Infektionen mit Pneumokkoken und Influenzaviren stellen weltweit sehr häufige, v. a. die oberen Luftwege betreffende Infektionen dar. Bei einer alternden Bevölkerung in westlichen Ländern sind die durch Pneumokken verursachte Pneumonie und die Influenza wichtige Ursachen für eine erhöhte Morbidität und Letalität. Invasive oder rezidivierende Pneumokokkenerkrankungen bei Patienten mit Immunosuppression und chronischem Grundleiden sowie die Resistenzentwicklung der Pneumokokken gegenüber Antibiotika, die eine spezifische Therapie erschwert, sind weltweit ein zunehmendes Problem und unterstreichen die Notwendigkeit einer effektiven Impfung und damit eines besseren Schutzes gegen Pneumokokken. Ebenfalls zeigen jährliche Influenzaepidemien und -pandemien, dass der Impfschutz die wichtigste präventive Maßnahme darstellt. Gerade hinsichtlich dieser beiden Impfungen werden Ärzte in Krankenhaus und Praxis immer wieder gefragt, wie die Evidenz sei. Entsprechend fasst dieser Artikel die wichtigste klinikrelevante Evidenz dieser Impfungen zusammen.

Pneumokokken

Epidemiologie, Pathogenese

Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) ist der häufigste und wichtigste bakterielle Erreger einer ambulant erworbenen Pneumonie, Meningitis und von Bakteriämien bei Kindern und Erwachsenen. Zudem ist er der Hauptverursacher der Otitis media bei Kindern. Von der kolonisierten nasopharyngealen Mukosa können sich Pneumokokken durch kontinuierliche, nicht-invasive Verbreitung im Respirationstrakt ausbreiten.

Risikofaktoren für eine Pneumokokkeninfektion stellen Alkoholismus, Malnutrition, Antikörper- und Komplementmangel, Niereninsuffizienz, Asplenie, chronische Grundleiden (Diabetes mellitus, chronische Herz-/Lungenerkrankungen), HIV-Erkrankung, multiples Myelom, Organtransplantation (speziell eine Stammzelltransplantation mit „graft versus host disease“, die zu funktionellem Hyposlenismus führen kann) und ein hohes Alter dar. Im Alter werden invasive Pneumokkenerkrankungen wie die Pneumonie häufiger, weil die Kolonisation mit Pneumokokken in den oberen Luftwegen nach dem 50. Lebensjahr signifikant zunimmt. Dazu kommen Grundkrankheiten bei älteren Patienten. Insbesondere wird eine Aspiration bei älteren und betagten Patienten (über 65 Jahre) häufig beobachtet.

Eine entscheidende Rolle für die Pathogenität der Pneumokokken besitzt ihre Polysaccharidkapsel. Die Kapselpolysaccharide können in 91 serologische Typen (Serovare) unterschieden werden. Weltweit sind ca. 20 Serotypen für über 70% der invasiven Pneumokokkenerkrankungen in allen Altersgruppen verantwortlich. In einer Metaanalyse wurden Isolate von Kindern mit invasiver Erkrankung gegenüber Isolaten symptomfreier Kinder verglichen. Dabei konnten bestimmte Serotypen (1, 5 und 7) 60-mal häufiger bei invasiver Pneumokokkenerkrankung gefunden werden als andere Serotypen (3, 6A und 15), die bei symptomfreien Trägern nachgewiesen wurden [3].

Invasive Pneumokokkeninfekte, definiert durch die Isolation von Streptococcus pneumoniae in normalerweise sterilen Proben (z. B. in Blut oder Liquor, jedoch nicht im Sputum), finden sich v. a. bei Kindern unter 2 Jahren, Erwachsenen über 65 Jahren und Personen mit einer Immunsuppression. Im Jahre 2008 wurden in der Schweiz 1065 sichere oder wahrscheinliche invasive Pneumokokkenerkrankungen gemeldet (Abb. 1). Die Inzidenz und Letalität sind gegenüber den Vorjahren etwa gleich geblieben, d. h. bei 14 Fällen pro 100.000 Einwohnern und bei 10% tödlichen Fällen [4]. Gemäß dem Robert Koch Institut wurden in Deutschland zwischen Januar 2007 und März 2010 insgesamt 5455 invasive Pneumokokkenerkrankungen gemeldet [33]. Geschätzt wird, dass weltweit jährlich 1,6 Mio. Menschen, davon 1 Mio. Kinder, die jünger als 5 Jahre sind, an invasiven Pneumokokkenerkrankungen sterben. Invasive Pneumokokkenerkrankungen sowie Todesfälle kommen jedoch auch verstärkt bei Personen über 64 Jahre vor (Abb. 1).

Geschätzt sterben weltweit jährlich 1 Mio. Kinder unter 5 Jahren an invasiven Pneumokokkenerkrankungen

Ein Status nach Splenektomie oder eine funktionelle Asplenie sind Risikofaktoren für invasive Pneumokokkenerkrankungen. In einer Übersichtsarbeit über 349 Sepsisepisoden bei Patienten mit anatomischer oder funktioneller Asplenie konnte in 57% Streptococcus pneumoniae isoliert werden, in 59% war die Pneumokokkeninfektion die Todesursache [17]. Die Art der Infektion ist je nach Alter der Patienten verschieden: Bei jungen Kindern tritt nach Splenektomie häufiger eine Meningitis, bei Erwachsenen eine Septikämie mit oder ohne Meningitis auf. Invasive Pneumokokkeninfektionen sind bei über 65-Jährigen aufgrund des verminderten Immunsystems vermehrt. Dies gilt auch für Zustände schwerer Immunsuppression bedingt durch Leukämien und Organtumoren oder HIV/Aids. Das Risiko einer invasiven Pneumokokkenerkrankung ist bei HIV-Infizierten 30- bis 100-mal höher als bei altersidentischen Kontrollpersonen ohne HIV. Das Risiko einer Pneumokokkenbakteriämie bei HIV-infizierten Erwachsenen steigt mit dem Abfall der CD4-Zellzahl. Die Häufigkeit invasiver Pneumokokkenerkrankungen war vor der Ära mit hochaktiver antiretroviraler Therapie (HAART) deutlich höher.

