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Das Konzept der sozialen Lagen

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Part of the book series: Reihe „Sozialstrukturanalyse“ ((SSA,volume 12))

Zusammenfassung

Begriffe wie »soziale Lage«, »Soziallage«, »Lebenslage« und ähnliche nehmen seit langer Zeit einen festen Platz (nicht nur) in der sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzung um soziale Ungleichheiten ein. Daß es allerdings kaum angebracht ist, von dem Konzept sozialer Lagen zu sprechen, wird in diesem Abschnitt deutlich werden. Er dient der Annäherung an die Begrifflichkeit, bevor im nächsten Abschnitt ein spezieller Ansatz sozialer Lagen vorgestellt wird, der dann im weiteren für die empirische Umsetzung verwendet werden soll.

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Literatur

  1. Auch die ältere Auflage von Hartfiel/Hillmann (1982) berücksichtigte weder »Lebenslage« noch »soziale Lage« in einem eigenen Eintrag. Die hier verwendete 4., völlig neu bearbeitete Auflage, die - nach dem Tod von Günter Hartfiel - von Hillmann (1994) allein besorgt wurde, enthält zwar viele neue Einträge und auch inhaltliche Änderungen früherer Einträge, auch die oben zitierten wurden teilweise überarbeitet und mit aktuelleren Literaturverweisen versehen, inhaltlich blieben sie jedoch insgesamt unverändert.

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  2. Selbstverständlich habe ich systematisch eine größere Zahl von Begriffen auch im weiteren Bedeutungsumfeld nachgeschlagen - z.B. »Lebensform«, »Lebensführung., »Gesellschaft«, »Gesellschaftsbild«, »Position«, »Rang, sozialer«, »Sozialstaat«, »Sozialstruktur« etc. -, allerdings ohne dort, außer zusätzlichen Wortkombinationen, wesentlich andere Erläuterungen zu finden.

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  3. Das einzig wirklich eindeutige Ergebnis dieser kleinen Recherche verdient durchaus einer kurzen Erwähnung: Alle zentralen Stichworte verweisen insgesamt auf die selben, in diesem Zusammenhang relevanten Autoren. Dies sind vor allen anderen - neben den ‘Klassikern’ Geiger, Marx, Parsons, Warner und Weber - zwei Wissenschaftler, nämlich Karl Martin Bolte und Stefan Hradil.

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  4. Die fünfte Definition stammt von Kiesau (1974) und unterscheidet sich von der entsprechenden Weisserschen durch ein „und“ anstatt eines „oder”, wobei sich Kiesau selbstverständlich seinerseits auf Weisser (1972) bezieht. Näheres zu den Definitionen folgt weiter unten in diesem Abschnitt.

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  5. Der zitierte Artikel handelt von »Pflegeversicherung und Lebenslage“ und versucht, den Einfluß des Pflegeversicherungsgesetzes, das im Jahr 1995 in Kraft trat, auf die Lebenslage der Anspruchsberechtigten aufzuzeigen. In verschiedenen Textstellen ist dabei — leider unsystematisch und ohne nähere methodische oder empirische Erläuterungen — beispielsweise von „Bestimmungsfaktoren der Lebenslage wie Einkommen, Bildung, Mobilität und Verfügbarkeit kommunikativer Netzwerke” (Offermann 1996: 68) die Rede, ebenso wie „formale Mitwirkungsmöglichkeiten (z.B. durch Teilnahme an politischen Wahlen)“ angesprochen werden. Weiter werden beispielsweise „Lebensalter...; und.. Maß des notwendigen pflegerischen Hilfsbedarfs” (Offermann 1996: 66) als lagenbildend genannt.

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  6. Hier zeigt sich eine Unterscheidung von allgemeinen und speziellen Konzepten sozialer Lagen die an dieser Stelle nur angedeutet, später jedoch wieder aufgenommen werden soll (vgl. hierzu I1.3.5 und III.4.2.2). Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt bei einem allgemeinen Modell sozialer Lagen.

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  7. Bekanntlich ist die Soziologie ein relativ junges Fach. Soziologie wurde im allgemeinen als Teilgebiet innerhalb der Wirtschafts-und Sozialwissenschaften gelehrt. Die ersten soziologischen Lehrstühle wurden in der Weimarer Zeit in Berlin, Frankfurt und Köln eingerichtet, wobei Frankfurt (1919) die einzige Universität mit einer „vollen Professur für Soziologie“ war. Dabei wurde „»Soziologie« als Hauptfachstudium.. erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt” (Glatzer/Weiß 1991: 801). Weisser - der Nestor der Sozialpolitiklehre - ist Nationalökonom (vgl. im einzelnen hierzu Weisser 1954), sein Erkenntnisinteresse gilt „den Ordnungen des sozialen Lebens“ (Weisser 1954: 24) aus diesem Blickwinkel, stark beeinflußt durch sozialphilosophische Fragestellungen.

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  8. Diese Vorbemerkung halte ich insofern für bedeutsam, als sie einen ersten Einblick bietet, welchen Stellenwert Weisser der empirischen Sozialforschung - zumindest für die Theoriebzw. Begriffsbildung - beimißt. In Weissers sozialphilosophischer Ausrichtung liegt eine Begründung für die mangelnde Operationalisierbarkeit seiner Begriffe und gleichzeitig eine Erklärung, warum er an einer empirischen Überprüfung seiner Konzepte nicht in erster Linie interessiert ist.

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  9. Den Fundort verdanke ich Möller ( 1978: 558, Fn. 37), der eine große Zahl Weisserscher Schriften verwendet. Damit findet sich übrigens nun doch eine Definition von »Lebenslage«. in einem der oben bereits angesprochenen Nachschlagewerke, wenn auch eher ‘gut versteckt’ in einer Fußnote zum Stichwort »Sozialpolitik«. Die anderen beiden Wörterbücher der Soziologie bringen - dies sei der Vollständigkeit halber noch angemerkt - auch unter diesem Eintrag keine Definition oder auch nur Eingrenzung des gesuchten Begriffs.

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  10. Altere Versionen heben beispielweise bezüglich des Individuums auf „den Sinn seines Lebens“ (Weisser 1956a: 982) ab, eine Dimension, die zwar offen für mancherlei philosophische Reflexionen ist, sich gerade deshalb aber auch für Weisser offensichtlich als nicht praktikabel erwiesen hat. Zur Entstehung der einzelnen Versionen, ihren jeweiligen Vorzügen, aber auch Beschränkungen vgl. im einzelnen den bereits mehrfach erwähnten Artikel von Möller (1978), der die einzelnen Stadien der Begriffsfindung kritisch und sehr informativ nachvollzieht.

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  11. Neurath wird auch von einigen anderen Autoren genannt. Allerdings wird deutlich häufiger auf Weisser und insbesondere dessen Bedeutung für die Fassung und Diskussion des Begriffs verwiesen. Auch Nahnsen (1971: 101) betont beispielsweise - ähnlich wie die beiden Wissenschaftler Möller und Offermann, die oben erwähnt wurden -, daß Weisser „den Ausdruck »Lebenslage» in die sozialpolitische Terminologie eingeführt“ habe. Nahnsen (1992: 102) merkt auch an, daß sich Weisser von Neurath vor allem durch die „Abkehr vom Hintergrund einer zentralistischen Wirtschaftslenkung und -planung” unterscheidet. Aus diesen Gründen habe ich den Begriff nicht weiter zurückverfolgt und auch nicht noch zusätzlich auf Arbeiten Neuraths zurückgegriffen.

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  12. Dies mag vordergründig abwegig klingen und soll deshalb kurz erläutert werden: Zu den „äußeren Umständen“ kann möglicherweise der Kontakt und Umgang mit Behörden gerechnet werden. So sind beispielsweise Menschen, die in Armut leben, auf Besuche beim Sozialamt angewiesen, um ihr Leben zu gestalten. Aufgrund falscher Vermutungen oder mangelhafter Information über die Sachbearbeiter oder die Gesetzeslage kann dieser Besuch unterbleiben. Schlechte oder unangenehme individuelle Erfahrungen im Umgang mit einzelnen Beamten, aber auch ‘objektiv’ ungünstige Zeiten des Parteienverkehrs, undurchschaubare Gesetze und vieles mehr kann ebenfalls dazu führen, den Umgang mit Behörden zu meiden.

