Änderung des Verletzungsmusters Polytraumatisierter in den zurückliegenden 30 Jahren

Zusammenfassung

Ziel der Studie war die Beschreibung der Veränderung des Verletzungsmusters bei Verkehrsunfällen in Deutschland über 30 Jahre. Die Auswertung beruht auf den detaillierten Untersuchungen der Verkehrsunfallforschung der Unfallchirurgischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover. In dieser Forschungsgruppe wurden auf der Grundlage eines statistischen Stichprobenverfahrens Unfälle aktuell am Unfallort erfasst. Die Studie umfasst 1235 Unfälle aus den Jahren 1973–1978, die mit 5608 von 1994–1999 dokumentierten Unfällen verglichen werden. Es zeigte sich eine Abnahme der Zahl tödlicher Unfälle sowie eine Änderung des Verletzungsmusters und des Todeszeitpunkts bei Unfällen mit Todesfolge. In den 70er Jahren traten 54,2% der Todesfälle während der stationären Behandlung auf, in den 90er Jahren dagegen ereigneten sich 78,8% der Todesfälle unmittelbar am Unfallort, die Ursache dafür lag hauptsächlich in der höheren Anprallstärke und anders gearteten Unfallsituationen. Betrachtet man das Verletzungsmuster der früheren Gruppe, so erlitten die polytraumatisierten Patienten AIS-3+-Verletzungen fast aller Körperregionen (Kopf 69,6%,Thorax 69,2%,Abdomen 51,9%,Becken 33,1% und untere Extremitäten 51,9%). Heute finden sich lebensbedrohliche Verletzungen hauptsächlich nur noch an Kopf und Brust. Die Analyse der Kollisionskonfigurationen ergab, dass gegenwärtig am häufigsten der Anprall von Autos gegen schmalprofilige Gegenstände wie Pfähle oder Bäume Auslöser zumeist schwerer, lebensbedrohlicher Verletzungen ist,während andere Verletzungsmuster aus Frontalkollisionen eine geringere Rolle spielen. Im Hinblick auf Verletzungen mit Beteiligung von Fußgängern und Radfahrern ist der Aufprall des Körpers auf die Windschutzscheibe des Autos die Hauptursache schwerer Verletzungen. Den Ergebnissen zufolge gibt es durch die derzeitigen Sicherheitselemente eine Änderung des Verletzungsmusters polytraumatisierter Unfallopfer. Es ist heutzutage möglich,Verletzungen durch deutlich höhere Energien zu überleben als früher, aber bei Überschreiten der Sicherheitsgrenzen kommt es auch häufiger zum sofortigen Tod am Unfallort.

Abstract

This study aims at describing the changes in injury patterns in traffic accidents in Germany that have taken place over a 30 year period. The basis for the analysis is the in-depth investigations by the scientific research team at the Trauma Department of the Hanover Medical School. Real accidents were investigated based on an on site random selection process. The study includes 1,235 accidents from 1973 to 1978 and 5,608 accidents from the years 1994 to 1999. A reduction in number of fatalities, as well as a change in the injury pattern and the time of death in fatalities was observed. In the earlier years,54.2% of the fatalities occurred during hospital treatment,whereas in the currant years 78.8% of the fatalities occurred directly at the accident scene and were mainly caused by much higher impact levels. In the earlier group, the polytraumatised patients suffered injuries of AIS 3+ to nearly all body regions (head 69.6%, thorax 69.2%,abdomen 51.9%, pelvis 33.1% and lower extremities 51.9%),whereas today only the head and chest are dominant injury locations for lifethreatening trauma. Analysis of the collision configuration showed that nowadays the impact of cars against structures with a low profile such as poles and trees is responsible for the majority of severe, life-threatening injuries,whereas other injury patterns are of minor importance. For pedestrians and cyclists, the impact of the body on the windscreen of the car is the major reason for severe injuries. We conclude that the currently used safety methods have led to a change in the injury pattern of polytraumatised victims. Injuries with much higher energy levels can nowadays be survived, but when the safety limits are exceeded immediate death at the scene is more common.