Rezidivierende invasive Infekte mit Pneumokokken gelten als Indikator für ein schweres Grundleiden und weisen eine hohe Mortalität auf. Fehlende Antikörperproduktion, Komplementaktivierung und Phagozytose durch eine Asplenie erlauben schwerere, rezidivierende Septikämien mit bekapselten Bakterien (z. B. mit Pneumokken oder Meningokokken). Diese Rezidive sind bei HIV-Infizierten und bei Kindern unter 5 Jahren, die an chronischen Erkrankungen leiden (am häufigsten Sichelzellanämie und HIV-Infektion), signifikant erhöht. Rezidivierende invasive Pneumokkokeninfekte werden auch bei Patienten mit humoraler Immundefizienz beobachtet. In einer retrospektiven 30-jährigen Datenanalyse in Island waren die häufigsten Grunderkrankungen bei Erwachsenen, die rezidivierende invasive Pneumokkokeninfekte aufwiesen, ein multiples Myelom und Erkrankungen, die mit einer Dysgammaglobulinämie einhergingen.

Abb. 1
figure 1

Anzahl invasiver Pneumokokkenerkrankungen in der Schweiz 2008 [4]

Pneumokokkenimpfungen

Aktuell sind 3 Impfstoffe in der klinischen Praxis erhältlich:

  • der 23-valente Polysaccharidimpfstoff für Erwachsene,

  • der 7-valente Konjugatpneumokokkenimpfstoff für Kinder (in der Schweiz)

  • der 13-valente Konjugatimpfstoff für Kinder (in Deutschland).

Die Einführung neuer Formulierungen, die die Serotypen 10 und 13 enthalten, ist in bestimmten Ländern in Anwendung.

23-valenter Polysaccharidimpfstoff

Der 23-valente, adjuvansfreie Polysaccharidimpfstoff (PPV-23), 1983 lizenziert, enthält purifizierte kapsuläre Polysaccharidantigene der 23 klinisch dominantesten Isolate respektive Serotypen von S. pneumoniae (1, 2, 3, 4, 5, 6B, 7F, 8, 9 N, 9 V, 10A, 11A, 12F, 14, 15B, 17F, 18C, 19A, 19F, 20, 22F, 23F und 33F), die abhängig von der geographischen Lage für 72–95% aller invasiven Infektionen bei Erwachsenen verantwortlich sind.

Für die primäre Immunisierung wird PPV-23 als einzelne intramuskuläre Dosis (bevorzugt in den M. deltoideus) oder subkutan appliziert. Nach einer Einzeldosis PPV-23 entwickeln sich in der 3. Woche nach der Impfung protektive kapseltypenspezifische Antikörperspiegel. Die Immunantwort ist Alters- und Serotypenabhängig.

Auf der Basis jahrzehntelangen Gebrauchs ist PPV-23 bezüglich schweren Akutreaktionen oder potenziellen Langzeitnebenwirkungen als sicher zu betrachten. Lokale Reaktionen wie Rötung oder Schmerzen an der Injektionsstelle zeigen sich bei 30–50% der geimpften Personen, Fieber tritt selten auf.

PPV-23 wird in der Schweiz und Deutschland Personen ab 5 Jahren mit definierten Risikofaktoren und allen Personen ab 65 Jahren (in Deutschland ab 60 Jahren) empfohlen.

Widersprüchliche Evidenz

Trotz Durchführung multipler Studien in mehr als 30 Jahren ist die Wirksamkeit und Effektivität des PPV-23 bei Kindern und Erwachsenen ungenügend dokumentiert und kontrovers diskutiert [24]. Metaanalysen kontrollierter Studien liefern widersprüchliche Ergebnisse über die Wirksamkeit des unkonjugierten Pneumokokkenpolysaccharidimpfstoffs. Die fehlende Konsistenz zwischen den Resultaten aus Observations- und kontrollierten Studien ist ein anderer Grund, weshalb die Wirksamkeit von PPV-23 kontrovers bleibt [18]. Die relative Seltenheit von invasiven Pneumokokkenerkrankungen, die Ungenauigkeit diagnostischer Kriterien für häufigere Endpunkte wie z. B. eine Pneumokokkenpneumonie und die biologische Wahrscheinlichkeit, dass die Wirksamkeit der Impfung mit dem Alter und zugrunde liegenden Erkrankungen variiert, erschweren die Messung der Effektivität der Pneumokokkenimpfung [39].

Eine 2008 publizierte Cochrane-Analyse attestierte dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff eine gute Wirkung. Der Impfstoff senkte die Rate der invasiven Pneumokokkenerkrankungen um 74% (Odds Ratio 0,26: 0,15–0,46) bei hoher Homogenität der einzelnen Studien [24]. Die einzelnen Studien wiesen einen signifikanten Unterschied hinsichtlich Populationsgruppen auf, sodass die Hauptaussage, dass der Polysaccharidimpfstoff gut wirkt, nicht auf die Patientensubgruppe chronisch kranker Erwachsener bezogen werden kann.