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  13. Die Interpretationen in diesem Absatz sind in dem Sinne ‘ungerecht’, als sie den Bemühungen Weissers entgegenlaufen. Sie sind aber in dem Sinne legitim, als sie durch den Wortlaut der Definition gedeckt werden. Eingangs zu diesem Abschnitt wurde Möller zitiert, der in dem erwähnten Artikel verschiedene Definitionen von Weisser vergleicht. Möller stellt dort heraus, daß sich Weisser durch die verschiedenen Formulierungen durchaus bemühte, die Aspekte subjektivistischer Beliebigkeit bzw. objektivistischer Setzung aus seiner Begriffsbestimmung zu eliminieren, aber auch, daß ihm dies nur teilweise gelungen ist. Die Intentionen Weissers werden in den folgenden Absätzen genauer dargestellt.

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  14. Der Zusatz „möglichst freier und tiefer Selbstbestimmung“ relativiert diese Problematik, beseitigt sie aber nicht zweifelsfrei.

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  15. Daraus folgt, daß ein asketischer Mensch, dessen höchstes Lebensglück in Kontemplation und Muße besteht und der seine Existenz mit unregelmäßiger Beschäftigung oder über Sozialhilfebezug fristet, sich in einer sehr viel besseren Lebenslage befindet als ein materialistisch oder karriereorientierter Mensch, der als leitender Angestellter oder Beamter im gehobenen Dienst tätig ist.

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  16. Offensichtlich liegt hier ein Dilemma: Soll die Wahl der Lebensziele den einzelnen überlassen werden oder von außen vorgegeben werden?

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  17. Weisser (1972: 771) spricht sich ausdrücklich gegen die „inhaltsleeren Formeln... vom »Humanen« oder vom erstrebten »Menschsein des Menschen«“ aus und wendet sich insbesondere gegen „feststellende Aussagen über den homo sapiens der Naturwissenschaften” und daraus abgeleitete „Verhaltenspostulate“ (Hervorhebung im Original).

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  18. Weisser (1972: 772) ist sich sehr wohl der „Beruhigungsideologien der Mächtigen“ bewußt und erkennt, daß beispielsweise das „Maß der Zufriedenheit mit der Lebenslage... manipulien sein” kann.

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  19. Nur am Rande sei erwähnt, daß daraus auch folgt, daß es nicht möglich ist, die erhobenen Wünsche und Bedürfnisse einer Bevölkerung umstandslos auf eine andere Gesellschaft zu übertragen und auch dort ungeprüft als gegeben anzunehmen. Dies betrifft nicht nur historische,sondern eben auch kulturelle und internationale Vergleiche.

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  20. Im Zusammenhang mit der Verteilungspolitik betont er ausdrücklich, daß diese sich „nicht nur auf Bewertung und gegebenfalls Regelung der Einkommens-und Vermögensverteilung beschränken“ (Weisser 1971: 111) darf. Verteilungspolitik muß sich nach Weisser um „die Verteilung von Lebenslagen schlechthin bemühen” und bedarf dabei der Unterstützung durch „eine ausgebaute Wirtschaftspsychologie und besonders Motivenlehre“ (Hervorhebungen oben und hier im Original).

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  21. Als Mißstand kritisiert er übrigens in diesem Zusammenhang, daß Jugendliche aus finanziell schlechtgestellten Familien gezwungen sind, neben „der Ausbildung einem Erwerb nachzugehen“, anstatt sich ihrer Ausbildung „in angemessener Weise zu widmen” (Weisser 1971: 113).

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  22. Dauerarbeitslosigkeit bezeichnet Weisser (1971: 114) - der Vortrag wurde 1953 gehalten! - als einen „für den Bestand der Gesellschaft gefährlichen“ Zustand.

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  23. Ausgehend vom anschaulichen Beispiel eines Facharbeiters, der Stolz ist auf ein besonders gelungenes Werkstück, nennt Weisser (1971: 111) „breite Gruppen von Produzenten, die wie jener Stammarbeiter, wie stille Stubengelehrte usw... bei ihrer Produktionstätigkeit... vom Motiv der Freude an der Arbeit... bestimmt sind“.

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  24. Das eben erwähnte Manuskript war mir nicht zugänglich. Die zitierte Textstelle und die Quellenangabe finden sich bei Geissler (1994: 545).

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  25. Hier wird dabei unterstellt, daß die Individuen tatsächlich zu tiefer Selbstbesinnung fähig sind, die von ihnen geäußerten Lebensziele also nicht durch demagogische Beeinflußung gebildet werden.

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  26. Beispielsweise führt Weisser (1971: 114) auch erwerbstätige Frauen auf, die „unfreiwillig genötigt sind, einem Beruf nachzugehen“. Trotz der damit einhergehenden Verbesserung der materiellen Lebenslage betont er, daß die Lebenslage dieser - aus ökonomischer Not erwerbstätigen - Frauen „immateriell wesentlich verschlechtert” ist.

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  27. Alle Hervorhebungen im Original.

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  28. Es handelt sich hier um eine Auseinandersetzung Nahnsens mit einem ebenfalls (leider) unveröffentlichten Manuskript zu einer Vorlesung mit dem Titel „Hauptmerkmale des Begriffs »Lebenslage«“ (Weisser 1951).

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  29. Hervorhebungen im Original.

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  30. Nahnsen führt in diesem Zusammenhang aus, daß Weisser (1966b) versuchte, „einen Katalog sozialpolitisch beachtlicher Interessen aufzustellen“. Es handelt sich dabei wiederum um ein mir nicht zugängliches unveröffentlichtes Manuskript für den Gebrauch seiner Hörer. Möglicherweise handelt es sich um das gleiche Schriftstück, das auch Geissler (1994), wenn auch unter anderem Titel, anspricht (vgl. auch Fn. 58). Angemerkt sei an dieser Stelle, daß die Litaraturlage zu diesem Komplex für die 50er und 60er Jahre insgesamt sehr unbefriedigend bzw. frustrierend ist, da auf eine Vielzahl unveröffentlichter Manuskripte verwiesen wird.

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  31. Nahnsen spricht im allgemeinen von»Unteressen« und bezeichnet damit den Aspekt, den Weisser mit»Grundanliegen« tituliert. Mit den Begriffen sind zwar tendentiell unterschiedliche Konnotationen verbunden (Interessen können über Grundanliegen hinausgehen), diese Unterscheidung scheint mir aber im Zusammenhang mit der hier übergeordneten Thematik der Operationalisierung,insbeondere ob diese über objektive oder subjektive Merkmale erfolgen soll, nicht wesentlich.

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  32. Sowohl die von Nahnsen genannten Beispiele als auch die von ihr gewählten Dimensionierungen ähneln sehr stark denen, die später bei der theoretischen Konstruktion (in II.3.4, vgl. Abb. 5) und empirischen Umsetzung (in 1II.1.2, vgl. Abb. 7) des von mir bevorzugten Modells sozialer Lagen tatsächlich Verwendung finden.

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  33. Der sehr informative Beitrag Nahnsens versucht nicht nur, die Weissersche Konzeption zu erläutern und einer empirischen Bearbeitung zuzuführen, sondern soll darüberhinaus die besondere Relevanz des Begriffs »Lebenslage« für den deutsch-deutschen Transformationsprozeß hervorheben. Im folgenden müssen diese interessanten Aspekte unberücksichtigt bleiben. Hervorgehoben werden nur Gedankengänge, die einer empirischen Umsetzung des Modells förderlich sind, und auch diese eher punktuell.

