Wir sind Zeugen einer beispiellosen demografischen „Revolution“: Innerhalb weniger Jahrzehnte wandelt sich die Weltbevölkerung von einem Zustand hoher Geburt- und Sterberaten zu einem, der durch niedrige Geburtenzahlen und eine deutliche Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung gekennzeichnet wird. Wichtiger Punkt dieses Übergangs ist das Wachstum von Zahl und Anteil älterer Menschen [1, 2, 3]. Seit 1840 nimmt die Lebenserwartung mit einer Rate von etwa 3 Monaten/Jahr zu. Im Laufe der letzten Hälfte des 20. Jahrhunderts stieg die durchschnittliche Lebensdauer um 20 Jahre, sodass die globale Lebenserwartung aktuell 66 Jahre beträgt. Eine von 10 Personen ist nun 60 Jahre oder älter; bis 2050 wird ein Fünftel und von 2150 an ein Drittel der Weltbevölkerung 60 Jahre oder älter sein, während nur ein Sechstel unter 20 Jahren sein wird. Die gesamte ältere Bevölkerung wird voraussichtlich von 605 Mio. im Jahr 2000 auf 1,2 Mrd. im Jahr 2025 und auf knapp 2 Mrd. im Jahr 2050 ansteigen. Die Ältesten (80 Jahre oder älter) sind das am schnellsten wachsende Bevölkerungssegment. Neben anderen Ursachen spielt die stetige Entwicklung der Medizin eine bedeutende Rolle für diese Entwicklung.

Bei steigender Lebenserwartung verursacht das älteste Zehntel der Bevölkerung zwei Drittel der Ausgaben für medizinische Leistungen

Demografische Veränderungen beeinflussen alle Aspekte der Gesellschaft wie Arbeit und Arbeitsplätze, Infrastruktur und Mobilität, Sozialversicherungen und Dienstleistungen. Die Folgen für unser Gesundheitssystem sind tiefgreifend. Bei steigender Lebenserwartung verursacht das älteste Zehntel der Bevölkerung zwei Drittel der Ausgaben für medizinische Leistungen, da erweiterte und spezielle Dienstleistungen für ältere Menschen benötigt werden. Angesichts der Zunahme der Lebenserwartung und um Medizin auch in der Zukunft bezahlbar zu halten, werden gesundheitspolitische Aktivitäten in den Bereichen primäre und sekundäre Prävention und Gesundheitsförderung notwendig, um den Bürgern eine längere Zeit bei guter Gesundheit zu ermöglichen; eine „gesunde Lebenserwartung“, so die WHO-Definition [3].

Um dieses Ziel zu erreichen, gehören neben der stetigen Verbesserung der gesundheitlichen Bedingungen breite bevölkerungswirksame Informationskampagnen gegen ungesunde Lebensweisen und die Entwicklung der umweltmedizinischen Forschung dazu. Für uns Ärzte bedeutet diese Entwicklung ein Umdenken, das zur Umschichtung eines immer größer werdenden Anteils unserer Arbeit von der Therapie bestehender Erkrankungen auf präventive Strategien und Leistungen führen wird. Dies setzt allerdings gute Kenntnisse auf dem schnell wachsenden Gebiet der Medizin für alte Menschen, der Gerontologie, voraus.

Die Dermatologie war immer ein Vorreiter auf diesem Gebiet; da nicht nur „νους υγιής εν σώματι υγιές“ (ein gesunder Geist in einem gesunden Körper), sondern auch „σώμα υγιές μετά δέρματος υγιούς“ (ein gesunder Körper mit/bei einer gesunder Haut) gilt. Die Haut, das größte Organ des Körpers mit einem Körpergewichtsanteil von 12–16%, spiegelt die ersten Zeichen des Alterns wider. Seit der Antike wollte der Mensch nicht nur länger leben, sondern auch jung und gesund aussehen, und der Erhaltung und Verbesserung der Hautqualität wurde besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die ewige Jugend hatte in der griechischen Mythologie die Göttin der Schönheit, Aphrodite, repräsentiert, in der antiken römischen Welt ihr Gegenstück Venus und in der nördlichen-germanischen Mythologie die Göttin Iduna; alle werden mit bemerkenswerten Ähnlichkeiten im Aussehen und Verhalten dargestellt. Der Maler Lucas Cranach der Ältere präsentierte in seinem berühmten Bild „Der Jungbrunnen“ (1546), wie er und seine Zeitgenossen sich die Therapie der Alterskrankheiten vorstellten. Diese Haltung hat sich nicht über Jahrhunderte verändert; eine 1500%ige Zunahme der Ausgaben für kosmetische Präparate wurde in den USA zwischen 1992 (0,4 Mio. Dollar) und 2002 (6,6 Mio. Dollar) registriert [4, 5]. Die ästhetische Dermatologie erlebt Zeiten einer rasanten Entwicklung, die leider nicht nur wissenschaftlich orientiert ist.

Parallel zur populären dermatologischen Richtung entwickelt sich aktuell die Gerontodermatologie

Parallel zu dieser populären dermatologischen Richtung entwickelt sich aktuell, zum Teil noch wenig beachtet, die Gerontodermatologie. Sie umfasst alle diagnostischen Vorgänge altersassoziierter dermatologischer Erkrankungen sowie die präventiven Maßnahmen zur Verlangsamung ihrer Entwicklung und ihre Therapie. Der Schwerpunkt dieses Heftes ist diesem neuen Gebiet der Dermatologie gewidmet. In 2 Beiträgen werden dem Leser die aktuellen Aspekte und Zukunftsperspektiven der geriatrischen Medizin durch Prof. Dr. Gerald F. Kolb („Geriatrie: Aktuelle Bedeutung und Zukunftsperspektiven“, in diesem Heft) und der geriatrischen Rehabilitation durch Prof. Dr. Ralf-Joachim Schulz („Geriatrische Rehabilitation – Auch für die Haut geeignet?“ [6]) vorgestellt. Im dermatologischen Beitrag durch die erste habilitierende Dermatologin auf dem Gebiet der Gerontodermatologie in Deutschland, Frau Dr. Evgenia Makrantonaki, und ihre Koautoren [Makrantonaki E, Liakou AI, Eckard R et al, „Hauterkrankungen beim geriatrischen Patienten – epidemiologische Daten“, in diesem Heft] werden die Hauterkrankungen, die bei geriatrischen Patienten gehäuft auftreten, und ihre Epidemiologie präsentiert.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.

Prof. Dr. Christos C. Zouboulis

Prof. Dr. Jean Krutmann