In einer kürzlich methodologisch rigoros durchgeführten Metaanalyse von 22 Studien über 101.597 Patienten durch Huss et al. [18] zur Wirksamkeit des PPV-23-Impfstoffs in der Prävention einer Auswahl klinischer Endpunkte (z. B. Pneumonie) konnte eine starke qualitative Heterogenität zwischen den Studien nachgewiesen werden. Es fanden sich wenig Evidenz für eine Protektion bei älteren Menschen oder Erwachsenen mit chronischen respiratorischen Erkrankungen, für die eine Pneumokokkenimpfung in industrialisierten Ländern empfohlen wird. Studien mit höherer Qualität, d. h. Doppelblinddesign und adäquater Verblindung, zeigten wenig Evidenz für eine protektive Impfwirkung. Zusammenfassend konnte kein Benefit der PPV-23-Impfung bei älteren Patienten oder Erwachsenen mit chronisch respiratorischer Erkrankung in Bezug auf Prävention von Pneumonie, invasiven Pneumokkokeninfekten oder Tod gezeigt werden.

In Metaanalysen wird kein sicherer Schutz vor Pneumonien jeglicher Ursache und vor Tod gesehen

In den beiden oben genannten Metaanalysen [18, 24] wird übereinstimmend kein sicherer Schutz vor Pneumonien jeglicher Ursache und Schutz vor Tod gesehen. Der Schutz gegen invasive Pneumokokkenerkrankungen wird jedoch unterschiedlich gewertet. Eine kürzlich aus Japan erschienene prospektive, randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit Einschluss von 1006 Pflegeheimbewohnern zeigte eine signifikante Reduktion von Pneumokokkenpneumonie und Tod durch Pneumokokkenpneumonie bei geimpften Personen. In dieser Studie waren Personen mit Immunsuppression (z. B. mit hämatologischen Malignomen, HIV) ausgeschlossen. Eine Limitation dieser Studie war das diagnostische Prozedere, da lediglich das Sputum und der Urin von Patienten mit Pneumokokkenpneumonie untersucht wurde [23].

Immunantwort

Für den fehlenden protektiven Effekt rezidivierender Pneumokokkenerkrankungen durch PPV-23 bei Hochrisikopatienten gibt es verschiedene Erklärungen: Am häufigsten wird das Fehlen einer adäquaten Antikörperbildung nach Impfung genannt. In einer randomisierten, kontrollierten Studie, in der die Immunantwort nach PPV-23 und Konjugatvakzine bei Erwachsenen untersucht wurde, fielen die Antikörperspiegel aller gemessenen Serotypen 6 Monate nach Applikation des PPV-23 auf Baselinewerte zurück [26]. In einer Immunogenitätsstudie wurde 4–7 Jahre nach Erstimpfung mit PPV-23 ein Abfall der serotypischen Antikörper auf das Ausgangsniveau vor der Erstimpfung und darunter gemessen [37]. Nach einer Wiederholungsimpfung stiegen die Titer ungefähr halb so hoch an wie nach der 1. Impfung [25].

Bei HIV-Infizierten wurde in älteren Studien eine reduzierte und kurz dauernde Impfantwort nach PPV-23 bei CD4-Zellzahlen unter 500/mm3 nachgewiesen. Neuere Daten zeigen bei Patienten unter antiretroviraler Therapie bei CD4-Zahlen über 200/mm3 Impfantworten wie bei Gesunden. Entsprechend bestand bei einer Viruslast von mehr als 100.000 Kopien/ml unabhängig vom CD4-Status kein Impfnutzen [34].

Die Immunantwort auf kapsuläre Polysaccharide hat eine begrenzte Dauer, und ob eine wiederholte Impfung mit PPV-23 bei Patienten mit chronischen Grunderkrankungen von Nutzen ist bleibt fraglich. Das Robert Koch Institut in Deutschland empfiehlt in einer Stellungnahme vom April 2009 eine Wiederholungsimpfung für Patienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten mit T- und B-Zell-Restfunktion und chronischen Nierenkrankheiten. In der Schweiz ist die Impfstrategie in praxi entsprechend.

International wird der Polysaccharidimpfstoff für HIV-Patienten mit einer CD4-Zellzahl über 200/mm3 zu einem möglichst frühen Zeitpunkt empfohlen, unterhalb 200/mm3 ist ein Nutzen nicht erwiesen. Bei zusätzlichen Risikofaktoren wie Nikotin- und Alkoholabusus oder chronische Lungenerkrankungen sollte die Impfung erwogen werden. Wiederholungsimpfungen sind alle 5 Jahre oder bei einem CD4-Zellanstieg auf über 200/mm3 sinnvoll. Unter erfolgreicher antiretroviraler Therapie mit einem CD4-Anstieg auf über 200 Zellen/mm3 ist die Immunantwort wahrscheinlich ähnlich zu Immunkompetenten. Die Entscheidung zu einer wiederholten Impfung sollte unter Berücksichtigung einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen, wobei aufgrund der praktisch fehlenden Risiken häufig eine Impfung bei oben genannten Indikationen durchgeführt werden sollte.

Bewertung

Ein Nachteil der PPV-23-Impfung ist das Fehlen einer mukosavermittelten Immunität im Nasen- und Rachenbereich und somit die fehlende Protektion gegenüber mukosalen Infektionen und Verhinderung der Verbreitung resistenter Stämme. Die fehlende Immunogenität des PPV-23 basiert auf einer T-Zell-unabhängigen Immunvermittlung. Die Pneumokokkenpolysaccharide haben eine begrenzte IgG-Antwort, eine schlechte Induktion von Memory-B-Zellen und sind bei Kindern unter 2 Jahren nicht immunogen.

Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass trotz der zu Recht kritischen Metaanalysen und der Mängel der PPV-23-Impfung bei entsprechender Risikosituation für einen invasiven Pneumokokkeninfekt eine Impfung erfolgen soll, bis bessere Alternativen zur Verfügung stehen.

7-valenter Konjugatimpfstoff

Der 7-valente Konjugatimpfstoff (PCV-7) enthält Fragmente aus Kapselpolysacchariden von 7 verschiedenen Pneumokokkenserotypen (4, 6B, 9 V, 14, 18C, 19F, 23F), die für etwa 68% (Europa) bis 80% (USA) der invasiven Pneumokokkenerkrankungen und fast 90% der Fälle von Pneumokokkenmeningitis bei Kindern unter 2 Jahren verantwortlich sind. Er enthält Aluminiumphosphat als Adjuvans. Die Kapselpolysaccharide sind an das Trägerprotein CRM197 konjugiert, einer nicht toxischen Form des Diphtherietoxins.

Impfempfehlungen

Im Februar 2000 hat das Advisory Commitee on Immunization Practices der U.S. Centers for Disease Control and Prevention die Routineanwendung des heptavalenten Konjugatimpfstoffs bei allen gesunden Kindern bis 2 Jahren empfohlen, bei Kindern von 2–5 Jahren prioritär bei Splenektomie, Sichelzellanämie, HIV-Infektion, Immundefizienz, rezidivierenden Mittelohrentzündungen und chronischen Erkrankungen. In der Schweiz werden gesunden Kindern unter 2 Jahren als Ergänzungsimpfung 2 Primovakzinationsdosen PCV-7 im Alter von 2 und 4 Monaten sowie eine Auffrischimpfung mit 12 Monaten empfohlen ([4]; Stand 01/2010). In Deutschland werden bei Kleinkindern unter 6 Monaten insgesamt 3 Impfdosen empfohlen, die erste im 2. Lebensmonat. Zusätzlich wird eine 4. Dosis im 2. Lebensjahr empfohlen. Die 3. Primovakzinationsdosis im Alter von 6 Monaten bei gesunden Kindern ist in der Schweiz nicht empfohlen.

Seit 12/2009 steht der heptavalente Impfstoff in Deutschland nicht mehr zur Verfügung und wurde durch den 13-valenten Konjugatimpfstoff ersetzt (s. unten; [32]). Mögliche Impfschemata zur Ergänzung der Konjugatimpfung bei Kindern sind [32] zu entnehmen. Auch in den USA ist PCV-7 inzwischen durch PCV-13 ersetzt worden [7].

Sicherheit und Wirksamkeit

Zur Sicherheit der PCV-7-Impfung liegen Daten von über 18.000 Kindern vor. In erster Linie traten selbstlimitierende Lokalreaktionen und Fieber auf. Erhöhte systemische Reaktionen, die eindeutig PCV-7 zuzuordnen waren, traten während der Grundimmunisierung nicht auf.

Der Konjugatimpfstoff wurde in verschiedenen Studien untersucht. In einer Untersuchung mit über 37.000 Säuglingen in Nordkalifornien lag die Wirksamkeit gegen invasive Pneumokkokeninfekte bei 97% [1]. Die Impfung schützt bei entsprechenden Serotypen auch vor Otitis media. Dieser Schutz scheint niedriger als bei invasiven Erkrankungen, wie in einer Studie mit 1662 finnischen Kindern gezeigt wurde [10]. Eindeutig ist der Schutz vor Pneumonien: Hier konnte ein signifikanter Rückgang der Klinikeinweisungen wegen Pneumonie in den Jahren nach der Impfung bei unter Zweijährigen dokumentiert werden [15].

Hauptreservoir für Pneumokokken ist der Nasen-Rachen-Raum von Kindern. Durch die 7-valente Konjugatvakzine gelingt eine Eradikation entsprechender Serotypen, sodass Kontaktpersonen von der Impfung der Kinder profitieren können. Der Reduktion der Pneumonien in der Zielaltersgruppe bei Kindern folgte eine jährliche Abnahme von fast 25.000 pneumonieassoziierten Hospitalisationen bei Erwachsenen zwischen 18–39 Jahren in den USA, sodass eine Herdenimmunität erzielt werden kann.

Kontaktpersonen können von der Impfung der Kinder profitieren

In einer kürzlich durchgeführten, doppelblind randomisierten, placebokontrollierten klinischen Studie mit PCV-7-Impfung bei HIV-infizierten Erwachsenen in Malawi, die eine invasive Pneumokkokeninfektion durchgemacht hatten, zeigte sich eine 74%ige Reduktion der Rezidive mit Impfserotypen oder Serotyp 6A [11]. Ebenfalls konnte der Schutz vor einer Pneumokokkenerkrankungen bei Patienten mit einer CD4-Zellzahl unter 200/mm3 gezeigt werden. Kourtis et al. verglichen invasive Pneumokkokeninfekte unter HIV-Infizierten während 3 Perioden (prä-HAART/prä-PCV-7, HAART/prä-PCV-7 und HAART/PCV-7). Die Hospitalisationsrate HIV-Infizierter aufgrund invasiver Pneumokkokeninfekte sank nach Einführung des Konjugatimpfstoffs signifikant [20].

Begrenzte Daten belegen, dass der 7-valente Impfstoff bei einer Grundimmunisierung mit 3 Dosen bei Säuglingen mit Sichelzellkrankheit eine akzeptable Immunantwort induziert. Für Kinder aus anderen Hochrisikogruppen für eine invasive Pneumokokkenerkrankung (wie z. B. Kinder mit einer anatomischen oder funktionellen Asplenie, HIV-Infektion, Malignomen, nephrotischem Syndrom) liegen noch keine konklusiven Daten zur Immunogenität vor.