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  34. Nahnsen bespricht beide Postulate konsequenterweise in einem gemeinsamen Abschnitt ihrer Arbeit. Hier wurden sie — nicht nur aus Gründen der Übersichtlichkeit — getrennt. Beiden Forderungen stimme ich — je für sich — im Grundsatz zu und beide stehen selbstverständlich in engem und direktem Zusammenhang (vgl. hierzu auch II.3.1). Allerdings sollten sie doch - zumindest analytisch - getrennt behandelt werden, da sonst der Eindruck entstehen könnte, daß einzelne Dimensionen von Lebenschancen und schließlich auch die Lebenslagen selbst im schichttheoretischen Sinne gegeneinander verrechnet werden könnten. Nahnsens ( 1992: 114 ) Ausführungen zu einer „Grenzsituation“ und einem „Grenzniveau der Lebenslage” scheinen tatsächlich in diese Richtung zu deuten. Sie suggerieren zusätzlich, daß die Individuen selbst Berechnungen dieser Art anstellen und bei entsprechend günstiger Kalkulation den aktiven und bewußten „Schritt in eine andere Lebenslage“ vollziehen könnten.

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  35. Hervorhebungen durch mich.

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  36. Im folgenden stellt Nahnsen sehr differenziert die oben bereits genannten „Einzelspielräume“ dar. Dabei nennt sie eine Vielzahl konkreter Aspekte dieser Spielräume, die - empirisch gesprochen - direkt als Variablen verwendet werden könnten. Einzelne Beispiele wurden oben ebenfalls von mir genannt.

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  37. Zu vergleichbaren Dimensionierungen führt die unten (II.3.4, Abb. 5) zu entwickelnde theoretische Konzeption sozialer Lagen und auch die empirische Umsetzung des Konzeptes, also seine Operationalisierung (1II.1.2, Abb. 7). Allerdings erfolgt beides dort anhand einer theoretischen Begründung (II.3.3) und nicht durch definitorische Setzung.

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  38. Brillanz und analytische Klarheit möchte ich Nahnsen ausdrücklich zugestehen. Dies steht nicht in Frage - aber auch nicht zur Diskussion.

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  39. Dabei soll nicht verschwiegen werden, daß er selbst anfügt, es „ist aber insgesamt einfacher“.

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  40. Zapf (1989: 111, Fn. 10) ist im übrigen souverän genug anzumerken, daß er dies nicht selbst getan hat, sondern mit Analysen und Datenmaterial von Detlef Landua und Roland Habich argumentiert.

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  41. Unterschieden wird zwischen verschiedenen Formen von Nicht-Selbständigen, Selbständigen, Nicht-Erwerbstätigen und Rentnern. Vgl. im einzelnen hierzu das Schaubild 2 und die Tabelle 2 in Zapf ( 1989: 112f ).

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  42. Abgesehen davon, daß Zapf (1989: 109) nur zwei Seiten zuvor vier Bausteine benennt.

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  43. Zapf kommt nicht umhin einzuräumen, daß die Rangfolge der Lagen, die durch die berufliche Stellung entsteht, nur für die abhängig beschäftigten Manner ihre Entsprechung findet, und muß auch dort Ausnahmen konstatieren. Die präsentierte Auflistung (Zapf 1989: 113) der nach Geschlecht aufgeschlüsselten bedarfsgewichteten und ungewichteten Haushaltseinkommen zeigt jedoch, daß es insgesamt mehr Ausnahmen als Regelfälle gibt.

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  44. Ich erlaube mir anzumerken, daß dies nicht nur einen deutlichen Gegensatz zu den oben bearbeiteten - und vielen weiteren mir bekannten, hier nicht aufgeführten - Ansätzen und zitierten Autoren bildet, sondern auch im klaren Widerspruch zu Zapfs eigenen Ausführungen steht, die eingangs bereits zitiert wurden.

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  45. Die hier deutliche Unterscheidung durch Zapf in »soziale Lage« bzw. »Soziallage« einerseits und »Lebenslage« bzw. »Lebensform« andererseits wird von ihm selbst nicht durchgängig beibehalten. Eher vage und unbestimmt spricht er manchmal von „Lebenslagen bzw. sozialen Lagen“ (Zapf 1989: 109), manchmal von „der Analyse sozialer Lagen und Lebenslagen” (Zapf 1989: 115), oft genug nur von sozialen Lagen, allgemein aber beispielsweise auch von „Lebensweisen“ (Zapf 1989: 118).

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  46. Selbstverständlich kennt Zapf die Arbeiten Weissers, die oben gegebene Definition von Weisser (1972) zitieren auch Zapf u.a. (1987: 45). Kommentiert wird diese Definition mit dem Zusatz, „daß der Begriff »Lebenslagen« in der normativen Ökonomik eine andere Bedeutung erhält als in der Lebensstilforschung“ (Zapf u.a. 1987: 45, Fn. 24).

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  47. Es stellt sich die Frage, ob durch den terminologischen Gebrauch immer nur sachliche Inhalte beschrieben oder nicht vielmehr auch - innerhalb des Wissenschaftsbetriebes - strategische Positionen vertreten und potentielle Arbeitsgebiete besetzt werden sollen.

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  48. Gleiche oder eng verwandte Modelle finden sich beispielsweise in Habich/Noll/Zapf (1994) oder Landua/Zapf (1991). Einen sehr ungewöhnlichen Versuch unternimmt Habich (1996: 51ff). Er definiert zwar soziale Lagen auf die gleiche - nach meinem Empfinden ungenügende - Art und Weise, versucht aber gleichzeitig ein Maß zu entwickeln, das es ermöglichen soll, individuelle gesellschaftliche Positionen zu bestimmen. Dabei verzichtet er auf die Zuordnung zu sozialen Gruppen bzw. die Zusammenfassung der individuellen Werte in soziale Lagen. Leider ist es ‘nur’ eine Ankündigung, im Sinne eines Werkstatt-Berichtes (work in progress), seine bisherigen Beschreibungen erscheinen aber methodisch und inhaltlich sehr interessant.

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  49. Die ‘sozialen Lagen’ im Einzelnen: L1 Leitende Angestellte, L2 Selbständige, L3 Hochqualifizierte Angestellte, L4 Arbeiterelite, L5 Qualifizierte Angestellte, L6 Facharbeiter, L7 Einfache Angestellte, L8 Un-und Angelernte, L9 Junge Nichterwerbstätige, L10 Rentner. Beamte wurden der jeweiligen Angestelltenkategorie zugeordnet. Angehörige freier Berufe zählen zu den Selbständigen. Mithelfende Familienangehörige werden als einfache oder qualifizierte Angestellte behandelt (zur Vorgehensweise im einzelnen vgl. Bulmahn 1996: 28f). Die Zellengrößen der schematischen Tabelle sollen keine empirischen Größenverhältnisse wiedergeben.

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  50. Hervorhebung von mir.

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  51. Bulmahn bezieht sich auch ausdrücklich an mehreren Stellen auf die bereits genannten Arbeiten von Zapf und Habich.

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  52. Daß beispielsweise die Einkommen in Ostdeutschland vor der Wiedervereinigung ungleich verteilt waren, sich seitdem weiter auseinander entwickelten und die Ungleichverteilung trotzdem noch deutlich geringer als in Westdeutschland ist, läßt sich aus einer Vielzahl von Veröffentlichungen entnehmen. Exemplarisch genannt seien Ebert (1995) mit Daten von 1993, Frick/Krause/Schwarze (1991) mit ostdeutschen Einkommensdaten von 1988, Hauser (1995), Münnich (1993), Schwarze/Parakenings (1991) mit ostdeutschen Daten von 1989 oder Weick (1995).

