Zusammenfassung
Hintergrund
Die Aufrechterhaltung des Notarztdienstes ist in Flächenländern schwierig geworden. Die genauen Umstände sind jedoch bislang nicht bekannt.
Methoden
Im Auftrag der Landesregierung wurden Ende 2012 bei den Verantwortlichen der rheinland-pfälzischen Notarztstandorte mithilfe eines 53 Fragen umfassenden Fragebogens strukturelle und personelle Gegebenheiten des Standorts erfragt.
Ergebnisse
Es antworteten74 Standorte (94,8 %); davon waren 87,8 % klinikgebunden. Die Rekrutierung von Notärzten bezeichneten 62 % der Studienteilnehmer als schwierig oder sehr schwierig; mit weiterzunehmenden Schwierigkeiten rechnen 92 %. Auf Honorarärzte greifen 43 % der Antwortenden zurück. Unter den Notärzten sind nur 28,4 % Frauen; der Fachrichtung Anästhesiologie entstammen 56,1 %. Für Personalprobleme ursächlich angeführte Faktoren sind: geringe Vergütung (59,5 %), Mehrbedarf an Ärzten (56,8 %), Desinteresse anderer Abteilungen (50 %), fehlende Attraktivität für die Karriere (45,9 %) und altersbedingtes Ausscheiden (40 %). Wichtigste Gegenmaßnahmen bestehen in der Kostenübernahme und Freistellung für die Notarztaus- und Notarztfortbildung sowie in einer höheren Vergütung.
Schlussfolgerung
Die geschilderten Probleme sind vielschichtiger Natur. Sie erfordern neben finanziellen Anreizen v. a. eine generelle Aufwertung der Notarzttätigkeit. Weiterführende Untersuchungen bei den betroffenen Ärzten sind notwendig. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf die geringe Beteiligung von Ärztinnen am Notarztdienst.
Abstract
Background
The provision of physician-staffed emergency medical services (EMS) has become difficult in German territorial states. However, the precise details are so far unknown.
Methods
On behalf of the State Government of Rhineland-Palatinate (4 million inhabitants), in 2012 a written survey investigating personnel and structural settings was conducted at all emergency medical services (EMS) stations. The questionnaire comprised 53 items (14 open and 39 multiple choice questions).
Results
Of the 78 stations 74 responded (94.8 %), 87.8 % of the responders were affiliated to a hospital, 62 % reported problems in recruiting physicians for the EMS, 92 % expected problems to further increase and 43 % have to hire external fee-based physicians. Women are considerably underrepresented (28.4 %), while anesthetists are overrepresented (56.1 %). The main reasons for the shortage of doctors were given as low salaries (59.5 %), increased demand for doctors (56.8 %), disinterest of other hospital departments (50 %), lack of opportunity for career advancement (45.9 %) and demographic factors (40 %). The main countermeasures were given as assuming costs for education and training of prospective emergency physicians and higher salaries.
Conclusion
The described problems are complex. Besides financial incentives, they necessitate greater general appreciation of the preclinical work of emergency physicians. Further studies including the emergency physicians concerned are necessary. The low percentage of female emergency physicians requires special consideration.
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Danksagung
Wir danken den Mitgliedern des „Runden Tisches Notarzt“ für ihre Anregungen bei der Konzeption der Befragung und den teilnehmenden Notarztstandorten für ihr Engagement bei der Beantwortung des Fragenkatalogs.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. T. Luiz, J. Jung und S. Flick weisen auf folgende Beziehung hin: DENIT erhält eine anteilige Förderung des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur (ISIM) Rheinland-Pfalz. Der Beitrag enthält keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Luiz, T., Jung, J. & Flick, S. Quo vadis, Notarzt?. Anaesthesist 63, 294–302 (2014). https://doi.org/10.1007/s00101-014-2309-8
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00101-014-2309-8
Schlüsselwörter
- Notfallmedizin
- Rettungsdienst
- Einstellung des Gesundheitspersonals
- „Manpower“ im Gesundheitssystem
- Fragebogen