Daten, die vor und nach Einführung des heptavalenten Impfstoffs gesammelt wurden, zeigten, dass PCV-7 80% der Isolate, die bei Kindern unter 5 Jahren eine invasive Pneumokkokeninfekte verursachen, abdeckt.

13-valenter Konjugatimpfstoff

Der 13-valente Konjugatimpfstoff (PCV-13) enthält die Serotypen 1, 3, 4, 5, 6A, 6B, 7F, 9 V, 14, 18C, 19A, 19F und 23F und wie der heptavalente Impfstoff Aluminiumphosphat als Adjuvans sowie das Trägerprotein CRM197. Die Grundimmunisierung besteht aus 3 Dosen, wobei die 1. Dosis im Alter von 2 Monaten verabreicht wird und der Abstand zwischen den Dosen mindestens 1 Monat beträgt. Die 1. Dosis kann bereits im Alter von 6 Wochen verabreicht werden. Die 4. (Booster-)Impfung wird im Alter von 11–15 Monaten empfohlen.

Kürzliche Studien haben eine Zunahme invasiver Pneumokkokeninfekte und anderer Pneumokokkenerkrankungen durch Serotypen, die nicht durch PCV-7 abgedeckt wurden, gezeigt. Vor allem invasive Pneumokokkenerkrankungen durch den Serotyp 19A sind angestiegen, und ein signifikanter Anteil zeigt antimikrobielle Resistenzen. Am 24. Februar 2010 wurde der 13-valente Pneumokokkenkonjugatimpfstoff durch die Food and Drug Administration (FDA) lizenziert. Bei gesunden Säuglingen war die Immunogenität für gemeinsame Serotypen mit dem PCV-7 und PCV-13 vergleichbar und sehr gut für die 6 neuen Serotypen. Für Erwachsene fehlen konklusive Daten zur Immunogenität des 13-valenten Impfstoffs.

Die Impfempfehlungen gegen Pneumokokken für Deutschland und die Schweiz für Kinder und Erwachsene sind in der Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1 Zusammenfassung der Pneumokokkenimpfempfehlungen

Influenza

Epidemiologie, Pathogenese

Die Influenza ist eine akute respiratorische Erkrankung, die durch Influenza-A- und -B-Viren (Gruppe der Orthomyxoviridae) verursacht wird und zu Epidemien und Pandemien in den Wintermonaten führt. Das Influenzavirus ist durch Oberflächenstrukturen aus Glykoproteinen charakterisiert: Hämagglutinin (HA) ist für die Immunantwort wichtig und die Neuraminidase (NA) auch für die Freisetzung neu gebildeter Viren aus der Zelle. Aktuell sind 16 verschiedene HA und 9 NA bekannt. Bei Menschen werden meistens nur 3 H (H1, H2 und H3) und 2 N (N1 und N2) nachgewiesen. Influenza-A-Viren werden nach Typ und Subtyp benannt, bei Influenza B werden keine Subtypen unterschieden, sondern 2 genetisch unterschiedliche Linien (Victoria- und Yamagata-Linie).

Die Oberflächenantigene H und N sind sehr variabel. Durch Punktmutationen kann es zu Austausch von Aminosäuren (Antigendrift) kommen. Dies führt dazu, dass jährlich leicht veränderte Influenzaviren zirkulieren, die vom Immunsystem nicht effizient neutralisiert werden können und deshalb neue Epidemien auslösen können. Zur Entstehung neuer Virussubtypen kommt es durch Austausch ganzer Gene (Antigenshift) zwischen 2 verschiedenen Influenza-A-Viren.

Influenza-A-Viren kommen beim Menschen, bei Schweinen und Pferden, selten bei anderen Säugetieren (z. B. Katzen und Hunden) vor. Das wichtigste Reservoir von Influenza-A-Viren sind Vögel, bei denen alle bisher bekannten H- und N-Subtypen entdeckt wurden. Bisher zirkulierten in der menschlichen Bevölkerung die Subtypen A/H1N1, A/H2N2 und A/H3N2 sowie Influenza B. Ab April 2009 verbreitete sich zusätzlich das pandemische Influenzavirus A/H1N1, das sich in seiner Zusammensetzung vom bis dahin zirkulierenden Erreger des Subtyps A/H1N1 wesentlich unterscheidet.

Das Influenzavirus dringt über die Schleimhaut der Atemwege, des Mundes und der Augen in den Körper ein und verursacht Erkrankung der oberen und unteren Atemwege mit systemischen Reaktionen wie Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien und Müdigkeit. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Eine trockene Raumluft in geheizten Räumen begünstigt eine Aerosolbildung. Das Virus ist ziemlich resistent gegen Austrocknung und bleibt somit bei niedriger Luftfeuchtigkeit und niedriger Lufttemperatur als Aerosol lange infektiös. Bei einer Temperatur von 21°C und einer Luftfeuchtigkeit von 20% besitzt das Virus eine Halbwertszeit von mehr als einer Stunde, sobald die Luftfeuchtigkeit auf 70% steigt, sinkt die Halbwertszeit auf circa die Hälfte. Eine Kontakt- oder Schmierinfektion begünstigt die Übertragung, indem die Exspirationströpfchen auf Gegenstände gelangen und dort besonders leicht von glatten Oberflächen über die Hände auf die eigenen Schleimhäute übertragen werden. Durchschnittlich werden von einem erkrankten Individuum 1,2 weitere angesteckt (=Ro). Die Herdenimmunität wird erreicht, wenn ca. 50% der Bevölkerung immun bzw. geimpft ist.