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  53. Dies gilt noch dazu für beide der von ihm gewählten Zeitpunkte (1990 und 1994). Bulmahn ( 1996: 32f, 45) präsentiert für West-und Ostdeutschland drei Maße der Einkommensverteilung für die Jahre 1990 und 1994 und zusätzlich zwei Maße, die die materielle Ausstattung abbilden sollen (Verfügung von PKW und Telefon), für Westdeutschland im Jahr 1992 und Ostdeutschland im Jahr 1990. Damit stehen 16 Rangreihen zur Verfügung, die mit der Rangreihe der ‘sozialen Lagen’ in Verbindung gebracht werden können. Nur eine einzige - die relative Einkommensposition in Ostdeutschland im Jahr 1994, in der nur 8 von 10 Lagen ausgewiesen werden - folgt der definierten Hierarchie. Alle anderen weisen in einem, mehreren oder gar der Mehrzahl der Ränge einen anderen als den postulierten Schichtaufbau auf.

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  54. Die Grobgliederung der Haushaltstypen (Berger/Schultz 1996: 231) umfaßt Ein-PersonenHH, Alleinerziehenden-HH, Partner-HH ohne Kinder, Partner-HH mit Kindern und sonstige HH. Die vier zuerst genannten Typen werden dann noch weiter differenziert. Die Ein-Personen-Haushalte beispielsweise werden noch unterschieden in Rentner-HH, Erwerbstätigen-HH, Arbeitslosen-HH und Nichterwerbstätigen-HH.

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  55. Das Haushaltseinkommen wird als äquivalenzgewichtetes Nettoeinkommen pro Kopf erhoben, verwendet wird der prozentuale Anteil am durchschnittlichen Einkommen aller Haushalte. Wohnstandard: Ausstattung mit Bad/Dusche, WC, Sammelheizung und mindestens ein Raum pro Person. Haushaltsausstattung: Vorhandensein von PKW, Farbfernseher, Wasch-vollautomat und Gefrierschrank. Vermögenseinkünfte: Anteile mit mehr als DM 500 Zinsen und Dividenden jährlich. Vgl. im einzelnen hierzu Berger/Schultz 1996: 234f, die Tabellen 2a und 2b.

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  56. Daß das gleichzeitige Vorhandensein der oben genannten Ausstattungsmerkmale, insbesondere die Existenz eines Gefrierschrankes, für einen Ein-Personen-Haushalt ein sinnvolles Kriterium vorteilhafter bzw. nachteiliger Lebensbedingungen darstellt, darf bezweifelt werden.

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  57. Es ist zwar richtig, wie die Autoren (Berger/Schultz 1996: 236) in diesem Zusammenhang ausführen, daß ein großer Teil der Ein-Personen-Haushalte aus Rentner-Haushalten besteht. Die Erklärung, „daß in höherem Lebensalter weniger Neuausstattungen vorgenommen werden“, geht aber wohl trotzdem deutlich am Kern der Sache - dem geringen Anstieg des Anteils der Ein-Personen-Haushalte, die diese Gebrauchsgegenstände zwischen 1990 und 1993 anschaffen - vorbei.

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  58. Der obige Satz ist bewußt doppeldeutig formuliert. Einerseits sind beispielsweise Alter oder Geschlecht zwar bedeutsame sozialdemographische Merkmale, deren Kenntnis beispielsweise die statistische Vorhersagekraft der Betroffenheit von Armut oder ähnlichem stark erhöht, sie bilden jedoch - nach meinem Dafürhalten - keine eigenständigen Dimensionen sozialer Ungleichheit. Andererseits beschränken sich die relevanten Dimensionen sozialer Ungleichheit mit Sicherheit nicht auf die oben im Text aufgeführten Merkmale. Allerdings behandelt Georg den Aspekt der sozialen Lagen auch nur am Rande seiner eigentlichen Arbeit, bedeutsam ist das gegenüber den Modellen der »Lebenslage« deutlich erweiterte Blickfeld und sein differenziertes Verständnis sozialer Ungleichheit.

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  59. Im übrigen ist es interessant, den Perspektivenwechsel (genauer: die Erweiterung des Blickfeldes) von Spellerberg über die Zeit hinweg zu beobachten: In den frühen Texten dieser Wissenschaftlerin (z.B. Landua/Spellerberg/Habich 1991; Spellerberg 1992) ist noch ein Schwerpunkt bei der Betrachtung der „Schichtzugehörigkeit“ festzustellen, und „Schichten” werden als sozialstrukturelles Konzept der Verortung der Bevölkerung betrachtet und verwendet. Neuere Schriften (z.B. Spellerberg 1996a, 19966, 1996c) greifen ‘nur’ noch auf die subjektive Selbstzuordnung der Befragten zu Schichten zurück, während ansonsten theoretisch das Konzept der sozialen Lagen und konkret allgemein „sozialstrukturelle Merkmale“ zur Verortung ihrer Lebensstiltypologie herangezogen werden.

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  60. Hervorhebung im Original.

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  61. Hier ist nicht der Raum, um die Arbeiten von Vester u.a. angemessen zu würdigen. Für den Zusammenhang von «sozialen Lagen« und sozialräumlicher Gliederung im städtischen Bereich verweise ich deshalb auf das entsprechende Kapitel (Vester u.a. 1993: 168–182).

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  62. Selbstverständlich habe ich eine sehr viel größere Zahl von Veröffentlichungen untersucht, als in diesem Zusammenhang verwendet. Dabei habe ich mich bewußt auch auf entferntere Gebiete begeben, zu nennen wären hier u.a. Ernährungs-, Familien-, Kultur-oder Rechtssoziologie, Biographieforschung oder international vergleichende Sozialstrukturanalysen. Als exemplarische Vertreter seien genannt Bertram (1991, 1992), Bertram/Dannenbeck (1990), Gerhardt u.a. (1995), Heim (1992), Kolosi (1990), Kretzschmar/Lindig (1991), Lautmann (1985), Müller (1994), Projektgruppe »Das Sozio-ökonomische Panel« (1991) oder Vester/Clemens/Oertzen (1987).

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  63. Es wurde gezeigt, daß der Begriff (mindestens) seit den 20er Jahren verwendet wird. ‘Neu’ ist er - und dies ist auch von Geissler intendiert - im Vergleich zu den Konzepten von »Klassen« und »Schichten«.

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  64. Geissler (1994: 541) konstatiert in ihrem sehr empfehlenswerten Aufsatz „Klasse, Schicht oder Lebenslage?“ für den Schichtbegriff, daß „ein theoretischer Gehalt dieses Begriffs.. kaum noch zu erkennen” ist, und für den marxistischen Klassenbegriff, daß nur noch „auf der Meta-Ebene um ihn gestritten“ wird.

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  65. Vgl. hierzu auch meine Fn. 80 weiter oben im Text.

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  66. Philosophische Aspekte werden bewußt in dieser Arbeit nicht behandelt. Zur allgemeinen Problematik von Begriffen (als Worten im Gegensatz zu Wörtern) möchte ich aber in diesem Zusammenhang doch auf Sartre (1968) verweisen, insbesondere auf die Nachbemerkung seines Übersetzers Hans Mayer, der mehr als nur ein „Übersetzungsproblem“ anspricht.

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  67. Strukturierungen und Gliederungsversuche dieser Art sind naturgemäß ‘ungerecht’ gegenüber den einzelnen Wissenschaftlern, sie verkürzen fast zwangsläufig die hinter den Ansätzen stehenden Intentionen und vergröbern die jeweiligen Konzeptionen und Modelle. Angestrebt wird aber keine matrizenhafte Einteilung in dichotome und klar abgegrenzte ‘Kästchen’. Es geht vielmehr um eine schematische Polarisierung, die eine tendentielle Verortung aufgrund der Nähe zu den Extrempunkten erlauben soll.

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  68. Daraus folgt nicht, daß — technisch gesprochen — dem Konzept der Vorzug zu geben ist, das am einfachsten operationalisiert werden kann, sondern, daß die Konzeption zu verwenden ist, die das soziale Leben am angemessensten fokussiert.

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  69. Dabei muß es sich nicht automatisch - wie unten gleich gezeigt wird - um den gerne zitierten ‘alten Wein in neuen Schläuchen’ handeln.

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  70. Dieses Argument ist weniger eine Legitimation für die getroffene Unterscheidung als ein Grund, nicht davon Abstand zu nehmen.

