuals [6, 51, 52] fehlt es bisher an hochwertigen, prospektiven, randomisierten Studien unter Einschluss der erforderlichen Patientenzahl. Anhaltende ethische Restriktionen und fehlende ausreichende Fallzahlen haben bisher randomisierte kontrollierte Studien unmöglich gemacht und werden auch in Zukunft nicht durchführbar sein. Somit kommt den vorhandenen eingeschlossenen Einzelfallberichten und retrospektiven Fallserien trotz aller umfangreichen Limitationen eine große Bedeutung zu. Eine systematische Übersicht über die (in Englisch oder Deutsch) vorhandenen Publikationen zur präklinischen Notfallthorakotomie gab es bislang nur in Auszügen. Hafstad et al. [53] publizierten 2017 einen Überblick über 6 PHRT-Studien, jedoch ohne vergleichende Analyse der PHRT-Fälle bezüglich der Art des Traumas, Prozedere oder Outcome. Auch Rabinovici et al. [54] fassten 2013 einen Teil der PHRT-Literatur zusammen, ebenso ohne die Analyse der gemeinsamen Faktoren. Das aktuelle Review von Nevins et al. [55] aus dem Jahr 2018 umfasst 12 PHRT-Publikationen mit einem Schwerpunkt auf den Publikationen der London HEMS. Neun weitere, vorhandene Publikationen, die in der vorliegenden Arbeit untersucht wurden, sowie das neurologische Outcome wurden durch Nevins nicht berücksichtigt bzw. verwendet.

Limitationen dieses Reviews

Bis heute steht nur eine sehr limitierte Anzahl von Veröffentlichungen für die Fragestellung bezüglich des Outcome nach präklinischer Thorakotomie zur Verfügung bzw. weisen diese – nach Studiendesign – einen geringen Evidenzgrad auf (ausschließlich retrospektive Studien und Fallberichte).

Bei einer insgesamt schwachen Publikations- und Datenlage gehen die Autoren von einem nichtunerheblichen Publication bias aus. So ist beispielsweise ein „underreporting“ dort zu vermuten, wo einerseits eine PHRT bisher nur vereinzelt oder nicht erfolgreich durchgeführt wurde, aber auch andererseits dort, wo – wie in London durch die London’s Air Ambulance (>2/Woche laut mündlicher Anfrage der Autoren) oder den Queensland Ambulance Service – die PHRT bereits seit vielen Jahren etabliert ist und seit 2008 keinerlei neuere Daten über die inzwischen häufige und standardisierte Durchführung von PHRT publiziert wurden.

Eine wesentliche Einschränkung ergab sich ebenfalls im Hinblick auf die Analyse der Zusammenhänge zwischen den untersuchten Faktoren und dem Outcome innerhalb dieses Reviews. So ließ sich beispielsweise für eingeschlossene Publikationen mit gemischt penetrierenden und stumpfen Traumata in den meisten Fällen nicht nachvollziehen, welche der Patienten überlebten. Somit ließ sich für die meisten untersuchten Faktoren lediglich ein nummerisches Vorkommen, jedoch kein einzelfaktorbezogener Einfluss auf das Outcome nachweisen.

Trotz aller fortbestehender Grenzen bei der Erarbeitung hochwertiger Evidenz im Kontext von TCA und PHRT sollten insbesondere im Bereich der Registerforschung Anstrengungen unternommen werden, um zukünftig ein fundierteres Verständnis für Maßnahmen zur Verbesserung der präklinischen Traumaversorgung, einschließlich Reanimation und PHRT, zu erlangen.

Resümee

Vor dem Hintergrund intensiver Diskussionen entlang der ERC-Reanimationsleitlinie über den Wert der PHRT bei der Versorgung des TCA ist das vorliegende Review die unserer Kenntnis nach bislang umfassendste systematische Übersichtsarbeit zu PHRT im deutsch- und englischsprachigem Raum.

Für das Überleben und Outcome ist die Durchführung aller von der ERC-Leitlinie empfohlenen Maßnahmen zur Therapie der reversiblen Ursachen des traumatischen Kreislaufstillstands – auch in der Präklinik – von entscheidender Bedeutung. Eine präklinische Notfallthorakotomie ist als Teil dieser Maßnahmen mit einer 12 %igen-Überlebenswahrscheinlichkeit und einer hohen Rate von gutem neurologischen Outcome vergesellschaftet. Dennoch ist diese Maßnahme in der Präklinik im deutschsprachigen Raum, anders als in einer Reihe europäischer Nachbarländer, bisher kaum etabliert. Umfangreiche, gesamtgesellschaftliche Anstrengungen sind erforderlich, um die PHRT mittels umfangreicher Aufklärung und regelmäßiger Schulung im deutschsprachigen Raum zu etablieren und die Anzahl vermeidbarer Traumatodesfälle zu reduzieren. Dabei kommt der präklinischen Notfallmedizin und insbesondere der Reduktion vermeidbarer Behandlungsfehler eine große Bedeutung zu. Die vorliegende Arbeit kann dabei helfen, aufbauend auf diesen Maßnahmen. die PHRT im deutschsprachigen Raum entlang den Leitlinienempfehlungen systematisch, beispielsweise auf speziellen Rettungsmitteln wie der Luftrettung, in Ballungszentren zu etablieren.