In einer Review von 56 Studien konnte bei 1280 gesunden Erwachsenen, welche experimentell einem Influenzavirus ausgesetzt wurden, eine Virusausscheidung von durchschnittlich 4,8 Tagen nachgewiesen werden, bei einigen dauerte die Ausscheidung über 10 Tage [6]. Längere Virusausscheidung wurde bei Kindern, älteren Menschen, Patienten mit chronischen Erkrankungen, Komorbiditäten wie chronischen Lungenerkrankungen und Diabetes, bei systemischem Kortikosteroidgebrauch und Immunsuppression beobachtet [2, 9, 21, 22]. Bei immunkompromittierten Patienten kann die Virusausscheidung über 2 Wochen dauern, v. a. bei Lymphopenie.

Bei Hochrisikogruppen ist die Influenza mit erhöhter Morbidität und Mortalität vergesellschaftet. Thompson et al. schätzten, dass ca. 63% von 300.000 influenzabedingten Hospitalisationen und 85% der 36.000 influenzabedingten Todesfälle in den USA über 65-jährige Personen betrafen [36]. Das Risiko, eine Pneumonie zu entwickeln, ist in dieser Altersgruppe bei Patienten mit Komorbiditäten wie chronische Herz- und Lungenerkrankungen oder Diabetes erhöht. In Alters- und Pflegeheimen ist es sinnvoll, primär das Personal zu impfen, da bei diesen die Impfung wirksamer ist und die Übertragungskette mit weniger Aufwand gestoppt werden kann als mit einer Impfung der betagten Bewohner.

Es existieren wenig Daten über die influenzaassoziierte Morbidität bei chronisch kranken Erwachsenen unter 65 Jahren mit Grundleiden wie kardialen und pulmonalen Erkrankungen sowie Diabetes und kaum zu Patienten mit Malignom und Nierenerkrankungen. Bezüglich der Morbidität von Influenzaerkrankungen bei HIV bestehen Fallberichte und kleine Fallserien mit längerer Krankheitsdauer und vereinzelt schweren Komplikationen.

Pandemische Influenza (H1N1)

Im Frühling 2009 verursachte ein neuer Influenza-A- (H1N1-) Virus, u. a. vom Schwein abstammend, in Mexiko akute respiratorische Infektionen beim Menschen. Nach initialer Ausbreitung in den USA und Kanada verbreitete sich das Virus global und verursachte die erste Pandemie seit 1968, mit einer Zirkulation des Virus außerhalb der üblichen Influenzasaison in der nördlichen Hemisphäre. Bis März 2010 berichteten fast alle Länder über H1N1-Fälle und mehr als 17.700 Todesfälle bei laborbestätigten H1N1 wurden der WHO gemeldet. In der Schweiz wurden 13.439 Fälle bestätigt, davon mussten 564 Patienten hospitalisiert und 107 intensivmedizinisch behandelt werden. Todesfälle verursacht durch H1N1-Infektion und deren Komplikationen wurden 18 gemeldet [4]. In Deutschland wurden insgesamt 255 Todesfälle registriert, davon die meisten bei 35- bis 59-Jährigen [33].

Das neue H1N1-Virus verursachte die erste Pandemie seit 1968

Die meisten H1N1-verursachten Erkrankungen verliefen v. a. bei Kindern und jungen Erwachsenen akut und selbstlimitierend. Die relative Aussparung von Erwachsenen über 60 Jahren führt man auf die mutmaßliche Exposition zu antigenverwandten Influenzaviren in jungen Jahren und der daraus resultierenden Entwicklung kreuzprotektiver Antikörper zurück. Etwa ein Viertel bis die Hälfte der Patienten mit 2009-H1N1-Virusinfektion, die hospitalisiert wurden und/oder daran starben, wiesen keine Komorbiditäten auf. Chronische Erkrankungen waren wie bei saisonaler Grippe Risikofaktoren für Komplikationen bei der pandemischen Influenza. Schwangere Frauen, v. a. im 2. oder 3. Trimenon und 2–6 Wochen postpartum, sowie Immunsupprimierte waren bei Patienten mit schweren Verläufen überrepräsentiert. Zusätzlich zeigte sich bei schwer oder morbid adipösen Patienten (BMI ≥35) eine 5- bis 15-fach höhere Rate an schweren oder fatalen Verläufen.

Influenzaimpfung

Influenzaviren sind für ihre hohe Rate an Mutationen bekannt. Diese Tatsache erschwert die Möglichkeit des Immunsystems, sich gegen neue Varianten zu schützen. Als Konsequenz werden jährlich neue Impfstoffe produziert, die den neuen Viren angepasst werden. Die Impfstoffzusammensetzung wird jeweils im Februar/März eines laufenden Jahres von der WHO aufgrund der zirkulierenden Viren festegelegt. Die Treffgenauigkeit dieser Voraussage ist eine Voraussetzung einer optimalen Impfwirkung. Insbesondere Influenza-A-Viren sind in der Lage, sich periodisch durch Antigenshift und Antigendrift zu verändern. Antigenshift ist mit Epidemien beziehungsweise Pandemien von Influenza A assoziiert, wohingegen durch Antigendrift lokalisierte Ausbrüche von variablem Ausmaß stattfinden.

Die Impfstämme der WHO für 2010/2011 für die nördliche Hemisphäre sind:

  • A/California/7/2009- (H1N1-) ähnlicher Virusstamm (Pandemiestamm),

  • A/Perth/16/2009- (H3N2-) ähnlicher Virusstamm,

  • B/Brisbane/60/2008-ähnlicher Virusstamm.

Der Titerverlauf der Influenzaimpfung wird in Infobox 1 zusammengefasst.