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  71. Vgl. hierzu die Ausführungen von Lepsius (1979: 172–176), dort insbesondere auch die gebotenen Tabellen 2 und 3.

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  72. So gibt Lepsius (1979: 177) bezüglich der „hervorgehobenen Stellung der Selbständigen“ beispielsweise „die in der Regel weit höhere Arbeitszeit” zu bedenken oder den Umstand, daß „häufig unentgeltliche Mitarbeit“ durch Familienangehörige bestritten wird und anderes mehr. Für die „Vergesellschaftung von sozialen Kategorien” (Lepsius 1979: 182f) genügt es eben nicht, daß „bestimmte Elemente ihrer Lebenslage eine Gleichartigkeit aufweisen“.

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  73. Durch die Berücksichtigung kultureller Kapitalien und der darauf aufbauenden Habituskonzeption beispielsweise insbesondere in der Soziologie der Lebensstile.

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  74. Gemeint sind, im Duktus Bourdieus (1979: 165), „Systeme dauerhafter Dispositionen, strukturierte Strukturen, die geeignet sind, als strukturierende Strukturen zu wirken“.

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  75. Hervorhebungen im Original. Bourdieu bietet übrigens auch einen Übersetzungsmechanismus zwischen sozialen Lagen und Lebensstilen an: Der „Geschmack bildet mithin den praktischen Operator für die Umwandlung der Dinge in distinkte und distinktive Zeichen“.

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  76. Logik und Terminologie dieser Aussage ist dem Diagramm 8 von Bourdieu (1982: 280) entnommen. Beschrieben wird damit sozusagen die ‘linke Seite’ der Gleichung von sozialer Lage und Habitus.

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  77. Bourdieus Ausführungen beschränken sich zwar faktisch überwiegend auf das ökonomische Kapital und das kulturelle Kapital in institutionalisierter Form (Bildungstitel), und auch seine Habituskonstruktion führt letztlich zu einer berufsgruppenspezifischen Klassifikation. Dem ungeachtet, ist seine theoretische Entwicklung des Kapitalbegriffs fruchtbar. Bourdieu wird in der Sekundärliteratur nicht zuletzt deshalb vorgeworfen, daß seine konkreten Ausführungen hinter die theoretischen Möglichkeiten zurückfallen.

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  78. Der Mangel klassischer Ansätze resultiert dabei nicht zuletzt aus ihrem umfassenden Erklärungsanspruch,hinter dem der Erkenntnisgewinn weit zurück bleibt. Selbstverständlich kommt der beruflichen Stellung weiterhin eine große Bedeutung zu, und entsprechend sind erwerbszentrierte Forschungen für bestimmte Analysezwecke durchaus sinnvoll. Demgegenüber will das Konzept sozialer Lagen ein allgemeines Sozialstrukturmodell anbieten.

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  79. Hervorhebungen im Original. Geissler verwendet in dieser Begriffsbestimmung zwar den Terminus der »Lebenslage«, spricht aber an mehreren Stellen auch von der »sozialen Lage«. So schreibt sie beispielsweise im Anschluß an das eben dargebotene Zitat und in expliziter Abgrenzung von einem vertikalen Sozialstrukturmodell, daß die „sozialen Lagen von Behinderten... bei Arbeitslosigkeit oder im Alter... temporärer Armut oder... von Alleinerziehenden nur als Konstellationen verschiedener materieller und immaterieller sozialer Lagen und Problemlagen beschrieben werden“ (Geissler 1994: 549) können.

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  80. Dort werden Typen anhand der Größe des Haushalts und dessen Zusammensetzung gebildet, zusätzlich wird unterschieden, ob die Haushaltsmitglieder erwerbstätig sind.

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  81. Insgesamt soll den Modellen der »Lebenslagern« nicht ihre Bedeutung oder Legitimität abgesprochen werden. Sie sind nicht ‘schlechter’ als Modelle der »sozialen Lagen«. Deutlich werden sollte ihr anderer - letztlich schichtungssoziologischer - Anspruch und ihr daraus entspringendes Arbeitsgebiet, die Erforschung sozialer Ungleichheit, soweit diese ausschließlich durch die Strukturen der Erwerbstätigkeit beeinflußt wird.

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  82. Erfordernisse und Ansprüche ergeben sich zusätzlich aus den Kritiken an den klassischen Ansätzen und aus den Unzulänglichkeiten der dort besprochenen neueren Arbeiten. Exemplarisch sei hier noch einmal an die fehlende sozialstrukturelle Eingebundenheit der Lebensstiltypologien, aber auch an die Individualisierungstheorie(n) erinnert, die nicht als sozialstrukturelles Modell verwendet werden können.

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  83. Die bewußte Vernachlässigung der Arbeiten von Stefan Hradil (z.B. 1987a) bedeutet allerdings nicht, daß dessen Gedankengänge zur „Sozialstrukturanalyse in einer fortgeschrittenen Gesellschaft“ für untauglich erachtet würden oder daß mit der sehr späten Einführung seiner Konzeption eine Art ’Überraschungseffekt’ angestrebt würde. Ziel dieser Vorgehensweise war vielmehr, die grundsätzliche Gestalt eines Konzeptes sozialer Lagen und die Erfordernisse, die an ein solches Modell zu stellen sind, originär aus der »Lebenslagen«-Diskussion abzuleiten.

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  84. Ein weiterer Vorteil des gewählten Vorgehens ist dabei, daß die Darstellung in relativ gestraffter Form geschehen kann, da viele der grundsätzlichen Fragen und Problemstellungen, die ansonsten nun behandelt werden müßten, bereits in den vorhergehenden Abschnitten (II.1 und 11.2) herausgearbeitet und besprochen wurden. In diesem Sinne birgt die Darstellung dieses Modells keine Fragen (beispielsweise über die angemessene Erforschung sozialer Ungleichheit), vielmehr liefert es–m.E.–die Antworten. Die wesentlichen Gedankengänge der Unterpunkte dieses Abschnittes (I1.3) übernehme ich in ihren Grundzügen sinngemäß von Hradil ( 1987a: 139–162 ). Zusätzliche Quellen werde ich selbstverständlich angeben. Wörtliche Zitate werden als solche gekennzeichnet, auf die je- weilige ausführliche Quellenangabe, die über die Seitenzahl hinausgeht, verzichte ich aber, aus Gründen der Übersichtlichkeit, soweit sie dem oben angegebenen Textteil entstammen.

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  85. Ungeachtet vieler Übereinstimmungen möchte ich doch auch auf deutliche Unterschiede und damit auf den eigenständigen Charakter meiner Arbeit verweisen: Die Auswahl der Forschungsbereiche aus der aktuellen Diskussion zeigt stark unterschiedliche Schwerpunkte und damit auch differierende Einschätzungen der Bedeutung der verschiedenen Ansätze. Diese sind wohl nicht nur dem Zeitraum von rund einem Jahrzehnt, der zwischen den Veröffentlichungen liegt, geschuldet. Auch den Bewertungen der von Hradil besprochenen Arbeiten würde ich nicht in allen Punkten und Details zustimmen, insbesondere was beispielsweise seine positive Beurteilung der sozialstrukturellen Sozialisationsforschung betrifft. Dem ungeachtet kann ich mich seinem allgemeinen Resümee über die klassische wie die aktuelle Forschungslandschaft nur anschließen.

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  86. Als „Ansätze moderner Sozialstrukturanalyse“, die Hradil (1987a: 97–135) gleichzeitig als „Bausteine für ein Modell sozialer Ungleichheit in fortgeschrittenen Gesellschaften” betrachtet, behandelt er die Soziale-Indikatoren-Bewegung, die Statusinkonsistenzforschung, die sozialstrukturelle Sozialisationsforschung und die qualitative Sozialforschung in der Sozialstrukturanalyse.

