Inzidenz schwerer Verletzungen

Zusammenfassung

Es ist bisher unbekannt, wie viele Personen pro Jahr in Deutschland eine schwere Mehrfachverletzung (ISS≥16) erleiden. In Anbetracht zunehmender Restriktionen im Gesundheitswesen und der G-DRG (German Diagnosis Related Groups) ist es aber unbedingt angezeigt, Daten über diesen sehr ressourcenintensiven Aspekt der Unfallversorgung zu gewinnen. Ziel dieser Studie war daher die Erfassung aller schweren Mehrfachverletzungen in einem definierten Landkreis mit 297.000 Einwohnern.

In einer retrospektiven Erhebung der Jahre 1996–2000 wurden in der Untersuchungsregion alle chirurgischen Notfälle erfasst. Aus den Krankenakten wurden jeweils Verletzungsmuster, -art und -schwere sowie die Klinikletalität extrahiert. Die Anzahl der direkt an der Unfallstelle Verstorbenen wurde nach Durchsicht aller Leichenschauscheine erhoben.

Insgesamt erlitten 454 Personen im Untersuchungszeitraum eine schwere Verletzung (ISS≥16). Direkt an der Unfallstelle verstarben 112 bzw. im weiteren Verlauf 64 Patienten. Der durchschnittliche ISS der überlebenden Patienten betrug 27 (16–75). Aus den erhobenen Daten ergibt sich für die Untersuchungsregion eine Inzidenz von 25 schweren Mehrfachverletzungen/100.000 Einwohner. Hochgerechnet auf die Bundesrepublik erleiden bis zu 40.000 Personen eine schwere Mehrfachverletzung.

Durch diese Untersuchung konnte erstmals die Inzidenz der schweren Mehrfachverletzung in einer definierten Region nach dem Ereignisortprinzip erhoben werden. Legt man Kostenanalysen zugrunde, so ergeben sich pro Jahr in Deutschland bis zu 2 Mrd. Euro, welche alleine für akutstationäre Behandlung Polytraumatisierter aufgewendet werden müssen.

Abstract

It is still unknown exactly how many persons sustain a severe injury (ISS ≥16) in Germany each year. Considering the growing restrictions and the introduction of DRGs, it was necessary to acquire data about this rather resource-intensive aspect of trauma care. The aim of this study was therefore to assess the incidence of severe trauma within a defined population.

In a retrospective study all surgical emergencies within a 5-year period (1996–2000) were reviewed. Data on type, pattern, severity of injury, and mortality were extracted from the patients’ records.

During the study period 454 persons sustained a severe injury (ISS ≥16), 112 individuals died at the scene of the accident, and 64 during the hospital stay. The average ISS of the surviving patients was 27 (ISS 16–75). The calculated incidence of severe trauma was 25/100,000 inhabitants per year. Extrapolated, up to 40,000 persons sustain a severe injury each year in Germany.

For the first time, this study has provided data on the incidence of major trauma in Germany. Based on the acquired data and a previous cost analysis, hospital treatment costs for severely injured patients amount to up to 2 billion Euros per year in Germany.