Es gibt 3 Typen inaktivierter Influenzaimpfstoffe:

  • Ganzvirusimpfstoffe, die das gesamte inaktivierte Virus zusammen mit reaktogenen Lipiden der Hülle enthalten,

  • Spalt- oder Splitimpfstoffe, die nebst Virenfragmenten die Oberflächenantigene Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) sowie Matrixprotein und Nukleoprotein enthalten,

  • Subunitimpfstoffe, die nur beide Antigene HA und NA beinhalten.

Influenzaimpfstoffe sind trivalent, d. h. sie besitzen Impfantigene zweier Varianten des Influenzavirus A und Antigene des Influenzavirus B. Ein Ganzvirusimpfstoff ist aufgrund der schlechten Verträglichkeit heute nicht mehr in Gebrauch.

Risikopersonen

Bei über 65-Jährigen ist die Antikörperantwort verglichen mit jüngeren Erwachsenen deutlich reduziert, was auf eine schlechte Stimulation sowohl der T-Zell-abhängigen wie auch zellulären Immunantwort zurück geführt wird. Für Menschen ab 65 Jahren wird seit einigen Jahren – in der Schweiz seit 2008 und in Deutschland seit 2000 – ein adjuvierter Impfstoff angewendet. Als Wirkverstärker dient MF59, eine Emulsion des Kohlenwasserstoffs Squalen in Wasser. Der MF59-adjuvierte Impfstoff ist bei Betagten mit oder ohne Grunderkrankungen immunogener als der konventionelle Impfstoff. Eine Datenbankanalyse von 64 Studien mit 20.477 Personen, die den Adjuvansimpfstoff erhalten hatten, beschrieb keine schweren Komplikationen. Vermehrt traten lokale und systemische Reaktionen innerhalb der ersten 3 Tagen nach Impfung auf, die transient und mild waren, zudem zeigte sich eine erhöhte Immunantwort auf den MF59-adjuvierten Impfstoff.

Eine Influenzaimpfung senkt das Risiko für Pneumonie, Hospitalisationen und Todesfällen bei 65-jährigen oder älteren Personen während einer Influenzaepidemie, wenn der Impfstamm der gleiche ist wie der Epidemiestamm. In einer britischen Studie mit 24.535 über 75-jährigen Patienten reduzierte die Impfung die influenzaassoziierte Mortalität um 83%. In dieser Studie wurde die Impfwirkung als Verringerung der Mortalität während der Influenzasaison definiert und nicht der direkte Mortalitätsvergleich zwischen geimpften und nicht geimpften Personen.

Eine Influenzavirusinfektion ist bei schwangeren Frauen v. a. im 3. Trimester sowie Säuglingen und Kleinkindern unter 2 Jahren mit gehäufter Hospitalisation und komplizierten Verläufen assoziiert. Eine Influenzainfektion bei Kleinkindern prädisponiert zudem für eine bakterielle Pneumonie oder Otitis media. Studien aus Nordamerika und Hongkong zeigen hohe Hospitalisationsraten unter Kindern mit Influenza, speziell solchen unter 6 Monaten [8, 27, 29]. Eine Studie von Englund et al. zeigte bei immunisierten Schwangeren einen höheren IgG-Antikörperspiegel in der Nabelschnur verglichen mit dem mütterlichen Serum. Interessanterweise reduzierte eine Influenzaimpfung Schwangerer die Häufigkeit von bewiesenen Influenzaerkrankungen bei Säuglingen bis 6 Monaten bis zu 63% und verhinderte rund ein Drittel aller febrilen respiratorischen Erkrankungen bei Müttern und Kleinkindern [41].

Eine Influenzaimpfung Schwangerer reduziert die Häufigkeit bewiesener Influenzaerkrankungen bei Säuglingen

In den USA wurde die Immunisierung von schwangeren Frauen mit dem inaktivierten trivalenten Influenzaimpfstoff seit mehr als einem Jahrzehnt empfohlen, seit 2003 auch für Kinder zwischen 6 und 23 Monaten. Die WHO empfiehlt die Impfung bei Schwangeren seit 2005.

Bei HIV-Patienten zeigte sich, dass die Impfantwort unter der adjuvierten Impfung besser war, obwohl auch der nicht-adjuvierte Impfstoff zu signifikanten Titeranstiegen führte, sodass bei HIV-infizierten Personen eine Impfung mit dem Adjuvansimpfstoff empfohlen wird [19]. In einer eigenen Studie konnten wir zeigen, dass die Immunantwort auf einen virosomalen Impfstoff von der CD4-Zellzahl abhängig ist [12].

Aktuelle Impfempfehlungen

Gemäß den epidemiologischen Analysen der WHO im Februar 2010 ist es möglich, dass im Winter 2010/2011 auf der Nordhemisphäre nebst der pandemischen Influenza-A- (H1N1-) 2009-Viren auch die saisonalen Influenza-A- (H3N2) und Influenza-B-Viren zirkulieren werden [40]. Für die Influenzasaison 2010–2011 vorgesehene Impfstoffe schützen daher sowohl gegen H1N1(2009) wie auch den vorgängig genannten saisonalen Viren. In diesem Zusammenhang ist Abb. 2 illustrativ: Kinder und ältere Menschen weisen das höchste Komplikationsrisiko bei Influenzaerkrankung auf. Gleichzeitig ist die Impfeffektivität in diesen beiden Altersgruppen reduziert, und zusätzlich kann ein sog. Mismatch zwischen Impfviren und zirkulierenden Influenzaviren bestehen, sodass die Wirksamkeit einer Influenzaimpfung herabgesetzt ist.