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  87. Im Rahmen dieser sekundäranalytischen Arbeit werden noch verschiedene quantitative Methoden angewendet und vorgestellt werden, die für die Erstellung der Typologie sozialer Lagen relevant sind. Können die spezifischen Kombinationen objektiver Lebensbedingungen über massenstatistische Verfahren gebildet werden, so sind beispielsweise die lebensweltlichen Konsequenzen der aus ihnen entstehenden Lebensumstände erst noch über qualitative Verfahren zu eruieren. Mit anderen Worten: Können die (objektiven) Bedingungen quantitativ ermittelt werden, so müssen deren (subjektive) Folgen qualitativ erforscht (und dann generalisiert) werden.

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  88. Die empirische Sozialforschung hat in der Tat große Fortschritte erzielen können. Möglich wurde dies beispielsweise durch die stark gestiegenen Leistungen von Großrechnern und Mikrocomputern - bei gleichzeitigem Preisverfall - oder die Entwicklung leistungsfähiger Software (auch für qualitative Einsatzmöglichkeiten). Deutlich wird dies auch an der entstandenen Infrastruktur, erinnert sei hier nur an bedeutende Institute und Institutionen wie GESIS, das Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung in Köln (ZA), das Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen in Mannheim (ZUMA), das Informationszentrum für Sozialwissenschaften in Bonn, das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) oder das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und ähnliche, die nicht nur Datenmaterial erstellen und archivieren, Standarddemographien erarbeiten und Skalenhandbücher bereitstellen oder Methoden entwickeln, sondern auch mit einer Vielzahl von Seminaren und Workshops den Kenntnisstand bezüglich der empirischen Sozialforschung erweitern und die Kommunikation zwischen den Forschern fördern. Dessen ungeachtet bewegen sich die Fähigkeiten und Möglichkeiten der empirischen Sozialforschung m.E. in relativ engen Grenzen. Nach meiner Einschätzung haben sich - um im Bilde zu bleiben - diese Grenzen nur sehr geringfügig erweitert, und der eigentlich Fortschritt besteht eher darin, daß der Raum innerhalb dieser Grenzen sehr viel tragfähiger geworden ist; immerhin ein Gewinn, der nicht zu unterschätzen ist.

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  89. Zählt die inhaltliche Beschreibung der Lagen sicherlich noch zu den Auswertungsverfahren, die quantifizierend erfolgt, so muß die Bewertung der Bedeutung der einzelnen Lebensbedingungen zwar nicht durch den Forscher, aber - unter zuhilfenahme weiterer empirischer Erkenntnisse - mit dem Forscher erfolgen.

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  90. Es handelt sich um den Artikel »Class, Status and Power« von Kreckel (1982).

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  91. Hervorhebung im Original.

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  92. Der daraus erwachsenden Gefahren, beispielsweise durch Manipulation, ist sich Weisser allerdings sehr wohl bewußt (vgl. Fn. 52).

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  93. Diese sozialpolitische Diskussion wurde — wenn auch nur sehr rudimentär — in den einleitenden Absätzen des Abschnitts II.1.1 angedeutet, objektivierende Umsetzungsversuche wurden in II.1.2 behandelt. Zu der Auseinandersetzung zwischen ‘Objektivisten’ und ‘Subjektivisten’ bei der Erforschung sozialer Indikatoren vgl. die Ausführungen von Zapf (1984: 25ff). Den Lösungsweg der Indikatorenforschung, die Ermittlung des Begriffs »Lebensqualität« über die Ermittlung der objektiven Lebensbedingungen und ihrer zusätzlichen Bewertung durch das subjektive Wohlbefinden, zeigt das dort gebotene Schema der Grundbegriffe (Zapf 1984: 24 ).

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  94. Ein gutes Beispiel für eine solche Informationsquelle liefert das 30seitige Grundsatzprogramm des Deutschen Gewerkschaftsbundes, das am 16.11.1996 verabschiedet wurde und seinen Vorläufer von 1981 ersetzt. Hier findet sich unter anderem ein (eingeschränktes) Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft und die Forderung nach dem Ausbau des Sozialstaates.

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  95. Juristisches und politisches System - und nicht zuletzt die Trennung beider Bereiche - garantieren grundsätzliche Meinungsvielfalt. Das Mediensystem stellt - ungeachtet bestehender Kommerzialisierungs-und Monopolisierungstendenzen - vielfältige Informationen zur Verfügung. Das insgesamt gestiegene Bildungsniveau befähigt die Bevölkerung, diese Informationen auszuwählen und gegebenenfalls auch zu interpretieren. Die fortschreitende Globalisierung schließlich stellt einen zusätzlichen Kontrollfaktor dar, da sie dazu führt, daß gesellschaftliche Entwicklungen auch von ausländischen Berichterstattern beobachtet werden. Ausdrücklich nicht gemeint ist damit übrigens - zumindest vorläufig - das Medium Internet. Die aktuelle Diskussion um das WWW und die vorgeblichen Möglichkeiten unbegrenzter Informationsbeschaffung ist, nach meiner Einschätzung, vor allem durch weitgehende Unkenntnis genährt und geprägt. Abgesehen davon, daß der Zugang nur einer extrem kleinen und sehr spezifischen Bevölkerungsgruppe zur Verfügung steht, unterscheiden sich die Inhalte dort, mit Ausnahme wissenschaftlicher Anwendungen, kaum von den Programmen privater Fernsehanstalten oder den Katalogen großer Versandhäuser (in einfachen Worten: Werbung, Sex und Spiele).

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  96. Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, daß diese Lösung sehr viel befriedigender ist als die Alternative, die nach Weisser ( 1972: 770, Fn. 1) auch denkbar ist. Bei aller Zuversicht - die er in die Individuen setzt, sich von der ‘richtigen’ Lebensgestaltung leiten zu lassen - legt der Zusatz seiner Definition „oder... leiten würden“ nahe, daß auch er sich - sozusagen im Notfall - vorstellen kann, die Lebensziele objektiv festlegen zu lassen. Allerdings kann damit nur einer der beiden Wege beschritten werden, bei Hradil jedoch beide quasi gleichzeitig.

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  97. Daß damit - vor allem gegenüber der subjektiven Vorgehensweise - auch das empirische Vorgehen stark vereinfacht wird, ist für sich genommen zwar kein Grund, die Hradilsche Alternative anzunehmen, jedoch ein sehr angenehmer Nebeneffekt, der durchaus der Erwähnung wert ist.

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  98. In einem viel allgemeineren Zusammenhang äußert sich Bourdieu (1996: 66) zum dem Thema, wie „das Glück aller Bürger zu gewährleisten“ sei und welchen Beitrag die Soziologie dazu leisten könne. Bourdieu (1996: 67) weist ebenfalls beide Altemativen zurück bei „der Wahl zwischen Arroganz des Technokraten... und der Willfährigkeit des Demagogen”.

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  99. Im Original findet sich in der Kopfzeile der Tabelle irrtümlich der Begriff »Bedürfnisse« anstatt »Lebensziele«, es handelt sich dabei aber um ein satztechnisches Versehen.

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  100. Die einzige Detailänderung, die ich vorschlagen möchte, ist, den Aspekt „Wohn(umwelt) bedingungen“ in zwei eigenständige Aspekte aufzugliedern. Sowohl die Bedeutung der Wohnung und ihrer Qualität wie auch die der Umwelt(verschmutzungen) haben, nach meiner Einschätzung, mittlerweile größere Beachtung im öffentlichen Bewußtsein erfahren.

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  101. Dies ist im übrigen die eher ‘nüchterne’ Interpretation des vielerorten postulierten Wertewandels.

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  102. Angestrebt wird eben kein Modell ‘sozialer Moden’. Eine jährliche Aktualisierung momentan in der öffentlichen Diskussion angesprochener Lebensziele - etwa über TED-Befragungen, unter Durchsicht diverser Hochglanzmagazine oder mehr oder weniger ernsthafter Talk-Shows - ist nicht nur nicht notwendig, sondern auch explizit nicht wünschenswert. Daß derartige Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit durch den Sozialwissenschaftler sehr wohl be(ob)achtet werden sollten, tut dem keinen Abbruch.

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  103. Die folgende Auflistung hat vor allem Konsequenzen für den empirischen Umgang mit dem Modell sozialer Lagen und soll hier deshalb nur kursorisch erfolgen. Die einzelnen Punkte werden an geeigneter Stelle (II.4) wieder aufgenommen und dort etwas differenzierter dargestellt.

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  104. Es werden zusätzliche Dimensionen sozialer Ungleichheit in die Analyse aufgenommen, diese werden in einen systematischen Zusammenhang gestellt und - vorerst zwar nur prinzipiell - einer differenzierten Bearbeitung zugeführt.

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  105. Das heißt, es wurden die spezifischen Kombinationen der konkreten Lebensbedingungen berücksichtigt und nicht etwa ein lebensferner Durchschnittswert der gesamten Ausstattung (Konstellation). Die einzelnen Lebensbedingungen wurden weiterhin nach ihrer relativen Bedeutung zu den jeweils anderen Merkmalsausprägungen differenziert. Das heißt, es wurde untersucht, welchen Lebensbedingungen innerhalb eines Handlungszusammenhangs im allgemeinen dominierende Funktion zukommen wird (Kontext).

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  106. Hervorhebung im Original.

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  107. Dies bedeutet umgekehrt natürlich nicht, daß die Typologie nur ‘ersonnen’ wäre und keinerlei empirische Entsprechung habe. Sie beruht immerhin - wie oben ausgeführt - auf differenzierten sekundäranalytischen Berechnungen mehrerer repräsentativer Datensätze.

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  108. Die Zahlenwerte der einzelnen Lebensbedingungen symbolisieren deren Ausprägung in Analogie zu Schulnoten von 1 (sehr vorteilhaft) bis 6 (sehr nachteilig).

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  109. Gleichzeitig widersprechen möchte ich Bolte allerdings deutlich in der Einschätzung, daß das Konzept im Vergleich hierzu weniger fähig ist, „die Verteilung der Angehörigen irgendwelcher sozial relevanten Gruppierungen... auf soziale Lagen zu identifizieren“. Der empirische Teil der Arbeit (III) wird an mehreren Stellen (insbesondere in den Abschnitten 11I.3 und 1I1.4) beeindruckend zeigen, daß sich soziale Lagen auch hierzu vorzüglich eignen.

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  110. In einem anderen Zusammenhang (Schwenk 1995a: 405f) habe ich versucht, die beiden Möglichkeiten differenzierter zu unterscheiden. Denkbar ist die hier im Vordergrund stehende Variante, die auf gesamtgesellschaftlicher Ebene die allgemeinen Lebensbedingungen der Gesellschaftsmitglieder prüft und zu relationalen sozialen Lagen verallgemeinert. Das spezifische Modell baut hingegen auf Erkenntnissen des allgemeinen Modells auf und untersucht spezielle Bevölkerungsgruppen, wobei hier durchaus auch zusätzliche Lebensbedingungen berücksichtigt werden, die für diese spezifischen Gruppen von besonderer Bedeutung sind. Es handelt sich dabei also um Detailuntersuchungen zuvor identifizierter sozialer Lagen. Wie erinnerlich, wurde weiter oben (I1.1.1) die Arbeit von Offermann (1996: 66) herangezogen, die die „Lebenslagen von Alterspflegebedürftigen“ zum Thema hat. Damit verwendet Offermann implizit ein spezifisches Modell sozialer Lagen, das eine konkrete Bevölkerungsgruppe differenzieren soll.

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  111. Ein letztes Wort, sozusagen ‘in eigener Sache’: Die eben vorgenommene Verortung stimmt überein mit den Ergebnissen des empirischen Teils (III). Dieser Teil soll allerdings - so weit dies möglich ist - von theoretischen Aspekten frei gehalten werden, er hat einen eindeutig ‘handwerklichen’ Schwerpunkt. Dabei wird auch deutlich werden, daß - für ein empirisches Modell - einige Modifikationen der hier entwickelten theoretischen Konzeption notwendig sind. Dem ungeachtet stützt die dort zu erarbeitende Typologie die hier gemachten Aussagen, in diesem Sinne kann die Einordnung der Konzeption innerhalb der allgemeinen sozialwissenschaftlichen Landschaft auch als kleine Vorwegnahme meiner empirischen Arbeiten gelten. Inhaltlich wird der hier vorgeschlagene Standort des Modells bei der Beschreibung des Erklärungswertes meiner Typen (III.4) jedoch sehr wohl wieder aufgenommen.

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  112. Typologien sozialer Lagen gibt es zwar durchaus, allerdings sind diese Studien deutlich begrenzter als die später (III) darzubietende. Regina Berger-Schmitt, Stefan Hradil und Thomas Riede haben „auf der Basis von Clusteranalysen der Daten des Wohlfahrtssurveys 1988“ (Hradil 1990b: 125f) eine Typologie mit zehn sozialen Lagen erstellt. Allerdings beschränkt sich die Typologie auf Westdeutschland, und sie wird auch nur sehr punktuell dokumentiert. Einzelne Ergebnisse finden sich zwar beispielsweise bei Hradil (1990c; 1990b) und Riede/Berger-Schmitt (1990), eine Veröffentlichung, die die Darstellung des methodischen Vorgehens oder eine inhaltliche Beschreibung der einzelnen sozialen Lagen enthielte, ist mir jedoch nicht bekannt. Berger-Schmitt (1995) entwickelte zwei weitere Typologien, die zwar ausführlicher erläutert werden, sich aber nur auf Ostdeutschland beziehen.

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  113. Damit soll im übrigen nicht - quasi ‘kleinlaut’ - auf das Scheitern meiner empirischen Arbeit eingestimmt, sondern ganz im Gegenteil - mit dem (Selbst-)Bewußtsein einer erfolgreichen Analyse - das theoretische Gebäude auf sein empirisches Fundament gesetzt werden. Dabei geht es - bildlich gesprochen - nicht darum, dieses Gebäude um etliche Stockwerke zu kürzen, sondern es auf den durchaus tragfähigen Boden zu stellen, den der Stand der Sozialforschung und das vorhandene Material bieten.

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  114. Vorausgesetzt wird beispielsweise, daß die als relevant zu erachtenden Dimensionen (vgl. II.3.4, insbesondere Abb. 5) bereits bekannt sind. Diese müssen, wie in II.3.3 beschrieben, auf textanalytischem Wege ermittelt worden sein. Wäre dies noch nicht geschehen, müßten möglichst viele Dokumente eines breiten Spektrums der öffentlichen Meinung aus mehreren Jahren auf übereinstimmend als wichtig dargestellte Lebensziele hin untersucht werden.

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  115. Für den - aufgrund der sehr hohen Kosten - selten realisierbaren Fall einer Primärerhebung gilt natürlich Gleiches. Zusätzlich ist dann zu berücksichtigen, daß die Ausprägungen der Lebensbedingungen unter Rückgriff auf andere Umfragen formuliert werden sollten. Ob beispielsweise bei einer Frage nach der Zahl der Räume des Befragtenhaushaltes die Küche oder das Badezimmer mitgezählt werden sollen, ist nicht intuitiv zu entscheiden, sondern mit Blick auf die üblichen Befragungsstandards. Nur so können die erhaltenen Angaben mit anderen Studien verglichen werden.

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  116. Alter, Geschlecht, Familienstand, Kinderzahl und ähnliches gehen nicht lagenbildend in die Analyse ein, darauf wurde bereits unter II.2 verwiesen. Dem ungeachtet ist es natürlich nicht uninteressant, die einzelnen Lagen daraufhin zu untersuchen, ob sich bestimmte sozialdemographische Gruppen in ihnen häufiger als in der Grundgesamtheit finden, ob also beispielsweise eine bestimmte Lage überwiegend von älteren Frauen besetzt wird.