Die Schweiz empfiehlt eine Impfung gegen die saisonale Grippe 2010–2011 für Personen ab 65 Jahren, Personen mit chronischen Grundleiden wie z. B. Herz- und Lungenkrankheiten, Stoffwechselstörungen mit Auswirkung auf die Funktion oben genannter Organe (Diabetes und morbide Adipositas mit BMI ≥40), Asplenie oder Funktionsstörung der Milz, Immundefizienz, schwangere Frauen ab dem 2. Trimenon und Frauen, die in den letzten 4 Wochen entbunden haben, Frühgeborene ab dem Alter von 6 Monaten für die ersten 2 Winter nach der Geburt und Patienten in Pflegeheimen und Einrichtungen für chronisch Kranke. Gleichzeitig wird eine Impfempfehlung für Kontaktpersonen der oben genannten Risikopatienten abgegeben sowie für Personen mit beruflichem Kontakt zu Hausgeflügel, Wildvögeln oder Schweinebeständen, um das Risiko einer Entwicklung eines neuartigen Virus durch Rekombination oder Reassortment zu vermindern [4].

Für Deutschland ist die aktuellste Impfempfehlung vom 14. Dezember 2009 ähnlich den schweizerischen Richtlinien. Auf die Asplenie wird nicht explizit verwiesen, eine Impfung jedoch bei angeborenen Immundefekten mit T- oder B-zellulären Restfunktion empfohlen [31].

Abb. 2
figure 2

Impfwirkung und Hospitalisationsrate. (Adaptiert nach [13, 14, 16, 28])

Impfung bei Medizinalpersonal

Mit der neuen Influenza-H1N1-Pandemie geriet die Impfung des Medizinalpersonals erneut in den Fokus. In einer Cochrane-Analyse, welche die Frage nach dem Nutzen der Influenzaimpfung bei Personal des Gesundheitswesens in Langzeitpflegeheimen bei 60-jährigen und älteren Menschen bewertete, konnte für spezifische Endpunkte wie laborbestätigte Influenza, Pneumonie und Tod durch Pneumonie kein Effekt nachgewiesen werden. Ein protektiver Effekt wurde bei nicht spezifischen Endpunkten wie influenzaähnliche Erkrankung und Gesamtmortalität unbekannter Ursache gezeigt [35]. Diese unspezifischen Endpunkte sind schwierig zu interpretieren, da es viele Pathogene nebst Influenza gibt, die eine influenzaähnliche Erkrankung hervorrufen.

In einer randomisierten, kontrollierten Studie im Jahre 2000 [5] war nachweisbar, dass die Impfung von Medizinalpersonal mit einer erheblichen Mortalitätssenkung bei Patienten einherging. Allerdings zeigte die virologische Kontrolle mit kombiniertem Nasen- und Rachenabstrich alle 2 Wochen keine gleichzeitige Senkung nicht-fataler Influenzainfektionen bei Patienten. Ähnliche Resultate konnten in einer Studie 1997 in 12 geriatrischen Langzeitspitälern gezeigt werden, worin die Gesamtmortalität der älteren Patienten umgekehrt proportional zur Impfrate des Medizinalpersonals war. Die Impfung der Patienten hingegen zeigte keine signifikante Senkung der Mortalität [30].

Eine in JAMA veröffentlichte, randomisierte, prospektive Doppelblindstudie über 3 Jahre konnte aufzeigen, dass die Influenzaimpfung bei Medizinalpersonal eine serologisch nachgewiesene Influenza-A- oder -B-Infektion signifikant reduzieren konnte, hingegen gab es keinen signifikanten Unterschied in der Anzahl von Tagen mit febriler Erkrankung und Absenzen zwischen geimpftem und nicht geimpftem Personal [38]. Durch das höhere Berufsrisiko, sich zu infizieren, und die kritische Rolle im Gesundheitsversorgungssystem während Epidemie- und Pandemieperioden und v. a. durch die Möglichkeit einer Übertragung von Influenza auf Hochrisikopatienten stellt das Medizinalpersonal eine Gruppe dar, bei dem die jährliche Impfung sowohl in der Schweiz [4] als auch in Deutschland [33] empfohlen wird (Tab. 2).

Tab. 2 Zusammenfassung der Impfempfehlungen für Influenza für Deutschland und die Schweiz für Kinder und Erwachsene (jährliche Applikation)

Fazit für die Praxis

Pneumokokkenimpfung:

  • Der Polysaccharidpneumokokkenimpfstoff zeigt in verschiedenen Metaanalysen eine unterschiedliche Wirksamkeit.

  • Trotzdem muss die Impfung bei entsprechender Empfehlung durch Behörden und Fachgesellschaften und Risikosituationen in Anbetracht des geringen Impfrisikos und eines potenziellen, individuellen Nutzens durchgeführt werden.

  • Konjugatimpfstoffe, bereits eingeführt bei Kindern, sind deutlich immunogener und effizienter. Sie zeigen eine Abnahme der invasiven Pneumokokkenerkrankungen in dieser Altersgruppe und –durch Herdenimmunität – bei älteren und betagten Menschen.

  • Konjugatimpfstoffe werden nun zusehends auch bei Erwachsenen geprüft und Anwendung finden.

Influenzaimpfung:

  • Eine Influenzaimpfung bietet schlechten Schutz gegen die Infektion an sich, jedoch guten Schutz gegen die durch Influenza bedingten Komplikationen.

  • Sie ist somit als präventive Maßnahme bei Risikogruppen (v. a. über 65-Jährige, chronisch Kranke, Schwangere, Immunsupprimierte) zur Reduktion von Morbidität, Mortalität und Hospitalisationen nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung zu empfehlen.

  • Zur Senkung der Übertragung von Influenza auf Hochrisikopatienten wird die Impfung auch für Medizinalpersonal empfohlen.