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  117. Zwar wurde klar herausgestellt, daß aus den einzelnen Lagen nicht objektivistisch bestimmte Einstellungen oder Verhaltensweisen abzuleiten sind, trotzdem ist es selbstverständlich sehr aufschlußreich, danach zu sehen, ob sich beispielsweise postmaterialistische Werthaltungen in einzelnen sozialen Lagen deutlich häufiger finden lassen als in anderen.

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  118. Das Erfordernis, ein angemessenes methodologisches Instrumentarium zu verwenden, trifft - ähnlich wie die skizzierte Problematik eines geeigneten Datensatzes - auf viele Forschungszweige und Fragestellungen zu, in der Biographieforschung beispielsweise werden üblicherweise ebenfalls sehr aufwendige Forschungsdesigns entwickelt und nicht weniger anspruchsvolle ereignisanalytische Instrumente eingesetzt. Abgesehen davon sollte die angemessene Auswahl der Methoden und der entsprechende Umgang mit ihnen eigentlich für jeden verantwortungsvollen Wissenschaftler eine Selbstverständlichkeit darstellen und wäre insofern kaum der Erwähnung wert - wenn mit einer adäquaten Methodologie, die die Verknüpfung der einzelnen Dimensionen gewährleistet, alle Probleme gelöst wären.

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  119. Auf die konkrete Auswahl der Methoden soll hier nicht eingegangen werden. Diese hängt nicht zuletzt von dem jeweils vorhandenen Material ab. Grundsätzlich eignen sich verschiedene Analyseinstrumente, beispielsweise die Multidimensionale Skalierung, Faktorenanalysen oder verschiedene Formen der Clusterung. Realistischerweise werden mehrere dieser Verfahren kombiniert, um die notwendigerweise anfallende Vielfalt der Daten zu reduzieren, ohne ihnen dabei ihre Charakteristik zu nehmen (zu meiner konkreten Kombination von Indizierung, Faktorenanalyse und mittelwertbezogener Clusterung vgl. 1II. 1. 3 ).

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  120. Als ‘verharmlosend’ bezeichne ich die eigentlich durchaus drastische Umschreibung deshalb, weil wahrscheinlich genau in dieser — noch zu erläuternden — Problemstellung der Hauptgrund zu suchen ist, warum eine umfassende Modellbildung bislang eben nicht stattgefunden hat.

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  121. Wer sich eine Galerie mit Gemälden von Van Gogh buchstäblich nur ‘anschaffen’ will, braucht hierfür ausschließlich sehr viel Geld und kaum Bildung. Für eine Galerie, die in einschlägigen Fachkreisen Beachtung finden soll, wird Bildung notwendiger. Bei fehlender eigener Bildung kann man aber auch, für Geld, einen Kunstsachverständigen engagieren und sich beraten lassen. Will man nicht nur beeindrucken, sondern die Bilder tatsächlich genießen, dann tritt Bildung gleichwertig neben das Geld und ist durch dieses nur insofern zu ersetzen, als man die Möglichkeit hat, Investitionen in die eigene Bildung zu tätigen.

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  122. Das Beispiel (in Fn. 155) hat gezeigt, daß geringe Bildung durch viel Geld manchmal mehr, manchmal weniger vollständig substituiert oder kompensiert werden kann. Betrachtet man das gleiche Individuum und stellt beispielsweise die Frage nach dem Grad seiner sozialen Integration, kann sich Reichtum sogar schlagartig als ausgesprochen dysfunktional erweisen, weil dieser Sozialneid hervorrufen oder Günstlinge anziehen kann. Demgegenüber werden dann möglicherweise plötzlich der Freundeskreis oder die Freizeitbedingungen bedeutsamer.

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  123. Der Zusatz „lebenszielrelevant“ entkräftet zwar mein eben (in Fn. 155) entwickeltes Beispiel, ändert aber nicht den Sachverhalt. Hradil selbst exemplifiziert das Problem der Beurteilung der Kompensationsmöglichkeiten von „schlechten Arbeitsbedingungen durch gute familiäre Beziehungen zum Zwecke der Entlastung” (Hervorhebung von mir).

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  124. Hier wird — vorübergehend — bewußt eine ‘technizistische’ Haltung eingenommen bzw. vorgetäuscht. Das heißt, es wird erwartet, die Problematik so darzustellen, daß sie einem statistischen Programm zur weiteren Bearbeitung übergeben werden kann.

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  125. Hervorhebung im Original.

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  126. Ein sehr ähnliches Argument wurde übrigens oben (1I.1.2) von Nahnsen, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, verwendet, wenn sie davon spricht, daß die Lebenslage selbst so geartet sein kann, daß bestimmte Grundbedürfnisse nicht nur nicht erfüllt, sondern erst gar nicht bewußt werden (Nahnsen 1975: 150). In abgewandelter Form geht diese Annahme auch in das geschilderte Betroffenheitspostulat (Nahnsen 1992: 105) ein.

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  127. Die gewählte Metapher ist nur bedingt angemessen, da sie suggeriert, daß der von Hradil vorgeschlagene Weg nie beschritten werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall: Bei - durch längerfristige Forschungen - gewachsenem empirischen Kenntnisstand über die Lebensbedingungen in den einzelnen sozialen Lagen (bezüglich der Chancen, die Lebensziele zu realisieren) und insbesondere über die Bedeutung einzelner Lebensbedingungen im Vergleich zu den jeweils anderen scheint es durchaus möglich, bereits vor der Modellierung der Typologie einzelne Lebensbedingungen als dominant zu behandeln.

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  128. Selbst wenn es gelingen sollte, die dominanten Lebensbedingungen - auf welchem Wege auch immer - zu eruieren, so müßten diese dann mit einem - wie auch immer zu bestimmenden - Gewicht versehen werden, möglicherweise unter der Definition von Nebenbedingungen. Dies würde die in einem zweiten Schritt erfolgende Lagenbildung leicht verändern, was eine Veränderung der Gewichtung und die Modifikation der Nebenbedingungen erforderlich machen würde und so in einen infiniten Annäherungsprozeß münden müßte. Die andere Alternative wäre eine Definition sozialer Lagen, die sich kaum mehr von der schichtspezifischen Logik unterscheiden würde.

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  129. Dies beinhaltet im übrigen die grundsätzliche Möglichkeit, daß einzelne Konstellationen existieren können, in denen es keine dominante(n) Lebensbedingung(en) gibt. Dies wäre dann ein eigenständiges Charakteristikum für eine Lage, die beispielsweise gerade durch ihre Durchschnittlichkeit geprägt ist.

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  130. Ein anderes offensichtliches Beispiel für das Erfordernis, die erstellten sozialen Lagen auch über sozialdemographische Merkmale zu identifizieren,ist der vordergründig meist sehr ‘gute’ Wert von Verwitweten bezüglich der Größe ihrer Wohnung. Oft stehen drei Räume pro (Einzel-)Person zur Verfügung. Es ist allerdings - nach meiner Einschätzung - zumindest fraglich, ob damit bessere Lebensbedingungen verbunden sind als bei ‘nur’ zwei Räumen pro Person in einem 3-Personen-Haushalt.

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  131. Eine solche Lage bildet beispielsweise die West Lage 1 (vgl. im einzelnen hierzu II1.3.2.1, Abb. 24 und III.4.2.1).

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  132. Hervorhebungen im Original.

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  133. Die differenzierte Berücksichtigung eines feinmaschigen Netzes sozialdemographischer Merkmale (Alter, Geschlecht, Familienstand, Kinderzahl etc.) kann zwar keine biographischen Effekte abbilden, ermöglicht aber zumindest, kollektive Auf-und Abstiege von strukturellen Typen zu verfolgen. Daß ein derartiges Vorgehen mit enormem Aufwand und trotzdem - bei unverbundenen Querschnittsbetrachtungen - einigen Unwägbarkeiten verbunden ist, soll nicht verschwiegen werden.

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Schwenk, O.G. (1999). Das Konzept der sozialen Lagen. In: Soziale Lagen in der Bundesrepublik Deutschland. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 12. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11409-3_2

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